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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 24.08.2006
Aktenzeichen: 11 Sa 305/06
Rechtsgebiete: BetrVG, KSchG, BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 102
BetrVG § 111
KSchG § 1 Abs. 5
BGB § 242
BGB § 611
BGB § 613
BGB § 613 a
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2 c
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Sa 305/06

Entscheidung vom 24.08.2006

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts R vom 09.02.2006 (Az.: 2 Ca 1840/05) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Firma W C, K GmbH i.L. auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.

b) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24.11.2005 nicht aufgelöst worden ist.

c) Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Arbeiter weiter zu beschäftigen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Beklagte zu 1) und 2) je zur Hälfte zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist sowie Feststellung, dass eine seitens der Beklagten zu 1) ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat. Außerdem macht er einen Beschäftigungsanspruch geltend.

Der Kläger wurde am 01.09.1996 bei der Beklagten zu 1) als Arbeiter eingestellt. Seine Bruttomonatsvergütung betrug zuletzt 2.200,-- €.

Er ist 1969 geboren, ledig und keiner Person zum Unterhalt verpflichtet.

Mit Schreiben vom 24.11.2005, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2006.

Hintergrund der Kündigung war, dass die Beklagte zu 1) ihren Betrieb auf die Beklagte zu 2) übertragen wollte. Nach dem Übernehmerkonzept sollte der Betrieb mit den bisherigen Betriebsmitteln am alten Ort, allerdings mit einer weitgehend reduzierten Belegschaft fortgeführt werden. Die Beklagte beschäftigte seinerzeit 215 Mitarbeiter. Das Unternehmerkonzept sah vor, den Betrieb mit ca. 75 Mitarbeitern weiter zu führen. Die Beklagte zu 2) erklärte sich zur Übernahme des Betriebes der Beklagten zu 1) nur unter der Bedingung einverstanden, dass lediglich ca. 75 Mitarbeiter übergehen würden.

Hintergrund der Entscheidung der Beklagten zu 1) war, dass der Hauptkunde, die T AG, auf Grund einer Insourcingpolitik Aufträge entzog. Allein das Ausbleiben von Aufträgen dieses Hauptkunden bedeutete für die Beklagte zu 1) einen Rückgang im Auftragsvolumen von 87 Prozent.

Die Beklagte zu 1) beschäftigte vor dem Betriebsübergang 215 Mitarbeiter, wobei 31 Mitarbeiter so genannte Werkhelfer waren, d.h. ungelernte Arbeitnehmer, wie der Kläger. Dies entsprach einem Anteil von ca. 14,4 Prozent.

Von den geplanten 75 Arbeitnehmern, die auf die Beklagte zu 2) übergehen sollten, waren noch 3 Werkhelfer, was einem Anteil von 4 Prozent entspricht.

Die Beklagte zu 1) schloss mit ihrem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste sowie einen Sozialplan. Auf den Inhalt der Vereinbarungen (Anlage B 1 zum Beklagtenschriftsatz vom 10.01.2006, Bl. 74 ff d.A.) wird verwiesen. In der Namensliste findet sich der Kläger unter den Arbeitnehmern, die "ausscheiden" sollten.

In § 4 Abs. 2 des Interessenausgleichs vereinbarten die Betriebspartner:

" Die Rechte des Betriebsrats bei der Umsetzung der Maßnahme gemäß § 102 BetrVG bleiben unberührt".

Die Beklagte hörte den Betriebsrat zur Kündigung des Klägers mit Schreiben vom 26.10.2005 an. Auf den Inhalt des Anhörungsschreibens (Anlage B 2 zum Beklagtenschriftsatz vom 10.01.2006, Bl. 108 d.A) wird verwiesen.

Die Beklagte zu 2) übernahm zum 01.12.2005 den Betrieb der Beklagten zu 1). Sie beschäftigte 75 Arbeitnehmer weiter. Sie übernahm den noch vorhandenen Auftragsbestand, sowie die materiellen Betriebsmittel und führte den Betrieb der Beklagten zu 1) in verringertem Umfang fort.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen,

die Kündigung sei bereits deswegen unwirksam, da eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nicht erfolgt sei. Dem Betriebsrat seien nach dem Vortrag der Beklagten nicht die Namen und Sozialdaten des Klägers und der in die Sozialauswahl einbezogenen Mitarbeiter mitgeteilt worden. Außerdem könne sich die Beklagte nicht auf § 1 Abs. 5 KSchG berufen, da kein Interessenausgleich mit Namenslisten im Sinne des § 111 BetrVG vorliegen würde. In der Namensliste zum Interessenausgleich seien die zu kündigenden Arbeitnehmer nicht aufgeführt worden, sondern lediglich die Arbeitnehmer, die ausscheiden sollten. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten sollten allerdings die weit überwiegende Anzahl der so gekennzeichneten Arbeitnehmer nicht durch Kündigung, sondern auf Grund anderer Maßnahmen, z.B. durch dreiseitigen Vertrag mit einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft, ausscheiden. Letztendlich verstoße die Kündigung gegen § 613 a BGB, da sie wegen des beabsichtigten Betriebsübergangs erfolgt sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Fa. W S R GmbH in Liquidation auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Facharbeiter weiter zu beschäftigen.

3. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24.11.2005 nicht beendet worden ist.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben erstinstanzlich vorgetragen,

zum Zeitpunkt des Abschluss des Interessenausgleichs sei noch nicht absehbar gewesen, welchen Arbeitnehmern konkret zu kündigen gewesen wäre und welche auf eine Beschäftigungsqualifizierungsgesellschaft haben übergehen können. Dies habe nicht zuletzt auch von der Entscheidung der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft abgehangen. Insofern müsse eine Regelung, wie im Interessenausgleich getroffen, zulässig sein. Die Betriebsratsanhörung sei nicht zu beanstanden, da dem Betriebsrat im Rahmen der Verhandlungen bei der Vereinbarung des Interessenausgleichs in der Namensliste alle kündigungsrelevanten Tatsachen zur Kenntnis gegeben wurden. Im Anhörungsschreiben vom 26.10.2005 hätten diese Tatsachen daher nicht wiederholt werden müssen.

Bezüglich des Weiteren erstinstanzlichen Vortrags wird auf die eingereichten Schriftsätze der Parteien sowie auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 09.02.2006 die Klage abgewiesen.

Es hat in den Gründen ausgeführt, auf Grund der gesetzlichen Vermutung nach § 1 Abs. 5 KSchG, die im vorliegenden Fall eingreifen würde, sei vom Vorliegen eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes auszugehen. Eine grob fehlerhafte Sozialauswahl sei nicht erkenntlich. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß gemäß § 102 BetrVG angehört worden durch Anhörungsschreiben vom 26.10.2005. Er sei auch ausreichend über die Sozialauswahl informiert worden, da ihm im Rahmen der Verhandlungen über den Interessenausgleich eine Namensliste sowie ein Punkteschema für die Sozialauswahl bekannt gemacht worden sei.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Kläger am 09.03.2006 zugestellt worden. Er hat mit beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 10.04.2006 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 09.05.2006 begründet.

Er hat vorgetragen,

das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der Arbeitgeber bezüglich des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG nicht substantiiert vorgetragen hatte. Insbesondere habe er nicht vorgetragen, was dem Betriebsrat denn nun eigentlich im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlung bezüglich der Sozialdaten und des Wegfalls des konkreten Arbeitsplatzes des Klägers mitgeteilt worden sei. Insofern entspreche die Rechtsanwendung des Arbeitsgerichts nicht den Rechtsgrundsätzen des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, wie im Urteil vom 31.01.2005 7 Sa 740/04 dargelegt. Im Übrigen bleibe er bei seiner Ansicht, dass § 1 Abs. 5 KSchG aus den bereits erstinstanzlich vorgetragenen Gründen nicht einschlägig sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts R vom 09.02.2006 2 Ca 1840/05 abzuändern und

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Fa. W S R GmbH in Liquidation auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist,

2. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, ihn zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Arbeiter weiter zu beschäftigen,

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24.11.2005 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor,

dem Betriebsrat seien sämtliche kündigungsrelevanten Tatsachen bekannt gewesen. Dies beinhalte die Kündigungsgründe und die Umstände der durchgeführten Sozialauswahl. Dem Betriebsrat seien insbesondere die Sozialdaten sämtlicher Arbeitnehmer, so auch des Klägers, zur Kenntnis gelangt.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll vom 24.08.2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Auf die Berufung des Klägers war das Urteil des Arbeitsgerichts, wie geschehen, abzuändern.

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist im vorliegenden Verfahren nach § 64 Abs. 1, Abs. 2 c ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist insgesamt zulässig.

Der Antrag zu 1) ist dahingehend vom Gericht ausgelegt worden, dass der Kläger festgestellt wissen will, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 2) aufgrund des Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis besteht. So ausgelegt ist der Antrag als zulässig zu erachten, da damit das Bestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt werden soll.

II.

Der Antrag zu 1) des Klägers ist unabhängig von der Frage, ob die seitens der Beklagten zu 1) ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom 24.11.2005 zum 31.05.2006 wirksam ist oder nicht, begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging gemäß § 613 a BGB am 01.12.2005 auf die Beklagte zu 2) über.

Ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB liegt vor, wenn der neue Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung von deren Identität fortführt. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit "Betrieb" bei dem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falles. Zu den maßgeblichen Tatsachen hierfür zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebes, der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen und die Dauer einer evtl. Unterbrechung der Betriebstätigkeit. Schließlich muss der Übergang durch Rechtsgeschäft erfolgen, d.h. nicht auf Grund gesetzlicher Rechtsnachfolge (vgl. zum Ganzen DLW Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrechts, 5.Auflg., I Rdn. 3282 ff mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

2. Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien unstreitig und wurde auf ausdrückliche Nachfrage des Vorsitzenden im Kammertermin seitens des Beklagtenprozessbevollmächtigten nochmals bestätigt, dass die Beklagte zu 2) am 01.12.2005 sämtliche materiellen Betriebsmittel der Beklagten zu 1) übernahm, ebenso vorhandene Restaufträge sowie 75 Arbeitnehmer. Sie führt, wenn auch im verringerten Umfang, die bisherigen betrieblichen Tätigkeiten der Beklagten zu 1) in der bisherigen Betriebsstätte fort. Dies alles beruht auf einer Vereinbarung zwischen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2).

Es liegt daher ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB vor, so dass das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte zu 2) am 01.12.2005 überging.

III.

Auch der Antrag zu 3) aus dem Berufungsschriftsatz vom 09.05.2006, den das Gericht aus Klarstellungsgründen in Ziff. 2 seines Tenors vorgezogen hat, ist begründet.

Die Beklagte vermochte es nicht im laufenden Verfahren eine ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG darzulegen.

1. Gemäß § 102 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats durchgeführte Kündigung ist unwirksam.

Dies gilt auch bei einer nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats.

Es handelt sich damit bei der Anhörung des Betriebsrats um eine Wirksamkeitsvoraussetzung für jede Kündigung durch den Arbeitgeber. Daher trägt auch der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Anhörung des Betriebsrats ordnungsgemäß durchgeführt wurde (vgl. KR-Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz 7. Auflg./Etzel, § 102 Rdn. 192).

Der Arbeitnehmer muss dem Betriebsrats die Person des zu kündigenden Arbeitnehmers mitteilen, seine wesentlichen Sozialdaten (Dauer der Betriebszugehörigkeit, Familienstand, Unterhaltspflichten, evtl. Schwerbehinderteneigenschaft), gegebenenfalls ob der Ehepartner in einem Arbeitsverhältnis steht, besondere Kündigungsschutz begründende Umstände (z.B. Schwangerschaft, Schwerbehinderteneigenschaft) angeben. Eine Mitteilung der sozialen Daten ist dann entbehrlich, wenn sie dem Betriebsrat bereits bekannt sind.

Weiter mitzuteilen ist die Art der Kündigung, außerordentliche oder ordentliche Kündigung sowie die Kündigungsfrist. Letzteres ist entbehrlich, wenn sie dem Betriebsrat bekannt ist oder über die tatsächlichen Umstände für die Berechnung der maßgeblichen Kündigungsfrist unterrichtet ist (BAG 29.03.1990 EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 79).

Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat vor allem die Gründe für die Kündigung mitteilen. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat über alle Tatsachen und subjektiven Beweggründe zu unterrichten hat, die ihn zu der Kündigung veranlasst und die aus seiner Sicht die die Kündigung begründenden Umstände sind. Diese Umstände müssen so genau und umfassend dargelegt werden, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschung in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über seine Stellungnahme schlüssig zu werden (BAG 13.07.1978 EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 35).

Bei einer betriebsbedingten Kündigung genügt es daher nicht, dass der Arbeitgeber lediglich auf eine getroffene Unternehmerentscheidung hinweist oder seine Motive für die geplante Umorganisation ausführlich erläutert oder eine pauschale Begründung, z.B. Auftragsmeinung oder Rationalisierungsmaßnahmen angibt.

Der Arbeitgeber muss vielmehr bei außerbetrieblichen Gründen (Auftragsmangel, Umsatzrückgang usw.) diese Gründe und ihre unmittelbare Auswirkung auf den konkreten Arbeitsplatz des zu kündigenden Arbeitnehmers im Einzelnen darlegen und bei innerbetrieblichen Gründen (Produktionsumstellen, Rationalisierungsmaßnahmen, Umverteilung von Aufgaben, Umwandlung der Betriebsorganisation auf ein Erwerberkonzept eines Betriebsübernehmers), diese Gründe und die deshalb beabsichtigten organisatorischen Maßnahmen mit ihren Auswirkungen auf die Arbeitsplätze, insbesondere auf den konkreten Arbeitsplatz des zu kündigenden Arbeitnehmers, näher erläutern.

Bezüglich der zu treffenden Sozialauswahl muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Kriterien für die Auswahl mitteilen. Nimmt er eine Sozialauswahl zwischen mehreren Arbeitnehmern vor, sind dem Betriebsrat die Sozialdaten (Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung) der zur Kündigung anstehenden und der von ihm in die Sozialauswahl einbezogenen vergleichbaren Arbeitnehmer, sowie die Gesichtspunkte, nach denen er bei der Sozialauswahl vorgegangen ist, mitzuteilen (BAG 20.05.1999, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 102;vgl. zum Ganzen KR a.a.O. § 102 Rdn. 62 d, 62 h).

Einer konkreten Mitteilung von Sozialdaten und Kündigungsgründen bedarf es nur dann nicht, wenn der Betriebsrat bereits über die entsprechenden Kenntnisse verfügt. Haben der Arbeitgeber und der Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste abgeschlossen, kann es zur Darlegung einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG ausreichen, wenn der Arbeitgeber zur Betriebsratsanhörung weit gehend auf den den Betriebsrat aus den Verhandlungen über den Interessenausgleich und die Namensliste bekannten Sachverhalt Bezug nimmt. Wenn der Arbeitnehmer diesen Sachvortrag allerdings konkret bestreite, muss der Arbeitgeber in diesem Punkt gegebenenfalls die Vorkenntnisse des Betriebsrats weiter substantiieren bzw. beweisen (vgl. BAG 21.02.2002 2 AZR 581/100). Denn auch bei Vorliegen eines Interessenausgleichs mit Namenslisten unterliegt die Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG grundsätzlich keinen erleichterten Anforderungen (BAG 28.03.2003 2 AZR 377/02; vgl. auch BAG 20.05.1999 2 AZR 532/98).

Regelmäßig gehen den Abschluss eines Interessenausgleichs, der mit einer Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer verbunden ist, längere Verhandlungen voran, auf Grund derer dem Betriebsrat erhebliche Vorkenntnisse über die vom Arbeitgeber geltend gemachten Kündigungsgründe und auch die vielleicht mit dem Betriebsrat zusammen vorgenommene Sozialauswahl vorhanden sein können. Die dem Betriebsrat aus diesen Verhandlungen bekannten Tatsachen muss der Arbeitgeber im Anhörungsverfahren nicht erneut vortragen. Dass allerdings der Betriebsrat derartige Vorkenntnisse hatte, muss der Arbeitgeber im Prozess hinreichend konkret darlegen und ggf. beweisen (BAG 28.03.2003 2 AZR 377/02).

Grundsätzlich erfüllt der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess seine Darlegungs- und Beweislast nur dann, wenn er konkrete Tatsachen vorträgt, aus denen das Arbeitsgericht auf eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung schließen kann. Gegenstand des Beweises ist aber nicht der Begriff "Anhörung", sondern die ihn ausfüllenden Tatsachen. Deshalb ist alleine der pauschale Vortrag "der Betriebsrat wurde am soundsovielten ordnungsgemäß angehört, ihm wurden die maßgeblichen Sozialdaten mitgeteilt und die kündigungstragenden Kündigungsgründe: Beweis Zeuge XY" ungenügend und unsubstantiiert. Es handelt sich um die Stellung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises (vgl. DLW a.a.O D Rdn. 317).

2. Die Beklagte zu 1) kam im vorliegenden Verfahren ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht nach.

Sie hat in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 10.01.2006 diesbezüglich lediglich vorgetragen, dass der Betriebsrat im Rahmen der Anhörung ausdrücklich auf die Verhandlung bei Vereinbarung der Namensliste hingewiesen worden sei, in deren Verlauf dem Betriebsrat sämtliche kündigungsrelevanten Tatsachen zur Kenntnis gegeben worden sein sollen.

Aus diesem Vortrag lässt sich nicht entnehmen, welche konkreten "Tatsachen" dem Betriebsrat in diesen Verhandlungen sowohl hinsichtlich der Sozialdaten des Klägers, der Sozialdaten der in die Sozialauswahl einbezogenen anderen Arbeitnehmer und insbesondere hinsichtlich der Ausführung der Umstrukturierung des Betriebes hinsichtlich des konkreten Arbeitsplatzes des Klägers mitgeteilt wurde. Der Oberbegriff "sämtliche kündigungsrelevanten Tatsachen" ersetzt keinen substantiierten Tatsachenvortrag.

Dem angebotenen Beweismittel, die Anhörung des Betriebsratsvorsitzenden Franz Josef Groß, konnte nicht nachgegangen werden, da es sich um die Stellung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises gehandelt hat.

Gleiches gilt bezüglich der Ausführungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 12.06.2006. Auch hier hat sie lediglich pauschal vorgetragen, dass dem Betriebsrat auf Grund der Vereinbarung des Interessenausgleichs "sämtliche kündigungsrelevanten Tatsachen bekannt waren. Dies beinhalte die Kündigungsgründe und die Umstände der durchgeführten Sozialauswahl". Weiter trägt sie gegen Ende des Schriftsatzes vor "dem Betriebsrat "seien" die Sozialdaten sämtlicher Arbeitnehmer, so auch des Klägers, zur Kenntnis gelangt".

Auch insofern konnte das Gericht nicht entnehmen, welche konkreten Tatsachen hinsichtlich des Wegfalls des Arbeitsplatzes des Klägers auf Grund der organisatorischen Umstrukturierungsmaßnahmen und welche konkreten Sozialdaten dem Betriebsrat wann von wem nun denn tatsächlich mitgeteilt worden sind.

Dies wäre vorliegend insbesondere deswegen notwendig gewesen, da die Beklagte zu 1) im Rahmen ihrer Betriebsstruktur ca. 14,4 Prozent "ungelernte Werkhelfer" beschäftigen konnte, jedoch auf Grund des Übernehmerkonzeptes dieser Anteil der Ungelernten auf 4 Prozent zurückgeführt wurde. Insofern wäre es wichtig zu wissen gewesen, was dem Betriebsrat konkret bezüglich des Wegfalls des Arbeitsplatzes des Klägers denn mitgeteilt wurde.

Hierauf im Kammertermin angesprochen erklärte der Beklagtenvertreter, dem Betriebsrat sei eine Liste aller zu kündigenden Arbeitnehmer inklusive Sozialdaten übergeben worden. Diese Liste wurde im vorliegenden Verfahren allerdings nicht vorgelegt und konnte auch im Kammertermin nicht vorgelegt werden.

Das Gericht konnte daher nicht feststellen, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß gemäß § 102 BetrVG seitens der Beklagten angehört wurde (vgl. auch zur Darlegungs- und Beweislast LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31.01.2005 7 Sa 788/04).

IV.

Der geltend gemachte Beschäftigungsantrag des Klägers ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag.

Der Arbeitnehmer hat das Recht, auf Grund des Arbeitsvertrages, d.h. im Rahmen der versprochenen Dienste, nicht nur bezahlt, sondern auch tatsächlich beschäftigt zu werden (BAG Großer Senat, 27.02.1985 EzA § 611 BGB, Beschäftigungspflicht Nr. 9). Der Anspruch folgt aus §§ 611,613 BGB i.V.m. § 242 BGB.

Es handelt sich bei der Beschäftigungspflicht um eine Nebenpflicht des Arbeitgebers.

Gründe, die vorliegend ausnahmsweise dem Beschäftigungsanspruch des Klägers entgegenstehen würden, waren für das Gericht nicht ersichtlich und von der Beklagten zu 2) auch nicht vorgetragen worden.

V.

Nach alledem war zu entscheiden, wie geschehen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien nach § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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