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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 29.11.2004
Aktenzeichen: 11 Ta 126/04
Rechtsgebiete: UWG, BGB, ZPO, EGZPO, ArbGG


Vorschriften:

UWG §§ 17 ff.
BGB § 826
ZPO § 149
ZPO § 252
ZPO § 567 Abs. 1 Ziffer 1
ZPO § 569 Abs. 1
ZPO § 569 Abs. 2
EGZPO § 14 Abs. 2 Satz 1
ArbGG § 72 Abs. 2
ArbGG § 78 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Ta 126/04

Verkündet am: 29.11.2004

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 04.05.2004 - 2 Ca 3602/02 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von 240.000,00 € in Anspruch. Sie stützt ihre Forderung unter anderem auf die Behauptung, diesen Betrag habe der Beklagte als Gegenleistung für die Lieferung von Plänen für die Errichtung einer Tricalciumphosphat-Anlage in Rechnung gestellt und in Höhe von 179.000,00 € auch schon erhalten. Sie meint, es seien die Voraussetzungen der §§ 17 ff. UWG und § 826 BGB erfüllt. Der Beklagte wendet sich gegen die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe in vielerlei Hinsicht. So bestreitet er u.a. mit dem Beweisangebot, insoweit Sachverständigengutachten einzuholen, den Charakter eines Betriebsgeheimnisses für die in Rede stehenden Pläne und Informationen, den Erhalt von 179.000,00 € sowie auch die Behauptung der Klägerin, er - der Beklagte - habe gefordert, die Firma YY möge 240.000,00 € an ihn zahlen. Außerdem bestreitet er die Authentizität verschiedener von der Klägerin in Kopie zur Akte gereichter E-Mails, mit denen sie die von ihr für sich in Anspruch genommene Forderung untermauern will.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten Strafanzeige erstattet. Das zunächst von der Staatsanwaltschaft Mainz "wegen Verrat von Geschäftsgeheimnissen" geführte Ermittlungsverfahren wird nunmehr von der Staatsanwaltschaft Koblenz unter dem Aktenzeichen 00 Js 000000/00, die etwa mit Schreiben vom 12.02.2004 (Anlage K 67 zum Schriftsatz der Klägerin vom 22.06.2004) bei der Klägerin um Übersendung des Arbeitsvertrages des Beklagten gebeten hat.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 04.05.2004 das Verfahren bis zur "Erledigung des Strafverfahrens" ausgesetzt.

Gegen diese ihm am 13.05.2004 zugestellte Entscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner am 27.05.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat. Wegen des Vorbringens des Beklagten zur Begründung seiner sofortigen Beschwerde wird auf dessen Schriftsätze vom 27.05. und 01.10.2004 Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 567 Abs. 1 Ziffer 1, 252 ZPO statthafte und gemäß § 569 Abs. 1, 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat, ohne dass Verfahren- oder Ermessensfehler ersichtlich wären, beschlossen, dass arbeitsgerichtliche Verfahren bis zur Erledigung des gegen den Beklagtem durch Anzeige der Klägerin eingeleitete Strafverfahren auszusetzen.

1.

§ 149 ZPO stellt die Aussetzung des Verfahrens in das Ermessen des im Verfahren zur Entscheidung berufenen Gerichts. Vom Beschwerdegericht kann diese Entscheidung nur auf Verfahrens- oder Ermessenfehler überprüft werden. Die getroffene Ermessensentscheidung muss sich am Gesetzeszweck orientieren. Dieser geht dahin, überflüssige Mehrarbeit in parallel geführten Prozessen und sich widersprechende Entscheidungen zu vermeiden und die unter Umständen besseren Erkenntnismöglichkeiten im Strafverfahren nutzbar zu machen (Thomas/Putzo/Reichold ZPO § 149 Rz. 4, § 148 Rz. 2; Zöller-Greger ZPO 23. Auflage § 149 Rz. 1). Wenn nicht beide Parteien der Aussetzung zustimmen, muss anhand der Begründung des Beschluss nachprüfbar sein, dass das aussetzende Gericht den Vorteil einer gründlicheren Klärung im Hinblick auf den Untersuchungsgrundsatz im Strafprozess gegen den Nachteil der Verzögerung einer Entscheidung im Zivilprozess abgewogen hat (Zöller-Greger aaO Rz. 2; Thomas/Putzo/Reichold ZPO § 149 Rz. 4).

2.

Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Entscheidung des Arbeitsgerichts als nicht zu beanstanden. Verfahrens- und Ermessensfehler sind weder vom Beschwerdeführer vorgetragen noch sonst ersichtlich.

a) Das Arbeitsgericht ist von dem Verdacht einer strafbaren Handlung als Voraussetzung einer Entscheidung nach § 149 ZPO ausgegangen und hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nach allgemeiner Auffassung eine Aussetzung auch möglich ist, wenn der Verdacht einer Straftat sich nicht erst im Laufe des Rechtsstreits ergibt, sondern die behauptete Straftat Anspruchsgrundlage der Klage ist (Zöller-Greger aaO Rz. 3).

Der Beschwerdeführer bemängelt zu Unrecht, dass es an der Bezeichnung einer Straftat fehle. Aus dem zulässigen Verweis im arbeitsgerichtlichen Beschluss auf das am selben Tag verkündete und dem Beklagten bekannte Urteil wird deutlich, dass das Gericht jedenfalls den Verdacht einer Straftat nach § 17 UWG sieht, wie sich aus den Ausführungen auf S. 22 f. der Entscheidungsgründe des Urteils vom 04.05.2004 im Verfahren 2 Ca 3212/03 ergibt.

Es erscheint auch jedenfalls zum maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung der Beschwerdekammer unschädlich, dass im Tenor des Aussetzungsbeschlusses das gemeinte Strafverfahren nicht benannt ist. Spätestens durch die Ausführungen im Nichtabhilfebeschluss wird deutlich, dass das oben unter I. genannte Strafverfahren gemeint ist. Dieses wird aufgrund einer Strafanzeige der Klägerin vom 17.12.2003 wegen des Verrats von Geschäftsgeheimnissen geführt und betrifft damit erkennbar den vorliegend in Rede stehenden Sachverhalt.

Soweit der Beschwerdeführer weiterhin geltend macht, das Vorbringen der Klägerin zu § 17 UWG sei unsubstantiiert, ist dies im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Nach dem oben Ausgeführten ist es nicht Sache der Beschwerdekammer, die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz zu überprüfen. Das ist dem Berufungsverfahren zu überlassen.

b) Das Arbeitsgericht hat sein Ermessen nach § 149 ZPO nachprüfbar und fehlerfrei ausgeübt.

Es hat zum einen auf den nach dem oben Ausgeführten zu berücksichtigenden Gesichtspunkt der Prozessökonomie verwiesen, der dafür spricht, gerade im Falle nicht einfach gelagerter Sachverhalte, Prozesse zu den selben Fragen, in denen sich die Notwendigkeit umfangreicher Vernehmungen - gegebenenfalls im Ausland - und die Erhebung sonstiger Beweise - hier etwa die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Betriebsgeheimnisses - ergibt, nicht parallel zu führen.

Es hat zudem etwa auf Seite 4 unten des Beschlusses im Zusammenhang mit der Aufklärung der Frage, ob der Beklagte die behaupteten Zahlungen erhalten hat, auf die besseren Erkenntnismöglichkeiten der Staatsanwaltschaft im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes verwiesen, die durch Einsichtnahme in die mexikanischen Konten erfolgen könnte.

Diesen Gesichtspunkten hat es zutreffend den Vorteil des zügigen Fortgangs des arbeitsgerichtlichen Prozesses gegenüber gestellt und ihn zurücktreten lassen.

Diese Bewertung erscheint als nicht zu beanstanden. Anders als der Beschwerdeführer meint, ist zum einen gerade deutlich geworden, worin das Arbeitsgericht die besonderen Erkenntnismöglichkeiten im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren sieht. Zum anderen ist es ja nach dem oben Ausgeführten gerade auch Zweck der Vorschrift des § 149 ZPO, sich in einem vom Beibringungsgrundsatz geprägten Verfahren die Vorteile der Amtsermittlung ausnahmsweise - nämlich im Fall des Verdachts einer Straftat - zu Nutze zu machen. Andernfalls machte die Vorschrift, die ja in der Zivilprozessordnung angesiedelt ist, keinen Sinn. Das Gesetz geht ersichtlich für den besonderen Fall, dass strafbares Handeln vorliegen könnte, davon aus, dass die Ergebnisse der Amtsermittlung durch Abwarten des Strafverfahrens im Rahmen des Zulässigen herangezogen werden. Anders als der Beklagte meint, besteht dadurch auch nicht die Gefahr, dass einer Partei, die nicht schlüssig vorträgt, zum Klageerfolg verholfen wird, denn die eigene Beweiswürdigung des Gerichts nach § 286 und die Unverbindlichkeit des Strafurteils nach § 14 Abs. 2 Satz 1 EGZPO bleiben ja auch nach erfolgter Aussetzung bestehen (Zöller-Greger aaO Rz. 1).

Nach alledem ergibt sich, dass die Beschwerde zurückzuweisen war.

Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen, da die durch das Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten Teil der Prozesskosten und gegebenenfalls bei der Hauptsacheentscheidung zu berücksichtigen sind (Zöller-Greger aaO § 252 Rz. 3).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da Gründe im Sinne der §§ 78 Satz 2, 72 Abs.2 ArbGG nicht vorlagen.

Ende der Entscheidung

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