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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 10.05.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 1011/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, BUrlG


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 273
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 615
BUrlG § 7 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 1011/05

Entscheidung vom 10.05.2006 Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 11.11.2005, Az. 7 Ca 1796/05, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung von Arbeitsvergütung nebst Spesen für die Monate Mai und Juni 2005 sowie Urlaubsabgeltung. Der Beklagte macht seinerseits gegenüber dem Kläger im Wege der Widerklage Schadensersatzansprüche geltend sowie einen Anspruch auf Rückzahlung von Spesen. Der Kläger hat erstinstanzlich (zuletzt) beantragt,

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständigen Lohn für den Monat Mai 2005 in Höhe von 1.210,00 EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 15.06.2005 zu zahlen. 2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständigen Lohn für den Monat Juni 2005 in Höhe von 2.377,76 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 15.07.2005 zu zahlen. 3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 724,50 EUR brutto Urlaubsabgeltung nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.07.2005 zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen und den Kläger zu verurteilen, an ihn 4.506,42 EUR zu zahlen. Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen. Zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 78 - 80 d. A.) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 11.11.2005 in vollem Umfang stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 - 8 dieses Urteils (= Bl. 81 - 84 d. A.) verwiesen. Gegen das ihm am 25.11.2005 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 20.12.2005 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 25.01.2006 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 23.02.2006 begründet. Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor, der vom Arbeitsgericht für den Monat Mai 2005 ausgeurteilte Betrag sei zutreffend. Dies gelte jedoch nicht für den Monat Juni 2005; insofern habe das Arbeitsgericht verkannt, dass der Kläger nur bis zum 20.06.2005 gearbeitet habe und danach unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben sei. Mehr als 1.333,33 EUR könne der Kläger daher für den betreffenden Monat nicht beanspruchen. Fehlerhaft sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger mit Schreiben vom 21.06.2005 ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht habe. Dieses Schreiben habe er - der Beklagte -, wie bereits erstinstanzlich vorgetragen, nicht erhalten. Zinsen könne der Kläger erst ab Klagezustellung d. h. seit dem 22.07.2005 beanspruchen. Auch die vom Arbeitsgericht vorgenommene Berechnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs des Klägers sei unzutreffend. Unter Zugrundelegung der vertraglich vereinbarten 20 Urlaubstage pro Kalenderjahr und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger nur bis zum 20.06.2005 gearbeitet habe, seien lediglich 9 Urlaubstage mit jeweils 69,00 EUR abzugelten, woraus sich ein Gesamtbetrag von 621,00 EUR ergebe. Da der Kläger unberechtigterweise ab dem 22.06.2005 nicht mehr zur Arbeit erschienen sei, sei ihm - dem Beklagten - ein Schaden i. H. v. insgesamt 6.136,00 EUR entstanden. Darüber hinaus habe der Kläger, wie bereits erstinstanzlich dargelegt, in den Monaten Januar 2005 bis Mai 2005 Spesenüberzahlungen i. H. v. insgesamt 514,00 EUR erhalten; insoweit sei der Kläger zur Rückzahlung verpflichtet. Der Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil wie folgt abzuändern: 1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständigen Lohn für den Monat Mai 2005 in Höhe von netto EUR 1.210,00 nebst 5 % Zinsen über Basiszins seit dem 22.07.2005 zu bezahlen. 2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständigen Lohn für den Monat Juni 2005 in Höhe von brutto EUR 1.333,33 nebst 5 % Zinsen über Basiszins hieraus seit dem 22.07.2005 zu bezahlen. 3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger brutto EUR 621,00 Urlaubsabgeltung nebst 5 % Zinsen über Basiszins seit dem 22.07.2005 zu bezahlen. 4. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten EUR 6.650,00 nebst 5 % Zinsen über Basiszins seit dem 24.10.2005 zu bezahlen. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger verteidigt das mit der Berufung angefochtene Urteil. Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf die von den Parteien im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. II.

Das Arbeitsgericht hat der Klage sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Berufungsgericht folgt den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies hiermit ausdrücklich gem. § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener Entscheidungsgründe kann daher abgesehen werden. Das Berufungsvorbringen des Beklagten bietet lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Klarstellungen: 1.)

Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch der Klage auf Zahlung von Arbeitsvergütung nebst Spesen und Fahrtkostenersatz für den Monat Juni 2005 i. H. v. insgesamt 2.377,76 EUR in vollem Umfang stattgegeben. Auch für diesen Monat schuldet der Beklagte dem Kläger den vereinbarten Monatslohn von 2.000,00 EUR. Zwar hat der Kläger unstreitig nur bis zum 21.06.2005 seine Arbeitsleistung für den Beklagten erbracht. Der Beklagte befand sich jedoch nach diesem Zeitpunkt und jedenfalls noch bis zum 30.06.2005 in Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung des Klägers und ist daher nach § 615 BGB zur Zahlung der vertragsgemäßen Arbeitsvergütung auch für die Zeit vom 22.06. bis 30.06.2005 verpflichtet. Der Annahmeverzug des Beklagten resultiert daraus, dass der Kläger am 21.06.2005 wirksam von seinem Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB hinsichtlich der von ihm zu erbringenden Arbeitsleistung Gebrauch gemacht hat. Der Kläger war zur Ausübung des Zurückbehaltungsrechts berechtigt, da der Beklagte seine Hauptleistungspflicht, nämlich die Zahlung von Arbeitsvergütung, nicht erfüllt hatte. Zwar befand sich der Beklagte am 21.06.2005 hinsichtlich der Zahlung der Arbeitsvergütung für den Monat Mai 2005 unter Berücksichtigung der in § 4 des Arbeitsvertrages vereinbarten Fälligkeitsregelung, wonach die Auszahlung des Restlohnes jeweils am 15. des darauf folgenden Monats erfolgen sollte, erst für einen relativ kurzen Zeitraum in Rückstand. Darüber hinaus war für den betreffenden Monat unstreitig auch bereits eine Abschlagszahlung in Höhe von 800,00 EUR an den Kläger erfolgt. Gleichwohl verstieß die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nicht gegen Treu und Glauben. Dies folgt aus dem Umstand, dass der Beklagte unstreitig im Rahmen eines Gesprächs vom 20.06.2005 gegenüber dem Kläger erklärt hatte, dass er weder den (rückständigen) Lohn für den Monat Mai 2005 noch die Arbeitsvergütung für Juni 2005 zahlen werde. In Ansehung dieser deutlich zum Ausdruck gebrachten Leistungsverweigerung seitens des Beklagten stellt sich die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts durch den Kläger weder als unverhältnismäßig dar noch verstieß sie gegen Treu und Glauben. Der Arbeitnehmer ist nämlich keineswegs verpflichtet, seine Arbeitsleistung "auf Kredit" zu erbringen. Der Kläger hat sein Zurückbehaltungsrecht auch wirksam ausgeübt und dadurch den Beklagten in Annahmeverzug gesetzt; hinsichtlich seiner Leistungsbereitschaft bestand für den Fall, dass der Beklagte seiner Verpflichtung auf Zahlung von Arbeitsvergütung nachkommen würde, auch aus dessen Sicht keinerlei Zweifel. Dabei kann offen bleiben, ob dem Beklagten das Schreiben des Klägers vom 21.06.2005 (Bl. 6. d. A.) zugegangen ist, in welchem dieser ausdrücklich erklärt hat, er werde seine Arbeitskraft so lange zurückhalten, bis der Beklagte den rückständigen Arbeitslohn gezahlt hat. Zwar ist der Arbeitnehmer, der wegen eines ihm zustehenden Leistungsverweigerungsrechts nicht mehr leistungsbereit ist, grundsätzlich gehalten, das Angebot seiner Arbeitsleistung mit der Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrechts zu verbinden. Dessen bedurfte es jedoch in Ansehung der Umstände des vorliegenden Einzelfalles hier nicht. Der Beklagte hatte am 20.06.2005 gegenüber dem Kläger unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, weder die Arbeitsvergütung für den Monat Mai noch diejenige für den Monat Juni 2005 zu zahlen. Unstreitig hat der Kläger daraufhin am 21.06.2005 um ca. 16:30 Uhr den LKW auf dem Hof des Beklagten abgestellt und diesem zugleich die Fahrzeugpapiere, das Telefon und den LKW-Schlüssel zukommen lassen. Durch diese Handlungsweise hat der Kläger jedenfalls konkludent zum Ausdruck gebracht, seine Arbeitskraft ausschließlich und gerade wegen der Nichterfüllung der Vergütungszahlungsverpflichtung des Beklagten nicht erbringen zu wollen. Dies war für den Beklagten in Ansehung des am Vortrage geführten Gesprächs klar und deutlich erkennbar. Des Zugangs des vom Kläger unter dem 21.06.2005 verfassten Schreibens (Bl. 6 d. A.) an den Beklagten bedurfte es diesbezüglich nicht mehr. Hinsichtlich der vom Arbeitsgericht für den Monat Juni 2005 ausgeurteilten Spesen und Fahrtkosten i. H. v. insgesamt 377,76 EUR ist den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils nichts hinzuzufügen. Die zugesprochenen Beträge resultieren unter Zugrundelegung des insoweit unstreitigen Sachvortrages des Klägers aus den im Arbeitsvertrag der Parteien vom 01.12.2004 (Bl. 7 - 10 d. A.) getroffenen Vereinbarungen. 2.)

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist auch hinsichtlich der dem Kläger zugesprochenen Zinsen zutreffend. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist dieser nämlich nicht erst mit Zustellung der Klage am 22.07.2005 mit der Verpflichtung zur Zahlung von Arbeitsvergütung in Verzug geraten. Der Verzug des Beklagten begann vielmehr in Ansehung der in § 4 des Arbeitsvertrages vereinbarten Fälligkeitsregelung nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB bereits am 15.06. bzw. 15.07.2005. 3.)

Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Beklagten auch zur Zahlung von Urlaubsabgeltung i. H. v. 724,50 EUR an den Kläger verurteilt. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien unstreitig geendet hat, ist der Beklagte nach § 7 Abs. 4 BUrlG zur Abgeltung des dem Kläger nicht in natura gewährten Urlaubs verpflichtet. Ausweislich der auf Seite 1 des Arbeitsvertrages vom 01.12.2004 getroffenen Vereinbarung, die der im vorformulierten Vertragstext (dort § 7) enthaltenen Regelung vorgeht, belief sich der Urlaubsanspruch des Klägers auf 21 Arbeitstage pro Kalenderjahr. Da der Kläger im Jahr 2005 unstreitig noch keinen Urlaub genommen hatte und das Arbeitsverhältnis der Parteien jedenfalls nicht vor dem 30.06.2005 geendet hat, umfasst der Abgeltungsanspruch (mindestens) die vom Kläger geltend gemachten 10,5 Urlaubstage. Diese sind nach der in § 7 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelung (69 EUR pro Urlaubstag) mit insgesamt 724,50 EUR abzugelten. 4.)

Die Widerklage ist unbegründet. Der Beklagte hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterbringung der Arbeitsleistung ab dem 22.06.2005. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Kläger - wie bereits ausgeführt - am 21.06.2005 wirksam von dem ihm zustehenden Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat und daher ab diesem Zeitpunkt gegenüber dem Beklagten nicht mehr zur Weiterarbeit verpflichtet war. Der Beklagte hat gegen den Kläger auch keinen Anspruch auf Rückerstattung überhöhter Spesenzahlungen. Einen diesbezüglichen Anspruch hat der Beklagte nicht schlüssig dargetan. Die bloße Bezugnahme auf die von ihm zur Begründung seines Anspruchs erstellten Auflistungen (Bl. 63 - Bl. 68 d.A.) erweist sich als unzureichend. Die in den betreffenden Listen angegebenen Differenzbeträge sind hinsichtlich ihres Zustandekommens bzw. ihrer Berechnung nicht nachvollziehbar. Insoweit fehlt es bereits an einem substantiierten Sachvortrag. Im Übrigen kann sich der Beklagte zur Begründung seines Rückzahlungsanspruches ohnehin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die bei der Auszahlung der Spesen zu Grunde gelegten Zeiten nicht mit den auf den Tachoscheiben des vom Kläger gefahrenen Fahrzeuges ausgewiesenen Zeiten übereinstimmen. Die zwischen den Parteien vereinbarten Spesen berechnen sich nämlich nach der sog. Abwesenheitszeit, die mit der Laufzeit des vom Kläger in Ausübung seiner Arbeit genutzten LKW keineswegs identisch zu sein brauchen. III.

Nach alledem war die Berufung des Beklagten mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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