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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 19.02.2009
Aktenzeichen: 10 Sa 559/08
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 517
ZPO § 519
BGB § 611 Abs. 1
BGB § 615
BGB § 615 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11.09.2008 - Az.: 7 Ca 1793/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Zahlung von Annahmeverzugslohn. Der Kläger war seit dem 01.01.1999 im Baubetrieb der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Bauleiter beschäftigt. Seine Bruttomonatsvergütung betrug € 4.297,51. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 06.12.2004 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 28.02.2005 gekündigt. Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat mit Urteil vom 10.03.2005 (7 Ca 2183/04) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten noch durch die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung aufgelöst worden ist und die Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hat mit rechtskräftigem Urteil vom 08.09.2005 (6 Sa 311/05) die fristlose Kündigung und mit ebenfalls rechtskräftigem Urteil vom 13.12.2007 (10 Sa 505/07; im Anschluss an BAG Urteil vom 31.05.2007 - 2 AZR 200/06 - NZA 2007, 922) auch die ordentliche Kündigung der Beklagten für unwirksam erklärt. Das BAG hat mit Beschluss vom 20.12.2006 die erste Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten (2 AZN 173/06) als unzulässig verworfen und mit Beschluss vom 23.04.2008 (2 AZN 138/08) die zweite Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen. Mit der vorliegenden Klage, die er bereits im Juni 2005 erhoben hat (früheres Az: 7 Ca 918/05), verlangt der Kläger die Zahlung von Annahmeverzugslohn für die Monate von Dezember 2004 bis Mai 2005 in einer Gesamthöhe von € 25.785,06 brutto (6 Monate x € 4.297,51), abzüglich des in der Zeit vom 01.03. bis zum 31.05.2005 bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 5.870,70, nebst Verzugszinsen.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat der Zahlungsklage mit Urteil vom 11.09.2008 (neues Az: 7 Ca 1793/07) stattgegeben. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf Seite 4 bis 6 des Urteils (Bl. 25-27 d. A.) Bezug genommen. Die Beklagte, der das Urteil am 22.09.2008 zugestellt worden ist, hat am 02.10.2008 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese innerhalb der bis zum 22.12.2008 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 22.12.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Sie ist der Ansicht, das erstinstanzliche Urteil beruhe auf einer Verletzung des Rechts. Das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BAG die Ungewissheit über den Ausgang eines Kündigungsschutzprozesses in der Regel ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers für die Dauer des Kündigungsprozesses begründe. Ihre Kündigung vom 06.12.2004 sei nicht offensichtlich unwirksam gewesen. Sie habe daher bis zum Erlass des erstinstanzlichen Urteils im Kündigungsschutzprozess am 10.03.2005 ein schützenswertes Interesse an der Nichtbeschäftigung des Klägers gehabt, so dass Entgeltansprüche ausgeschlossen seien. Im Übrigen enthalte die seinerzeitige Klageschrift vom 08.12.2004 kein eindeutiges wörtliches Arbeitsangebot. Ferner müsse die Vorgeschichte der Kündigung beachtet werden. Der Kläger habe den Dienst-PC in erheblicher Weise privat genutzt und sich während der Arbeitszeit mit dem Aufrufen von erotischen Bild- und Videodateien beschäftigt. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 22.12.2008 (Bl. 51-55 d. A.) Bezug genommen. Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11.09.2008, Az.: 7 Ca 1793/07, aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen der Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 29.01.2009 (Bl. 70-72 d A.) Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I. Die nach § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig. II. In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus § 615 Satz 1 BGB i.V.m. § 611 Abs. 1 BGB Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn für die Monate von Dezember 2004 bis Mai 2005 in rechnerisch unstreitiger Höhe von € 25.785,06 brutto, abzüglich des bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 5.870,70, nebst Verzugszinsen. Dies hat das Arbeitsgericht im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend erkannt. Die Berufungskammer folgt den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von einer Darstellung eigener Entscheidungsgründe wird daher abgesehen. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten erscheinen lediglich folgende Ergänzungen angezeigt: Die Beklagte kam durch den Ausspruch der unwirksamen fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 06.12.2004 in Annahmeverzug, ohne dass es eines Angebots des Klägers bedurfte. Soweit die Beklagte geltend macht, der Kläger habe in der Klageschrift vom 08.12.2004 im Kündigungsschutzprozess kein eindeutiges Arbeitsangebot abgegeben, verkennt sie, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des BAG, die bereits das Arbeitsgericht ausführlich und zutreffend dargestellt und zitiert hat, nach Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber keines (wörtlichen) Dienstleistungsangebots des Arbeitnehmers bedarf, um den Arbeitgeber in Annahmeverzug zu setzen. Da der Arbeitgeber mit Ausspruch der Kündigung den Willen, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen, unzweideutig zu erkennen gibt, muss er den Arbeitnehmer wieder zur Arbeit auffordern, wenn er trotz Kündigung nicht in Annahmeverzug geraten will. Eine Arbeitsaufforderung ist vorliegend nicht erfolgt. Die Unwirksamkeit der Kündigung vom 06.12.2004 kann nicht mehr in Frage gestellt werden. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 06.12.2004 mit sofortiger Wirkung noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung zum 28.02.2005 beendet worden. Dies steht aufgrund der Urteile im Vorprozess zwischen den Parteien rechtskräftig fest (§ 322 Abs. 1 ZPO). Die Ausführungen der Beklagten zur "Vorgeschichte der Kündigung" führen deshalb weder prozessual noch materiell weiter. Die Kündigungsgründe, die bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Kündigungsschutzprozess materiell geprüft worden sind, sind im Folgeprozess auf Zahlung von Verzugslohn nicht mehr nachzuprüfen. Die Rechtskraft dient dem Rechtsfrieden und ist ein Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips: Was durch eine gerichtliche Entscheidung klargestellt worden ist, soll nicht immer wieder zum Gegenstand neuen Streites gemacht werden. Die Ansicht der Beklagten, Entgeltansprüche des Klägers seien ausgeschlossen, weil sie ein schützenswertes Interesse an dessen Nichtbeschäftigung gehabt habe, ist rechtsirrig. Die Beklagte verwechselt den arbeitsvertraglichen Weiterbeschäftigungsanspruch mit dem Anspruch auf Annahmeverzugslohn nach § 615 BGB. Der Anspruch auf die vereinbarte Vergütung aus Annahmeverzug ist nicht davon abhängig, ob der Kläger nach Ausspruch der fristlosen Kündigung das Recht hatte, von der Beklagten seine tatsächliche Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu verlangen. Das materielle, auf die Erlangung des Arbeitsentgelts gerichtete Interesse des Arbeitnehmers ist durch § 615 BGB gesichert. Wird der Arbeitnehmer während des Kündigungsprozesses trotz fortbestehenden Arbeitsverhältnisses nicht beschäftigt, gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug, so dass er zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet ist. Für den Zahlungsanspruch ist unerheblich, ob der Arbeitgeber bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Kündigungsschutzprozess ein schützenswertes Interesse an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers hatte oder nicht. III. Nach alledem ist die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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