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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 26.10.2007
Aktenzeichen: 1 Ta 242/07
Rechtsgebiete: TzBfG, RVG, KSchG, GKG


Vorschriften:

TzBfG § 8
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 9
KSchG § 2
GKG § 3 Abs. 2
GKG § 42 Abs. 3
GKG § 42 Abs. 4 Satz 1
GKG § 42 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 1 Ta 242/07

Entscheidung vom 26.10.2007

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 02. Oktober 2007 - 7 Ca 825/07 - wie folgt abgeändert:

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird auf 3.009,00 EUR festgesetzt.

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer zu 3/4.

4. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines Rechtsanspruchs auf Verringerung der Arbeitszeit gemäß § 8 TzBfG.

Die bei der Beklagten beschäftigte Klägerin begehrte nach der Rückkehr aus ihrer Elternzeit eine Verringerung ihrer Arbeitszeit bei der Beklagten. Nachdem beide Parteien hierüber kein Einvernehmen erzielen konnten, erhob die Klägerin vorliegende Klage und beantragte, die Beklagte zu verurteilen, sie, die Klägerin, mit einer verringerten Arbeitszeit von monatlich 97,5 Stunden im 14-tägigen Rhythmus montags, dienstags, freitags, samstags, mittwochs und donnerstags, beginnend mit dem 02. Juli 2007, zu beschäftigen.

Die Parteien haben den Rechtsstreit durch Vergleich erledigt.

Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 02. Oktober 2007 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf 2.006,00 EUR festgesetzt. Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2007, bei Gericht eingegangen am 15. Oktober 2007, Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert zumindest mit 1/4-Jahresentgelt anzusetzen. Zur Begründung verweisen die Beschwerdeführer auf eine analoge Anwendung der Regelungen zur Änderungskündigung.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 EUR und ist auch sonst zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch nur teilweise Erfolg. Der Gegenstandswert war vorliegend in entsprechender Anwendung der Grundsätze, die für die Streitwertbemessung in Änderungskündigungsschutzverfahren gelten, mit 1,5 Bruttomonatsgehältern zu bewerten.

Begehrt ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber gemäß § 8 TzBfG Verringerung der Arbeitszeit, so ist dies im Hinblick auf die Wertfestsetzung vergleichbar mit der Konstellation, in der ein Arbeitnehmer eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Änderungskündigung unter Vorbehalt im Sinne von § 2 KSchG annimmt (ebenso LAG Hamburg, Beschluss vom 08. November 2001, NZA-RR 2002, 551; LAG Berlin, Beschluss vom 04. September 2001, NZA-RR 2002, 104; Hessisches LAG, Beschluss vom 28. November 2001, NZA-RR 2002, 327; LAG Niedersachsen, Beschluss vom 14. Dezember 2001, NZA-RR 2002, 550; Arbeitsrechtslexikon/Schwab : Streitwert/Gegenstandswert, II. 2.). In beiden Fällen geht es um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis zu geänderten Arbeitsbedingungen nach den Vorstellungen einer der Parteien fortgesetzt wird, obwohl die andere Partei damit nicht einverstanden ist, ohne dass dabei über Bestehen oder Nichtbestehen des Arbeitsverhältnisses als solches gestritten wird. Mit seinem Verlangen auf Verringerung der Arbeitszeit will der Arbeitnehmer ebenso in den Inhalt des praktizierten Arbeitsverhältnisses eingreifen, wie dies dem Arbeitgeber im Wege einer Änderungskündigung offen stünde. Die Klage auf Verringerung der Arbeitszeit stellt sozusagen das Gegenteil einer Klage dar, mit der sich der Arbeitnehmer gegen die Veränderung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit durch eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Änderungskündigung wehrt (LAG Niedersachsen, Beschluss vom 14. Dezember 2001, NZA-RR 2002, 550). Daher können in beiden Fällen hinsichtlich der Wertfestsetzung dieselben Maßstäbe angelegt werden. Sofern das LAG Rheinland-Pfalz dies in der Vergangenheit anders beurteilt hat (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. Mai 2005 - 7 Ta 71/05), hält die nunmehr für Streitwert- und Gegenstandswertbeschwerden ausschließlich zuständige 1. Kammer daran nicht fest.

Nimmt der Arbeitnehmer eine Änderungskündigung unter Vorbehalt an und zielt die Änderungskündigung auf eine Reduzierung der Vergütung ab, so ist in entsprechender Anwendung der Regelungen in § 42 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 und 2 GKG bei der Bestimmung des Gegenstandswerts grundsätzlich vom dreifachen Jahresbetrag der monatlichen Vergütungsdifferenz auszugehen, zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu Bestandsschutzstreitigkeiten jedoch höchstens vom Vierteljahresverdienst des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG (BAG, Beschluss vom 23. März 1989 - 7 AZR 527/85 (B), DB 1989, 1880 zu § 12 Abs. 7 ArbGG a. F.; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25. Juli 2007 - 1 Ta 179/07; Beschluss vom 15. November 2005 - 9 Ta 257/05; Hessisches LAG, Beschluss vom 28. November 2001, NZA-RR 2002, 327; LAG Berlin, Beschluss vom 04. September 2001, NZA-RR 2002, 104; LAG Hamburg, Beschluss vom 08. November 2001, NZA-RR 2002, 551; a. A. Kliemt, NZA 2001, 63, 68). Wird das Änderungsangebot vom Arbeitnehmer unter Vorbehalt angenommen, ist von dieser Obergrenze des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG grundsätzlich noch einmal ein Abschlag in Höhe von 50 % vorzunehmen, weil dann nicht die Existenz des Arbeitsverhältnisses in Streit steht, sondern lediglich einzelne Arbeitsbedingungen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25. Juli 2007 - 1 Ta 179/07). Ein Streit über bloß eine einzige Arbeitsbedingung hat in der Regel nicht die Wertigkeit, die einem Streit um die Vollexistenz des gesamten Rechtsverhältnisses beizumessen ist.

Die Anwendung der genannten Grundsätze führt im vorliegenden Verfahren dazu, dass der Wert der Differenz zwischen der bisherigen und der von der Klägerin angestrebten verringerten Arbeitszeit entsprechend der damit verbundenen Entgeltreduzierung, die von den Beschwerdeführern mit 28.886,40 EUR beziffert wurde, mit anderthalb Bruttomonatsgehältern zu veranschlagen war. Dies entspricht, ausgehend von einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.006,00 EUR, einem Wert von 3.009,00 EUR.

Aus den genannten Gründen war der Beschluss des Arbeitsgerichts wie geschehen abzuändern.

Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren berechnet ich nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist anders als das Verfahren nach § 33 Abs. 9 RVG nicht gebührenfrei. Die Gerichtsgebühren haben die Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 ZPO zu 3/4 zu tragen.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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