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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 21.01.2004
Aktenzeichen: 10 Sa 1265/03
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG, KSchG, GewO, BAT


Vorschriften:

ZPO § 256
ZPO § 888
ArbGG § 69 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 2 Satz 1
KSchG § 4
GewO § 109
BAT § 61 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 1265/03

Verkündet am: 21.01.2004

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 20.05.2003, AZ: 5 Ca 3727/02, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25.11.2002 zum 31.01.2003 aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits als Industriearbeiter weiterzubeschäftigen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Endzeugnis zu erteilen, das sich auf die Leistungen und die Führung des Klägers im Arbeitsverhältnis erstreckt.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 2/3 der Beklagten und zu 1/3 dem Kläger auferlegt.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in erster Linie über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der am 01.10.1970 geborene, verheiratete, seiner Ehefrau und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten seit dem 11.10.1999 - zuvor bereits in der Zeit vom 25.05.1997 bis 16.04.1999 - als Industriearbeiter beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt ca. 600 Arbeitnehmer.

Nach Behauptung der Beklagten war der Kläger im Jahr 2000 an insgesamt 48 Arbeitstagen, im Jahr 2001 an insgesamt 40 Arbeitstagen und im Jahr 2002 an insgesamt 77 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Hinsichtlich der von der Beklagten vorgetragenen Krankheitszeiten und den daraus resultierenden Entgeltfortzahlungszeiträumen wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 19.02.2003 (dort Seite 2 letzter Absatz = Bl. 30 d. A. bis Seite 4 = Bl. 32 d. A.) verwiesen. Bezüglich der davon geringfügig abweichenden Angaben des Klägers sowie der Art der jeweiligen Erkrankungen, die zwischen den Parteien unstreitig sind, wird auf dessen Schriftsatz vom 28.10.2003 (dort Seite 2 letzter Absatz = Bl. 84 d. A. und Seite 3 = Bl. 85 d. A.) Bezug genommen. Entgeltfortzahlung hat die Beklagte nach ihrer Behauptung an den Kläger im Jahr 2000 für 48 Arbeitstage, im Jahr 2001 für 40 Arbeitstage und im Jahr 2002 für 32 Arbeitstage (insgesamt 11.219,14 € zuzüglich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung) geleistet.

Mit Schreiben vom 25.11.2002 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.01.2003. Gegen diese Kündigung richtet sich die vom Kläger am 10.12.2002 beim Arbeitsgericht eingereichte Klage.

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, da er keine krankheitsbedingten Fehlzeiten in einem Umfang aufweise, die eine Kündigung rechtfertigen könnten. Es sei auch nicht von einer negativen Zukunftsprognose auszugehen, da infolge einer durchgeführten Knieoperation nicht mit weiteren Kurzerkrankungen zu rechnen sei. Es treffe nicht zu, dass durch sein krankheitsbedingtes Fehlen der Produktionsablauf bei der Beklagten in nennenswertem Umfang beeinträchtigt worden sei. Die Beklagte habe es auch versäumt, ihren Betriebsrat vor Kündigungsausspruch so zu informieren, dass dieser sich ein eigenes Bild über die Kündigungsgründe habe machen können.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 25.11.2002 zum 31.01.2003 nicht aufgelöst ist sondern darüber hinaus fortbesteht,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn als Industriearbeiter zu einer monatlichen Vergütung von 2.493,39 € brutto weiter zu beschäftigen,

3. der Beklagten für jeden Tag der Nichtbeschäftigung ein Zwangsgeld aufzuerlegen, dessen Höhe im Ermessen des Gerichts liegt,

4. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses und Führung und Leistung erstreckt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Kündigung sei aufgrund der häufigen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers seit dem Jahr 2000 und der sich daraus ergebenden negativen Zukunftsprognose sozial gerechtfertigt. Die an den Kläger zu erbringenden Entgeltfortzahlungskosten seien als erhebliche wirtschaftliche Belastung anzusehen. Darüber hinaus werde durch das krankheitsbedingte Fehlen des Klägers der reibungslose Produktionsablauf intensiv gestört. Der Betriebsrat sei vor Kündigungsausspruch ordnungsgemäß angehört worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20.05.2003 abgewiesen. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 bis 11 dieses Urteils (= Bl. 50 bis 56 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 05.09.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 06.10.2003, Berufung beim Landesarbeitsgericht Rheinland - Pfalz eingelegt und diese am 28.10.2003 begründet.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts bestehe keine negative Prognose dahingehend, dass auch zukünftig mit häufigen Kurzerkrankungen zu rechnen sei. Zu berücksichtigen sei nämlich insbesondere, dass wesentliche Fehlzeiten, nämlich vom 04.12.2000 bis 13.01.2001 und vom 23.01.2002 bis 06.05.2002 darauf beruhten, dass er - der Kläger - sich zum Einen einer Miniskusoperation am Knie und zum Anderen einer weiteren Operation wegen Schiefstellung des Oberschenkels habe unterziehen müssen. Sowohl die Miniskusoperation als auch die Operation des Oberschenkels seien erfolgreich durchgeführt worden, so dass nicht mehr mit weiteren Fehlzeiten zu rechnen sei. Bei den übrigen Fehlzeiten handele es sich um typische Kurzerkrankungen, die jedermann treffen könnten und die bei ihm - dem Kläger - auch nicht erheblich über denen anderer vergleichbarer Arbeitnehmer lägen. Im Übrigen reiche es nicht aus, zur Begründung der Kündigung allein auf hohe Entgeltfortzahlungskosten zu verweisen. Diesbezüglich komme es maßgeblich auch auf die Ausfallquote vergleichbarer Arbeitnehmer an, wozu die Beklagte jedoch nichts vorgetragen habe. Schließlich erweise sich die Anhörung des Betriebsrats in mehrfacher Hinsicht als nicht ordnungsgemäß.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20.05.2003, AZ: 5 Ca 3727/02, abzuändern und

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 25.11.2002 zum 31.01.2003 nicht aufgelöst ist, sondern darüber hinaus fortbesteht,

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Industriearbeiter zu einer monatlichen durchschnittlichen Vergütung von mindestens 2.493,39 € brutto weiter zu beschäftigen,

3. der Beklagten für jeden Tag der Nichtbeschäftigung ein Zwangsgeld aufzuerlegen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,

4. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein qualifiziertes Zwischenzeugnis, hilfsweise ein qualifiziertes Endzeugnis, zu erteilen, das sich auf Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses und Führung und Leistung erstreckt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, das Vorbringen des Klägers sei nicht geeignet, die eindeutige Indizwirkung seiner Fehlzeiten in der Vergangenheit zu erschüttern. Der Kläger habe nach wie vor nicht schlüssig dargetan, weshalb künftig Ausfallzeiten aufgrund seiner Knie- und Oberschenkelbeschwerden ausgeschlossen sein sollten. Schließlich sei es bereits nach der ersten Operation zu einer Entzündung im Kniebereich gekommen, so dass hier nicht von einer endgültigen Ausheilung gesprochen werden könne. Die in diesem Bereich immer wieder auftretenden Beschwerden ließen vielmehr den Schluss auf ein chronisches Grundleiden zu. Auch die übrigen Erkrankungen deuteten auf eine massive chronische Anfälligkeit hin. Der Kläger habe auch insoweit nicht dargetan, inwieweit künftig keine Ausfallzeiten mehr zu erwarten seien. Die Behauptung des Klägers, dass seine Fehlzeiten nicht wesentlich über denen anderer Arbeitnehmer lägen, sei völlig unsubstantiiert und gänzlich unerheblich. Darüber hinaus entspreche dies nicht den Tatsachen. Der Betriebsrat sei vor Kündigungsausspruch ordnungsgemäß angehört worden. Das Anhörungsschreiben vom 18.11.2002 (Bl. 36 und 37 d. A.) enthalte bereits alle notwendigen Angaben. Zudem sei dem Betriebsratsvorsitzenden bei Übergabe des Anhörungsschreibens der gesamte Sachverhalt noch einmal mündlich mitgeteilt worden.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf die von den Parteien im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache zum Teil Erfolg.

II.

Die Klage ist, soweit zulässig, überwiegend begründet.

1.

Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die streitbefangene ordentliche Kündigung nicht aufgelöst worden. Die Kündigung erweist sich als sozial ungerechtfertigt und damit als rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 KSchG).

Die Sozialwidrigkeit einer, wie im vorliegenden Fall, wegen häufiger Kurzerkrankungen ausgesprochenen Kündigung ist in drei Stufen zu prüfen. Zunächst ist eine negative Gesundheitsprognose erforderlich. Es müssen im Zeitpunkt der Kündigung objektive Tatsachen vorliegen, die das Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang rechtfertigen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbildes sprechen. Die prognostizierten Fehlzeiten sind nur dann geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen, wenn sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Diese Beeinträchtigung ist Teil des Kündigungsgrundes. Neben Betriebsablaufstörungen kann Kündigungsgrund auch eine erhebliche wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers sein. Auch außergewöhnlich hohe Lohnfortzahlungskosten können den Arbeitgeber erheblich belasten, wenn hierdurch das Austauschverhältnis auf unbestimmte Zeit ganz erheblich gestört wird. Davon ist auszugehen, wenn für die Zukunft mit immer neuen, außergewöhnlich hohen Lohnfortzahlungskosten zu rechnen ist, die pro Jahr jeweils für einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen aufzuwenden sind. Dabei ist nur auf die Kosten des einzelnen Arbeitsverhältnisses abzustellen. Liegt nach diesen Grundsätzen eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen vor, so ist in einer dritten Stufe im Rahmen der nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Erkrankungen auf betriebliche Ursachen zurückzuführen sind, und ob bzw. wie lange das Arbeitsverhältnis zunächst ungestört verlaufen ist, ferner das Alter, der Familienstand sowie die Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers. Außerdem ist für die Frage, wann Lohnfortzahlungskosten eine Kündigung rechtfertigen, ganz erheblich auch ein Vergleich mit Arbeitnehmern, die eine vergleichbare Arbeit unter ähnlichen Bedingungen verrichten (vgl. BAG, EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 31; BAG, AP Nr. 14 zu 1 KSchG 1969 Krankheit). Ist auch bei den hinsichtlich ihrer Tätigkeit und der Arbeitsbedingungen vergleichbaren Arbeitnehmern die Quote der krankheitsbedingten Ausfälle besonders hoch, dann kann nur eine ganz erheblich höhere Ausfallquote eine Kündigung rechtfertigen und dies auch nur, wenn Überbrückungsmaßnahmen nicht erfolgreich oder nicht zumutbar gewesen sind.

Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die streitbefangene Kündigung als sozial ungerechtfertigt. Dabei kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass sowohl von einer negativen Prognose als auch von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen gemäß den vorstehenden Ausführungen auszugehen ist. Es fehlt nämlich jedenfalls im Rahmen der dritten Stufe an einer unzumutbaren Belastung der Beklagten. Wie bereits ausgeführt, ist im Rahmen der auf den Einzelfall abzustellenden Interessenabwägung wesentlich, ob - möglicherweise infolge der besonderen Situation am Arbeitsplatz - krankheitsbedingte Ausfälle auch bei anderen, arbeitsplatzbedingt vergleichbaren Arbeitnehmern besonders häufig zu verzeichnen sind. Solange diese Relation vom Arbeitgeber nicht klargestellt wird, ist eine umfassende und spezielle Gewichtung der krankheitsbedingten Ausfälle des Arbeitnehmers nicht möglich (vgl. BAG, EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 31). Im Streitfall hat die Beklagte hierzu nichts vorgetragen, obwohl der Kläger sich in seiner Berufungsbegründung ausdrücklich auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt berufen hat. Soweit die Beklagte diesbezüglich lediglich bestritten hat, dass die Fehlzeiten des Klägers nicht wesentlich über denen anderer Arbeitnehmer liegen, so erweist sich dieses Vorbringen als unsubstantiiert und daher als unzureichend. In Ermangelung konkreter Angaben der Beklagten hierzu sowie auch unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtungen des Klägers gegenüber seiner Ehefrau und seinen drei Kindern ist davon auszugehen, dass die zu prognostizierenden Lohnfortzahlungskosten, die in den Jahren 2000 bis 2002 ohnehin rückläufig waren, der Beklagten noch zumutbar sind.

Erhebliche Betriebsablaufstörungen, welche aus den krankheitsbedingten Ausfällen des Klägers resultieren, sind nicht dargetan. Soweit die Beklagte diesbezüglich vorträgt, das krankheitsbedingte Fehlen des Klägers störe den reibungslosen Produktionsablauf, der Arbeitsplatz des Klägers müsse immer mit anderen Arbeitnehmern besetzt werden, die Umsetzungen führten zu einer wesentlich geringeren Produktivität und es müsse auf Leiharbeitskräfte zurückgegriffen werden, erweist sich dieses Vorbringen in Ermangelung konkreter Angaben hierzu als unsubstantiiert.

Die streitbefangene Kündigung ist daher sozial ungerechtfertigt, so dass offen bleiben kann, ob sie auch wegen unrichtiger bzw. unvollständiger Information des Betriebsrats (§ 102 BetrVG) unwirksam ist.

2.

Der auf tatsächliche Weiterbeschäftigung gerichtete Klageantrag zu 2) ist ebenfalls begründet.

Da der Kündigungsschutzklage stattzugeben war und keine besonderen Umstände vorliegen, die ein überwiegendes Interesse der Beklagten begründen könnten, den Kläger nicht weiterzubeschäftigen, hat dieser einen Anspruch auf tatsächliche Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits (vgl. BAG GS, Urteil vom 27.02.1985, EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9).

3.

Soweit der Kläger in seinem Klageantrag zu 1) über den Kündigungsschutzantrag hinausgehend die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis über den 31.01.2003 hinaus fortbesteht, so handelt es sich, wie der Kläger bereits in seiner Klageschrift vom 09.12.2002 (dort Seite 2 = Bl. 2 d. A.) ausdrücklich klargestellt hat, um einen selbständigen allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 ZPO. Diesem Antrag fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. Ein solches ist - bei Fallkonstellationen der vorliegenden Art - nur dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer weitere Beendigungstatbestände in den Prozess einführt oder wenigstens deren Möglichkeit darstellt. Dieser Tatsachenvortrag, der die Zulässigkeit der Klage nach § 256 ZPO betrifft, muss bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen (vgl. Ascheid, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 4. Auflage, § 4 KSchG Rd-Ziffer 81 m. N. a. d. Rspr.). Im Streitfall sind jedoch außer der mit der Kündigungsschutzklage angegriffenen Kündigung keine Beendigungstatbestände dargetan oder ersichtlich.

Die Klage war daher insoweit als unzulässig abzuweisen.

4.

Der Antrag des Klägers, der Beklagten für jeden Tag seiner Nichtbeschäftigung ein Zwangsgeld aufzuerlegen, ist ebenfalls unzulässig.

Es handelt sich um einen auf Vollstreckung einer nichtvertretbaren Handlung gerichteten Antrag i. S. v. § 888 ZPO, der das Vorliegen der allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen und somit auch die vorherige Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels an den Schuldner erfordert. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt mit der Folge, dass das Zwangsvollstreckungsbegehren des Klägers - für welches ohnehin nicht bereits im Erkenntnisverfahren ein Bedürfnis besteht - als unzulässig abzuweisen war.

5.

Soweit der Kläger schließlich von der Beklagten die Erteilung eines Zeugnisses begehrt, so erweist sich die Klage diesbezüglich lediglich im Hilfsantrag als begründet.

Der gekündigte Arbeitnehmer hat spätestens bei Ablauf der Kündigungsfrist gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Endzeugnisses nach § 109 GewO. Dies gilt auch dann, wenn die Parteien in einem Kündigungsschutzprozess über die Rechtmäßigkeit der Kündigung streiten (vgl. BAG, AP Nr. 16 zu § 630 BGB). § 109 GewO begründet indessen keinen Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses. Eine diesbezügliche Verpflichtung des Arbeitgebers kann sich, soweit - wie im Streitfall - tarifliche Vorschriften nicht eingreifen, allerdings als allgemeine vertragliche Nebenpflicht ergeben. Dies wird in Anlehnung an § 61 Abs. 2 BAT anzunehmen sein, wenn der Arbeitnehmer einen triftigen Grund (z. B. beabsichtigter Stellenwechsel, Versetzung, Zuweisung einer neuen Tätigkeit) geltend machen kann. Das Vorliegen eines solchen triftigen Grundes, der den Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses begründen könnte, hat der Kläger nicht dargetan.

Der Klage war daher insoweit bezüglich des auf Erteilung eines Endzeugnisses gerichteten Hilfsantrages stattzugeben. Die Klage auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses war hingegen abzuweisen.

III.

Nach alledem war der Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils teilweise stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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