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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 05.11.2003
Aktenzeichen: 10 Sa 766/03
Rechtsgebiete: DÜG, ArbGG, BGB


Vorschriften:

DÜG § 1
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 397
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 766/03

Verkündet am: 05.11.2003

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.02.2003, AZ: 8 Ca 2831/02, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers.

Der Kläger war bei dem beklagten Fußballverein als Vertragsamateur befristet vom 01.07.2001 bis 30.06.2002 beschäftigt. Die vertraglich vereinbarte Vergütung belief sich auf 1.000,- DM brutto zuzüglich Prämien. Ab Januar 2002 erhielt der Kläger keine Vergütung mehr. Am 22.04.2002 appellierte der damalige Sportwart des Beklagten an alle Spieler, trotz der nicht erfolgten Zahlungen während der laufenden Saison weiterzuspielen, um einen Zwangsabstieg zu vermeiden. Am Abend des selben Tages wies der erste Vorsitzende des Beklagten die Mannschaft darauf hin, dass auch in Zukunft mit einer Bezahlung nicht zu rechnen sei. Der Kläger spielte daraufhin, wie auch alle anderen Spieler, die Saison zu Ende. Der überwiegenden Zahl der Spieler wurde seitens des Beklagten die Vergütung für die Monate Januar bis März 2002 nachgezahlt, nachdem diese schriftlich auf Ihre Vergütung für die Monate April bis Juni 2002 verzichtet hatten.

Mit seiner am 22.08.2002 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger gegenüber dem Beklagten Ansprüche auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit von Januar bis einschließlich Juni 2002 in Höhe von insgesamt 6.000,- DM (3.067,75 €) brutto geltend gemacht.

Der Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe auf seine Arbeitsvergütung für die Monate April bis Juni 2002 verzichtet.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, er habe nicht auf seine Vergütungsansprüche für die Monate nach März 2002 verzichtet. Anlässlich einer Mannschaftssitzung am 22.04.2002 sei seitens des Beklagten lediglich der Vorschlag unterbreitet worden, dass die Spieler für die kommenden drei Monate auf ihr Gehalt verzichten sollten. Dabei sei betont worden, dass man mit jedem einzelnen Spieler über diesen Vorschlag sprechen wolle. Die Spieler hätten das Ansinnen zur Kenntnis genommen, jedoch hierauf nicht reagiert.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 3.067,75 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG aus 511,29 € brutto seit dem 05.02.2002, 05.03.2002, 05.04.2002, 05.05.2002, 05.06.2002 und 05.07.2002 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor, dem Kläger stehe für die Zeit nach März 2002 keine Vergütung zu, da er auf diese anlässlich der Mannschaftssitzung vom 22.04.2002 verzichtet habe. Bei dieser Mannschaftssitzung seien die Spieler sowohl vom Sportwart als auch vom 1. Vorsitzenden darum gebeten wurden, die Saison zu Ende zu spielen, obgleich eine Vergütungszahlung nicht mehr erfolgen könne. Indem der Kläger in der Zeit danach - ebenso wie alle anderen Spieler - trainiert und die Saison tatsächlich zu Ende gespielt habe, habe er zumindest konkludent sein Einverständnis zu diesem Vorschlag erklärt. Der Gehaltsverzicht sei erforderlich gewesen, da ansonsten der Spielbetrieb nicht hätte aufrechterhalten werden können. Niemand sei am 22.04.2002 noch davon ausgegangen, dass er - der Beklagte - noch Vergütungszahlungen an die Spieler erbringen werde.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 24.02.2003 stattgegeben. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 6 bis 9 dieses Urteils (= Bl. 45 bis 48 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 22.05.2003 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 04.06.2003 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 23.07.2003 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 22.08.2003 begründet.

Mit seiner Berufung begehrt der Beklagte die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung der Klage insoweit, als das Arbeitsgericht der Klage auch hinsichtlich der geltend gemachten Vergütungsansprüche für die Monate April bis Juni 2002 stattgegeben hat.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.02.2003 abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, mehr als 1.533,87 € zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die an sich statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat der Klage sowohl im Ergebnis zu Recht als auch jedenfalls insoweit mit zutreffender Begründung stattgegeben, als es in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausführt, dass hinsichtlich der streitbefangenen Arbeitsvergütung des Klägers für die Monate April bis Juni 2002 auch ein lediglich mündlicher Erlassvertrag zwischen den Parteien nicht zustande gekommen ist. Das Berufungsgericht folgt diesbezüglich den Ausführungen unter A. 2. b) aa) des angefochtenen Urteils (dort Seite 6 letzter Absatz bis Seite 8 erster Absatz) und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener Entscheidungsgründe kann daher abgesehen werden. Das Berufungsvorbringen bietet lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Klarstellungen:

Das Zustandekommen eines Erlassvertrages nach § 397 BGB lässt sich dem Vorbringen des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht entnehmen. Zwar kann ein Erlassvertrag auch durch schlüssiges Handeln zustande kommen. Stets muss aber ein rechtsgeschäftlicher Wille, die Forderung zu erlassen, gegeben sein. An die Feststellung eines solchen Willens sind strenge Anforderungen zu stellen. Es ist ein Erfahrungssatz, dass ein Verzicht nicht zu vermuten ist. Im Streitfall liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger ein Angebot des Beklagten auf Abschluss eines Erlassvertrages in irgend- einer Weise angenommen hat. Eine ausdrückliche Erklärung hat der Kläger diesbezüglich unstreitig nicht abgegeben. Eine konkludente Annahme ist - auch unter Zugrundelegung des Vorbringens des Beklagten - ebenfalls nicht erfolgt. Entgegen der Ansicht des Beklagten lässt sich aus dem Verhalten des Klägers nach dem 22.04.2002 ein rechtsgeschäftlicher Wille, seine Vergütungsansprüche zu erlassen, nicht herleiten. Zwar hat der Kläger weiterhin am Training teilgenommen und seine Arbeitskraft als Spieler bis zum Saisonende dem Beklagten zur Verfügung gestellt. Hierdurch hat er jedoch lediglich seine vertraglichen Pflichten erfüllt und davon Abstand genommen, im Hinblick auf die Nichterfüllung seiner Vergütungsansprüche gegenüber dem Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen. Aus der bloßen Nichtausübung eines ihm zustehenden Zurückbehaltungsrechts allein kann jedoch keineswegs auf das Vorhandensein eines rechtsgeschäftlichen Willens, dem Beklagten Vergütungsforderungen zu erlassen, geschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn man mit dem Beklagten davon ausgeht, dass der Kläger im Hinblick auf die schlechte finanzielle Lage des Vereins damit rechnete, dass dieser seinen finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen werde. Die Nichtausübung des Zurückbehaltungsrechts ließ unter den konkreten, im Streitfall gegebenen Umständen allenfalls den Willen des Klägers erkennen, den anderenfalls drohenden Zwangsabstieg des beklagten Vereins durch Teilnahme an den Saisonspielen - zusammen mit den anderen Spielern - zu vermeiden. Ein auf Erlass seiner Forderungen bzw. auf Annahme eines diesbezüglichen Angebots seitens des Beklagten gerichteter rechtsgeschäftlicher Wille lässt sich aus dem Verhalten des Klägers indessen nicht ableiten.

Die Berufung des Beklagten war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand in Ansehung der in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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