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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 31.05.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 59/06
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 1004
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 59/06

Entscheidung vom 31.05.2006 Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15.12.2005 - AZ: 2 Ca 1579/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Entfernung einer unter dem Datum vom 22.09.2005 erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte. Das Abmahnungsschreiben hat folgenden Inhalt: "Sehr geehrte Frau A., am 13.07.2005 wurden Sie aufgefordert, beim Anrichten der Mahnzeiten eine Schutzhaube zu tragen. Eine Belehrung über diese Hygienevorschrift war bereits in einem protokollierten Gespräch erfolgt, zudem sind Ihnen die Bekleidungsvorschriften entsprechend ausgehändigt worden. Am 15.07.2005 gegen 08.15 Uhr trugen Sie trotz der wiederholten Belehrung erneut keine Schutzhaube. Sie wurden wiederum an die Schutzhaube erinnert, eine Überprüfung ca. 10 Minuten später ergab, dass Sie der Aufforderung nicht nachgekommen waren. In einem Anhörungsgespräch am 12.09.2005 mit Frau S. und Frau D. haben Sie den oben genannten Beobachtungen widersprochen. Sie gaben an, die Schutzhaube zwar beim Richten des Frühstücks getragen, dann aber abgesetzt zu haben, da diese Ihnen ständig vom Kopf gerutscht sei und Sie unter der Haube zu sehr schwitzen würden. Obwohl Sie mehrfach auf das Tragen der Schutzhaube hingewiesen worden waren, haben Sie sich nicht an die Bekleidungsvorschrift gehalten, wofür wir Sie hierfür abmahnen müssen. Sollten sich weitere Pflichtverstöße dieser oder vergleichbarer Art wiederholen, werden wir weitere arbeitsrechtliche Schritte bis hin zur Kündigung erwägen. wir hoffen, dass Sie uns zu einem solchen Schritt keine Veranlassung geben werden." Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 22.09.2005 wegen nicht getragener Schutzkleidung aus der Personalakte zu entfernen. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin A. S.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.12.2005 (Bl. 43 ff. d. A.) verwiesen. Mit Urteil vom 15.12.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 3 und 4 dieses Urteils (= Bl. 50 und 51 d. A.) verwiesen. Gegen das ihr am 22.12.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.01.2006 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 21.02.2006 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 21.03.2006 begründet. Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend, der Ausspruch der Abmahnung stelle sich als unverhältnismäßig dar, da die Bekleidungsvorschriften für Hauswirtschaftskräfte das Tragen einer Schutzhaube grundsätzlich nicht vorsähen. Diejenigen Mitarbeiterinnen der Beklagten, die lediglich im Speisesaal und nicht in der Küche tätig seien, seien auch nicht zum Tragen von Schutzhauben verpflichtet. Beim Zubereiten der Mahlzeiten gehe von den Haaren keine größere Gefahr für die Hygiene aus, als beim Servieren der Mahlzeiten. Es sei daher grundsätzlich aus hygienischen Gründen nicht erforderlich, dass sie - die Klägerin - in der Küche stets eine Schutzhaube für ihre Haare trage. Die Klägerin beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 22.09.2005 wegen nicht getragener Schutzkleidung aus der Personalakte zu entfernen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf die von den Parteien im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Entfernung des Abmahnungsschreibens vom 22.09.2005 aus ihrer Personalakte. Das Berufungsgericht folgt den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies hiermit ausdrücklich gem. § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Es besteht lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Klarstellungen: Mit einer Abmahnung übt ein Arbeitgeber seine arbeitsvertraglichen Gläubigerrechte aus. Er weist den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertraglichen Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rüge- und Dokumentationsfunktion). Zugleich fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, weil ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion). Da eine zur Personalakte genommene Abmahnung geeignet ist, den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen und seinem Persönlichkeitsrecht zu beeinträchtigten, darf ein verständiger Arbeitgeber nicht ohne ausreichenden Anlass eine Abmahnung erteilen und sie nur für einen angemessenen Zeitraum aufbewahren. Der Arbeitnehmer kann in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus seinen Personalunterlagen verlangen, wenn das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an der Ausübung seines Gläubigerrechts fehlt. Ein Arbeitnehmer kann folglich die Beseitigung dieser Beeinträchtigung verlangen, wenn die Abmahnung formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, sie unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt oder kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr besteht. Soweit dem Arbeitnehmer eine Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten vorgeworfen wird, kommt es nicht darauf an, ob dieser Pflichtenverstoß dem Arbeitnehmer subjektiv vorwerfbar ist; es reicht aus, wenn der Arbeitgeber einen objektiven Verstoß des Arbeitnehmers gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten rügt. Eine solche Rüge ist nicht nur ungerechtfertigt, wenn sie unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, sondern auch dann, wenn sie auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht (BAG, Urteil vom 11.12.2001 - 9 AZR 464/00). Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Klägerin keinen Entfernungsanspruch. Die Abmahnung enthält keine unrichtigen Tatsachen. Nach dem Ergebnis der zutreffend vom Arbeitsgericht gewürdigten Beweisaufnahme steht auch zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Klägerin am 15.07.2005 beim Anrichten des Frühstücks in der Küche keine Haube getragen hat und auch einer diesbezüglichen Aufforderung nicht nachgekommen ist. Die Beklagte ist auch befugt, dieses Verhalten der Klägerin als eine Verletzung ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen abzumahnen. Die Klägerin war unstreitig im Rahmen einer von der Beklagten am 27.10.2004 durchgeführten Hygieneschulung darauf hingewiesen worden, dass bei der Zubereitung und Ausgabe von Speisen - jedenfalls bis zum Verlassen der Küche - eine Kopfbedeckung zu tragen ist. Diesbezüglich wurde der Klägerin - dies ist ebenfalls zwischen den Parteien unstreitig - ein "Reinigungs- und Hygieneplan" (Bl. 38 d. A.). ausgehändigt, der ausdrücklich eine entsprechende Anweisung enthält, die zweifellos dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht unterfällt. Die Klägerin hat somit durch ihr Verhalten vom 22.09.2005 gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Die Abmahnung ist auch nicht unverhältnismäßig. Es entspricht dem anerkennenswerten Interesse der Beklagten, für die Einhaltung der nach ihrer Ansicht erforderlichen Hygienemaßnahmen im Betrieb zu sorgen und daher auch, diesbezüglichen Pflichtenverstößen von Arbeitnehmern mit dem Mittel einer Abmahnung zu begegnen. Der im streitgegenständlichen Abmahnungsschreiben dokumentierte Pflichtenverstoß der Klägerin erweist sich auch keinesfalls als derart geringfügig, dass die Erteilung einer Abmahnung als unverhältnismäßig erachtet werden könnte. Es ist in diesem Zusammenhang - entgegen der Ansicht der Klägerin - ohne Belang, ob die Beklagte auch von denjenigen Mitarbeiterinnen, die lediglich im Speisesaal und nicht in der Küche tätig sind, ebenfalls das Tragen einer Kopfbedeckung verlangt. Sonstige Umstände, die den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte begründen könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Die Berufung der Klägerin war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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