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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 12.01.2005
Aktenzeichen: 10 Sa 734/04
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 520 Abs. 3
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB §§ 293 ff.
BGB § 296
BGB § 611 Abs. 1
BGB § 615
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 734/04

Verkündet am: 12.01.2005

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 19.05.2004, AZ: 7 Ca 1069/02, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von Arbeitsvergütung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld.

Die Klägerin ist seit dem 01.11.1988 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, zuletzt als Verkäuferin in dem von der Beklagten vormals betriebenen Kaufhaus F in K beschäftigt. Aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung finden auf das Arbeitsverhältnis die Vorschriften der Tarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland - Pfalz Anwendung.

Nach der Geburt ihres ersten Kindes am 02.09.1998 beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 15.09.1998 bei der Beklagten die Gewährung von Erziehungsurlaub für die Dauer von drei Jahren.

Die Beklagte schloss ihr Kaufhaus in K zum 31.03.2001. Mit Schreiben vom 02.07.2001 beantragte sie bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord in K die Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin. Zur Begründung verwies die Beklagte dabei auf die zum 31.03.2001 erfolgte Stilllegung ihres Kaufhauses in K und gab an, sie habe es im Zusammenhang mit der Entlassung der dortigen Belegschaft versehentlich unterlassen, auch die Klägerin zu kündigen, weil diese aufgrund Schwangerschaft und anschließendem Erziehungsurlaub nicht mehr in der Personalliste geführt worden sei. Die Klägerin trat diesem Antrag auf Zustimmungserteilung mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 02.08.2001 entgegen. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin bereits erneut schwanger; voraussichtlicher Geburtstermin war der 17.03.2002. Mit Bescheid vom 18.09.2001 entschied die Struktur- und Genehmigungsdirektion, dass sich der Antrag der Beklagten aufgrund der zwischenzeitlichen Beendigung des Erziehungsurlaubes der Klägerin zum 02.09.2001 erledigt habe. Die Beklagte beantragte daraufhin am 12.12.2001 erneut, die Zustimmung zur Kündigung zu erteilen. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion vom 28.01.2002 zurückgewiesen.

Bereits mit Schreiben vom 27.08.2001 wies die Klägerin die Beklagte auf das bevorstehende Ende ihres Erziehungsurlaubes hin und forderte zugleich die Beklagte auf, ihr die für den Monat September 2001 zustehende Arbeitsvergütung zu zahlen. Weitere Schreiben der Klägerin an die Beklagte erfolgten am 18.10.2001 und 18.12.2001. Mit Schreiben vom 15.12.2001, welches der Klägerin am 19.12.2001 zuging, forderte die Beklagte die Klägerin auf, ab dem 19.12.2001 in ihrer Filiale in B zu arbeiten. Ab dem 19.12.2001 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Der sechswöchige Entgeltfortzahlungszeitraum endete am 29.01.2002.

Am 08.03.2002 brachte die Klägerin ihr zweites Kind zur Welt. Die Mutterschutzfrist begann am 03.02.2002 und endete am 12.05.2002. Für diesen Zeitraum zahlte die DAK an die Klägerin ein Mutterschaftsgeld i. H. v. 1.287,00 € (99 Kalendertage x 13,- €).

Mit Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 19.04.2002 (AZ: 7 Ca 2127/01) wurde die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Arbeitsvergütung aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für die Zeit vom 03.09.2001 bis 30.11.2001 sowie eine tarifliche Sonderzahlung i. H. v. insgesamt 6.607,84 € brutto nebst Zinsen zu zahlen. Die von der Beklagten hiergegen eingelegte Berufung blieb erfolglos (LAG Rheinland - Pfalz, Urteil vom 23.10.2002, AZ: 10 Sa 692/02).

Mit ihrer am 19.06.2002 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit vom 01.12.2001 bis 18.12.2001, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit vom 19.12.2001 bis einschließlich 29.01.2002 sowie einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld für die Zeit vom 03.02.2002 bis einschließlich 03.05.2002.

Die Klägerin hat (zuletzt) beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.594,19 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 1.857,00 € brutto seit dem 01.01.2002 und aus weiteren 1.737,19 € brutto seit dem 01.02.2002 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.447,95 € netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB aus 465,53 € netto seit dem 01.03.2002, aus weiteren 462,34 € netto seit dem 01.04.2002, aus weiteren 475,34 € netto seit dem 01.05.2002 und aus weiteren 44,64 € netto seit dem 01.06.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 19.05.2004 (Bl. 77 bis 82 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 7 bis 12 des Urteils vom 19.05.2004 (Bl. 82 bis 87 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihr am 03.08.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.08.2004 Berufung beim Landesarbeitsgericht Rheinland - Pfalz eingelegt und diese am 29.09.2004 begründet.

Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die Klägerin in dem Zeitraum, für welchen sie die Zahlung von Arbeitsvergütung begehre, nicht leistungswillig gewesen. Dies ergebe sich daraus, dass der Ehemann der Klägerin erwerbstätig sei, so dass die für ein zweijähriges Kind unabdingbare Erziehungsleistung mangels Kindertagesstätten am Wohnort der Klägerin ausschließlich von dieser selbst habe erbracht werden können. Gegen die Arbeitswilligkeit der Klägerin spreche somit jede Lebenserfahrung. Der Annahme, die Klägerin sei leistungswillig gewesen, stehe daher der Anscheinsbeweis entgegen. Es sei in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass in Deutschland die Erziehungsarbeit in über 98 % aller Fälle allein von Frauen geleistet werde, was auf strukturellen Mängeln (z. B. fehlende Kindergartenplätze, fehlende Ganztagsschulen, frauen- bzw. erziehungsfeindliche Arbeitsbedingungen) beruhe. Die Entscheidung, dass "Frau" erziehe, sei in der deutschen Gesellschaft nahezu zwingend. Für den vorliegenden Fall könne die Typizität nicht geleugnet werden. Hinsichtlich des Zeitraums vom 01.12.2001 bis einschließlich 18.12.2001 sei darüber hinaus auch davon auszugehen, dass die Klägerin arbeitsunfähig gewesen sei. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts handele es sich diesbezüglich nicht um eine bloße Vermutung. Die Beweislast für die von ihr behauptete Arbeitsfähigkeit trage die Klägerin.

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 29.09.2004 (Bl. 111 bis 115 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das mit der Berufung angefochtene Urteil und trägt im Wesentlichen vor, die Beklagte übersehe, dass sehr viele erziehende Mütter zugleich berufstätig seien. Die pauschale Annahme der Beklagten, unter diesen Umständen fehle es an der Leistungsfähigkeit bzw. Leistungswilligkeit, verbiete sich deshalb. In der Zeit vom 01.12.2001 bis 18.12.2001 sei sie auch arbeitsfähig gewesen.

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 11.11.2004 (Bl. 125 bis 128 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die an sich statthafte Berufung der Beklagten ist nur zum Teil zulässig.

Zwar hat die Beklagte ihre Berufung sowohl fristgerecht eingelegt als auch fristgerecht begründet. Soweit das Arbeitsgericht im angefochtenen Urteil der Klage auf Zahlung eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld i. H. v. 1.447,95 € netto nebst Zinsen stattgegeben hat, genügt die Berufungsbegründung jedoch nicht den in § 520 Abs. 3 ZPO normierten Anforderungen. Die Berufungsbegründung enthält insoweit weder die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich eine Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt (§ 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO), noch die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der diesbezüglichen Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen (§ 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO) noch insoweit neue Angriffs- und Verteidigungsmittel (§ 520 Abs. 3 Nr. 4 ZPO). Das gesamte Berufungsvorbringen der Beklagten enthält keinerlei Auseinandersetzung mit den Ausführungen zum Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld im erstinstanzlichen Urteil (dort Seite 11 = Bl. 86 d. A.).

Die Berufung war daher insoweit als unzulässig zu verwerfen, ohne dass dies im Urteilstenor gesondert zum Ausdruck zu bringen war.

II.

Die im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage auf Zahlung von Arbeitsvergütung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Zeitraum vom 01.12.2001 bis einschließlich 29.01.2002 in Höhe von insgesamt 3.594,19 € brutto nebst Zinsen sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung stattgegeben.

Das Berufungsgericht folgt den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (dort Seiten 7 bis 10 = Bl. 82 bis 85 d. A.) und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen erscheinen lediglich folgende Ergänzungen angezeigt:

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01.12.2001 bis einschließlich 18.12.2001 folgt aus den §§ 611 Abs. 1, 615 BGB. Die Beklagte befand sich während dieses Zeitraums mit der Annahme der Dienste der Klägerin in Verzug.

Die Voraussetzungen des Annahmeverzuges richten sich nach den §§ 293 ff. BGB. Danach muss der Schuldner in der Regel die geschuldete Leistung anbieten (§§ 294, 295 BGB). Im Streitfall bedurfte es jedoch weder eines tatsächlichen noch eines wörtlichen Angebotes seitens der Klägerin. Ein Angebot zur Arbeitsleistung war nämlich nach § 296 BGB entbehrlich, weil es seitens der Beklagten einer Mitwirkungshandlung bedurfte, deren Zeit nach dem Kalender bestimmt war, nämlich der Einrichtung eines funktionsfähigen Arbeitsplatzes und der Zuweisung von Arbeit, damit die Klägerin die geschuldete Arbeitsleistung erbringen konnte. Dem Arbeitgeber obliegt es nämlich als Gläubiger der geschuldeten Arbeitsleistung, dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung zu ermöglichen. Dazu muss er den Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers fortlaufend planen und durch Weisungen hinsichtlich Ort und Zeit der Arbeitsleistung näher konkretisieren. Kommt der Arbeitgeber dieser Obliegenheit nicht nach, gerät er in Annahmeverzug, ohne dass es eines Angebotes der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer bedarf (BAG, AP Nr. 34, Nr. 60 und Nr. 79 zu § 615 BGB). Diese Grundsätze gelten insbesondere im Falle einer unwirksamen Kündigung, ebenso bei unrechtmäßiger Anordnung von Kurzarbeit (BAG, AP Nr. 1 zu § 15 BAT/O) sowie in den Fällen, in denen der Arbeitgeber die Ablehnung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in sonstiger Weise zum Ausdruck bringt (vgl. KR-Spilger, 6. Auflage, § 11 KSchG Rd-Ziffer 14).

Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall. Die Beklagte hatte den Betrieb, in welchem die Klägerin zuletzt beschäftigt war, bereits zum 31.03.2001 geschlossen. Damit hatte sie der Klägerin die Möglichkeit, dort ihre vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, entzogen. Eine Entgegennahme der Arbeitsleistung der Klägerin als Verkäuferin im Kaufhaus F in K war der Beklagten praktisch unmöglich geworden, da dort ein funktionsfähiger Arbeitsplatz, den sie hätte zur Verfügung stellen können, nicht mehr vorhanden war. Ob die Beklagte nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages berechtigt ist, die Klägerin in ihrem Kaufhaus in W - B einzusetzen, kann offen bleiben. Falls eine Versetzung der Klägerin dorthin vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt ist, so wäre es Sache der Beklagten gewesen, dieses Direktionsrecht durch Zuweisung eines Arbeitsplatzes in B auszuüben, um der Klägerin die Erbringung ihrer Arbeitsleistung zu ermöglichen. Diese Mitwirkungshandlung hat die Beklagte erst mit Schreiben vom 15.12.2001, welches der Klägerin am 19.12.2001 zuging, vorgenommen, wodurch der Annahmeverzug für die Zeit vom 01.12.2001 bis 18.12.2001 jedoch nicht mehr beseitigt werden konnte.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann im Streitfall auch keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum nicht leistungswillig war. Hinsichtlich eines fehlenden Leistungswillens des Arbeitnehmers trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast (BAG, Urteil vom 21.03.1985, 2 AZR 596/83; BAG, Urteil vom 02.08.1968, AZ: 3 AZR 319/67). Im Streitfall hat die Beklagte keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum nicht bereit war, ihre arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die familiäre Situation der Klägerin sowie auf die Notwendigkeit der Betreuung ihres Kindes verweist, so kann hieraus nicht auf einen fehlenden Leistungswillen der Klägerin geschlossen werden. Ein diesbezüglicher Anscheinsbeweis ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht gegeben. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des von der Beklagten vorgetragenen Umstandes, wonach in Deutschland die Erziehungsarbeit in über 98 % aller Fälle allein von Frauen geleistet werde. Ein Anscheinsbeweis für eine fehlende Leistungswilligkeit der Klägerin lässt sich hieraus nicht herleiten. Der Beweis des ersten Anscheins setzt voraus, dass ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmtes Erfolges hinweist (BGH, Urteil vom 27.04.1994, AZ: XII ZR 16/93). Selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass die Erziehungsarbeit in Deutschland nahezu ausschließlich von Frauen geleistet wird, so besagt dies keineswegs, dass eine erziehende Mutter nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht auch zugleich eine Arbeitstätigkeit ausübt bzw. ausüben kann. Darüber hinaus hat die Klägerin dargetan, dass eine ausreichende Betreuung ihres Kindes auch dann gewährleistet ist, wenn sie ihrer Arbeit bei der Beklagten nachgeht. Nach dem seitens der Beklagten unbestrittenen Tatsachenvortrag der Klägerin kann deren Kind jeweils an einem Wochentag von ihrem Ehemann und an den übrigen Wochentagen von ihren Schwiegereltern betreut werden. Eine fehlende Leistungswilligkeit seitens der Klägerin kann somit nicht angenommen werden.

Dem Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 01.12.2001 bis 18.12.2001 steht auch nicht eine fehlende Leistungsfähigkeit entgegen. Auch hinsichtlich des Leistungsvermögens des Arbeitnehmers trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast (vgl. KR - Spilger, 6. Auflage, § 11 KSchG Rd-Ziffer 18 m. N. a. d. Rspr.). Zwar behauptet die Beklagte, die Klägerin sei auch im maßgeblichen Zeitraum arbeitsunfähig gewesen. Dieser pauschale Sachvortrag erweist sich indessen als unsubstantiiert. Die Beklagte trägt keinerlei Tatsachen vor, aus denen sich Anhaltspunkte dafür ergeben könnten, dass die Klägerin in der Zeit vom 01.12.2001 bis 18.12.2001 aus gesundheitlichen Gründen an der Erbringung ihrer Arbeitsleistung gehindert war. Das Beweisangebot der Beklagten auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens stellt demnach einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag dar.

Die Klägerin hat auch Anspruch auf Zahlung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit vom 19.12.2001 bis einschließlich 29.01.2002. Die Klägerin war während dieses Zeitraums unstreitig arbeitsunfähig erkrankt. Die Arbeitsunfähigkeit war auch die alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung der Klägerin, da - wie bereits ausgeführt - die erforderliche Leistungs- bzw. Arbeitswilligkeit gegeben war.

Soweit letztlich die Beklagte zur Stützung ihrer Rechtsansicht bezüglich der nach ihrer Ansicht fehlenden Voraussetzungen eines Annahmeverzuges auf das Urteil des LAG Rheinland - Pfalz vom 09.01.2003 (AZ: 6 Sa 830/02) verweist, so steht diese Entscheidung in keiner Weise in Widerspruch zu der vorliegend von der erkennenden Berufungskammer vertretenen Rechtsansicht. Die 6. Kammer hat in der Entscheidung vom 09.01.2003 das Vorliegen eines Annahmeverzuges im Wesentlichen im Hinblick auf den Umstand verneint, dass die Beklagte im dortigen Fall von ihrer Kündigungsabsicht nach Stilllegung der Filiale in K bereits vor Ablauf des Erziehungsurlaubes der betreffenden Arbeitnehmerin Abstand genommen und der Arbeitnehmerin mitgeteilt hatte, dass sie in W weiterbeschäftigt werden könne, was diese jedoch unter Hinweis auf einen angeblichen Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten ablehnte. Solche besonderen Umstände, die einem Annahmeverzug der Beklagten entgegenstehen könnten, sind vorliegend indessen nicht ersichtlich.

III.

Die Berufung der Beklagten war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Ein Rechtsmittel ist daher gegen diese Entscheidung nicht gegeben. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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