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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 16.01.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 229/08
Rechtsgebiete: RVG, GKG, ZPO


Vorschriften:

RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 9
GKG § 3 Abs. 2
GKG § 42 Abs. 4
ZPO § 278 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 25.11.08 - 6 Ca 2381/07 - wie folgt abgeändert: Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Beklagten wird auf 29.429,92 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer. 3. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben. Gründe:

I. Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts im Zusammenhang mit einem Kündigungsschutzverfahren. Der Kläger war seit dem Jahre 1982 bei der Beklagten bzw. bei deren Rechtsvorgängerin als Lagerleiter beschäftigt, zuletzt mit einem Bruttomonatsgehalt von 2.655,00 €. Mit Schreiben vom 30.11.2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.12.2007. In seiner hiergegen gerichteten Klage stellte der Kläger neben dem Kündigungsschutzantrag (Ziffer 1) und einem allgemeinen Feststellungsantrag (Schleppnetzantrag - Ziffer 2) verschiedene weitere Anträge, mit welchen er die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Lohn für die Zeit von Juni bis November 2007 in Höhe von jeweils 2.950,00 € brutto abzüglich gezahlter 1.918,29 € netto begehrte (Ziffer 3 a-f), ferner Zahlung eines tariflichen Urlaubsgelds in Höhe von 1.475,00 € brutto (Ziffer 3 g) sowie eines tariflichen Weihnachtsgelds in Höhe von 1.843,75 € brutto (Ziffer 3 h). Des Weiteren beantragte er hilfsweise für den Fall der sozialen Rechtfertigung der Kündigung die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht zum 31.12.2007, sondern erst zum 30.07.2008 beendet wird (Ziffer 4). Schließlich beantragte er unter Ziffer 5 für den Fall, dass die Beklagte im Gütetermin nicht zu Protokoll erkläre, ihn weiterzubeschäftigen, sofern ein klagestattgebendes Urteil ergehe, "...die Beklagte zu verurteilen, ihn im Falle des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag der Ziffer 1 zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Lagerleiter bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen." Mit Schriftsätzen vom 14.07.2008 und vom 02.10.2008 erweiterte der Kläger seine Klage um Ansprüche auf Lohnzahlung für den Zeitraum von Dezember 2007 bis einschließlich September 2008 in Höhe von 2.950,00 € brutto abzüglich gezahlter 1.918,29 € für Dezember 2007 (Ziffer 7 a) sowie von jeweils monatlich 2.950,00 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.276,80 € für den Zeitraum von Januar bis September 2008. Die Parteien beendeten das Verfahren durch Vergleich. Mit Beschluss vom 25.11.2008 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Parteien auf 28.544,92 € festgesetzt. Dabei hat es den Kündigungsschutzantrag (Ziffer 1) mit drei Bruttomonatsgehältern und die verschiedenen Zahlungsanträge (Ziffern 3, 7, 8) in der jeweils bezifferten Höhe bewertet; die Anträge zu Ziffer 2, 4 und 5 hat es nicht in Ansatz gebracht. Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schriftsatz vom 03.12.2008 Beschwerde eingelegt, mit dem Ziel, den Gegenstandswert mit 68.818,75 € zu bewerten. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, der allgemeine Feststellungsantrag (Ziffer 2) sowie die unter Ziffer 4 und 5 gestellten Anträge seien jeweils mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten, wobei sie die Höhe eines Bruttomonatsgehalts mit 2.950,00 € veranschlagen. Des Weiteren seien die Lohnzahlungsanträge jeweils mit den vollen 2.950,00 € zu bewerten, ohne geleistete Zahlungen oder an den Kläger ausgezahltes Arbeitslosengeld hiervon in Abzug zu bringen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. II. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands um 200,00 € und ist auch sonst zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. 1. Den Kündigungsschutzantrag hat das Arbeitsgericht unter Berücksichtigung der im Kündigungszeitpunkt mehr als einjährigen Beschäftigungsdauer des Klägers sowie in Anlehnung an die ständige Rechtssprechung des LAG Rheinland-Pfalz (vgl. dazu LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.03.2007 - 1 Ta 55/07; Beschluss vom 26.11.2007 - 1 Ta 249/07; Beschluss vom 20.12.2007 - 1 Ta 293/07) zutreffend mit drei Bruttomonatsgehältern bewertet. Auszugehen war dabei allerdings von einem Bruttomonatsgehalt von 2.950,00 €, da der Kläger diesen Betrag als ihm zustehenden, wenngleich von der Beklagten nicht gezahlten monatlichen Tariflohn geltend gemacht hat. Damit hat der Kläger den Streitgegenstand dieses Anspruchs in bestimmter Höhe bestimmt. Es ergibt sich demzufolge für den Antrag zu Ziffer 1 ein Gegenstandswert von (3 x 2.950,00 € =) 8.850,00 €. 2. Den allgemeinen Feststellungsantrag (Ziffer 2) hat das Arbeitsgericht ebenfalls zu Recht nicht eigenständig bewertet, da andere Beendigungstatbestände als die streitgegenständliche Kündigung vom 30.11.2007 bis zum Ende des Verfahrens weder ersichtlich sind noch vorgetragen wurden (vgl. dazu LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.06.2007 - 1 Ta 105/07; Beschluss vom 06.08.2007 - 1 Ta 181/07; DLW/Luczak, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 7. Auflage 2008, L 454 m. w. N.). 3. Die Zahlungsanträge hat das Arbeitsgericht zutreffend bewertet. a) Die Anträge auf Zahlung des tariflichen Urlaubs- und Weihnachtsgelds (Ziffer 3 g, h) hat es in der bezifferten Höhe mit 1.475,00 € bzw. 1.843,75 € veranschlagt. Diese Festsetzung wurde von den Beschwerdeführern nicht angegriffen. b) Die Anträge auf Lohnzahlung (Ziffer 3 a-f, 7 a-g und 8 a-c) hat das Arbeitsgericht zu Recht nicht mit 2.950,00 € pro Monat bewertet, sondern von diesem Betrag die an den Arbeitnehmer gezahlten Beträge bzw. das von diesem erhaltene Arbeitslosengeld in Abzug gebracht. Dies folgt bereits unmittelbar aus den Klageanträgen, die jeweils auf den Bruttobetrag von 2.950,00 € abzüglich ... (des jeweils vom Kläger erhaltenen Betrages) ... lauten und damit den Streitgegenstand entsprechend begrenzen. Der Kläger verfolgt gerade keinen reinen Bruttobetrag, sondern den um einen bestimmten Nettobetrag reduzierten Bruttobetrag. Nur insoweit ergeht eine rechtskraftfähige Entscheidung des Gerichts. Hieraus ergibt sich ein Gegenstandswert von jeweils (2.950,00 € - 1.918,29 € =) 1.031,71 € für die Lohnansprüche von Juni bis Dezember 2007 (Ziffer 3 a-f und 7 a), insgesamt 7.221,97 €, sowie von jeweils (2.950,00 € - 1.276,80 € =) 1.673,20 € für die Zeit von Januar bis September 2008 (Ziffer 7 b-g, 8 a-c), insgesamt 15.058,80 €. Dabei war zwischen den Lohnansprüchen für das Jahr 2008 und dem Kündigungsschutzantrag eine teilweise wirtschaftliche Identität gegeben, was eine Verringerung des Gegenstandswertes nach sich zieht. Nach der ständigen Rechtssprechung des LAG Rheinland-Pfalz sind im Hinblick auf den sozialen Schutzzweck des § 42 Abs. 4 GKG bei wirtschaftlicher Identität zwischen einem Kündigungsschutzantrag und einem Entgeltantrag beide Anträge nicht gesondert zu bewerten, sondern es ist auf den jeweils höheren abzustellen. Eine wirtschaftliche Identität beider Streitgegenstände ist dabei dann gegeben, wenn der Erfolg der Entgeltklage von dem der Kündigungsschutzklage unmittelbar abhängt, wenn also Entgelt für einen Zeitraum nach dem vermeintlichen Ende des Arbeitsverhältnisses gefordert wird (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.03.2006 - 2 Ta 51/06; Beschluss vom 17.07.2007 - 1 Ta 167/07; Beschluss vom 21.04.2008 - 1 Ta 65/08). Allerdings kann eine wirtschaftliche Teilidentität nur soweit entstehen, wie die Bewertung des Kündigungsschutzantrages reicht. Ist dieser in Anlehnung an die Rechtsprechung des BAG sowie die ständige Rechtsprechung des LAG Rheinland-Pfalz (vgl. nur BAG, Beschluss vom 30.11.1984, NZA 1985, 369 ff; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.09.2007 - 1 Ta 207/07; Beschluss vom 26.11.2007 - 1 Ta 249/07; Beschluss vom 21.07.2008 - 1 Ta 123/08) in Abhängigkeit von der Bestandsdauer des Arbeitsverhältnisses im Kündigungszeitpunkt mit einem, zwei oder drei Bruttomonatsgehältern zu bewerten, kommt eine wirtschaftliche Teilidentität mit zusätzlich geltend gemachten Zahlungsansprüchen lediglich für einen kongruenten Zeitraum von ein, zwei oder drei Monaten nach dem vermeintlichen Ende des Arbeitsverhältnisses, so wie es sich aus der ausgesprochenen Kündigung ergibt, in Betracht. Insoweit sind der Wert des Kündigungsschutzantrages auf der einen und der Wert der geltend gemachten Zahlungsansprüche für den entsprechenden Ein-, Zwei- oder Drei-Monatszeitraum auf der anderen Seite zu vergleichen und der höhere dieser beiden Werte der Gegenstandswertfestsetzung zugrunde zu legen. Darüber hinausgehende Zahlungsanträge (etwa für die Zeit ab dem vierten Monat nach der vermeintlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses) sind dagegen eigenständig zu bewerten, weil es insoweit an einer wirtschaftlichen Identität zu dem Kündigungsschutzantrag fehlt (vgl. zu den vorgenannten Grundsätzen LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21.07.2008 - 1 Ta 123/08). Vorliegend war der Kündigungsschutzantrag mit drei Bruttomonatsgehältern des Klägers zu bewerten, was einem Betrag von 8.850,00 € entspricht. Die für die Zeit von Januar bis März 2008 geltend gemachten Zahlungsbeträge belaufen sich dagegen nur auf insgesamt 5.019,60 €. Folglich war der für den Kündigungsschutzantrag zugrunde zu legende höhere Wert in die Gegenstandswertfestsetzung einzubeziehen, ebenso wie die für die Zeit ab April 2008 geltend gemachten Zahlungsanträge (mit einem Wert von 10.039,20 €). 4. Der unter Ziffer 4 der Klage gestellte Hilfsantrag auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis im Fall der sozialen Rechtfertigung der Kündigung nicht zum ausgesprochenen Endtermin, dem 31.12.2007, beendet werde, sondern erst zum 30.07.2008, war bei der Gegenstandswertfestsetzung nicht zu berücksichtigen. Dieser Antrag enthält im Vergleich zu dem unter Ziffer 1 gestellten Kündigungsschutzantrag ein Minus, da er die Kündigung als gerechtfertigt unterstellt und lediglich ihre Reichweite angreift. 5. Auch den unter Ziffer 5 gestellten Antrag hat das Arbeitsgericht zutreffend nicht gesondert bewertet. Zwar ist einem unbedingt gestellten Weiterbeschäftigungsantrag grundsätzlich ein eigener Wert beizumessen. Vorliegend hat der Kläger diesen Antrag jedoch bereits in der Klageschrift ausdrücklich unter die Bedingung gestellt, dass die Beklagte im Gütetermin nicht zu Protokoll erkläre, ihn weiterzubeschäftigen, sofern ein klagestattgebendes Urteil ergehe. Damit wurde der Antrag in der Klageschrift gerade nicht gestellt, sondern vielmehr von einer zukünftigen bestimmten, im Gütetermin evtl. eintretenden Situation abhängig gemacht. Dabei handelt es sich auch nicht um eine "Rechtsbedingung" im innerprozessualen Sinne, wie sie etwa anzunehmen ist, wenn der Weiterbeschäftigungsantrag für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag als sogenannter unechter oder uneigentlicher Hilfsantrag gestellt wird. Diese Konstellation, für die von Teilen des Schrifttums eine eigenständige Bewertung bejaht wird, unterscheidet sich grundlegend von der hier gegebenen. Es handelt sich nicht um eine Bedingung in rechtlicher Hinsicht, die durch eine bestimmte Rechtsansicht des Gerichts ausgelöst wird, sondern vielmehr um einen Vorbehalt in tatsächlicher Hinsicht, welcher vom Verhalten der Gegenseite (hier der Beklagten) abhängen soll. Die Beklagte hat im Gütetermin ausweislich des Protokolls vom 09.01.2008 eine entsprechende Erklärung, den Kläger weiterzubeschäftigen, nicht abgegeben. Aus dem den Sitzungsverlauf in drei Sätzen schildernden Protokoll ergibt sich, dass die Parteien und damit auch die Beklagte auf Anregung des Arbeitsgerichts und Unterbreitung eines Vergleichsvorschlags eine Vorgehensweise nach § 278 Abs. 6 ZPO in Aussicht gestellt und beantragt haben, Kammertermin nur auf ihren weiteren Antrag zu bestimmen. Damit haben sie das streitige Verfahren in gewisser Weise "unterbrochen" und zu erkennen gegeben, sich in konkreter Auseinandersetzung mit dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag gütlich einigen zu wollen. Der unter Ziffer 5 gestellte Klageantrag geht jedoch von einem streitigen Fortgang des Verfahrens aus, da er auf Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung des Klägers "im Falle des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag der Ziffer 1" lautet. Weiterhin sollte die unbedingte Antragsstellung ausweislich der Klageschrift voraussetzen, dass die Beklagte nicht freiwillig zu Protokoll erkläre, den Kläger weiterzubeschäftigen, "sofern ein der Klage stattgebendes Urteil ergeht". Auch dies zeigt, dass der Antrag nur für den Fall gestellt bzw. als gestellt behandelt werden sollte, dass das Verfahren in streitiger Weise über den Gütetermin hinaus fortgesetzt würde. Da dies nicht der Fall war, sondern die Parteien vielmehr Einigungsbereitschaft signalisierten und um eine faktische Verfahrensruhe baten, kann der unter Ziffer 5 gestellte Antrag nicht als gestellt betrachtet werden. Eine Gegenstandswertfestsetzung entfällt insoweit. 6. Damit ergibt sich insgesamt ein Gegenstandswert von 29.429,92 € (8.850,00 € für den Kündigungsschutzantrag, 9.509,01 € für die Anträge zu Ziffer 3, 6.051,31 € für die Anträge zu Ziffer 7 a, e-g und 5.019,60 € für die Anträge zu Ziffer 8). Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist anders als das Verfahren nach § 33 Abs. 9 RVG nicht gebührenfrei. Die Gerichtsgebühr haben die Beschwerdeführer gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Der teilweise Erfolg der Beschwerde ändert an dieser Kostenverteilung nichts, da sein Anteil (2,2 %) hierfür zu gering war. Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.

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