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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 18.10.2007
Aktenzeichen: 1 Ta 205/07
Rechtsgebiete: RVG, GKG


Vorschriften:

RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 9
GKG § 3 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 1 Ta 205/07

Entscheidung vom 18.10.2007

Tenor:

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 07.08.2007 - 6 Ca 1669/06 - wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin begehrt die Festsetzung eines niedrigeren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit einem gegen sie geltend gemachten Rechtsanspruch auf Erstellung und Aushändigung von Lohnabrechnungen.

Der Kläger war bei der Beklagten, der jetzigen Beschwerdeführerin, seit Dezember 2004 als Koch beschäftigt. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag hat er nicht erhalten. Auch händigte ihm die Beklagte weder Lohnabrechnungen aus noch gab sie ihm (jedenfalls für die Jahre 2005 und 2006) seine Lohnsteuerkarten zurück. Die Arbeitsbedingungen waren zwischen den Parteien im Einzelnen streitig, insbesondere hinsichtlich der vom Kläger geleisteten Arbeitszeit und der ihm zustehenden Vergütung, ebenso wie ein eventueller Auflösungstatbestand des Arbeitsverhältnisses. Mit seiner beim Arbeitsgericht am 06.09.2006 eingegangenen Klage begehrte der Kläger unter anderem, die Beklagte zu verurteilen, insgesamt zweiundzwanzig Lohnabrechnungen, für die Monate Dezember 2004, Januar bis Dezember 2005 und Januar bis September 2006 zu erstellen und an ihn herauszugeben sowie die Lohnsteuerkarten für die Jahre 2004, 2005 und 2006 auszufüllen und an ihn herauszugeben. Das Verfahren wurde am 09.05.2007 durch einen von den Parteien vor dem Arbeitsgericht Koblenz in der Kammerverhandlung geschlossenen Vergleich erledigt.

Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 07.08.2007 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf 25.070,65 Euro festgesetzt; dabei hat es für die Erstellung und Herausgabe der zweiundzwanzig Lohnabrechnungen pro Abrechnung einen Wert von 300,00 Euro, insgesamt also 6.600,00 Euro, veranschlagt, sowie für die Herausgabe der Lohnsteuerkarten einen Wert von je 160,00 EUR, insgesamt 480,00 EUR.

Gegen diesen Beschluss hat die Beklagte mit Schreiben vom 27.08.2007, bei Gericht eingegangen am 29.08.2007, Beschwerde eingelegt, mit dem Ziel, den Gegenstandswert hinsichtlich der Herausgabe der zweiundzwanzig Lohnabrechnungen sowie der Lohnsteuerkarte 2004 herabzusetzen. Zur Begründung verweist sie auf Beschlüsse des LAG Rheinland-Pfalz vom 25.06.2007 - 1 Ta 154/07 - sowie des Arbeitsgerichts Berlin (wohl richtig: des Landesarbeitsgerichts Berlin) vom 10.04.2001 - 17 Ta 6052/01 (Kost), in denen der Wert für die Herausgabe einer Lohnabrechnung mit 100,00 Euro bzw. mit 100,00 DM festgesetzt worden sei. Auch sei Hauptstreitpunkt des vorliegenden Verfahrens nicht die Herausgabe der Lohnabrechnungen gewesen, sondern vielmehr der vom Kläger begehrte Kündigungsschutz und die geltend gemachten Lohnansprüche. Des weiteren könne sich die Streitwertfestsetzung lediglich auf die Ausfüllung der zwei Lohnsteuerkarten für die Jahre 2005 und 2006 beziehen, da der Kläger ihr für das Jahr 2004 gar keine Lohnsteuerkarte ausgehändigt habe.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 Euro und ist auch sonst zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts ist nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der Lohnabrechnungen hat es den Gegenstandswert mit 300,00 Euro pro Lohnabrechnung in Anbetracht der besonderen Umstände des vorliegenden Falles zutreffend bewertet. Zwar hat die erkennende Kammer in der Vergangenheit hinsichtlich der Herausgabe einer Gehaltsabrechnung geringere Werte für angemessen gehalten (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.06.2007 - 1 Ta 125/07: 50,00 Euro; Beschluss vom 25.06.2007 - 1 Ta 154/07: 100,00 Euro). Daraus folgt jedoch nicht, dass die Kammer - unabhängig von den Umständen des Einzelfalles - stets auf diese Werte abstellt. Entscheidend für die Bemessung des Gegenstandswertes sind, selbst im Rahmen einer typisierenden und damit in gewisser Weise schematischen Betrachtungsweise, stets die Umstände des Einzelfalles. Die vorliegend mit 300,00 Euro erfolgte höhere Wertfestsetzung rechtfertigt sich aus solchen Umständen, da es bei dem Kläger und der Beklagten in vielerlei Hinsicht an einem "normal" praktizierten Arbeitsverhältnis fehlt.

Dem Kläger wurde kein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt, er erhielt weder Lohnabrechnungen noch wurden ihm seine Lohnsteuerkarten, zumindest hinsichtlich der Jahre 2005 und 2006, zurückgegeben. Hinsichtlich der Entgeltvereinbarung stritten die Parteien darum, ob ein Bruttolohn von 600,00 Euro, von 1.590,00 Euro oder von 1.725,00 Euro vereinbart war; ein vom Kläger zu den Akten gereichtes, von der Beklagten unterzeichnetes und wohl auch bei der Bundesagentur für Arbeit eingereichtes Exemplar eines Arbeitsvertrages sieht für die Zeit vom 23.12.2004 bis 24.02.2007 ein Gehalt von 1.590,00 Euro für die Tätigkeit des Klägers als Spezialitätenkoch (Alleinkoch) bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden an fünf Tagen vor (Bl. 72 f. d. A.), wohingegen von der Beklagten zu den Akten gereichte Gehaltsabrechnungen für die Zeit von Januar 2005 bis Februar 2006 einen monatlichen Bruttolohn in Höhe von knapp 650,00 Euro bescheinigen (vgl. Bl. 19 ff d.A.). Bezüglich der geleisteten Arbeitszeit trägt der Kläger vor, er habe zehn Stunden täglich an sechs Tagen pro Woche gearbeitet (Schriftsatz vom 04.09.2006, Bl. 3 d. A.), während die Beklagte dreieinhalb Stunden pro Tag behauptet (Schriftsatz vom 10.10.2006, Bl. 49 d. A.).Wegen der zahlreichen weiteren Unstimmigkeiten im Hinblick auf zentrale Arbeitsbedingungen sowie wegen des widersprüchlichen und im Laufe des Verfahrens nicht selten geänderten Sachvortrags der Parteien und dem wiederholten Hinweis des Arbeitsgerichts auf die Strafbarkeit des versuchten Prozessbetruges in den Güteterminen vom 11.10.2006 und vom 22.11.2006 (vgl. Bl. 52 und Bl. 62 d.A.) wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Vor dem Hintergrund eines unstreitig derart ungeordneten Arbeitsverhältnisses kommt dem Interesse des Klägers an der Erstellung und Aushändigung seiner Lohnabrechnungen eine besondere Bedeutung und damit auch ein besonderer Wert zu. Es handelt sich hier gerade nicht um den Fall, dass eine Gehaltsabrechnung lediglich der Form halber oder zu Klärungszwecken gegenüber der Finanzverwaltung benötigt wurde, sondern hier ging es für den Kläger vielmehr auch darum, die Höhe des ihm zustehenden Lohnes überhaupt erst einmal bescheinigt zu bekommen. Diese für ihn im Vergleich zum "Normalfall" erhöhte Bedeutung zeigt sich auch daran, dass er im streitigen Verfahren offene Vergütungsansprüche einklagte.

Die Kammer betont noch einmal ausdrücklich, dass damit keine generelle Aussage des Inhalts getroffen werden soll, der Gegenstandswert für die Herausgabe einer Lohnabrechnung sei stets mit 300,00 Euro zu veranschlagen. Ein Betrag in dieser Höhe erscheint hier aber aufgrund der besonderen Umstände des Falles angemessen.

Ebenfalls zutreffend hat das Arbeitsgericht den Wert von 300,00 Euro für jede der zweiundzwanzig zu erteilenden Lohnabrechnungen veranschlagt. An jeder einzelnen hatte der Kläger ein berechtigtes Interesse, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Höhe der Vergütung zwischen den Parteien mit einer erheblichen Differenz umstritten war und die erstellten Lohnabrechnungen für die Zeit von Januar 2005 bis Februar 2006 (danach wurden anscheinend keine Lohnabrechnungen mehr durch die Beklagte ausgestellt, da sie von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ende Februar ausging) lediglich ein Bruttomonatsgehalt von ca. 650,00 Euro auswiesen.

Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus eine weitere Herabsetzung des Gegenstandswertes mit der Begründung begehrt, sie könne die Lohnsteuerkarte 2004 nicht ausfüllen und dem Kläger aushändigen, weil dieser ihr die Lohnsteuerkarte gar nicht übergeben habe, tangiert dies die durch das Arbeitsgericht getroffene Wertfestsetzung nicht. Bei der Frage, ob es der Beklagten unmöglich wäre, den geltend gemachten Anspruch zu erfüllen, handelt es sich um einen materiell-rechtlichen Einwand. Dieser spielt aber für die Wertfestsetzung keine Rolle. Für diese genügt es, wenn ein entsprechender Anspruch vom Kläger geltend gemacht wurde, was hier ausweislich der Klageschrift vom 04.09.2006 unter Antrag Nr. 3 (Bl. 7 d.A.) geschehen ist; auch war die ordnungsgemäße Ausfüllung und Herausgabe der Lohnsteuerkarte für das Jahr 2004 Bestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs vom 09.05.2007 (Ziffer 4 des Vergleichs, Bl. 164 d.A.). Einen Abschlag von der Wertfestsetzung hat das Arbeitsgericht daher zu Recht nicht vorgenommen.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist anders als das Verfahren nach § 33 Abs. 9 RVG nicht gebührenfrei. Die Gerichtsgebühr hat die Beschwerdeführerin gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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