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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 25.07.2007
Aktenzeichen: 1 Ta 179/07
Rechtsgebiete: RVG, KSchG, GKG, ZPO


Vorschriften:

RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 9 S. 1
RVG § 33 Abs. 9 S. 2
KSchG § 2
GKG § 3 Abs. 2
GKG § 42 Abs. 3
GKG § 42 Abs. 4
GKG § 42 Abs. 4 S. 1
GKG § 42 Abs. 4 S. 2
ZPO § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 1 Ta 179/07

Entscheidung vom 25.07.2007

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 29.06.2007 - 1 Ca 586/07 - wie folgt abgeändert:

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird auf 4.030,50 Euro festgesetzt.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu 9/10 zu tragen.

4. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes nach Beendigung eines zwischen ihnen geführten Rechtsstreits über die Wirksamkeit einer vom Kläger unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.11.2004 unter Anrechnung von Beschäftigungszeiten beim vorherigen Arbeitgeber (ab dem 05.10.1999) zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst in Höhe von zuletzt 2.687,00 Euro in der Tarifeinstufung G4B/05 beschäftigt. Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen eine Änderungskündigung der Beklagten vom 30.03.2007 zum 31.05.2007 gewendet. Mit der Änderungskündigung hat die Beklagte dem Kläger die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses als Fleischer im Verkauf in der Tarifeinstufung GIII/05 bei gleichbleibendem Bruttoverdienst angeboten. Allerdings sollten künftige Tariflohnerhöhungen auf die neu geschaffene übertarifliche Zulage in Höhe von 409,00 Euro (Differenz zwischen der Vergütung nach G4B/05 in Höhe von 2.687,00 Euro und der nach GIII/05 in Höhe von 2.278,00 Euro) angerechnet werden können. Der Kläger hat das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen.

Das Verfahren wurde von den Parteien durch einen gerichtlichen Vergleich vom 31.05.2007 erledigt. Darin einigten sie sich (1.) über eine Eingruppierung des Klägers in die Tariflohngruppe GIII/05, (2.) über eine übertarifliche, nicht auf Tariferhöhungen anrechenbare Zulage in Höhe von monatlich 302,00 Euro, (3.) über eine weitere freiwillige und auf Tariferhöhungen anrechenbare Zulage in Höhe von monatlich 107,00 Euro und (4.) über eine weitere monatliche Zulage in Höhe von 23,00 Euro.

Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 29.06.2007 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf eine Monatsvergütung in Höhe von 2.687,00 Euro festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten beim Arbeitsgericht Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert auf mindestens 8.061,00 Euro für das Verfahren und 26.205,00 Euro für den Vergleich festzusetzen.

Nach Auffassung der Beschwerdeführer sei der Kündigungsschutzantrag mit drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten. Zudem erhöhten die im Vergleich vereinbarten Zulagen dessen Gegenstandswert.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 200,00 Euro und ist auch sonst zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch nur zu einem geringen Teil Erfolg.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren war auf 4.030,50 Euro festzusetzen.

Nimmt der Arbeitnehmer beim Streit um eine Änderungskündigung im Sinne des § 2 KSchG diese nicht unter Vorbehalt an, dann wird daraus eine Beendigungskündigung, auf die allein § 42 Abs. 4 S. 1 GKG anzuwenden ist (vgl. Arbeitsrechtslexikon/Schwab, Streitwert/Gegenstandswert, II 2).

Nimmt er die Änderungskündigung aber - wie vorliegend - unter Vorbehalt an und zielt die Änderungskündigung auf eine Reduzierung der Vergütung ab, dann ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Beschluss vom 23.03.1989 - 7 AZR 527/85 (B) - DB 1989, 1880 zu § 12 Abs. 7 ArbGG a.F.), der sich die für Gegenstandswertbeschwerden allein zuständige erkennende Beschwerdekammer ausdrücklich anschließt, in entsprechender Anwendung der Regelungen in § 42 Abs. 3 und Abs. 4 S. 1 und 2 GKG (entspricht § 12 Abs. 7 ArbGG a.F.) grundsätzlich vom dreifachen Jahresbetrag der monatlichen Vergütungsdifferenz auszugehen, höchstens jedoch vom Vierteljahresverdienst des § 42 Abs. 4 S. 1 GKG (vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.03.1999 - 6 Ta 48/99 - NZA-RR 2000, 161 f. zu § 12 Abs. 7 ArbGG a.F.; Arbeitsrechtslexikon/Schwab, Streitwert/Gegenstandswert, II 2).

Ergibt sich keine Vergütungsdifferenz oder lässt sich diese nicht ermitteln, dann ist der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach § 3 ZPO unter Berücksichtigung der Spezialregelung des § 42 Abs. 4 S. 1 GKG festzusetzen. Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer (vgl. nur LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.06.2007 - 1 Ta 105/07 - mit weiteren Nachweisen) stellt der in § 42 Abs. 4 S. 1 GKG genannte Vierteljahresverdienst dabei keinen Regelstreitwert dar, sondern begrenzt nach seinem Wortlaut ("höchstens") das jeweils auszuübende Ermessen (§ 3 ZPO) nach oben. Von der Obergrenze des § 42 Abs. 4 S. 1 GKG ist bei Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt grundsätzlich ein Abschlag vorzunehmen, weil dann das Bestehen des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in Streit steht, sondern nur noch einzelne Arbeitsbedingungen (vgl. in diesem Zusammenhang auch LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.03.1999 - 6 Ta 48/99 - NZA-RR 2000, 161 f.; LAG Hessen, Beschluss vom 18.02.1999 - 15/6 Ta 352/98 - MDR 1999, 945 f.; LAG Berlin, Beschluss vom 17.07.1998 - 7 Ta 17/98 (Kost) - NZA-RR 1998, 512 f.).

Im vorliegenden Fall ergibt sich keine Vergütungsdifferenz. Der dreijährige Unterschiedsbetrag lässt sich insbesondere nicht aus der Differenz zwischen der Vergütung nach G4B/05 in Höhe von 2.687,00 Euro und der nach GIII/05 in Höhe von 2.278,00 Euro, also aus 409,00 Euro errechnen. Denn die Änderungskündigung der Beklagten war, was auch die Beschwerdeführer konstatieren, nicht mit einer Änderung des tatsächlichen Monatseinkommens verbunden. Der dreijährige Unterschiedsbetrag ließe sich allenfalls aus der Differenz zwischen der momentanen Vergütung nach G4B/05 und der zukünftigen, durch Tariferhöhungen veränderten Vergütung nach G4B/05 bzw. einer entsprechenden Tarifeinstufung errechnen. Denn diese Tariferhöhung würde angerechnet werden können und hätte somit zu einer Schlechterstellung des Klägers führen können. Eine solche Tariferhöhung lässt sich aber vorliegend nicht, auch nicht durch Schätzung ermitteln. Deswegen ist der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit vorliegend ausgehend von der Obergrenze des § 42 Abs. 4 S. 1 GKG nach freiem Ermessen zu bestimmen. Hätten die Parteien über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gestritten, dann wäre der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit im vorliegenden Fall mit drei Bruttomonatsverdiensten, also auf 8.061,00 Euro (3*2.687,00 Euro) festzusetzen gewesen (vgl. zu den Grundsätzen LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.02.2007 - 1 Ta 55/07). Da durch die unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung die viel bedeutendere Existenz des Arbeitsverhältnisses insgesamt nicht tangiert war, war dieser Betrag vorliegend zu halbieren und der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit somit auf 4.030,50 Euro für das Verfahren festzusetzen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.03.1999 - 6 Ta 48/99 - NZA-RR 2000, 161 f.).

Für den Vergleich war kein höherer Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit festzusetzen.

In entsprechender Anwendung der Regelungen in § 42 Abs. 3 und Abs. 4 GKG ist auch hier der dreifache Jahresbetrag der monatlichen Vergütungsdifferenz maßgeblich. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist bei der Berechnung des Jahresbetrages somit nicht die Summe der im Vergleich vereinbarten Zulagen maßgeblich, sondern nur die Differenz zwischen dieser Summe und der bereits in der Änderungskündigung vorgesehenen Zulage, also der Betrag, um den sich die Vergütung des Klägers durch den Vergleich auch tatsächlich erhöht hat.

Die in den Ziffern 2 und 3 des Vergleichs vereinbarten Zulagen sollte der Kläger auch nach dem Änderungsangebot der Beklagten erhalten. Die Vereinbarung derselben war somit nicht mit einer Änderung des tatsächlichen Monatseinkommens verbunden und ist somit nicht gegenstandswerterhöhend.

Die in Ziffer 4 vereinbarte Zulage in Höhe von 23,00 Euro diente der Vermeidung von Nachteilen aus dem Bezug von Weihnachtsgeld. Sie sollte den Kläger so stellen, wie er stünde, wenn er weiterhin in die Tarifgruppe G4B/05 eingestuft wäre. Insofern stellt die in Ziffer 4 getroffene Vereinbarung für den Kläger gegenüber der Situation nach Ausspruch der Änderungskündigung eine Besserstellung dar. Da sich der Kläger hierdurch aber nicht gegenüber dem Zustand vor Ausspruch der Änderungskündigung verbessert hat, sondern sich lediglich, was auch bei Erfolg seiner Klage der Fall gewesen wäre, auch in Bezug auf das Weihnachtsgeld seine Vergütung erhalten hat, war die in Ziffer 4 vereinbarte Zulage ebenfalls nicht gegenstandswerterhöhend.

Die Gerichtsgebühr für das vorliegende Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 von Teil 8 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG wird anders als das Verfahren über den Antrag von § 33 Abs. 9 S. 1 und S. 2 RVG nicht gebührenfrei gestellt. Die Gerichtsgebühr haben die Beschwerdeführer nach §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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