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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 21.01.2005
Aktenzeichen: 12 Sa 651/04
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 8 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 516
ZPO § 518
ZPO § 519
ZPO § 529 Abs. 1
BGB § 133
BGB § 157
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 12 Sa 651/04

Entscheidung vom 21.01.2005

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 28.04.2004 - 4 Ca 3505/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Frage, ob zwischen ihnen eine Vereinbarung zustande gekommen ist, wonach die Klägerin eine tägliche Arbeitszeit von sechs Stunden hat, jedoch zur Abgeltung ihrer Fahrzeiten zum Arbeitsplatz acht Stunden bezahlt bekommt.

Die Klägerin ist bei der Beklagten - einem überregional tätigen Gebäudereinigungsunternehmen - seid 1986 zu einem Bruttostundenlohn von zuletzt 8,19 € beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 05.01.1996 ist eine wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden vereinbart.

Die Klägerin, die im WW wohnt, war längere Zeit in einem Großobjekt in UU und nach Verlust dieses Auftrages bei einer Firma in TT eingesetzt. Ab dem 19.02.1999 beschäftigte die Beklagte sie in einem Objekt in RR. Nach dem Vertrag zwischen der Auftraggeberin und der Beklagten war dort lediglich ein Einsatz von sechs Stunden täglich möglich. Vor der Aufnahme dieser Tätigkeit kam es zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten zu einem Gespräch, über dessen Inhalt das Arbeitsgericht im Kammertermin am 28.04.2004 durch Vernehmung des durch die Klägerin benannten Zeugen QQ Beweis erhoben hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll des Arbeitsgerichts vom 28.04.2004 Bezug genommen.

Nach Ende des Einsatzes der Klägerin in RR beschäftigte die Beklagte sie zunächst in zwei Objekten in PP. Auch in diesen beiden Objekten war eine Arbeitstätigkeit von lediglich sechs Stunden vertraglich zwischen der Beklagten und der jeweiligen Auftraggeberin vorgesehen, die Klägerin erhielt jedoch die volle Vergütung für die arbeitsvertraglich vereinbarte längere Arbeitszeit weiter.

Ab dem 11.04.2003 kam die Klägerin schließlich nach mehreren Monaten ohne Einsatz in OO zum Einsatz. Im Vorfeld hatte sie erklärt, sie sei mit der Tätigkeitsaufnahme dort einverstanden bei sechsstündiger täglicher Arbeitszeit und zwei Stunden bezahlter Fahrzeit. Die Beklagte hatte ihr daraufhin mitgeteilt, dass es bei dem Objekt in OO um eine Tätigkeit mit 39 Wochenstunden gehe, die entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarung auch zu erbringen sei.

Tatsächlich arbeitete Klägerin in dem Objekt in OO sechs Stunden täglich und erhielt lediglich die dementsprechende Vergütung.

Mit ihrer Klage hat sie für die Monate April, Mai und Juli Nachzahlung begehrt auf der Basis von acht Stunden bezahlter Arbeit pro Arbeitstag. Sie hat vorgetragen, sie habe das Recht gehabt, die Arbeitszeit, die über sechs Stunden hinaus gegangen sei, zu verweigern, da sie verbindlich mit der Beklagten eine tägliche Arbeitszeit von sechs Stunden vereinbart habe. Am 09.02.1999 habe ihr der Geschäftsführer der Beklagten im Zentralcafé in der Burgstraße in TT zugesagt, dass sie für die Fahrzeit von zu Hause bis zur Arbeitsstelle jeweils eine Stunde vergütet erhalten würde und somit pro Arbeitstag sechs Stunden arbeiten müsse.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie € 1.424,46 nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.05.2003 aus € 750,76, seit 16.06.2003 aus € 308,50 und seit 15.08.2003 aus € 365,20 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, man habe seinerzeit der Klägerin nur einen 6-Stunden-Arbeitsplatz anbieten können. Den Ausspruch einer entsprechenden Änderungskündigung habe man geprüft und sodann verworfen. Hintergrund sei zum einen die Annahme gewesen, dass man der Klägerin wieder einen 8-Stunden-Arbeitsplatz werde anbieten können. Außerdem habe man gefürchtet, dass die Klägerin als Betriebsratsvorsitzende Freistellung begehren würde.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 24.04.2004, auf das Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Gegen dieses ihr am 20.07.2004 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 10.08.2004 eingelegten und am 20.09.2004 begründeten Berufung. Die Klägerin vertritt in ihrer Berufungsbegründung, auf die Bezug genommen wird, die Auffassung, das Arbeitsgericht habe weder die Zeugenaussage noch das spätere Verhalten der Beklagten zutreffend gewürdigt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Beklagte zu verurteilen, an sie € 1.424,46 nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.05.2003 aus € 750,76, seit 16.06.2003 aus € 308,50 und seit 15.08.2003 aus € 365,20 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt unter ergänzender Bezugnahme auf ihren Schriftsatz vom 22.09.2003 in ihrer Berufungserwiderung das erstinstanzliche Urteil.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 516, 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. Die Berufung ist somit insgesamt zulässig.

II.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Zu diesem Ergebnis ist das Arbeitsgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, zu deren Wiederholung unter Berücksichtigung der Regelung in § 529 Abs. 1 ZPO kein Anlass bestand, zu Recht gekommen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Berufungskammer gemäß 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug und sieht insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung sei lediglich noch folgendes ergänzt:

Die Klägerin hat nicht beweisen können, dass ihre eine Vergütung für die Fahrt zum Objekt von einer Stundenvergütung je Fahrt zugesagt worden ist, mit der Folge, dass ihre Arbeitszeit lediglich noch sechs Stunden betragen soll.

1.

Der Zeuge QQ hat vielmehr, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, lediglich bekundet, dass in dem in Rede stehenden Gespräch eine Einigung über den Einsatzort RR erzielt wurde und die Beibehaltung der bisherigen Bezahlung. Damit liegt aber eine Einigung, wie sie die Klägerin behauptet hat, nicht vor, sondern allenfalls ein Verzicht der Beklagten auf Ausspruch einer Änderungskündigung im Hinblick auf die verringerte Arbeitszeit. Dies ergibt die Auslegung der Erklärung der Beklagten, wie sie sich aus den Bekundungen des Zeugen ergibt.

2.

Gemäß § 157 BGB sind Verträge und Willenserklärungen so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung vom Empfänger zu verstehen war, wobei von der Sicht eines objektiven Empfängers auszugehen ist (vgl. nur BAG 21.01.2004 - 6 AZR 538/02 - juris Rn 22, 24).

a) Die Erklärung der Beklagten hatte bei verständiger Würdigung aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht den Inhalt, die Arbeitszeit der Klägerin zu verkürzen und ihr einen Ausgleich für lange Fahrzeiten zu geben, sondern sollte eine Regelung für das Objekt in RR treffen, in dem lediglich eine Arbeitszeit von sechs Stunden täglich möglich war, während der Arbeitsvertrag der Klägerin eine Verpflichtung zur Erbringung einer Arbeitsleistung von acht Stunden täglich und eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten, diese Arbeitszeit zu bezahlen, vorsieht. In diesem Zusammenhang stand das Gespräch, was es bei der Auslegung der Erklärungen wesentlich zu berücksichtigen gilt.

Es war eine Lösung zu finden, für das Problem, dass die Klägerin an und für sich für eine Arbeitszeit von acht Stunden zu bezahlen und einzusetzen war, während in RR nur eine Einsatzmöglichkeit von sechs Stunden bestand. Man hat sich dahingehend geeinigt, dass die Klägerin die Arbeit antritt und der Vertrag unverändert bleibt und dementsprechend die Beklagte weiterhin acht Stunden vergütet. Es ist hingegen nicht vereinbart worden, dass die Klägerin nunmehr zukünftig nur noch sechs Stunden arbeitet und für die Hin- und Rückfahrt zum Arbeitsplatz vergütet wird. Das ist weder dem Wortlaut der Aussage des Zeugen QQ zu entnehmen, noch ist ein solches Verständnis vor dem aufgezeigten Hintergrund des Gesprächs, also den maßgeblichen Begleitumständen, geboten.

b) Die Klägerin kann entgegen der von ihr insbesondere in der Berufungsbegründung vertretenen Auffassung nichts anderes daraus herleiten, dass sie auch im Anschluss an ihren Einsatz in RR lediglich mit einer Arbeitszeit von sechs Stunden täglich eingesetzt war unter Beibehaltung der arbeitsvertraglichen Vergütung für eine Arbeitszeit von etwa acht Stunden täglich.

Die Klägerin macht insoweit vergeblich geltend, das Verhalten der Beklagten im Anschluss an ihre Tätigkeit in RR belege, dass diese sich sehr wohl an die Vereinbarung vom Februar 1999 gebunden gefühlt und sie ebenso verstanden habe wie sie - die Klägerin. Zwar mag gegebenenfalls, obwohl eine Erklärung mit dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens ihren grundsätzlich unveränderlichen Erklärungswert erhält, auch einmal späteres Verhalten der Parteien zumindest als Indiz für die Auslegung ihrer Erklärungen von Bedeutung sein (BGH 24.11.1993 - BLw 57/93 - WM 1994, 267; 24.06.1988 - V ZR 49/87 - NJW 1988, 2778). Jedoch indiziert vorliegend der spätere Verlauf der Dinge nicht das von der Klägerin geltend gemachte Verständnis der Einigung aus dem Februar 1999.

Die Klägerin übersieht insoweit den schon oben für die Auslegung als wesentlich angesehenen Zusammenhang, in dem die Einigung der Parteien stand, nämlich den, dass die Beklagte lediglich ein Objekt mit einer Einsatzmöglichkeit von sechs Stunden für die Klägerin zur Verfügung hatte. Entsprechend verhielt es sich auch bei den weiteren Einsätzen in PP, die sich an die Tätigkeit der Klägerin in RR anschlossen. Es handelte sich in beiden Fällen um Objekte, die von Seiten des Auftraggebers lediglich einen Einsatz von sechs Stunden täglich erforderten. Selbst wenn man also annehmen wollte, das spätere Verhalten der Beklagten könne Hinweise für das Verständnis der Vereinbarung aus dem Februar 1999 geben, so folgt daraus kein Indiz für den Inhalt der Vereinbarung, den die Klägerin dieser geben will. Denn die Frage einer sich wieder ergebenden Möglichkeit eines Einsatzes mit acht Stunden täglich ist weder im Februar 1999 zwischen den Parteien besprochen worden noch lässt sich für diesen Fall etwas aus der weiteren Handhabung entnehmen. Diese Handhabung spricht allenfalls dafür, dass die Beklagte sich an die Vereinbarung aus dem Februar 1999 insoweit halten wollte, dass sie - wie zunächst für den Einsatz in RR versprochen - keine Änderung des Vertrages anstreben würde, solange sie lediglich Einsatzmöglichkeiten von sechs Stunden statt acht Stunden täglich für die Klägerin hätte. Dass aber die Beklagte der Klägerin hätte zusagen wollen, dass sie zukünftig dauerhaft nur noch sechs Stunden würde arbeiten müssen und acht Stunden bezahlt bekommen werde, auch wenn ein Einsatz im arbeitsvertraglich vereinbarten Umfang möglich wäre, lässt sich weder dem Inhalt der Vereinbarung aus dem Februar 1999, wie sie der Zeuge QQ bekundet hat, noch dem späteren Verhalten der Beklagten entnehmen.

Nach alledem ergibt sich, dass die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen war.

Angesichts der gesetzlichen Kriterien in § 72 Abs. 2 ArbGG bestand kein Anlass, die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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