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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 20.10.2008
Aktenzeichen: 1 Ta 177/08
Rechtsgebiete: ZPO, RVG, GKG


Vorschriften:

ZPO § 91 a
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 9
GKG § 3 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28.08.2008 - 3 Ca 1981/07 wie folgt abgeändert: Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird für den Vergleich auf 26.520,00 EUR festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer zu 77 %. 3. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben. Gründe:

I. Die Beschwerdeführer, die Prozessbevollmächtigten des Klägers, begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit einem Kündigungsschutzverfahren. Der Kläger war bei der Beklagten seit dem Jahre 1981 zuletzt als Niederlassungsleiter mit einem Bruttomonatsgehalt von 2.925,00 EUR beschäftigt. Am 08.08.2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos sowie, in einem gesonderten Schreiben vom selben Tage, "im Nachtrag zu unserer fristlosen Kündigung" hilfsweise ordentlich zum 31. März 2008. Die außerordentliche Kündigung ging dem Kläger am 10.08.2007 zu, die hilfsweise ordentliche Kündigung am 18.08.2007. Hintergrund der Kündigung waren bestrittene Vorwürfe der Beklagten, der Kläger habe von für die Beklagte zu beauftragenden Subunternehmern finanzielle Zuwendungen entgegengenommen und den Subunternehmern dafür im Gegenzug Vorteile verschafft. Im Rahmen des hiergegen vom Kläger eingeleiteten Kündigungsschutzverfahrens hat das Arbeitsgericht im Kammertermin vom 22.07.2008 u. a. Beweis erhoben über die näheren Umstände und die Höhe der angeblich vom Kläger erhaltenen Zuwendungen durch Vernehmung der Subunternehmer R. und B. als Zeugen. Nach Durchführung der Beweisaufnahme haben die Parteien noch im Kammertermin einen Teilvergleich geschlossen, in welchem sie sich unter Ziffer 1) über die Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 10.08.2007 einigten; unter Ziffer 2) vereinbarten sie eine wechselseitige Abgeltungsklausel. Das Verfahren endete mit Rechtskraft eines Beschlusses nach § 91 a ZPO, in dem das Arbeitsgericht dem Kläger die Kosten des Kündigungsschutzverfahrens auferlegt hat. Mit Beschluss vom 28.08.2008 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Verfahren auf 8.775,00 EUR und für den Vergleich auf 15.405,00 EUR festgesetzt. Dabei resultiert der Mehrwert des Vergleichs aus der unter dessen Ziffer 2) aufgenommenen Abgeltungsklausel, die nach Angaben der Parteien im Kammertermin vom 22.07.2008 auch etwaige Schadensersatzansprüche der Beklagten gegen den Kläger mit erledigen sollte. Den so zu errechnenden Betrag hat das Arbeitsgericht allerdings nur mit 25 % in Anschlag gebracht, da die Beklagte bislang gegenüber dem Kläger keinerlei Schadensersatzansprüche geltend gemacht habe und zudem ihre Erfolgsaussichten bei der Durchsetzung derartiger Ansprüche infolge tatsächlicher und rechtlicher zu erwartender Schwierigkeiten erheblich vermindert seien. Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 16.09.2008 "sofortige" Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Mehrwert des Vergleichs auf 93.693,86 EUR festzusetzen. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, die Beklagte habe sich durch den Vortrag im Prozessverfahren der angeblich entstandenen Schäden inzident einer entsprechenden Schadensersatzforderung berühmt. Auf die Erfolgsaussichten eines evtl. zu führenden Schadensersatzprozesses komme es für die Frage der Gegenstandswertfestsetzung nicht an. Zur konkreten Berechnung etwaiger Schadensersatzforderungen wird auf die Zahlen in den Schriftsätzen der Beklagten Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. II. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, sie übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 EUR und ist auch sonst zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg. Die vom Arbeitsgericht zugrunde gelegten konkreten Zahlen sind nicht zu beanstanden. Ein Abschlag von 75 % erscheint jedoch nicht gerechtfertigt. 1. a) Hinsichtlich einer evtl. Schadensersatzforderung bezüglich der vom Subunternehmer R. empfangenen Zuwendungen legen die Beschwerdeführer für die Festsetzung des Gegenstandswertes einen monatlichen Betrag in Höhe von 250,00 DM (= 127,82 EUR) zugrunde. Dagegen hat der im Kammertermin vernommene Zeuge angegeben, er habe monatlich ca. 150,00 - 200,00 DM an den Kläger bezahlt. Insoweit durfte das Arbeitsgericht zu Recht von einem monatlichen Wert in Höhe von durchschnittlich 175,00 DM (welche es auf 90,00 EUR umgerechnet hat) ausgehen. Damit ergibt sich für den unstreitig anzusetzenden Zeitraum von 12 Monaten ein Betrag von (12 x 90,00 EUR =) 1.080,00 EUR. b) Im Hinblick auf den Subunternehmer B. berechnen die Beschwerdeführer eine evtl. Schadensersatzforderung in Anlehnung an den Beklagtenvortrag aus dem Schriftsatz vom 10.12.2007 mit 36 Dekaden jährlich x 8 Jahre x 320,00 EUR (als Mittelwert zu angegebenen 240,00 - 400,00 EUR pro Dekade) und kommen somit auf 92.160,00 EUR. Der in dem genannten Beklagtenschriftsatz zum Beweis für die dortigen Angaben benannte Zeuge B. hat bei seiner Vernehmung im Kammertermin demgegenüber angegeben, jeden Monat "nur" zwischen 80,00 und 450,00 EUR an den Kläger gezahlt zu haben. Insoweit hat das Arbeitsgericht als monatlichen Durchschnittswert 265,00 EUR zugrunde gelegt und diesen Betrag auf 8 Jahre hochgerechnet, was zu einem Endbetrag von 25.440,00 EUR führt. Auch dies ist nicht zu beanstanden, da diese Angaben zum einen vom Subunternehmer persönlich stammen und zum anderen der Gesamtbetrag von gut 25.000,00 EUR der weiteren, ebenfalls unter Beweis gestellten Angabe im bereits benannten Beklagtenschriftsatz, der Zeuge B. habe insgesamt über einen Zeitraum von 11 Jahren an den Kläger 30.000,00 EUR bezahlt, wesentlich näher kommt als der von den Beschwerdeführern hoch gerechnete Betrag von über 90.000,00 EUR. Damit ergibt sich für die von der Beklagten in Betracht gezogenen Schadensersatzforderungen hinsichtlich der beiden benannten Subunternehmer ein Gesamtbetrag von (1.080,00 EUR + 25.440,00 EUR =) 26.520,00 EUR. 2. Dieser Betrag war vorliegend in voller Höhe mit 100 % als Vergleichsmehrwert in Anschlag zu bringen. Die Parteien haben bereits im Kammertermin deutlich gemacht, dass sie die unter Ziffer 2) des Vergleichs vereinbarte Abgeltungsklausel gerade auch im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche der Beklagten gegenüber dem Kläger vereinbart haben. Da insbesondere die unmittelbar vorher durchgeführte Beweisaufnahme den bisherigen Beklagtenvortrag hinsichtlich der im Einzelnen erfolgten Zahlungen und damit der gesamten Schadenshöhe noch einmal ergänzt und präzisiert hatte, standen nunmehr auch, anders als im der Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz vom 20.12.2007 - 1 Ta 279/07 zugrunde liegenden Sachverhalt, konkret bezifferbare Ansprüche der Beklagten unmittelbar und aktuell im Raum. Sie wurden sogar eigens und allein als mögliche Gegenforderung von der Abgeltungsklausel im Vergleich erfasst. Insoweit musste die Beklagte, um ihren Willen zur Verfolgung solcher Ansprüche hinreichend zu dokumentieren, keinen Schadensersatzprozess in die Wege leiten. Auch auf die im Rahmen eines solchen Schadensersatzprozesses evtl. auftretenden tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der genauen Substantiierung und dem konkreten Nachweis der Schadenshöhe im Einzelnen kommt es im Rahmen der Gegenstandswertfestsetzung nicht an, da sich diese ausschließlich nach dem geltend gemachten Anspruch richtet, nicht nach dessen Erfolgsaussichten (vgl. dazu LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.06.2008 - 1 Ta 105/08). Da bei der Anstrengung eines solchen Schadensersatzprozesses aber grundsätzlich von einer objektiv vernünftig denkenden und handelnden Partei auszugehen ist, hätte diese nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den nach ihren ersten in den Raum gestellten Angaben hoch gerechneten Betrag von über 90.000,00 EUR geltend gemacht, sondern lediglich den sich in der Beweisaufnahme ergebenden verringerten Betrag, wie ihn das Arbeitsgericht zutreffend eingegrenzt hat. Einen Schadensersatzanspruch in Höhe von über 90.000,00 EUR hatte die Beklagte vom Kläger nie geltend gemacht gehabt. Daher war der Beschluss wie geschehen abzuändern. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist anders als das Verfahren nach § 33 Abs. 9 RVG nicht gebührenfrei. Die Gerichtsgebühr haben die Beschwerdeführer gem. § 92 Abs. 1 ZPO zu 77 % zu tragen. Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist gem. § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.

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