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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 03.08.2006
Aktenzeichen: 11 Sa 289/06
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB, KSchG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 3
BetrVG § 3 Abs. 1 Nr. 1 a
BetrVG § 99
BetrVG § 102
BetrVG § 111
BGB § 242
BGB § 247
BGB §§ 305 ff
BGB § 305 c Abs. 2
BGB § 307 Abs. 1 S. 3
KSchG § 1
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 3
KSchG § 1 Abs. 3 Satz 1
KSchG § 1 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz
KSchG § 1 Abs. 3 Satz 3
KSchG § 1 Abs. 5
KSchG § 23
ArbGG § 64 Abs. 2 c
ZPO § 138 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Sa 289/06

Entscheidung vom 03.08.2006

Tenor:

1. Die Berufung gegen das am 02.03.2006 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen, Az.: 4 Ca 1317/04, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Die Revision wird zugelasssen.

Tatbestand:

Im vorliegenden Verfahren wehrt sich die Klägerin gegen eine ihr gegenüber seitens der Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Beendigungskündigung.

Die 1974 geborene Klägerin ist seit dem 01.05.1998 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt zu einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von 1.915,-- €.

Die Klägerin schloss am 03.08.1998 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Arbeitsvertrag. Danach war sie zunächst im W Ludwigshafen, Kostenstelle 93510 eingesetzt. Hierbei handelte es sich um die Filiale 265 in Ludwigshafen-Rheingönheim. Bezüglich der zwischenzeitlich erfolgten Umstrukturierungen der V Gruppe wird auf die Ausführungen im Beklagtenschriftsatz vom 04.01.2006 (Bl. 124 ff d.A.) verwiesen.

In § 2 des Arbeitsvertrages ist geregelt:

"Tätigkeit und Arbeitsgebiet

1. Das Arbeitsgebiet umfasst, soweit vorhanden, die in der Stellenbeschreibung ausgeführten Tätigkeiten.

2. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitgebers auch eine andere seiner Stellung und seinen Fähigkeiten entsprechende, zumutbare Tätigkeit innerhalb der W-Unternehmensgruppe zu übernehmen."

Die Klägerin wurde zu einem späteren Zeitpunkt in die Filiale 263 in Ludwigshafen-U versetzt. Bei der Eröffnung einer weiteren Filiale in Speyer wurde sie für einige Tage in diese Filiale versetzt.

Die Einstellung im Jahre 1998 erfolgte dergestalt, dass die Klägerin über eine Freundin, die im W Ludwigshafen-Rheingönheim arbeitete, davon erfuhr, dass in diesem Markt eine Teilzeitkraft gesucht werde. Sie stellte sich unmittelbar dem dortigen damaligen Marktleiter vor und führte mit diesem bezüglich der Einstellung ein etwa zehnminütiges Gespräch.

Sie bekam dann einige Zeit später den Arbeitsvertrag vom 03.08.1998 von der Zentrale der Beklagten in Berlin zugesandt. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf denselben verwiesen (Bl. 5 bis 10 d. A.).

Die Versetzung zu dem Markt Ludwigshafen U erfolgte dergestalt, dass sie sich um eine Versetzung bewarb. Ihre Wechselabsicht teilte sie ihrem damaligen Marktleiter in Ludwigshafen Rheingönheim mit. Dieser leitete alle Maßnahmen ein, führte nach Kenntnis der Klägerin ein Telefonat mit dem Marktleiter der Filiale Ludwigshafen U. Zum späteren Zeitpunkt erhielt sie dann eine von der Zentrale in Berlin ausgefertigte Versetzung. Ein Gespräch mit dem Marktleiter der Filiale Ludwigshafen U wurde vor der Versetzung nicht geführt.

Die Klägerin erhielt während ihrer Beschäftigungszeit verschiedentlich Vertragsänderungen, sowohl was die Arbeitszeitdauer anging, als auch was Lohnerhöhungen anging. Diese Vertragsänderungen wurden nicht mit ihrem jeweiligen Marktleiter verhandelt. Sie erhielt entsprechende Schreiben seitens der Zentrale in Berlin, so am 01.06.1999 bezüglich einer Aufstockung ihrer Arbeitszeit auf 37,5 Stunden (Bl. 198 d. A.), die Zuweisung der Tätigkeit als Hauptkassiererin durch Vertragsänderung vom 23.11.1999 (Bl. 199 d. A.), eine Gehaltserhöhung ab 01.07.2000 gemäß Vertragsänderung vom 22.06.2000 (Bl. 200 d. A.) sowie eine weitere Gehaltserhöhung ab dem 01.07.2000 gemäß Vertragsänderung vom 22.08.2000 und eine Vertragsänderung wegen einer Gehaltserhöhung gemäß Schreiben 26.06.2000 (Bl. 202 d. A.).

Die Beklagte hat an ihrer Zentrale in Berlin eine zentrale Personalabteilung für alle Filialen eingerichtet. Dort werden die Personalakten geführt. In den einzelnen Filialen, so auch in der Filiale der Klägerin, wird eine Urlaubs- und Abwesenheitskartei geführt.

Arbeitsverträge, Kündigungen, Abmahnungen und sonstige arbeitsvertragliche Änderungen werden alle von der zentralen Personalabteilung in Berlin schriftlich umgesetzt. Die Frage, ob und wieviele betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden, wird ebenfalls zentral von der Personalabteilung in Berlin entschieden.

Betriebsverfassungsrechtliche Beteiligungsverfahren nach den §§ 99, 102 BetrVG werden auch von der Zentrale in Berlin aus durchgeführt.

Den einzelnen Filialen wird seitens der Zentralen Personalabteilung in Berlin eine Kopfzahl und ein Budget vorgegeben, aus der sich ergibt, wie viele Arbeitnehmer in einer Filiale beschäftigt werden können. Ist ein Mitarbeiter einzustellen, hängt der Marktleiter ein Schild ins Fenster, wendet sich auch schon einmal an die Bundesagentur für Arbeit oder veranlasst eine Stellenanzeige bzw. eine interne Ausschreibung. Im Anschluss sichtet der Marktleiter Bewerbungsunterlagen, entscheidet sich für einen Bewerber und schickt dann die persönlichen Daten des einzustellenden Arbeitnehmers an die Personalabteilung nach Berlin. Dort wird dann gegebenenfalls der Arbeitsvertrag ausgefertigt. In der Vergangenheit kam es in anderen Filialen auch schon vor, dass die Personalabteilung in Berlin eine Einstellung ablehnte.

Im Fall notwendig werdender verhaltens- und personenbedingter Kündigungen teilt der jeweilige Marktleiter dies dem Personalleiter in der Personalabteilung mit. Der Personalleiter steht dann beratend dem Marktleiter zur Seite. Sollte es zu einer Kündigung kommen, wird diese wiederum seitens des Personalleiters ausgesprochen.

Die Personalführung vor Ort, z. B. die Zeiterfassung, Einsatzplanung, Urlaubsplanung, das Direktionsrecht sowie das Führen von Mitarbeitergesprächen obliegt dem Marktleiter in der jeweiligen Filiale.

Mit Schreiben vom 22.04.2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31.05.2003. Das Arbeitsgericht Ludwigshafen wies die Kündigungsschutzklage der Klägerin mit Urteil vom 24.09.2003 ab. Durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 08.04.2004 wurde die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden war. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin zunächst Ansprüche aus Annahmeverzug geltend gemacht. Im Laufe des Verfahrens ist ihr gegenüber mit Schreiben vom 08.07.2004 das Arbeitsverhältnis erneut zum 31.10.2004 gekündigt worden.

Die Klägerin hat daraufhin ihre bereits seit dem 11.05.2004 anhängige Zahlungsklage mit Schriftsatz vom 21.07.2004 um einen Kündigungsschutzantrag erweitert.

Am 10.06.2004 entschloss sich die Beklagte auf einer Geschäftsleitungssitzung, die Filiale in Ludwigshafen U zum 31.07.2004 zu schließen. Die Filiale wurde auch tatsächlich zum angegebenen Zeitpunkt geschlossen.

Der Grund hierfür war, dass die Filiale seit Jahren Verluste produzierte.

Die Beklagte vereinbarte mit dem für die Filiale der Klägerin zuständigen, nach § 3 BetrVG vereinbarten, Betriebsrat einen Interessenausgleich, dem eine Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer beigefügt war. Auf dieser Namensliste steht auch die Klägerin (Blatt 62- 65 d.A.).

Zur Umsetzung der vorgenannten Maßnahme kündigte die Beklagte allen Mitarbeitern. Die Klägerin erhielt eine Kündigung vom 08.07.2004 am 10.07.2004 zum 31.10.2004. Eine Sozialauswahl führte die Beklagte nicht durch, insbesondere nicht mit Mitarbeitern anderer Filialen in der Umgebung.

Vor Ausspruch der Kündigung hörte die Beklagte den für die Filiale Ludwigshafen U zuständigen, nach § 3 BetrVG vereinbarten Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung an. Auf das Anhörungsschreiben vom 21.06.2004 (Anlage B 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.09.2005, Bl. 80 d. A.) wird verwiesen.

Die Klägerin hat vorgetragen, die letzte Entscheidung über eine Einstellung oder Entlassung werde nicht von den Marktleitern in den einzelnen Filialen getroffen, sondern von der zentralen Personalabteilung in Berlin. Die Marktleiter könnten lediglich eine Vorauswahl und Vorschläge unterbreiten. Das letzte Entscheidungsrecht liege bei der zentralen Personalabteilung in Berlin. Auch bezüglich verhaltensbedingter und personenbedingter Kündigungen hätten die Markleiter allenfalls ein Vorschlagsrecht. Die tatsächliche Leitungsmacht im personalen und sozialen Bereich obliege gerade nicht den Filialleitern, sondern der Zentrale in Berlin, die abschließend über Einstellungen und Entlassungen, Vertragsbedingungen, Vertragsänderungen und Ergänzungen, Personal etc. in jeder einzelnen Filiale entscheide. Der einzelne Filialleiter könne lediglich die getroffenen Entscheidung der Zentrale ausführen und umsetzen. Bei der geschlossenen Filiale in Ludwigshafen U habe es sich daher nicht um einen eigenständigen Betrieb gehandelt, sondern um eine unselbständige Filiale bzw. einen Betriebsteil. Die Sozialauswahl hätte daher auch auf andere Filialen, zumindest in der räumlichen Nähe ausgedehnt werden müssen. Die Beklagte habe den auswahlrelevanten Personenkreis bei der durchzuführenden Sozialauswahl verkannt. Aus diesem Grund sei auch die erfolgte Betriebsratsanhörung fehlerhaft erfolgt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 24.620,31 € brutto abzüglich an die Agentur für Arbeit Ludwigshafen übergegangener 8.054,70 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie Vergütung für den Monat Mai 2004 in Höhe von 1.915,-- € brutto abzüglich auf die Agentur für Arbeit Ludwigshafen übergegangene 492,50 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie Vergütung für den 01.06.2004 bis 31.10.2004 in Höhe von 10.372,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

4. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 08.07.2004 - zugegangen am 10.07.2004 - ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bezüglich der ausgesprochenen Kündigung vorgetragen, die tatsächliche Entscheidung über Einstellungen und Entlassungen und sonstige personelle Maßnahme treffe letztlich doch der Marktleiter. Die rechtlich formale Stellung, selbst arbeitsvertragliche Änderungen zu veranlassen, habe er nicht. Deswegen habe es sich bei der Filiale in Ludwigshafen U um einen eigenen Betrieb gehandelt, weswegen die Sozialauswahl auch nur auf diesen Betrieb beschränkt durchzuführen war. Im Übrigen enthalte der Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1998 keine wirksame Versetzungsklausel in räumlicher Hinsicht. Die Klägerin hätte daher gar nicht in andere Filialen versetzt werden können, so dass auch deswegen eine Sozialauswahl mit Mitarbeitern andere Filialen nicht durchgeführt werden musste.

Das Arbeitsgericht hat mit am 02.03.2006 verkündetem Urteil sowohl der Zahlungsklage als auch dem Kündigungsschutzantrag stattgegeben. Bezüglich der weiteren Sachverhaltsdarstellung wird auf dessen Tatbestand Bezug genommen (Bl. 267 ff d.A.).

In den Entscheidungsgründen hat es bezüglich der Kündigungsschutzklage ausgeführt, die Beklagte habe die Sozialauswahl grob fehlerhaft durchgeführt, weil sie diese allein bezogen habe auf die Filiale U. Diese Filiale stelle jedoch keinen eigenständigen Betrieb dar, weswegen die Sozialauswahl nicht betriebsbezogen durchgeführt wurde. Dem dortigen Marktleiter habe nicht die Befugnis zugestanden, die wesentlichen Entscheidungen in personeller und sozialer Hinsicht selbst zu treffen. Insofern sei der Filiale auch keine "wesentliche" Selbständigkeit eingeräumt worden. Dies ergebe sich daraus, dass der Marktleiter weder Arbeitsverträge noch Kündigungen unterschreiben durfte. Es sei ihm nicht anheim gestellt worden, selbst Mitarbeiter einzustellen oder Dispositionen über das Lohn und Gehaltsgefüge der Mitarbeiter zu treffen. Die letzte Entscheidungskompetenz würde in all diesen Fällen der zentralen Personalleitung und nicht dem örtlichen Marktleiter zustehen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 02.03.2006 verwiesen (Bl. 270 ff d.A.).

Das Urteil ist der Beklagten am 08.03.2006 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 04.04.2006, beim LAG Rheinland-Pfalz am 04.04.2006 eingegangen, hat die Beklagte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 05.05.2006, beim LAG Rheinland-Pfalz am 05.05.2006 eingegangen, begründet.

Sie hat ihre Berufung insoweit auf die Stattgabe der Kündigungsschutzklage beschränkt.

Sie ist der Ansicht, aufgrund § 1 Abs. 5 KSchG und dem nach § 111 BetrVG abgeschlossenen Interessenausgleich mit Namensliste könne nicht von einer grob fehlerhaften Sozialauswahl ausgegangen werden, selbst wenn die Filiale in Ludwigshafen nicht als eigenständiger Betrieb angesehen werden könnte. Insofern müsste man der Beurteilung der Betriebspartner für die Richtigkeit der Sozialauswahl eine Präferenz einräumen. Jedenfalls habe das Arbeitsgericht fehlerhaft die Filiale in Ludwigshafen U als unselbständigen Teilbetrieb bewertet. Die Filiale in Ludwigshafen U sei exakt so organisiert gewesen, wie die Filiale, über die das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 22.09.2005, 2 AZR 36/05, zu entscheiden hatte. Insbesondere die Regelungskompetenzen des Marktleiters seien dieselben gewesen. Bezüglich dieser Filiale habe das BAG entschieden, dass allein entscheidend die Marktleiterbefugnis für die Frage sei, ob eine Filiale eigenständig oder zentral gesteuert würde. Entscheidend sei also, wer das "Sagen" habe und nicht "das Unterschreiben". Außerdem habe sich das Arbeitsgericht nicht mit der fehlenden individuellen Versetzungsbefugnis der Beklagten hinsichtlich der Klägerin in eine andere Filiale in seinen Entscheidungsgründen beschäftigt. Schon deswegen, mangels Versetzbarkeit der Klägerin in eine andere Filiale, sei die Sozialauswahl nicht zu beanstanden.

Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 02.03.2006 - 4 Ca 1317/04 - die Klage insoweit abzuweisen, als festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 08.07.2004 ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst worden sei.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, eine Versetzungsbefugnis seitens der Beklagten würde sich aus § 2 des Arbeitsvertrages ergeben, jedenfalls sei sie in der Vergangenheit mehrfach versetzt worden. Deswegen sei auch eine Sozialauswahl mit Mitarbeitern anderer Filialen, zumindest in der näheren Umgebung, durchzuführen. Da es sich nur um eine unselbständige Filiale gehandelt habe, handele es sich bei dem Interessenausgleich, den die Beklagte mit ihrem Betriebsrat abgeschlossen hat, um keinen nach § 111 BetrVG, da dessen Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Die Voraussetzungen hinsichtlich der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer seien nicht erfüllt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze und die Ausführungen in den Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 64 Abs. 2 c ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und im Rahmen des begrenzten Berufungsantrags begründet worden.

Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Kündigungsschutzklage der Klägerin stattgegeben.

I.

Bei Arbeitsverhältnissen, auf denen das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, ist eine ordentliche betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung dann sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2, 3 KSchG, wenn

- zum Zeitpunkt ihres Zugangs dringende betriebliche Gründe vorliegen, die aufgrund außerbetrieblicher Umstände oder infolge innerbetrieblicher Maßnahmen zu einem Rückgang des Arbeitsanfalls bis hin zum Wegfall des Bedürfnisses für die Beschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer in dem Bereich führen, in dem der betroffenen Arbeitnehmer beschäftigt ist;

- der betroffene Arbeitnehmer zum Zeitpunkt ihres Zugangs von allen vergleichbaren Arbeitnehmern der sozial am wenigsten schutzwürdigste ist und

- auch eine umfassende Interessenabwägung nach ordnungsgemäßer Sozialauswahl nicht ausnahmsweise zu einem Überwiegen des Interesses des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers an dessen Beendigung führt.

1.

Die Stilllegung des gesamten Betriebes ist ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG (BAG 16.09.2005, EzA § 113 InsO Nr. 118; 16.06.2005, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 137). Gleiches gilt für die Stilllegung eines Betriebsteils, wenn der Arbeitnehmer in dem Betriebsteil beschäftigt war. In diesem Fall ist sein Arbeitsplatz in Wegfall geraten.

2.

Eine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG ist bei einer vollständigen Schließung eines Betriebs und Entlassung aller Mitarbeiter nicht durchzuführen. Wird lediglich ein Betriebsteil geschlossen, ist hingegen eine Sozialauswahl mit vergleichbaren Arbeitnehmern anderer Betriebsteile durchzuführen. Hierbei sind auch Arbeitnehmer eines räumlich weit entfernten Betriebsteils grundsätzlich in eine Sozialauswahl mit einzubeziehen (vgl. BAG 03.06.2004, 2 AZR 577/03).

a)

Die soziale Auswahl ist dabei grundsätzlich rein betriebsbezogen durchzuführen. Selbst wenn gemäß Arbeitsvertrag dem Arbeitgeber ein betriebsübergreifendes Versetzungsrecht vorbehalten worden ist, ist eine Sozialauswahl nicht mit den Mitabeitern der anderen Betriebe durchzuführen (BAG 15.12.2005, 6 AZR 199/05; 02.06.2005, 2 AZR 158/04; 22.09.2005, 2 AZR 36/05).

An der Betriebsbezogenheit der Sozialauswahl ändert auch nichts, wenn in einem Unternehmen für mehrere Betriebe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 a BetrVG ein gemeinsamer Betriebsrat vereinbart worden ist. Die Zusammenfassung von Betrieben zur Erleichterung der Bildung von Betriebsräten bzw. sachgerechter Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen durch einen einheitlichen Betriebsrat ändert an der Zuordnung einzelner Arbeitnehmer zu ihren jeweiligen Beschäftigungsbetrieben im Sinne des § 23 KSchG nichts (BAG 22.09.2005, a.a.O.).

b)

Der Begriff des Betriebes ist im Kündigungsschutzgesetz selbst nicht definiert. Nach der allgemein üblichen Definition ist der Betrieb die organisatorischen Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe der Arbeitgeber, alleine oder in Gemeinschaft mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen oder immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht nur in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt (vgl. KR-Etzel, 7. Auflage, § 1 KSchG, Rz. 133). Von Betrieben zu unterscheiden sind Betriebsteile, die gegenüber dem Hauptbetrieb organisatorisch unselbständig sind und eine Teilfunktion von dessen arbeitstechnischem Zweck wahrnehmen. Betriebsteile zeichnen sich dadurch aus, dass sie über einen eigenen Arbeitnehmerstamm, eigene technische Hilfsmittel und eine durch die räumliche und funktionale Abgrenzung vom übrigen Betrieb bedingte relative Selbständigkeit verfügen. Andererseits fehlt ihnen aber ein Leitungsapparat, um insbesondere in personellen oder sozialen Angelegenheiten wesentliche Entscheidungen selbständig treffen zu können (vgl. BAG 22.09.2005, a.a.O.). Entscheidend für die Frage, ob ein eigenständiger Betrieb oder ein unselbständiger Betriebsteil vorliegt, ist daher nicht eine etwaige räumliche Entfernung, sondern ob ein einheitlicher Leitungsapparat, dem die zentralen mitbestimmungspflichtigen Entscheidungen, insbesondere in personellen und sozialen Angelegenheiten obliegen, vorhanden ist oder nicht. Bei einer eigenständigen Leitung ist eine wesentliche Selbständigkeit der Entscheidungen in personeller und sozialer Hinsicht erforderlich (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 17.02.2005, 6 Sa 404/04).

c)

Es ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, die Funktion eines anderen Arbeitnehmers tatsächlich wahrnehmen kann und der Arbeitgeber auch rechtlich berechtigt ist, den Arbeitnehmer im Rahmen der arbeitsvertraglichen Regelungen und des sich daraus ergebenden Direktionsrechts auf den anderen Arbeitsplatz einseitig um- oder versetzen kann (DLW, Handbuch des Fachanwalts, Arbeitsrecht, 5. Aufl. D Rz. 1482).

In die soziale Auswahl einzubeziehen sind vergleichbare Arbeitnehmer. Die Vergleichbarkeit richtet sich dabei in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen und damit nach der ausgeübten Tätigkeit (BAG 07.02.1985, EzA § 1 KSchG soziale Auswahl Nr. 20).

d)

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der durchgeführten Sozialauswahl sieht § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG zunächst vor, dass der Arbeitnehmer die Tatsachen vorzutragen hat, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG, also wegen fehlerhafter Sozialauswahl, erscheinen lassen.

Andererseits ist der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz KSchG verpflichtet, dem Arbeitnehmer auf Verlangen die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen Sozialauswahl geführt haben. Daraus folgt, dass dann, wenn der Arbeitnehmer nicht weiß, welche Arbeitskollegen mit ihm vergleichbar sind oder er deren Sozialdaten nicht kennt, ihm die Erfüllung seiner Darlegungslasten durch die prozessualen Auswirkungen der Auskunftspflicht des Arbeitgebers erleichtern wird (BAG 24.03.1983, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 21). Der Mitteilungspflicht des Arbeitgebers kommt auf prozessualer Ebene die Funktion einer gesetzlichen Verteilung der Darlegungslast zu.

Der Arbeitnehmer genügt daher zunächst seiner Darlegungslast, wenn er pauschal die soziale Auswahl beanstandet und zugleich vom Arbeitgeber die Mitteilung der Gründe verlangt, die diesen zu seiner Entscheidung veranlasst haben. Folge des Ausdrucksverlangens ist es, dass der Arbeitgeber sodann die Gründe für die von ihm getroffene Sozialauswahl vorzutragen hat. Er hat danach insbesondere vorzutragen, welche Arbeitnehmer zum auswahlrelevanten Personenkreis gehören, unter Angabe der relevanten Sozialdaten (Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Zahl der unterhaltsberechtigten Personen, Schwerbehinderteneigenschaft). Er hat weiter vorzutragen, welche Bewertungsmaßstäbe er der Sozialauswahl zugrunde gelegt hat. Er ist allerdings lediglich verpflichtet die Gründe anzugeben, die ihn subjektiv zur getroffenen Auswahl veranlasst haben.

Wenn der Arbeitgeber die von ihm angestellten Auswahlüberlegungen nicht oder nicht vollständig darlegt, dann bleibt der Arbeitnehmer von der ihm nach § 1 Abs. 3 KSchG obliegenden Darlegungs- und Beweislast insoweit befreit, als er die Rüge der fehlerhaften Auswahl gerade und nur deswegen nicht weiter konkretisieren kann, weil der Arbeitgeber seiner Auskunftspflicht nicht nachgekommen ist. Genügt er seiner Auskunftspflicht, ist es wiederum Sache des Arbeitnehmers nunmehr aufgrund der erworbenen Kenntnisse konkret darzulegen unter Benennung einzelner Arbeitnehmer, weswegen er die soziale Auswahl für fehlerhaft hält (vgl. zum Ganzen DLW Handbuch des Fachanwalts für Arbeitsrecht, 5. Auflage/Dörner D,Rz. 1620 ff.). Ergibt sich bereits aus dem Sachvortrag des Arbeitgebers, dass er den Kreis vergleichbarer Arbeitnehmer objektiv zu eng gezogen hat, besteht die Vermutung für eine fehlerhafte Sozialauswahl. In diesem Fall muss der Arbeitgeber darlegen, dass trotz zu eng gezogener Sozialauswahl die Sozialauswahl im Ergebnis dennoch zutreffend war (DLW, a.a.O, Rz. 1628).

Bezüglich der Frage, wem die Darlegungs- und Beweislast zukommt, ob ein eigenständiger Betrieb oder ein unselbständiger Betriebsteil oder eine unselbständige Filiale gegeben ist, ist nach Ansicht der erkennenden Kammer ebenfalls von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast auszugehen.

Dies folgt daraus, dass der Arbeitnehmer, der grundsätzlich nach § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG eine fehlerhafte Sozialauswahl darzulegen und zu beweisen hat, regelmäßig, insbesondere bei größeren Einheiten, mangels Einblicke in die Arbeitgeberstrukturen zu den meisten der Teilfragen des Betriebsbegriffs gar nicht vortragen kann. Dem Arbeitnehmer ist nicht zuzumuten, Tatsachen darzulegen, die er mangels Einblick in die Personal- und Leitungsstrukturen seiner Beschäftigungseinheit nicht vorbringen kann.

Insofern sind die Grundsätze heranzuziehen, die das BAG (23.03.1984, 7 AZR 515/82) hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines von mehreren Unternehmen betriebenen gemeinsamen Betriebes entwickelt hat.

Grundsätzlich trägt danach zunächst der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines gemeinsamen Betriebes, welcher von mehreren Unternehmen betrieben wird. Da der Arbeitnehmer in der Regel keine oder nur ungenaue Kenntnisse über den Inhalt der zwischen den beteiligten Unternehmen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen hat, dürfen insoweit allerdings keine strengen Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitnehmers gestellt werden. Der Arbeitnehmer genügt in der Regel seiner Darlegungslast, wenn er die äußeren Umstände darlegt, die für die Annahme sprechen, dass sich mehrere Unternehmen rechtlich über die Führung eines gemeinsamen Betriebes geeinigt haben und entsprechend dieser Einigung die arbeitstechnischen Zwecke bei einer organisatorischen Einheit unter einem einheitlichen Leitungsapparat fortgesetzt verfolgen. Hat der Arbeitnehmer schlüssig derartige äußere Umstände für das Vorliegen eines einheitlichen Betriebes vorgetragen, hat sich der Arbeitgeber hierauf gemäß § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu erklären, welche rechtserheblichen Umstände gegen die Annahme eines einheitlichen Betriebes sprechen.

Übertragen auf die Frage, ob eine betriebliche Einheit einen eigenständigen Betrieb oder nur einen unselbständigen Betriebsteil darstellt, muss daher der Arbeitnehmer zunächst Umstände darlegen, die aus seiner Sicht die Selbständigkeit bzw. Unselbständigkeit der betrieblichen Einheit belegen. Sodann muss der Arbeitgeber im Einzelnen substantiiert bezüglich der konkreten betrieblichen Einheit hierzu Stellung nehmen (vgl. LAG Berlin 05.01.2006, 14 Sa 1801/05, welches die Darlegungslast grundsätzlich dem Arbeitgeber aufbürdet).

II.

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze konnte das Gericht nicht feststellen, dass im vorliegenden Fall die betriebsbedingte Kündigung der Klägerin sozial gerechtfertigt ist.

1.

Ein betriebsbedingter Kündigungsgrund ist grundsätzlich gegeben. Der Arbeitsplatz der Klägerin ist aufgrund der Unternehmerentscheidung, ihre Filiale in Ludwigshafen U zu schließen, in Wegfall geraten.

2.

Die von der Beklagten durchgeführte Sozialauswahl war allerdings grob fehlerhaft, da sie den auswahlrelevanten Personenkreis aus Sicht der erkennenden Kammer fehlerhaft bestimmt hat.

a)

Es kann deswegen auch dahin gestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall ein wirksamer Interessenausgleich mit Namensliste gemäß § 111 BetrVG zwischen der Beklagten und ihrem Betriebsrat abgeschlossen worden ist, der gemäß § 1 Abs. 5 KSchG eine Überprüfung der Sozialauswahl nur hinsichtlich einer groben Fehlerhaftigkeit rechtfertigen würde. Die Verkennung des auswahlrelevanten Personenkreises stellt jedenfalls eine solche grobe Fehlerhaftigkeit dar. Die Beklagte hat auch nicht durch substantiierten Vortrag dargelegt, dass bei Einbeziehungen von Arbeitnehmern anderer Filialen die Sozialauswahl dennoch inhaltlich richtig erfolgte.

b)

Die Klägerin hat aus ihrer Sicht, soweit sie es konnte, substantiiert dargelegt, dass es sich bei der betrieblichen Einheit der Beklagten in ihrer Filiale Ludwigshafen U nicht um einen eigenständigen Betrieb im Sinne des § 23 KSchG gehandelt hat, sondern um einen unselbständigen Betriebsteil. Sie hat durch Vorlage ihres Arbeitsvertrags und der im Laufe des Arbeitsverhältnisses ergangenen Vertragsänderungen dargelegt, dass diese zumindest formal alle von der Zentrale in Berlin ausgefertigt und getätigt wurden. Insbesondere hat sie allerdings auch dargelegt, dass bei ihrer Versetzung von der Filiale Ludwigshafen Rheingönheim in die geschlossene Filiale Ludwigshafen U der damalige Marktleiter der Filiale Ludwigshafen U jedenfalls nicht persönlich in irgendeiner Weise mit ihr in Kontakt getreten war. Aus ihrer Sicht spielte dies bei der Versetzungsentscheidung daher keine tragende Rolle. Letztendlich erhielt sie die Versetzung wiederum von der zentralen Personalabteilung in Berlin. Wie dies bei der zeitweisen Versetzung in die Filiale in Speyer war, ließ sich im Kammertermin nicht abschließend klären. Schließlich ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Entscheidung bezüglich der Schließung der Filiale Ludwigshafen U und die daraufhin ausgesprochene Kündigung nicht vom Marktleiter der Filiale, sondern von der Zentrale in Berlin aus getroffen wurde und auch von dort die Kündigung ausgesprochen wurde.

Es wäre daher nunmehr Sache der Beklagten gewesen im Einzelnen substantiiert nach § 138 Abs. 2 ZPO darzulegen, dass es sich konkret bei der Filiale in Ludwigshafen U dennoch um einen selbständigen Betrieb gehandelt hatte. Die Beklagte hätte daher konkret bezüglich dieser Filiale darlegen und im Bestreitensfall unter Beweis stellen müssen, dass der dortige Marktleiter im wesentlichen selbständig die Entscheidungen über personelle und soziale Angelegenheiten treffen konnte, d. h. bei den Fragen der Einstellung, Entlassung, der Verhandlung über Lohnerhöhung sowie von Weiterbildungs- und Schulungstätigkeiten letztendlich "das Sagen" hatte.

Einen solchen Vortrag erbrachte die Beklagte in ihren Schriftsätzen allerdings nicht. Sie hat lediglich immer nur pauschal ausgeführt, dass es dem Markleiter frei gestanden hätte, Bewerber für vakante Arbeitsplätze selbst auszuwählen, ihm lediglich eine Kopfplanung vorgegeben gewesen sei, dass er inhaltlich selbst darüber entschieden habe, ob Arbeitnehmer gekündigt oder eingestellt werden sollten. Sie hat insofern ausgeführt, dass die Kompetenzen des Marktleiters in Ludwigshafen U dieselben gewesen seien, wie bei dem Marktleiter in Heidelberg, ohne allerdings substantiiert darzulegen, welche konkreten Kompetenzen dieser Marktleiter denn nun tatsächlich gehabt hatte.

Sie hat bei ihren Ausführungen weder Beispiele genannt, in denen der Marktleiter in Ludwigshafen U tatsächlich einmal Einstellungen bzw. Entlassungen, Gehaltsverhandlungen oder den Abschluss von Arbeitsverträgen selber entschieden hatte, noch hat sie dargelegt, wann und in welcher Form diesem Marktleiter denn welche Kompetenzen übertragen worden sind.

Hierauf im Kammertermin am 03.08.2006 angesprochen, führte der seitens der Beklagten entsandte Herr T, der selbst Marktleiter in einer Filiale der Beklagten in Esslingen ist, aus, dass sich die Kompetenzen der Marktleiter aus ihren Arbeitsverträgen und der Arbeitsplatzbeschreibung ergeben würden. Den Arbeitsvertrag des Marktleiters bezüglich der Filiale Ludwigshafen U oder auch nur den Arbeitsvertrag eines anderen Marktleiters konnte die Beklagte allerdings nicht vorweisen. Herrn T wurde Gelegenheit gegeben eine Arbeitsplatzbeschreibung eines Filialgeschäftsführers, wie die Marktleiter sich nunmehr bei der Beklagten nennen, aus dem Internet herunter zu laden. Aus dieser vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung ergibt sich allerdings nicht, inwieweit diese Filialgeschäftsführer eigenständig über personelle Entscheidungen zu befinden haben. In dieser Arbeitsplatzbeschreibung ist zu diesem Thema lediglich zu finden, dass die Personalführung und -entwicklung der Mitarbeiter zum Tätigkeitsfeld des Filialgeschäftsführers gehört (vgl. Bl. 357 d. A.).

Auf Nachfrage führte Herr T aus, dass betriebsbedingte Kündigungen in der Tat von der Zentrale in Berlin entschieden werden und nicht von den einzelnen Marktleitern vor Ort. Bei verhaltens- und personenbedingten Kündigungen würde der Marktleiter seine Sicht der Dinge der Zentrale mitteilen, die dann beratend ihm zur Seite stehen würden. Auf weitere Nachfrage, wer letztendlich die Entscheidung denn treffe, z.B. wenn sich die Ansichten der auch juristisch geschulten Personalleitung in Berlin von der des Marktleiters unterscheide, führte er sinngemäß aus, dass er in diesem Fall sich nicht beratungsresistent zeigen würde. Herr T führte weiter auf Nachfrage aus, dass es je nach Persönlichkeit und Erfahrung des Marktleiters Unterschiede gäbe, inwieweit ein Marktleiter die von ihm richtig gehaltenen Entscheidungen gegenüber der Zentrale vertreten würde bzw. sich von dieser in "seinen" Entscheidungen aufgrund der folgenden "Beratung" leiten lassen würde.

Herr T führte weiter aus, dass bei schwierigeren personellen Entscheidungen, z. B. beim Abschluss von Altersteilzeitverträgen oder bei Entscheidungen über verhaltensbedingte Kündigungen, die grenzwertig sind, die geschulten Mitarbeiter in der Zentrale der Beklagten die letztendliche Entscheidungen treffen.

Wie dies im Einzelnen in der konkreten Filiale Ludwigshafen U gehandhabt wurde, konnte der von der Beklagten entsendete Herr T nicht mitteilen.

Aufgrund dieser Ausführung der Beklagten in ihren Schriftsätzen bzw. im Kammertermin konnte die Beklagte nicht mit ausreichender Substanz darlegen, dass der Markt, in dem die Klägerin zuletzt beschäftigt war, ein Betrieb im Sinne des §§ 1, 23 KSchG ist. Das Gericht konnte insbesondere nicht feststellen, dass der dortige Marktleiter die zentralen mitbestimmungspflichtigen Entscheidungen, insbesondere in personellen und sozialen Angelegenheiten tatsächlich zumindest in der Sache, wenn auch unstreitig nicht formal, selbst zu entscheiden und tatsächlich entschieden hatte.

Dem seitens der Beklagten angebotenen Beweismittel, der Vernehmung des Zeugen S bezüglich der angeblichen wesentlichen eigenen Entscheidungsbefugnis des Marktleiters, konnte das Gericht nicht nachkommen, da es sich insofern um die Stellung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises gehandelt hatte. Dies gilt insbesondere für den Beweisantrag im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 05.05.2006 (Bl. 303 d. A.), wonach der Personalleiter S bezeugen sollte, dass die Regelungskompetenzen in der Filiale Ludwigshafen, insbesondere die Kompetenzen des Marktleiters, dieselben gewesen seien, wie diejenige, die in der Filiale Heidelberg-Pfaffengrund bestanden. Insofern fehlt es bereits an jeglichen Ausführungen, welche Befugnisse der dortige Filialleiter denn nun tatsächlich hatte. Bezüglich der Beweisanträge im Schriftsatz vom 04.01.2006 (Bl. 122 d. A.) handelt es sich ebenfalls um die Stellung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises. Zum einen macht die Beklagte lediglich generelle Ausführungen zu Marktleitern, ohne auf die konkreten Verhältnisse in der Filiale in Ludwigshafen U einzugehen. Zum anderen führt sie aus, dass zwar die Kündigungsentscheidung grundsätzlich der Marktleiter zu treffen hatte, der Personalleiter ihm dabei allerdings "beratend" zur Seite gestanden habe. Was dabei unter "beratend" zu verstehen ist und inwieweit diese Beratung tatsächlich die Entscheidungsfindung letztlich beeinflusst hat, lässt sich aus den Ausführungen nicht entnehmen. Außerdem widersprechen die Ausführungen, die lediglich pauschal gehalten sind und z. B. auch nicht zwischen verhaltensbedingten, personenbedingten und betriebsbedingten Gründen bei einer Kündigung unterscheiden, den späteren Einlassungen der Beklagten, wonach betriebsbedingte Kündigungen von der Zentrale in Berlin aus entschieden werden. Insgesamt ist der Sachvortrag insofern zu unsubstantiiert, als dass der Zeuge hätte vernommen werden können. Dies hätte eine unzulässige Ausforschung nach sich gezogen (vgl. insofern zum Ausforschungsbeweis BAG 25.01.1982, 4 AZR 878/79; 15.12.1999, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 78, Schwab/Weth-Schwab ArbGG § 58 Rz. 33, 88).

Die Ausführungen der Beklagten zu den Befugnissen des Markleiters sind lediglich abstrakt gehalten, ohne sich mit den konkreten Zuständen in der Filiale Ludwigshafen U zu befassen. Entscheidend war allerdings wie die tatsächliche Handhabung der Ausübung der Leitungsfunktionen im konkreten Markt in Ludwigshafen U gestaltet war, nicht wie ggf. generell in anderen Märkten oder dies in abstrakten Aufgabenbeschreibungen über die Funktion eines Marktleiters geregelt sein mag (vgl. LAG Berlin a.a.O., S. 14 der Entscheidung).

Insbesondere da der Zeuge T im Kammertermin ausgesagt hat, dass Marktleiter sich unterschiedlich intensiv von der Zentrale in Berlin haben "beraten" lassen, konnte das Gericht nicht feststellen, inwieweit der Marktleiter in der Filiale Ludwigshafen U die Entscheidungen zumindest inhaltlich selbst getroffen hat.

c)

Eine Pflicht zur Durchführung einer Sozialauswahl mit Arbeitnehmern anderer Filialen scheitert im vorliegenden Fall auch nicht daran, dass im Arbeitsvertrag vom 03.08.1998, dort in § 2 Abs. 2, das dort vereinbarte Versetzungsrecht gegebenenfalls unwirksam sein könnte. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass die dort vorformulierte und damit als allgemeine Geschäftsbedingung i.S.d. §§ 305 ff BGB zu wertende Klausel, hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit einer örtlichen Versetzbarkeit nicht eindeutig ist und daher nach § 305 c Abs. 2 BGB bzw. § 307 Abs. 1 S. 3 BGB unwirksam sein könnte. Grundsätzlich sind Versetzungsklauseln im Arbeitsvertrag, auch soweit sie eine Versetzung in andere Betriebe eines Unternehmens beinhalten, zulässig. Allerdings müssen sie eindeutig, insbesondere bezüglich eines möglichen Ortswechsels, sein (vgl. ErfK-Preis, 6. Aufl., § 611 Rz 810; zur Konzernversetzungsklausel Rz. 233).

Im vorliegenden Fall kann die Frage der Wirksamkeit allerdings dahingestellt bleiben, da sich nach Ansicht der Kammer jedenfalls die Beklagte als Ersteller- und Verwenderin der Versetzungsklausel nach § 242 BGB nicht auf deren eventuelle Unwirksamkeit berufen kann (offen gelassen von BAG 15.12.2005 - 6 AZR 199/05-).

Dies gilt vorliegend insbesondere deswegen, da sie im Verlaufe des Arbeitsverhältnisses von dieser Versetzungsklausel unstreitig Gebrauch gemacht hatte, als sie die Klägerin einseitig anwies, zeitweise in einer anderen Filiale in Speyer zu arbeiten. Es widerspricht Treu und Glauben, wenn der Verwender einer Versetzungsklausel diese im laufenden Arbeitsverhältnis für einseitige Versetzungsanordnungen gegenüber dem Arbeitnehmer nutzt, sich dann aber nach einer betriebsbedingten Kündigung bezüglich der Frage des auswahlrelevanten Personenkreises im Rahmen der Sozialauswahl auf deren Unwirksamkeit beruft.

d)

Zusammenfassend konnte das Gericht daher aus den Ausführungen der Beklagten nicht entnehmen, dass es sich bei der Filiale Ludwigshafen U um einen eigenständigen Betrieb im Sinne der §§ 1, 23 KSchG gehandelt hatte. Die Beklagte hätte daher die Sozialauswahl auch auf andere Filialen und Betriebsteile erstrecken müssen. Welche dies nun genau hätten gewesen sein müssen, war von der Kammer nicht zu entscheiden, da allein die Feststellung, dass der auswahlrelevante Personenkreis jedenfalls zu eng gezogen wurde, die Vermutung einer fehlerhaften sozialen Auswahl nach sich zieht (vgl. LAG Berlin a.a.O., Seite 17 der Entscheidung).

III.

Nach alledem war zu entscheiden, wie geschehen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Revision war zuzulassen, da der Frage der Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines eigenständigen Betriebes grundsätzliche Bedeutung nach § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zukommt.

Ende der Entscheidung

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