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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 07.05.2007
Aktenzeichen: 11 Ta 113/07
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 121 Abs. 3
ZPO § 121 Abs. 4
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 222 Abs. 2
ZPO §§ 567 ff.
ArbGG § 11 a Abs. 3
ArbGG § 78
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Ta 113/07

Entscheidung vom 07.05.2007

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 16.04.2007, AZ: 5 Ca 112/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit vorliegender Zahlungsklage verfolgte der Kläger nach Durchführung des Mahnverfahrens Lohnansprüche gegen die Beklagte.

Der Kläger, der seinen Wohnsitz in S. hat, beauftragte zur Rechtsverfolgung seinen ebenfalls dort ansässigen Prozessbevollmächtigten. Dieser beantragte nach Klageeinreichung mit Schriftsatz vom 09.02.2007, dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Person zu bewilligen. Im Gütetermin am 12.02.2007 erschien für den Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten Frau Rechtsanwältin L.-S. aus 76829 L. Diese beantragte im Termin, sie als Prozessbevollmächtigte beizuordnen sowie Herrn Rechtsanwalt D. aus Sch. als Verkehrsanwalt dem Kläger beizuordnen.

Auf die gerichtliche Anfrage an den Kläger, klarzustellen, wer ihn im Rahmen der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigter beizuordnen sei, teilte Herr Rechtsanwalt D. mit Schriftsatz vom 05.03.2007 mit, dass aufgrund der räumlichen Entfernung zwischen Kanzleisitz und Prozessgericht und aus Gründen der Kostenersparnis die Anwaltskollegin beauftragt worden sei, den Termin am 12.02.2007 in Untervollmacht wahrzunehmen. Entsprechend der geführten Korrespondenz und der ausgefertigten Untervollmacht, sei er Prozessbevollmächtigter des Klägers während seine Kollegin als Unterbevollmächtigte den Termin am 12.02.2007 wahrgenommen habe. Es werde daher am Antrag vom 09.02.2007 festgehalten. Zudem sei die Kollegin gebeten worden, im Termin den Antrag auf Ergänzung der Prozesskostenhilfe für die Unterbevollmächtigung zu stellen. Ergänzend werde daher beantragt, dem Prozesskostenhilfeantrag dahingehend zu erweitern, dass dem Kläger Prozesskostenhilfe auch für die Unterbevollmächtigung gewährt werde.

Mit Beschluss vom 07.03.2007 bewilligte das Arbeitsgericht dem Kläger für die erste Instanz Prozesskostenhilfe in vollem Umfang unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt D. mit der Maßgabe, dass die Beiordnung unter Ausschluss der Erstattungsfähigkeit von Tage- und Abwesenheitsgeld sowie der etwaigen Reisekosten vom Ort der Kanzlei zum Gerichtsort (Ort des Gerichtstages) erfolgt ist. Die weiter beantragte Beiordnung der Unterbevollmächtigten wurde abgelehnt. Zur Begründung wurde darauf abgestellt, dass grundsätzlich nur ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter beigeordnet werden könne und darüber hinaus gemäß § 121 Abs. 4 ZPO ausnahmsweise auch die Beiordnung eines weiteren Anwalts insbesondere zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten möglich sei. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers begehrte weitere Beiordnung eines Unterbevollmächtigten sei demgegenüber in dieser Vorschrift nicht vorgesehen und auch nicht möglich.

Gegen diesen, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14.03.2007 zugestellten Beschluss hat dieser namens und im Auftrag des Klägers Beschwerde eingelegt mit Schriftsatz vom 16.04.2007, eingegangen beim Arbeitsgericht am gleichen Tag, mit dem Antrag, den Unterzeichner ohne Beschränkung beizuordnen.

Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass die Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts nur zulässig sei, wenn das Einverständnis des Prozessbevollmächtigten vorliege, was nachweislich nicht geschehen sei. Bei Nichtvorliegen einer Erklärung des auswärtigen Anwaltes, ob er zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwaltes arbeite, sei die Beiordnung ohne Beschränkung zu honorieren. Da vorliegend das Einverständnis des Unterzeichners bei der Beschlussfassung gefehlt habe, sei die beschränkte Beiordnung aufzuheben.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde vom 16.04.2007 nicht abgeholfen und die Beschwerde dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beschwerde bereits das Rechtsschutzbedürfnis fehle dürfte, da der Prozessbevollmächtigte des Klägers gar keine Tätigkeit entfalten habe, die über die eines ortsansässigen Anwaltes hinausgegangen wäre. So habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers insbesondere keinen Termin wahrgenommen, so dass Fahrtkosten, Tages- und Abwesenheitsgelder nicht angefallen seien. Im Übrigen folgt das Arbeitsgericht der Rechtsauffassung, nach der bei einem Beiordnungsantrag eines ortsfremden Rechtsanwalts von einem stillschweigenden Einverständnis auszugehen sei, dass er zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwaltes beigeordnet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und insbesondere auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die als sofortige Beschwerde auszulegende "Beschwerde" ist gemäß § 78 ArbGG i. V. m. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Da das Ende der Beschwerdefrist auf Samstag, den 14.04.2007 fiel, verlängerte sich die Frist gem. § 222 Abs. 2 ZPO bis zum Montag, den 16.04.2007.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Vorliegend handelt es sich nicht um eine Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers, sondern um eine Beschwerde des Klägers. Dies ergibt sich aus der Beschwerdeschrift, wonach der Prozessbevollmächtigte des Klägers "namens und im Auftrag des Klägers...Beschwerde..." eingelegt hat. Der Kläger als Partei ist in diesem Fall ebenfalls beschwerdebefugt.

Der Beschwerde fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzinteresse stellt keine besondere Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels dar, weil mit dem Erfordernis der Beschwer im Allgemeinen gewährleistet ist, dass das Rechtsmittel nicht eingelegt wird, ohne dass ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelführers hieran besteht. Nur bei ganz besonderer Sachlage ist eine Prüfung angezeigt, ob trotz Vorliegens der Beschwer eine unnötige zweckwidrige oder missbräuchliche Beschreitung des vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmittelweges anzunehmen ist. Nur in solchen Fällen kann ausnahmsweise die Unzulässigkeit des Rechtsmittels mit dem Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses begründet werden (vgl. BGH, Urteil vom 03.11.1971 - IV ZR 26/70, NJW 1972, 112 ff.).

Eine derartige Ausnahmesituation kann vorliegend nicht angenommen werden. Dem Kläger ist zunächst durch den Beiordnungsbeschluss vom 07.03.2007 weniger zugesprochen worden als er - wie sich nunmehr aus seiner Beschwerde ergibt - begehrt hat indem die Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts erfolgt ist. Darüber hinaus wurde die Beiordnung der Unterbevollmächtigten abgelehnt. Insbesondere die zu der Problematik Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts ergangene Rechtsprechung, auf die weiter unten eingegangen wird, macht es erforderlich, auf das Anliegen des Beschwerdeführers in der Sache einzugehen. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers keinen Gerichtstermin wahrgenommen hat, so dass Fahrtkosten, Tages- und Abwesenheitsgelder nicht angefallen sind, wird dieser Umstand bei der Prüfung der Begründetheit seines Rechtsmittels seine Berücksichtigung finden müssen. Mithin ist grundsätzlich ein sachliches Bedürfnis des Beschwerdeführers für die gerichtliche Klärung gegeben.

Die hiernach zulässige Beschwerde erweist sich aber als unbegründet. Das Arbeitsgericht weist zunächst zu Recht darauf hin, dass vorliegend von einer konkludenten Zustimmung zur Kostenbeschränkung des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten ausgegangen werden muss.

Nach § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. § 121 Abs. 3 ZPO ist nach § 11 a Abs. 3 ArbGG entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass es nicht auf die Zulassung eines Rechtsanwaltes bei einem bestimmten Gericht, sondern auf dessen Ansässigkeit am Ort des Gerichts ankommt (vgl. BAG, Beschluss vom 18.07.2005 - 3 AZB 65/03 -).

Mithin kann ein nicht beim Prozessgericht ortsansässiger Rechtsanwalt der Partei auf Antrag beigeordnet werden, wenn dadurch keine höheren Kosten für die Staatskasse entstehen. Stellt der beizuordnende Anwalt den Antrag auf eigene Beiordnung im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens, so bedarf es keiner Nachfrage durch das Gericht oder der Herbeiführung eines ausdrücklichen Einverständnisses zu einer im Sinne des § 121 Abs. 3 ZPO eingeschränkten Beiordnung. Vielmehr gibt der Rechtsanwalt bereits mit seinem vorbehaltlos gestellten Beiordnungsantrag zu erkennen, dass er mit einer Beiordnung nur zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen einverstanden ist. Will er das nicht, muss er ausdrücklich darauf hinweisen, dass er im Falle der Einschränkung nicht bereit sei, für die vertretene Partei weiter tätig zu werden (vgl. BGH, Beschluss vom 10.10.2006 - XI ZB 1/06 -; BAG, Beschluss vom 13.07.2005 - 3 AZB 65/03 -; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30.03.2006 - 5 Ta 44/06 - ;LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.01.2006 - 2 Ta 16/06 -). Eine derartige Einschränkung hat der Beschwerdeführer in seiner Antragstellung nicht vorgebracht.

Soweit das Landesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 20.01.2006 unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 18.07.2005 darauf verweist, dass im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe bei der Beiordnung eines nicht bei dem Prozessgericht niedergelassenen bzw. kanzleiansässigen Rechtsanwalts stets zu prüfen sei, ob besondere Umstände für die Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwalts im Sinne von § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen und nur wenn dies nicht der Fall sei, der auswärtige Rechtsanwalt "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" beigeordnet werden kann, kann es hierauf für den vorliegenden Fall nicht ankommen. Gemäß dieser Rechtsprechung ist es geboten, das Vorliegen besonderer Umstände auch dann zu prüfen, wenn ein entsprechender Antrag i.S.d. § 121 Abs. 4 ZPO nicht gestellt wurde. Soweit unter diesen Voraussetzungen durch die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Kosten eines Verkehrsanwalts erspart werden, sind die durch die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts entstehenden Reisekosten erstattbar (vgl. BAG, Beschluss vom 13.07.2005 - 3 AZB 65/03-). Die Hinzuziehung eines am Wohnort oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Verkehrsanwalts ist in der Regel zweckdienlich und dann erforderlich, wenn die Kosten des Verkehrsanwalts die Reisekosten des nicht am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts nicht wesentlich übersteigen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz , Beschluss vom 20.01.2006 - 2 Ta 16/06).

Für den vorliegenden Fall ist festzustellen, dass zum einen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers keine Reisekosten entstanden sind, da eine unterbevollmächtigte Rechtsanwältin eingeschaltet wurde und zum anderen, dass der Kläger ausdrücklich nicht mit dieser Maßgabe Prozesskostenhilfe beantragen wollte.

Auf einen entsprechenden Antrag der im Gütetermin aufgetretenen Rechtsanwältin, sie als Prozessbevollmächtigte des Klägers und dem Kläger Herrn Rechtsanwalt D. als Verkehrsanwalt beizuordnen, hat der dem Kläger beigeordnete Rechtsanwalt D. mit Schriftsatz vom 05.03.2007 ausdrücklich an seinem Antrag, dem Kläger seine Person beizuordnen, festgehalten und erweiternd beantragt, dem Kläger Prozesskostenhilfe auch für die Unterbevollmächtigung durch Rechtsanwältin L.-S. zu gewähren.

Diese weiter beantragte Beiordnung der Unterbevollmächtigten hat das Arbeitsgericht zu Recht abgelehnt, da bei Beiordnung eines Rechtsanwaltes ein weiterer Anwalt nur zur Wahrnehmung eines Beweisaufnahmetermins oder Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden darf i. S. d. § 121 Abs. 4 ZPO, nicht aber als Unterbevollmächtigter für die Vertretung in der mündlichen Verhandlung (vgl. Zöller/Philippi, 25. Auflage, § 121, Rd-Ziffer 2 m. w. N.).

Da eine Beiordnung eines Verkehrsanwaltes nach § 121 Abs. 4 ZPO vorliegend nicht seitens des Klägers gewünscht war, der Kläger diese auch nicht mittels seines Rechtsmittels verfolgt und vorliegend auch nicht der Ersatz von Reisekosten des auswärtigen Anwalts des Klägers im Raum steht, brauchte auch nicht über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 4 ZPO entschieden werden. Die fiktive Berechnung der Kosten eines Verkehrsanwalts ergibt nur dann einen Sinn, wenn überhaupt Reisekosten entstanden wären, die, soweit die Kosten der Beiordnung eines Verkehrsanwalts erspart worden wären, aus der Staatskasse erstattet würden.

Die erfolglose Beschwerde war daher kostenpflichtig zurückzuweisen, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung ist unanfechtbar. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da Gründe i.S.d. §§ 78 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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