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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 2 Sa 105/07
Rechtsgebiete: ArbGG, KSchG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Sa 105/07

Entscheidung vom 12.07.2007

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 13.12.2006 - 4 Ca 386/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer vereinbarten Befristung. Die Klägerin war durch Vertrag vom 27.06.2005 als Lehrkraft im Ganztagsschulprojekt eingesetzt worden. Die Einzelheiten des Vertrages sind auf Seite 2 des Tatbestandes des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 13.12.2006 wörtlich wiedergegeben. Aus sie wird Bezug genommen. Vereinbart war ein Ende des Arbeitsverhältnisses mit Abschluss der vertraglich übertragenen Aufgaben spätestens jedoch am 14.07.2006. Der Klägerin wurde für die Dauer des Arbeitsverhältnisses die Aufgabe Fördermaßnahme Mathematik zugewiesen.

Bereits vorher war die Klägerin mit verschiedenen befristeten Arbeitsverträgen und zwar beginnend ab 21.10.2002 als Angestellte für das beklagte Land tätig.

Die Klägerin nahm ihre Tätigkeit an der Hauptschule A-Stadt vertragsgemäß unter dem 12.09.2005 im Nachmittagsbetrieb auf. Der Tätigkeitsgegenstand Fördermaßnahme Mathematik war Teil des sogenannten Ganztagsschulprojektes, das für die Hauptschule A-Stadt zum Schuljahr 2005/2006 erstmals aufgenommen wurde. Für den Einsatz hatte sich die Klägerin qualifiziert, weil sie bereits in mehreren Vorjahren Lehrkraftvertreten und Unterrichtsausfällen abgedeckt hatte.

Mit Schreiben vom 22.02.2006 fragte die beschäftigende Schulleitung an, ob die Klägerin auch im nachfolgenden Schuljahr 2006/2007 bereit sei, Tätigkeiten zu übernehmen. Der Abschluss eines unbefristeten Anstellungsvertrages kam jedoch nicht zu Stande, insbesondere weil sich die Parteien über die zutreffende tarifliche Eingruppierung nicht einig waren.

Mit am 07.03.2006 eingegangener Klage hat die Klägerin die Feststellung eines unbefristet bestehenden Arbeitsverhältnisses zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen beantragt.

Sie hat vorgetragen,

die Vertragsbefristung vom 27.06.2005 sei rechtsunwirksam, weil die bei der Beklagten bestehende Beschäftigungsmöglichkeit keinesfalls von begrenzter Dauer gewesen sei sondern genau im Gegenteil dauerhaft. Auch seien Finanzmittel bei der Beklagten dauerhaft als sogenannte Vertretungsmittel in den Haushalt eingestellt worden. Im Zusammenhang mit dem Ganztagsschulvorhaben der Beklagten sei ihr Einsatz ebenfalls auf Dauer erforderlich. Eine Beschränkung auf nur ein Schuljahr sei nicht nachvollziehbar. Gründe, die Beschäftigungsprognose nicht über ein Schuljahr hinaus auszudehnen bestünden nicht, eine Fördermaßnahme Mathematik müsse es immer geben.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses vom 27.06.2005 unwirksam ist und zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat vorgetragen,

die vorgenommene Vertragsbefristung sei wirksam. Die örtliche Schulleitung sei nämlich bei Vertragsabschluss davon ausgegangen, dass ein Förderunterricht Mathematik zunächst nur im Schuljahr 2005/2006 angeboten werden könne. Eine Fortführung für das darauffolgende Schuljahr sei ursprünglich weder absehbar noch beabsichtigt gewesen. Erst im Laufe des Schuljahres habe sich als dann herausgestellt, dass der Förderunterricht doch über das Schuljahr hinausreiche. Deshalb sei die Schulleitung dann an die Klägerin herangetreten und habe ein unbefristetes Arbeitsverhältnis in Aussicht gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 13.12.2006 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Behauptung der Beklagten, bei Vertragsschluss sei seitens der Schulleitung davon ausgegangen worden, der Förderunterricht Mathematik werde nur für das Schuljahr 2005/2006 angeboten, durch Vernehmung des Zeugen V.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 13.12.2006 verwiesen.

Im vorbezeichneten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, es habe ein sachlicher Befristungsgrund im betrieblichen Bedarf der Arbeitsleistung von vorübergehender Dauer vorgelegen. Erforderlich sei hierzu, dass bei Vertragsschluss mit hinreichender Sicherheit absehbar sei, für die Beschäftigung gebe es nach Ablauf der vereinbarten Dauer keinen weiteren Bedarf, was prognostisch aufgrund konkreter Anhaltspunkte vorab erkennbar und im Prozess darstellbar sein müsse. Es sei von einem zunächst nur vorübergehenden Beschäftigungsbedarf im Rahmen der Ganztagsschule auszugehen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei kein dauerhaft gesicherter Unterrichtsbedarf der Klägerin in der Fördermaßnahme Mathematik feststellbar. Weder die Einführung des Ganztagsschulprojektes noch der Einsatzkräftebedarf des beklagten Landes ergeben dies. Das beklagte Land habe Weise vorgetragen, dass die örtliche Schulleitung bei Vertragsschluss davon ausgegangen sei, der Förderunterricht sei lediglich für das Schuljahr 2005/2006 einzurichten und durchzuführen, ohne dass bereits für das oder die Folgejahre irgendwelche Planungen bestanden. Der von der Klägerin dargestellte Dauerbedarf sei erst Monate später erkennbar geworden. Die erfolgte Beweisaufnahme habe ergeben, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses kein über die Befristungsdauer hinausreichender Beschäftigungsbedarf absehbar war. Der Zeuge V. habe anschaulich über die erstmalige Aufnahme des Ganztagsschulprojektes berichtet, hatte dargelegt, dass neben der Klägerin noch weitere Kräfte eingestellt worden seien. Schließlich habe er auch dargelegt, dass und warum sich seinerseits eine Planung über ein Jahr hinaus verboten habe. Dies habe mit der Unklarheit über die inhaltlich pädagogische Ausgestaltung der Ganztagsschule einerseits sowie aus der unklaren Lehrerzuweisung andererseits beruht. Der Ganztagsbetrieb habe zwar auf beiden Säulen Projektarbeit und Förderunterricht beruht. Abschließend sei jedoch nicht bestimmt gewesen, welches Angebot zukünftig gegeben werden könne. Die Aussage sei nachvollziehbar und schlüssig, Anhaltspunkte gegen die Glaubwürdigkeit bestünden nicht. Im Übrigen habe der Zeuge dargelegt, dass der Lehrkräftebedarf bei dem beklagten Land durch die Zuteilung von ausgebildeten oder verbeamteten Lehrkräften geprägt gewesen sei, die vordringlich für die Erfüllung der Lehraufgaben heranzuziehen gewesen seien. Da insofern nicht absehbar gewesen sei wie man über das Schuljahr hinaus mit Lehrkräften ausgestattet sein würde und wie insbesondere Lehrer aus dem Kollegium auf die Nachmittagszeiten verteilt werden konnten, sei wiederum kein dauerhafter Einsatzbereich für die Klägerin absehbar gewesen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei nicht klar gewesen, dass der Förderunterricht Mathematik dauerhaft im Rahmen der Ganztagsschule würde angeboten werden können. Noch sei davon auszugehen, dass selbst, wenn er dauerhaft eingerichtet würde, hierfür externe Kräfte wie die Klägerin herangezogen werden müssten. Das Ganztagsschulprojekt stand erst am Anfang. Etwaige Planungsunsicherheiten waren gerade zu betriebstypisch. Solange weder Dauer noch Umfang der Ganztagsschulaufgaben abschließend feststand, blieb eine bloß kurzfristige Beplanung deren Betrieb unvermeidlich. Die Befristung beinhalte keine Abwälzung unternehmerischer Risiken auf die Klägerin, da anders als im kontinuierlichen Schulbetrieb der besondere Fall der Ganztagsschuleinführung keine langfristige Bedarfsanalyse zuließ. Der geschlossenen Vereinbarung hafte schließlich auch kein formeller Mangel an. Das Schriftformerfordernis sei gewahrt, im Übrigen auch die Erfordernisse der Sonderregelung SR 2 y BAT.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Das Urteil wurde der Klägerin am 12.01.2007 zugestellt. Sie hat hiergegen am 09.02.2007 Berufung eingelegt und ihre Berufung am 06.03.2007 begründet.

Die Klägerin greift die tatsächlichen Feststellungen und die rechtlichen Ausführungen des Arbeitsgerichts an. Der Zeuge V. habe bekundet, dass die Ganztagssituation vollkommen neu sei und er froh um jeden Lehrer sei, der sich für dieses Projekt zur Verfügung stelle. Sie habe sich zur Verfügung gestellt und sei eine gute Lehrkraft gewesen. Sie hätten aber dieses Projekt Ganztagsschule nie länger als ein Jahr voraus geplant. Er hat dann weiter bekundet, dass eine Beendigung denkbar gewesen wäre, wenn die eingesetzte Kraft sich als fachlich oder pädagogisch nicht geeignet erwiesen hätte. Weiter hat er ausgeführt, die Schule habe einen eigenen Budgetrahmen. Innerhalb dieses Budgets würden regelmäßig Mitarbeiter eingestellt die entweder als Honorarkräften nach Stunden oder nach BAT bezahlt würden.

Bereits bei der Einrichtung der Ganztagsschule im Schuljahr 2005/2006 habe festgestanden, dass man in den kommenden Jahren regelmäßig auf Teilzeitlehrer angewiesen sein würde und aus diesem Grunde stehe der Schule auch ein jährliches Budget zur Verfügung. Bei der Einrichtung der Ganztagsschule habe festgestanden, dass man in den kommenden Jahren einen erheblichen Bedarf an Zusatzkräften aus diesem Budget bedienen würde. Entsprechend dieser Prognose sei auch verfahren worden. Auch zum Schuljahresbeginn 2006/2007 habe die Beklagte an der Ganztagsschule in A-Stadt im erheblichen Umfang mehrere neue Arbeitskräfte auf Honorarbasis bzw. mit BAT-Verträgen eingestellt. Dies habe bei der Befristung des Arbeitsvertrags mit der Klägerin bereits festgestanden. Das Schulkonzept sei bereits im Schuljahr 2005/2006 entwickelt worden und sehe einen dauerhaften Einsatz von befristeten Beschäftigten in den Arbeitsgemeinschaften und zur Hausaufgabenbetreuung vor. Entsprechend dem bereits feststehenden Arbeitskräftebedarf sei der Klägerin mit Schreiben vom 22.02. und 13.06.2006 eine Weiterbeschäftigung angeboten worden. Die Auseinandersetzung über die Entfristung habe erst begonnen, nachdem die Klägerin ihre tarifliche Vergütung eingefordert habe.

Die Klägerin beantragt,

1. das Schuss-Urteil vom 13.12.2006 wird aufgehoben

2. es wird festgestellt, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses vom 27.06.2005 unwirksam ist und zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung wird zurückgewiesen.

Es verteidigt das angefochtene Urteil.

Es weist auf den von der Klägerin nicht bestrittenen Umstand hin, dass Schulen, die an dem Projekt erweiterte Selbständigkeit teilnehmen, ermächtigt sind, selbständig unter Beteiligung des örtlichen Personalrats Personal für die Schule einzustellen aber nur soweit befristete Arbeitsverhältnisse eingegangen werden. Dabei müssen sie sich an ein Zusatzbudget halten, was jährlich für ein Schuljahr zur Verfügung gestellt wird. Dieses Budget werde ermittelt aufgrund der angemeldeten Schüler, dadurch bedingte Lehrerwochenstunden, die wiederum in Geld umgerechnet werden, die wiederum das Budget ausmachen, was der Schule für den Ganztagsbetrieb zur Verfügung steht. Dabei sind die Schulen zudem aus Qualitätsgründen gehalten, 50 bis 60 Prozent der zusätzlichen Stunden mit voll ausgebildeten Lehrern zu besetzen. Da das Budget sich Jahr für Jahr effektiv ändert, weil abhängig von der Anmeldezahl der Schüler und der Schüler für die Ganztagsbetreuung, sind die Zahlen regelmäßig dem Ministerium zu melden, was den erforderlichen Budgetumfang berechne und in diesem auch dann schuljahresbezogen zur Verfügung stelle. Für das Schuljahr 2005/2006 gab es eine gewisse angemeldete Schülerzahl für die Ganztagsschule, so dass dementsprechend auch ein Budget zur Verfügung gestellt wurde und die Schule dieses gemäß ihrer Planung in Anspruch nehmen konnte und daraus die Klägerin finanzierte. Die Planung sei ausschließlich schuljahresbezogen, weil dies von den Anmeldungen der Eltern für die Schüler und von den daraus in der Schule gezogenen Planungen pro Schuljahr abhängt. Erstmals sei im Jahr 2005/2006 in das Ganztagskontingent des beklagten Landes die Einrichtung der Hauptschule A-Stadt eingegliedert worden. Es haben keine tatsächlichen Erfahrenswerte gegeben, die eine andere konkrete Prognose des Arbeitgebers zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitbefangenen Vertrages zuließen. Der Zeuge V. habe bestätigt, dass grundsätzlich immer nur für ein Schuljahr geplant werden könne. Die Planung erfasse auch die Auswahlfächer und das Angebot, wie diese Fächer in der Nachmittagsbetreuung im Rahmen des Ganztagsschulprojektes eingeführt werden. Dies hänge von der Quantität und Qualität der angemeldeten Schüler ab, hänge von der Bewertung durch die Lehrerkonferenz ab, so dass auch eigentliche Lehrkräfte in den Nachmittagsunterricht integriert werden können.

Diese quantitative und inhaltliche Planung könne nur für ein Schuljahr wie vom Zeugen V. in der Beweisaufnahme überzeugend dargestellt, erfolgen.

Nachdem sich nach Ablauf des ersten Halbjahres für das neue Schuljahr 2006/2007 herausgestellt habe, dass die Nachfrage die Anmeldungsquote und vor allem auch das fachliche Erfordernis für die Ganztagsbetreuung einen weiteren Beschäftigungsbedarf in der Fördermaßnahme Mathematik zur Folge hatte, habe man der Klägerin eine Weiterbeschäftigung angeboten. Die Entwicklung sei aber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages nicht absehbar gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 12.07.2007.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO). Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

II.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und in der Begründung zutreffend die Klage der Klägerin abgewiesen. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Die Berufungskammer nimmt daher gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug auf den begründenden Teil des angefochtenen Urteils.

III.

Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei kurz auf Folgendes hinzuweisen:

Die zwischen den Parteien vereinbarte Befristung bedurfte zu ihrer Rechtfertigung eines sachlichen Grundes, weil der Klägerin der ihr ohne die Befristung zustehende Kündigungsschutz nach § 1 Abs. 1 KSchG vorenthalten wurde. Zwischen den Parteien steht auch außer Streit, dass eine sachgrundlose Befristung angesichts der mehrfachen vorher abgeschlossenen befristeten Arbeitsverhältnisse zwischen den Parteien nicht mehr möglich war.

Das beklagte Land kann sich jedoch auf den von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Sachgrund eines vorübergehenden Mehrbedarfs an Arbeitskräften (vorübergehender betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG) berufen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, ist eine Befristung wegen des vorübergehenden Mehrbedarfs an Arbeitskräften gerechtfertigt, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers über das vorgesehene Vertragsende hinaus kein Bedarf besteht.

Hierzu muss der Arbeitgeber eine Prognose erstellen, der konkrete Anhaltspunkt zugrunde liegen. Die tatsächlichen Grundlagen der Prognosen hat der Arbeitgeber im Rechtsstreit darzulegen, damit der Arbeitnehmer die Möglichkeit erhält, deren Richtigkeit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu überprüfen. Die Prognose ist teil des Sachgrundes für die Befristung (vgl. BAG Urt. v. 04.12.2002, 7 AZR 437/01 = AP BAT § 2 SR 2y).

Der Sachgrund ist von der regelmäßig gegebenen Unsicherheit über die künftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs eines Unternehmens oder einer Behörde zu unterscheiden. Die allgemeine Unsicherheit rechtfertigt die Befristung nicht. Sie gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, das er nicht durch den Abschluss befristeter Arbeitsverträge auf den Arbeitnehmer überwälzen kann (vgl. BAG, Urt. v. 05.06.2002, 7 AZR 241/01 = BAGE 101, 262).

Daran gemessen ist die Befristung im hier zu entscheidenden Rechtsstreit, bei dem nur die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages vom 27.06.2005 zur Untersuchung ansteht, nicht zu beanstanden. Das Vorbringen des beklagten Landes zu den Anforderungen hinsichtlich der Prognose reicht aus, lediglich einen vorübergehenden Bedarf für die Arbeitsleistung der Klägerin anzusehen. Die hierfür sprechenden Gesichtspunkte sind vom Arbeitsgericht zutreffend herausgearbeitet. Aufgrund durchgeführter Beweisaufnahme steht für die Kammer in Anwendung des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO fest, dass bei Vertragsschluss die örtliche Schulleitung davon ausgegangen ist, der Förderunterricht Mathematik sei zunächst nur für das Schuljahr 2005/2006 einzurichten und durchzuführen. Irgendwelche sonstigen Planungen auch darübergehend hinaus waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin noch nicht getroffen worden. Dem spricht auch nicht entgegen, dass das Projekt Ganztagsschule für einen längeren Zeitraum als für dieses betreffendes Schuljahr geplant war, weil allein aus dem Projekt Ganztagsschule nicht zwingend der Schluss gezogen werden musste, dass der Förderunterricht Mathematik, der von der Klägerin zunächst aufgrund des befristeten Arbeitsvertrages abgehalten werden sollte, auch über diesen Zeitraum hinaus und dann auch mit der Beschäftigung von nicht voll ausgebildeten Lehrern erfolgen sollte. Über die Befristungsdauer hinaus war ein Beschäftigungsbedarf nicht absehbar. Dies folgt zum einen daraus, dass noch keine abschließende Bewertung über die inhaltlich pädagogische Ausgestaltung der Ganztagsschule erfolgen konnte, das Projekt der Ganztagsschule wurde erstmals in dem entsprechenden Schuljahr an der Schule in A-Stadt eingeführt. Im Übrigen war nach Feststellung des Arbeitsgerichts, der sich die Berufungskammer anschließt, nicht absehbar, wie man über das Schuljahr hinaus mit Lehrkräften ausgestattet sein würde und wie insbesondere Lehrer aus dem Kollegium auf die Nachmittagszeiten verteilt werden könnten und dann auch Förderunterricht Mathematik erteilen konnten. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses war weder klar, dass der Förderunterricht Mathematik dauerhaft im Rahmen der Ganztagesschule angeboten werden musste. Weiter war nicht klar, ob, wenn er dauerhaft eingerichtet würde, hierfür Kräfte wie die Klägerin herangezogen werden müssen. Etwaige Planungsuntersicherheiten waren jedenfalls im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geradezu betriebstypisch. Sie sind nicht gleichzusetzen mit der regelmäßig gegebenen Unsicherheit über die künftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfes eines Unternehmens, sondern anhand der konkreten Situation im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war mit hinreichender Sicherheit zu erwarten, dass für die Beschäftigung der befristet eingestellten Klägerin über das vorgesehene Vertragsende hinaus kein Bedarf besteht.

Da sich aufgrund der Entwicklung, der Anmeldung der Schüler und dem später beschlossenen inhaltlich pädagogischen Konzept eine Möglichkeit für die Klägerin ergab, dauerhaft weiterbeschäftigt zu werden, ändert an der ursprünglichen, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu treffenden Prognose nichts. Gerade die Besonderheit des vorliegenden Falles, nämlich erstmalige Umsetzung des Ganztagsschulprojektes in der Schule und die vom Zeugen geschilderte inhaltlich pädagogische Ausgestaltung, insbesondere die Überlegung, dass erst einmal die tatsächliche Durchführung geprüft werden müsse, um dann weitere Erkenntnisse zu gewinnen, rechtfertigt es nicht mit der Klägerin davon auszugehen, dass für den Förderunterricht Mathematik prognostisch ein Dauerbedarf vorhanden war. Anders als zum regelmäßig zum Lehrplan gehörenden ordentlichen Unterrichtsfach Mathematik ist eben ein Dauerbedarf von Förderunterricht Mathematik in einer Ganztagsschule weder vorgeschrieben noch war er im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses für das beklagte Land vorhersehbar.

Dass sich die Verhältnisse nach Vertragsabschluss verändert haben könnten, rechtfertigt keine andere Beurteilung der Sachlage. Insbesondere wird die ursprünglich rechtmäßig vereinbarte Befristung nicht dadurch unwirksam, dass sich nachträglich herausstellt, in der Folge werde ein Dauerbedarf für den von dem der Klägerin gehaltenen speziellen Unterricht entstehen.

IV.

Das beklagte Land ist auch nicht gehindert, sich auf die Rechtswirksamkeit der Befristungsabrede zu berufen, und dies im Zusammenhang mit dem Umstand steht, dass die Klägerin tarifgerechte Vergütung eingefordert hat. Das beklagte Land hat der Klägerin auch nach dem Prozess noch eine Weiterbeschäftigung in einem Dauerarbeitsverhältnis angeboten. Es wäre der Klägerin unbenommen geblieben, den Vertrag auch mit der Bezeichnung einer Vergütungsgruppe, die die Klägerin nicht für richtig hält, abzuschließen. Dann hätte die Frage der Vergütung in einer nachfolgenden Auseinandersetzung geklärt werden können.

Steht nach allem fest, dass bei Abschluss des Vertrages eine hinreichend sichere Prognose über einen vorübergehenden Beschäftigungsbedarf bestand, konnte das beklagte Land mit der Klägerin rechtswirksam einen befristeten Arbeitsvertrag abschließen. Sonstige Unwirksamkeitsgründe sind wie vom Arbeitsgericht zutreffend festgestellt nicht ersichtlich. Diese Feststellungen werden auch von der Berufung nicht mehr in Zweifel gezogen.

Aus allem ergibt sich, dass das Rechtsmittel der Klägerin erfolglos bleiben musste. Die Berufung war mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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