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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 2 Sa 101/07
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 124 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Sa 101/07

Entscheidung vom 12.07.2007

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 28.02.2007 - 4 Ca 1176/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche aus einem Arbeitsverhältnis.

Gemäß Anstellungsvertrag vom 16.12.2002 ist der Kläger bei der Beklagten, eine Herstellerin von Ausschankwagen und Schankartikeln seit dem 01.01.2003 als Verkaufsmitarbeiter im Außendienst beschäftigt. Über die Höhe der Vergütung ist in § 3 eine detaillierte Regelung vereinbart, die im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils wörtlich wiedergegeben ist. Das Grundgehalt war dort auf 2.050,-- € brutto monatlich festgelegt worden. Weiter enthält der Arbeitsvertrag umfangreiche und detaillierte Bestimmungen über die Provisionsvereinbarung in § 20, hier wird ebenfalls auf das angefochtene Urteil verwiesen, die Vereinbarung von Verfallfristen in § 16 und eine Vereinbarung, wonach Änderungen des Vertrages und Nebenabreden zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform bedürfen. Die Aufgaben des Klägers war detailliert beschrieben. In der Anlage zum Arbeitsvertrag wurden zusätzliche bestimmte Brauereien und Getränkefachgroßhandel als Geschäftsleitungskunden aufgeführt.

Die Beklagte zahlte dem Kläger bis einschließlich September 2004 monatlich die Grundvergütung von 2.050,-- € brutto. Nachfolgend setzte sie die Grundvergütung auf 500,-- € brutto herab. Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger die gegenüber dem Monatsbetrag von 2.050,-- € bestehende Vergütungsdifferenz für Oktober 2004 bis Januar 2006, 16 Monate á 1.500,50 € geltend. An einem nicht näher bezeichneten Tag Anfang September 2004 hatte der Kläger an einem von ihm angegebenen Datum nicht eine Außendiensttätigkeit bei einem Kunden in V-Stadt ausgeführt, allerdings bei einem Telefonanruf des Geschäftsführers der Beklagten behauptet, er befinde sich auf der Außendiensttätigkeit für den Kunden. Tatsächlich war er mit seinem Hausbau zu Hause beschäftigt. Gegenüber der Beklagten räumte er mit Schreiben vom 08.09.2004 ein Fehlverhalten ein und entschuldigte sich. Abschließend schrieb er, er würde sich freuen, wenn man eventuell noch miteinander telefonieren könne, denn er möchte gerne die am nächsten Tag anstehenden Termine in A-Stadt und B-Stadt für das Unternehmen wahrnehmen. Anschließend fand ein Gespräch zwischen den Parteien statt, dessen Inhalt im Wesentlichen streitig ist. Konkret stellte die Beklagte die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Aussicht. Nachdem der Kläger sich jedoch wiederholt entschuldigte und darum bat, das Arbeitsverhältnis fortzuführen, brachte die Beklagte eine Verringerung des monatlichen Grundgehalts auf 500,-- € im Gespräch, wobei sie dem Kläger die sofortige Entscheidung bei einer Bedenkzeit von 15 Minuten aufgab.

Zwischen den Parteien ist hier insbesondere streitig, ob der Kläger der Verringerung der Grundvergütung zugestimmt hatte oder seine Zustimmung verweigerte.

Nachfolgend rechnete die Beklagte jedenfalls in den monatlichen Gehaltsabrechnungen lediglich die verringerte Grundvergütung von 500,-- € ab. Mit Klage vom 04.08.2006 machte der Kläger die vorbeschriebene Gehaltsdifferenz sowie noch weitere Provisionsansprüche, über die das Arbeitsgericht bislang noch nicht entschieden hat, geltend.

Der Kläger hat vorgetragen, eine behauptete Änderungsvereinbarung vom 08.09.2004 sei nicht zustande gekommen. Er habe keiner Gehaltsreduzierung auf 500,-- € zugestimmt. Aufgrund seines Hausbaus hätte ihm der Arbeitsplatzverlust im Herbst 2004 schwerwiegend getroffen. Die Beklagte müsse sich an das vertraglich vereinbarte Schriftformerfordernis halten lassen.

Der Kläger hat, soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung, beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 24.800,-- € zu zahlen nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 08.06.2006.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger sei am 08.09.2004 ausdrücklich mit der Reduzierung seines Grundgehaltes auf 500,-- € einverstanden gewesen. Noch im August 2005 habe er selbst gegenüber dem Mitarbeiter U. ausdrücklich auf diese Vereinbarung abgestellt. Dem Anspruch stehe auch die vertragliche Verfallklausel entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 22.11.2006 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe sich am 08.09.2004 ausdrücklich mit einer Festsetzung seines monatlichen Fixgehaltes auf 500,-- € einverstanden erklärt durch Vernehmung des Zeugen T.. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22.11.2006 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Nachzahlung der Grundvergütung zurückgewiesen. Im Wesentlichen hat es ausgeführt, nach durchgeführter Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass zwischen den Parteien unter dem 08.09.2004 bzw. an einem anschließenden Tag im September 2004 eine Vertragsänderung zur Absenkung des Grundgehaltes auf 500,-- € im Monat erfolgt sei. Weder materiell-rechtlich noch formell-rechtlich sei dieser Abänderungsvertrag zu beanstanden. Das nach § 18 Abs. 1 des Arbeitsvertrages an sich bestehende Schriftformerfordernis sei nicht verletzt, weil die Parteien jederzeit formfrei dieses Schriftformerfordernis aufheben konnten. Der Zeuge T. habe das entsprechende Gespräch vom 08.09.2004 oder späterem Zeitpunkt aus eigener Anschauung in bruchloser Darstellung sowie in Einzelheiten nachvollziehbar geschildert. Die Aussagen deckten sich auch mit den Einlassungen des Klägers und gäben somit keinen Anlass zu nachhaltigen Zweifeln. Nach der Schilderung des Zeugen hatte die Beklagte den Kläger gleich zu Anfang unmissverständlich vor die Alternative gestellt, entweder fristlos entlassen zu werden oder das Arbeitsverhältnis zu geringeren Bedingungen fortzusetzen. Anschließend habe man sich kurz getrennt und anschließend wieder getroffen, woraufhin der Kläger gesagt habe, er sei mit der Fortsetzung zu verringerten Vergütungsbedingungen einverstanden. Der Zeuge habe ausdrücklich erklärt, der Kläger habe die zukünftigen Vertragsbedingungen nach Ablauf der Bedenkzeit mit "ja" angenommen. Der Vertragsschluss stehe daher zur Überzeugung des Gerichts fest. Die getroffene Vereinbarung sei materiell-rechtlich wirksam. Das Rechtsgeschäft verstoße nicht gegen die guten Sitten. Insbesondere sei das Rechtsgeschäft nicht durch Ausbeutung einer Zwangslage oder vergleichbarer Willensschwäche zu Vermögensverschiebungen zustande gekommen, welche in auffälligem Missverhältnis zur wechselseitigen Leistung standen. Ob im Falle einer Provisionsvergütung eine Grundvergütungssenkung zur Sittenwidrigkeit führen konnte, hänge davon ab, ob und inwieweit die Grundlohnzahlung für provisionspflichtige Geschäfte überhaupt als erforderlich im Sinne des üblichen gelten konnte. Zumindest so lange als nicht von vorneherein feststeht, dass allein aufgrund Provision keine angemessene Vergütung erzielt werden könne, sei eine grundlohnfreie Vergütungsabrede arbeitsrechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere nicht sittenwidrig.

Hierzu verweist das Arbeitsgericht auf die vom Kläger nachfolgend bezogene Vergütung in der Größenordnung von 60.000,-- €.

Auch sei das Rechtsgeschäft nicht anfechtbar. Mit dem Kläger sei ein zureichender Anfechtungsgrund nicht ersichtlich. Insbesondere würden für eine Drohungsanfechtung die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Mit der in Aussichtstellung einer fristlosen Kündigung nach den Vorfällen im September 2004 habe die Beklagte nicht widerrechtlich mit einem empfindlichen Übel gedroht. Sowohl der Spesenbetrug als auch dessen Versuch zur Begehung sei ein an sich wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung und zwar regelmäßig unabhängig von einem wiederholten Vorkommen oder einer vorherigen vergeblichen Abmahnung. Da die Parteien sich vorbehaltlos hinsichtlich der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geeinigt hätten, läge hierin auch eine stillschweigende Aufhebung des vertraglich vereinbarten Schriftformerfordernisses.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Das Urteil wurde dem Kläger am 09.01.2007 zugestellt. Er hat hiergegen am 08.02.2007 Berufung eingelegt und seine Berufung, nachdem die Frist zur Berufungsbegründung bis einschließlich 10.04.2007 verlängert worden war, mit am 02.04.2007 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger greift die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts an. Aus der Aussage ergäben sich erhebliche Unstimmigkeiten. Der Zeuge habe ganz pauschaliert von Verfehlungen in der Zeit zuvor gesprochen, ohne dies näher zu konkretisieren. Das Arbeitsgericht hätte sich nicht mit einer nebulösen, nichtsagenden und unsubstantiierten Wertung zufrieden geben lassen. Insbesondere die Aussage des Zeugen zu der Übertragung von Geschäftsleitungskunden sei unrichtig. Dem Kläger seien Geschäftsleitungskunden bereits vorher übertragen worden und nicht als Kompensation für die Herabsetzung des Grundgehaltes in diesem Gespräch. Auch der Umstand, dass der Zeuge nichts zur Streichung der Jahresprovision aus eigener Kenntnis sagen konnte, wecke Zweifel an der Glaubwürdigkeit, weil die Beklagte selbst auf das entsprechende Ergebnis der Vereinbarung hingewiesen habe.

Selbst wenn die von der Beklagten vorgetragene Vereinbarung festgestellt werden könnte, sei diese sittenwidrig, weil sie gegen das Anstandsgefühl aller Billig- und Gerechtdenkenden verstöße. Die Sittenwidrigkeit einer Entgeltsvereinbarung sei nicht nach der vereinbarten Entgeltshöhe zu beurteilen. Ein Rechtsgeschäft verstoße gegen § 138 Abs. 1 BGB, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Ziel zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht vereinbar sei. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit sei der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Gemessen an diesen Grundsätzen erweise sich die behauptete Vergütungsreduzierung als grob sittenwidrig. Bei einem Grundgehalt von 2.050,-- € brutto monatlich, eine Provision von 3 % des erzielten Nettoumsatzes sowie eine vereinbarte am Jahresende zusätzlich zu zahlenden Provision in Höhe von 0,75 des 1.533.875,64 € übersteigenden Nettoumsatzes sei die Jahresprovision ganz in Wegfall geraten und das Grundgehalt um 3/4 des ursprünglich vereinbarten gekürzt worden. Die Provision habe nach § 3 Ziff. 3 des Arbeitsvertrag der einseitigen Änderung durch den Arbeitgeber unterlegen. Allein mit der Provision sei deshalb kein ausreichendes Einkommen des Klägers für die geleistete Arbeit garantiert. Vielmehr ergebe sich dies erst bei einem beibehaltenem Fixum von 2.050,-- € brutto. Die Kürzung des Entgeltes sei beachtlich, das Fixum sei auf ein 1/4 der ursprünglichen Vereinbarung reduziert, die Jahresvergütung ersatzlos weggefallen. Das Einverständnis des Klägers sei mit der Drohung der ansonsten auszusprechenden fristlosen Kündigung erzwungen worden. Es sei nicht zu rechtfertigen, dass der Kläger mit der Androhung einer fristlosen Kündigung gezwungen werde, seine Arbeitsleistung nunmehr gegen ein wesentlich verringertes Entgelt zu erbringen. Der Anspruch sei weder verfallen noch verwirkt. Schließlich macht der Kläger noch geltend, dass sicherlich nichts dagegen einzuwenden wäre, wenn im Vertrag vor Aufnahme einer Arbeit vereinbart sei, dass der Lohn sich ausschließlich nach der Provision richte. Anders sei es aber, wenn die Parteien vor Aufnahme der Tätigkeit eine bestimmte Lohnvereinbarung trafen, von der sich der Arbeitgeber später einseitig lossage, diese Lohnvereinbarung erheblich kürze, gleichgültig aus welchen Motiven, obwohl er bei der Vertragsvereinbarung von der Gleichwertigkeit der Leistung und Gegenleistung überzeugt einen entsprechenden Lohn vereinbart hat.

Der Kläger beantragt,

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Trier vom 22.11.2006 - 4 Ca 1176/06 - wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 24.800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 08.06.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 12.07.2007.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO).

Das Rechtsmittel des Klägers hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

II.

Im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend hat das Arbeitsgericht Trier die Klage des Klägers, soweit sie auf Grundvergütungsdifferenzen beruht, abgewiesen.

Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen würden. Die Berufungskammer nimmt daher gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG voll umfänglich Bezug auf die Begründung im angefochtenen Urteil.

Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei auf folgendes hinzuweisen:

Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zulegen die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben besteht keine Veranlassung, von den tatsächlichen Feststellungen im arbeitsgerichtlichen Urteil abzuweichen. Der Kläger hat mit der Berufung keine konkreten Anhaltspunkte bezeichnen können, die Zweifel an der Richtigkeit und der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen gebieten können.

Die Berufungskammer nimmt auf die Begründung des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug soweit es die Glaubwürdigkeit des Zeugen T. betrifft. Einwände des Klägers, der Zeuge habe um seinen Arbeitsplatz gefürchtet, sind nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellung zu wecken. Dem Kläger ist es auch nicht gelungen, Widersprüchlichkeiten oder Ungenauigkeiten in der Zeugenaussage darzulegen. Wenn der Zeuge nicht konkret bezeichnen könnte, welche arbeitsvertraglichen Verfehlungen dem Gespräch vorangingen und was Auslöser war mit dem Kläger über eine eventuelle Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder Fortsetzung zu geänderten Bedingungen zu verhandeln, vermag dies nicht die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu erschüttern. Der Kläger selbst hat in dem Schreiben vom 08.09.2004 eine nicht unerhebliche Verfehlung in seinem Anstellungsverhältnis zugegeben, welche nachhaltig den Vertrauensbereich im Arbeitsverhältnis beeinträchtigt hat. Dass das ein verständiger Arbeitgeber eine ernsthafte Befassung mit einer außerordentlichen Kündigung in Erwägung ziehen darf, hat das Arbeitsgericht zutreffend herausgearbeitet. Widersprüchlichkeiten ergeben sich auch nicht insbesondere als der Zeuge behauptet hat, die Geschäftsleitungskunden seien dem Kläger übertragen worden. Dies hat die Beklagte eingeräumt und der Kläger vorgetragen. Der Kläger will nun darstellen, dass ihm die Geschäftsleitungskunden ursprünglich schon übertragen worden seien. Hierzu findet sich im Unterschied zu seiner Auffassung kein Widerspruch zu dem Vortrag der Beklagten, die im erstinstanzlichen Verfahren erklärt hat, dass ihm Geschäftsleitungskunden nach Absprache übertragen wurden. Eine übertragene Absprache oder eine vertraglich zugesicherte Einräumung ist aber etwas anderes, so dass durchaus die Übertragung der Geschäftsleitungskunden, die dann anschließend auch nachhaltig praktiziert wurde, dem Kläger also für die Vermittlung von Geschäften mit diesen Kunden uneingeschränkt Provision ausgekehrt wurde, eben doch eine Veränderung der vertraglichen Beziehungen war und eine Kompensation für die teilweise Vergütungsreduzierung, die mit der Kürzung des Festgehalts einhergegangen ist.

Wenn der Zeuge T. sich an eine Vereinbarung zur Jahresprovision nicht mehr erinnern konnte, diese also nicht mehr in seinem Gedächtnis haften blieb, spricht dies nicht gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Immerhin ist zu berücksichtigen, dass es bei diesem Teil der Aussage nicht um essentielle Dinge ging, die das Arbeitsverhältnis des Zeugen mit der Beklagten oder eigene berechtigte Interessen berührt hat.

Vielmehr spricht für die Richtigkeit der Feststellung des Arbeitsgerichts noch folgender Umstand. Der Kläger hat, nachdem das Gespräch abgelaufen war und die Beklagte die von ihr unstreitig gemachte Ankündigung, die Gehälter reduzieren zu wollen (die Parteien streiten lediglich darum, ob der Kläger hierzu sein ausdrückliches Einverständnis erklärt hat) bei den anschließenden, auf Basis gekürzter Grundvergütung vorgenommener monatlicher Gehaltsabrechnungen nie gegen die Kürzung remonstriert. Ersichtlich sind erstmalige Reaktionen erkennbar erst in der Klageschrift erfolgt. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung zwar angegeben, er habe immer wieder den Geschäftsführer auf die Nachzahlung des Grundgehaltes angesprochen bzw. gehofft, irgendwann werde sich die Beklagte freiwillig zu einer Nachzahlung entschließen, dies ist aber nicht durch nähere Tatsachen substantiiert vorgetragen worden.

Allein schon der Umstand, dass auf einer einseitig angebotenen Vertragsänderung der Arbeitnehmer weiterarbeitet, dies mehrmals und widerspruchslos tut, kann eine stillschweigende Vertragsänderung darstellen, soweit der Arbeitnehmer von der Vertragsänderung unmittelbar und direkt betroffen ist, was im Falle einer monatlich um 1.500,50 € reduzierten Vergütung sicherlich der Fall ist. Damit kann allein schon in der widerspruchslosen Weiterarbeit des Klägers zu den geänderten Vertragsbedingungen, die ihm unmittelbar und sofort erkennbar waren und die ihn betroffen haben, eine konkludente stillschweigende Vertragsänderung gesehen werden, gegen die auch wie vom Arbeitsgericht zutreffend hervorgehoben, das ursprünglich vertraglich vereinbarte Schriftformerfordernis keinerlei Unwirksamkeitsgründe bietet.

III.

Der Kläger hat seine Berufung im Wesentlichen darauf gestützt, dass die getroffene Abänderungsvereinbarung sittenwidrig sei.

Auch hier hat das Arbeitsgericht zutreffend entschieden, so dass auf die Entscheidungsgründe verwiesen wird.

Den Umstand der Anfechtung bringt der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr, auf ihn ist auch entscheidungserheblich nicht abzustellen, weil nicht ersichtlich ist, dass der Kläger, sofern überhaupt ein Anfechtungsgrund vorliegen sollte, innerhalb der Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB die Anfechtung erklärt hätte.

Die Vereinbarung ist auch nicht sittenwidrig. Wenn der Kläger geltend macht, durch die Veränderung der Gehaltsabsprache, dass dem Kläger künftig 3/4 seines Grundgehaltes und die Jahresabschlussprovision vorenthalten blieben, sei ein nicht mehr hinzunehmendes Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung unter Ausnutzung einer Notlage vereinbart worden, verkennt er, dass es abschließende absolute Regeln für sittenwidrige Vereinbarungen nicht gibt. Die Rechtsprechung, die vom Arbeitsgericht zitiert wurde und der sich die Kammer uneingeschränkt anschließt, geht davon aus, dass zumindest solange, als nicht vor vorneherein feststeht, dass allein auf Provisionsbasis keine angemessene Vergütung erzielt werden kann, auch Abreden die eine Grundvergütung gänzlich ausschließen, nicht zwingend sittenwidrig sein müssen. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Auch wenn das Arbeitsgericht bei der Provisionsvergütung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr bezeichnet hat, ist doch nicht zu verkennen, dass der Kläger über ein Monatseinkommen von mindestens 6.000,-- € brutto auch nach der veränderten Gehaltsabsprache erzielt hat. Eine gänzliche Unangemessenheit daher nicht festgestellt werden kann, insbesondere da es im Bereich der Provisionsvertreter allgemein gültige Tarifverträge nicht gibt. Von Lohnwucher kann also keine Rede sein.

Wenn der Kläger letztlich entscheidend darauf abstellt, dass die Vertragspartner bei der ursprünglichen Vertragsabrede von einem ganz anderen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ausgegangen sind, übersieht er, dass wie dargestellt auf den Zeitpunkt der Vereinbarung abgestellt werden muss. Zu diesem Zeitpunkt war aber der Beklagte offensichtlich nicht mehr bereit, für die doch mit Unsicherheiten belastete Gegenleistung des Klägers, immerhin hat dieser einen schwerwiegenden Vertrauensbruch begangen, die ursprünglich geschuldete Vergütung als angemessen anzusehen. Damit steht fest, dass sich die maßgeblichen Bewertungskriterien für den Beklagten geändert haben, somit nicht allein aus der Kürzung der Grundvergütung und der Streichung der Jahresprovision geschlossen werden kann, dass hier ein auffälliges Missverhältnis zwischen den wechselseitigen Verpflichtungen festgestellt werden kann. Das Verhältnis der ursprünglichen Abrede von Leistung (Arbeitsleistung des Klägers) zu Gegenleistung (Gehalt und Provision) beruhte ebenfalls auf rein subjektiven Erwägungen, kann daher nicht als Maßstab genommen werden für die Beurteilung, ob nach der streitigen Vertragsabrede getroffene Vergütungsvereinbarungen in einem auffälligen Missverhältnis der wechselseitigen Leistungen stehen.

Der Umstand, welche Ergebnisse der Kläger für das Unternehmen gebracht hat, spielt hierbei ebenso wenig eine Rolle wie die Umstände, die zum Abschluss der Vereinbarung geführt haben.

Dem Kläger hätte es freigestanden, einer Vertragsänderung nicht zuzustimmen, es mag ihm zwar zuzugeben sein, dass seine finanzielle Lage es erforderlich machte, im Arbeitsverhältnis weiter tätig zu sein, insbesondere der Hinweis in seinem Schreiben vom 08.09.2004, dass er sehr gerne für den Beklagten weiter arbeiten möchte, zeigt, dass bereits in dem Telefonanruf die Beklagte eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Aussicht gestellt hat.

Jedenfalls ist es nicht angängig, mehr als zwei Jahre dann zu geänderten Vertragsbedingungen weiterzuarbeiten, sich anschließend darauf zu berufen, der Arbeitgeber habe keine Veranlassung gehabt, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Aussicht zu stellen und dann, nachdem das Arbeitsverhältnis notleidend geworden ist, eine aufgrund vertraglicher Vereinbarung getroffene Reduzierung der Vergütung nicht mehr für wirksam zu erachten.

IV.

Die Berufung des Klägers war nach allem mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kammer hatte die Anregung des Klägers, die Revision zuzulassen, eingehend beraten. Angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG besteht hierfür jedoch keine rechtlich begründbare Notwendigkeit.

Ende der Entscheidung

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