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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 05.09.2008
Aktenzeichen: 11 Ta 69/08
Rechtsgebiete: RVG, VV RVG, KSchG, RPflG


Vorschriften:

RVG § 7
RVG § 7 Abs. 1
RVG § 11
RVG § 15
RVG § 22
RVG § 22 Abs. 1
VV RVG Nr. 1008
KSchG § 23 Abs. 1
RPflG § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 02.04.2008 wird zurückgewiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe:

I. In dem dem Beschwerdeverfahren zugrunde liegenden Ausgangsverfahren erhoben Herr R. F., Kläger zu 1), sowie der Beschwerdegegner (und Kläger zu 2)) am 12.07.2007 gegen die R. A., A-Straße, A-Stadt (Beklagte zu 1)) sowie die K. GmbH, A., , A-Straße, A-Stadt (Beklagte zu 2)), Klage. Sie wurden von dem Beschwerdeführer vertreten und kündigten folgende Klageanträge an: "1. Es wird festgestellt, dass die Kläger ab 01.06.2007 Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) sind. 2. Es wird festgestellt, dass das Kündigungsschutzgesetz Anwendung auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Klägern und der Beklagten zu 2) findet. Beide Anträge werden im Hilfsverhältnis gestellt." Die Kläger trugen zur Begründung vor, sie arbeiteten "...im Bereich der Firma K... " seit dem Jahr 1983 als Monteure bei einem durchschnittlichen Bruttogehalt von derzeit 3.000,00 EUR/Monat. Sie seien zuletzt Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) gewesen. Sämtliche Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) - die Kläger ausgenommen - hätten eine Mitteilung erhalten, wonach sie zukünftig Mitarbeiter der Beklagten zu 1) seien. Der Geschäftsführer versuche ihnen den Kündigungsschutz zu entziehen. Die Parteien beendeten im Gütetermin vom 06.08.2007 den Rechtsstreit durch nachfolgenden

"Vergleich: 1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass zwischen der Beklagten zu 2) und den Klägern das Kündigungsschutzgesetz derzeit zur Anwendung kommt. Der Geschäftsführer der Beklagten zu 2) erklärt in diesem Zusammenhang, dass derzeit mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit bei der Beklagten zu 2) beschäftigt sind. Die Parteien sind sich des Weiteren darüber einig, dass auf die mit den Klägern vor dem 31.12.2003 begründeten Arbeitsverhältnisse das Kündigungsschutzgesetz nach § 23 Abs. 1 KSchG als "Altkündigungsschutz" zur Anwendung kommt. 2. Damit ist der Rechtsstreit erledigt." Das Gericht setzte den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit in dem Verfahren des Beschwerdegegners gegen die Beklagten auf 9.000,00 EUR fest (Beschluss vom 07.02.2008, Bl. 26,27 d.A.). Der Beschwerdeführer erhielt von dem Beschwerdegegner einen Vorschuss in Höhe von 150,00 EUR sowie von dessen Rechtsschutzversicherung 1.435,32 EUR. Die Rechtsschutzversicherung des Klägers zu 1) zahlte 1.893,89 EUR. Mithin vereinnahmte der Beschwerdeführer insgesamt 3.479,21 EUR.

Der Beschwerdeführer beantragte am 01.02.2008 die Vergütung gegen den Beschwerdegegner gemäß § 11 RVG unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 9.000,00 EUR auf insgesamt 1.243,89 EUR festzusetzen (Bl. 24, 25 d. A.).

Das Gericht setzte durch Beschluss vom 27.03.2008, dem Beschwerdeführer am 01.04.2008 zugestellt, gemäß § 11 RVG die von dem Beschwerdegegner an den Beschwerdeführer zu zahlende Vergütung auf 0,-- EUR fest. Zur Begründung führte das Gericht aus, die Vergütung berechne sich nach § 7 RVG i. V. m. Nr.1008 VV, wenn ein Rechtsanwalt mehrere Auftraggeber vertrete. Da es sich vorliegend um zwei selbständige Anträge der Kläger handele, seien die Werte zusammenzurechnen und daraus die Gebühren zu ermitteln. Unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 18.000,00 EUR errechne sich der Gebührenanspruch des Beschwerdeführers wie folgt:

 1,3 Verfahrensgebühr 787,80 EUR
1,2 Terminsgebühr 727,20 EUR
1,0 Einigungsgebühr 606,00 EUR
Auslagenpauschale 20,00 EUR
19 % MWST 406,79 EUR
Gesamt: 2.547,79 EUR

Da der Beschwerdeführer insgesamt 3.479,21 EUR erhalten habe, habe er von dem Beschwerdegegner keine weiteren Zahlungen zu beanspruchen. Es handele sich nicht um zwei selbständige gebührenrechtliche Angelegenheiten. Die Mehrarbeit des Rechtsanwalts, die dadurch anfalle, dass er mehrere Personen vertrete, werde in der Form honoriert, dass bei Gegenstandsverschiedenheit wie vorliegend die Werte zusammengerechnet würden und der Rechtsanwalt aus dem zusammengerechneten Wert seine Gebühren erhalte. Der Beschwerdeführer legte mit am 04.04.2008 eingegangenem Schriftsatz gegen den Beschluss vom 27.03.2008 sofortige Beschwerde ein und führte zur Begründung aus, es handele sich um zwei verschiedene Arbeitsverhältnisse und Streitgegenstände, die aus Gründen der Vereinfachung in einem Schriftsatz zusammengefasst worden seien. Nr. 1008 VV finde keine Anwendung. Der Beschwerdegegner erwidert,

da es sich um jeweils ein Arbeitsverhältnis des Klägers zu 1) und des Antragsgegners gehandelt habe, lägen zwei Angelegenheiten vor; der Streitwert sei auf insgesamt 18.000,00 EUR zu erhöhen. Hieraus erhalte der Beschwerdeführer aber nicht eine Erhöhungsgebühr nach Nr.1008 VV auf die Verfahrensgebühr, weil es sich nicht um eine, sondern um zwei Angelegenheiten handele. Auch könne er nicht für jeden der Kläger getrennt eine 1,3 Verfahrensgebühr, 1,2 Terminsgebühr und 1,0 Einigungsgebühr berechnen, da die Kläger den Prozess aus Kostenersparnisgründen gemeinsam geführt hätten. Vielmehr könne er nur einmal eine 1,3 Verfahrensgebühr, 1,2 Terminsgebühr und 1,0 Einigungsgebühr aus einem Gesamtstreitwert von 18.000,00 EUR geltend machen zzgl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer. Jeder Antrag sei eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne. Daraus ergebe sich, dass bei mehreren Anträgen die Streitwerte der einzelnen Anträge zu addieren seien, aber nur die einfache Gebühr (1,3 Verfahrensgebühr) verlangt werden könne. Eine Angelegenheit mit der Folge, dass Nr.1008 VV Anwendung finde, sei nicht denkbar, da beide Kläger ein eigenständiges Arbeitsverhältnis gehabt hätten, so dass zwei Angelegenheiten vorgelegen hätten.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 07.04.2008 nicht abgeholfen, sich zur Begründung auf den Beschluss vom 27.03.2008 bezogen und dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt. II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 2 S. 2 ZPO i. V. m. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i. V. m. § 78 S. 1 ArbGG). Die Entscheidungen des Rechtspflegers nach § 11 Abs.1 RPflG unterliegen der sofortigen Beschwerde, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- EUR übersteigt (§ 567 Abs.2 ZPO). Vorliegend beläuft sich der Wert des Beschwerdegegenstandes auf 1.243,89 EUR. Der Beschwerdeführer begehrte die Festsetzung der Vergütung in dieser Höhe; das Gericht setzte die von dem Beschwerdegegner an den Beschwerdeführer zu zahlende Vergütung auf 0,-- EUR fest. Der Beschluss des Arbeitsgerichts wurde dem Beschwerdeführer am 01.04.2008 zugestellt. Er legte mit am 04.04.2008 eingegangenen Schriftsatz form- und fristgerecht sofortige Beschwerde ein (§ 569 Abs.1, Abs. 2 ZPO).

Die sofortige Beschwerde ist in der Sache jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht gem. § 11 RVG die von dem Beschwerdegegner an den Beschwerdeführer zu zahlende Vergütung auf 0,--EUR festgesetzt.

1. Die Höhe der Gebühren ist in Nr. 1008 VV geregelt. Unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 18.000,00 EUR errechnen sich die Gebühren des Beschwerdeführers wie folgt:

 1,3 Verfahrensgebühr (Nr.3100 Abs.1 VV)787,80 EUR
1,2 Terminsgebühr (Nr.3104 VV) 727,20 EUR
1,0 Einigungsgebühr (Nr.1003, 1000 VV) 606,00 EUR
Auslagenpauschale (Nr.7002 VV) 20,00 EUR
19 % MWST 406,79 EUR
Gesamt: 2.547,79 EUR

Der Beschwerdeführer erhielt hierauf insgesamt 3.479,21 EUR. Damit hat er von dem Beschwerdegegner keine weiteren Zahlungen zu beanspruchen.

2. Gemäß § 22 Abs. 1 RVG werden in derselben Angelegenheit die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet und der Rechtsanwalt erhält aus dem zusammengerechneten Wert, hier 18.000,-- EUR, seine Gebühren. Im Streitfall ist von einer, nicht von zwei selbständigen gebührenrechtlichen Angelegenheiten und von mehreren Gegenständen auszugehen.

a) Für den in der Praxis häufigsten Fall, dass der Anwalt in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren tätig werden soll, ist die Angelegenheit im Allgemeinen mit dem Verfahren identisch (Hartmann, Kostengesetze, § 15 RVG Randziffer 16 m. w. N.; Gerold/B. - Madert, § 15 RVG Rz.5). Eine Angelegenheit liegt dann vor, wenn ein einheitlicher Auftrag erteilt wurde, die Tätigkeit des Rechtsanwalts sich in dem gleichen Rahmen abspielt und die verschiedenen Gegenstände innerlich zusammengehören (Gerold/B. - Madert, § 15 RVG Rz.7-9). Der Rahmen ist gewahrt, wenn der Rechtsanwalt verschiedene Ansprüche in einer Klage geltend macht (Gerold/B. - Madert, § 15 RVG Rz. 8). Die innerliche Zusammengehörigkeit ergibt sich u.a. aus der Frage, ob die verschiedenen Gegenstände im Fall gerichtlicher Geltendmachung in einem Verfahren verfolgt werden können (Gerold/B. - Madert, § 15 RVG Rz. 9).

b) Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Beschwerdeführer wurde auf Grund eines von den Klägern gemeinsam erteilten Auftrags tätig; die Ansprüche wurden und konnten auch in einer Klage erhoben werden.

c) Es liegen mehrere Gegenstände im Sinne von § 22 Abs.1 RVG vor. Daher war auch eine Erhöhung der Gebühren nicht veranlasst. Bei den Wertgebühren tritt eine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV nur ein, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist. Bei mehreren Gegenständen werden die Gegenstandswerte gemäß § 22 RVG addiert, die Gebühr wird aber nicht erhöht (Gerold/B. - Müller-Rabe Nr. 1008 VV Rz. 134). Derselbe Gegenstand liegt nur vor, wenn der Rechtsanwalt für mehrere Auftraggeber wegen desselben Rechts oder Rechtsverhältnisses tätig wird (Gerold/B. - Müller-Rabe Nr. 1008 VV Rz. 134). Da es sich im Ausgangsfall um jeweils eigenständige Arbeitsverhältnisse des Klägers zu 1) und des Beschwerdegegners handelte, wurde der Beschwerdeführer nicht wegen desselben Gegenstandes tätig.

3. Nach § 7 Abs. 1 RVG erhält der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal, wenn er in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig wird.

Mithin stehen dem Beschwerdegegner keine weiteren Gebühren gegen den Antragsgegner zu. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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