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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 21.02.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 723/07
Rechtsgebiete: NachwG, BGB, TzBfG


Vorschriften:

NachwG § 2
BGB § 307
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1
TzBfG § 15 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 29.08.2007 - 4 Ca 628/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger war vom 12.08.2002 bis 15.04.2007 als Maschinenführer im Betrieb der Beklagten beschäftigt. Bis 30.04.2004 bezog er einen Stundenlohn von 10,00 €, vom 01.05.2004 bis 30.04.2006 10,50 € und ab dem 01.05.2006 11,00 €.

Vor Aufnahme der Tätigkeit schlossen die Parteien eine "Arbeitsvereinbarung auf Probe" ab. Danach sollte das Arbeitsverhältnis zur Probe bis zum 11.11.2002 reichen.

In § 4 Ziffer 3 des Vertrages ist vereinbart:

"Urlaub und zusätzliches Urlaubsgeld richtet sich nach den gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages der Sägeindustrie vom 07.02.1990 und des laufenden Tarifvertrages der Sägeindustrie."

Nach dem Bundesmanteltarifvertrag der Sägeindustrie (Nr. 95) wird neben dem Urlaubsentgelt für den Erholungsurlaub ein zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 50 % des Urlaubsentgelts gewährt. In der Nr. 108 des Manteltarifvertrages ist vereinbart, dass alle sonstigen gegenseitigen Ansprüche innerhalb einer Frist von drei Monaten auf Fälligkeit geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die andere Partei innerhalb einer Frist von zwei Monaten beim Arbeitsgericht einzuklagen sind.

Nachdem die Beklagte bis einschließlich September 2004 das zusätzliche Urlaubsgeld ausgezahlt hatte, erhielt der Kläger ab Oktober 2004 keine weitere Zahlung des zusätzlichen Urlaubsgelds, die Ansprüche macht er für die im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils im einzelnen aufgeführten Urlaubstage geltend, nachdem eine entsprechende Forderung mit Anwaltsschreiben vom 25.04.2007 schriftlich erhoben wurde.

Der Kläger hat vorgetragen, das zusätzliche Urlaubsgeld sei kraft betrieblicher Übung zu zahlen. Die im Probearbeitsverhältnis geregelten Bedingungen hätten über den 11.11.2002 hinaus keine Wirkung entfaltet. Es läge ein Verstoß gegen § 2 NachwG vor, die Beklagte könne sich nicht auf tarifliche Ausschlussfristen berufen. Inhalt und Wirksamkeit des Tarifvertrages seien zu bestreiten. Richtigerweise habe auch einzig und allein die betriebliche Übung zur Urlaubsgeldzahlung bestanden, die auch zum Oktober 2004 nicht geändert worden sei. Eine Änderungskündigung habe die Beklagte nie ausgesprochen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.658,63 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.05.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, ein Anspruch aus betrieblicher Übung bestehe nicht. Die Zahlungspflichten seien mit August 2004 revidiert worden. Auf einer Betriebsversammlung habe ihr Geschäftsführer allen Mitarbeitern mitgeteilt, dass sie, die Beklagte, aus wirtschaftlichen Gründen künftig kein Urlaubsgeld mehr zahlen könne und dass sie die Zahlungen zum Erhalt von Arbeitsplätzen fortan einstellen würde. Diese Streichung sei zwar zunächst von den Mitarbeiter kritisiert, dann jedoch akzeptiert worden. Im Übrigen gelte der Tarifvertrag und dessen Ausschlussfristen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 29.08.2007 verwiesen.

In diesem Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage nur insofern entsprochen, als nicht verfallene Zeiträume betroffen waren, das heißt die erstmalige formgerechte Geltendmachung wirke auf einen Fälligkeitstermin vor dem 25.01.2007 zurück, mithin auf Urlaubsgeldansprüche ab Januar 2007.

Vorangegangene Ansprüche seien verfallen. Der Anspruch ergebe sich aus Nr. 95 und 97 des Manteltarifvertrages in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag, welcher nach Fortsetzung über das Ende der Befristung hinaus unverändert fortbestanden habe. Der Anspruch habe dem tariflichen Verfall unterlegen, insbesondere aufgrund des vertraglichen Bezugs zum zusätzlichen Urlaubsgeld ergäben sich gegen die Wirksamkeit der tariflichen Verfallvorschrift keine durchgreifenden Einwände. Weitergehende Ansprüche bestünden nicht, insbesondere konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass ein parallel laufender vertraglicher Anspruch aus weiter reichenden Rechtsgrundlagen in Kraft gesetzt wurde, insbesondere eine betriebliche Übung begründet wurde. Er könne auch den Anspruch nicht im Wege des Schadensersatzes verlangen. Es läge nämlich kein genereller Verstoß gegen die Nachweispflicht aus § 2 NachwG vor, wonach die wesentlichen Inhalte des Arbeitsverhältnisses schriftlichen niederzulegen seien. Dass der Vertrag nicht wie in der Vertragsurkunde ausgewiesen zum 11.11.2002 beendet wurde, sondern darüber hinaus fortbestand, habe die ursprüngliche Niederlegung in diesem Gegenstand unrichtig werden lassen. Eine weitere Unrichtigkeit sei durch unterbliebene Nachweise der zwischenzeitlichen Lohnanhebungen eingetreten, beides wäre an sich von der Beklagten nachzuweisen gewesen. Hinsichtlich der Urlaubsgeldinhalte sei der Gegenstand im Nachweis vom 25.07.2002 allerdings richtig niedergelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Das Urteil wurde dem Kläger am 17.10.2007 zugestellt. Der Kläger hat hiergegen am 14.11.2007 Berufung eingelegt und seine Berufung am 13.12.2007 begründet.

Der Kläger vertritt die Auffassung, es handele sich bei der Verweisung auf die Urlaubsgeldregelung um eine Teilverweisung auf einen Tarifvertrag, welche zur Folge habe, dass die in Bezug genommenen Bestimmungen einer Inhaltskontrolle zu unterziehen wären. Es sei erscheine auch fraglich, ob der Arbeitsvertrag auf die Ausschlussfristen des Tarifvertrages, welche außerhalb der Urlaubsregelung enthalten seien, verweise. Auch verstoße eine Ausschlussfrist von weniger als drei Monaten gegen § 307 BGB.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils auf die in der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung gestellten Anträge des Klägers und Berufungsklägers zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 21.02.2008.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO).

Das Rechtsmittel der Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

II. Im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend hat das Arbeitsgericht entschieden, dass jedenfalls Ansprüche des Klägers, die auf Urlaubsgeldzahlung vor Januar 2007 gerichtet sind, durch Eingreifen der tariflichen Verfallfristen, welche einzelvertraglich vereinbart wurden, und gegen deren Wirksamkeit keine durchgreifenden Einwände erhoben werden können, verfallen und damit erloschen sind.

Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die einer Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Die Berufungskammer nimmt daher voll umfänglich Bezug auf den begründenden Teil des angefochtenen Urteils.

Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei kurz auf Folgendes hinzuweisen:

Die im Probearbeitsvertrag vereinbarten Modalitäten galten nach Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der vereinbarten Befristung ohne weiteres fort, ohne dass eine neue Vertragsniederlegung erforderlich gewesen wäre. Dies ist Rechtsfolge des § 15 Abs. 5 TzBfG. Das Arbeitsverhältnis gilt als auf unbestimmte Zeit fortgesetzt und zwar mit den Bedingungen, dies es im Zeitpunkt des Ablaufes der Befristung hat. Damit richtet sich die vertraglich zwischen den Parteien vereinbarte Leistung auf zusätzliches Urlaubsgeld aus dem Inhalt des Anstellungsvertrages und der dort enthaltenen Teilverweisung auf den Tarifvertrag, insbesondere dessen Nummer 95. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, hieran sind auch im Berufungsverfahren keinerlei berechtigte Einwände erkennbar geworden, das daneben ein Anspruch auf betriebliche Übung nicht begründet sein kann. Es ist nicht ersichtlich, dass neben dem vertraglichen Anspruch noch ein sonstiger Anspruch aus Betriebsübung parallel dazu laufend begründet sein sollte.

Daher richtet sich die Vereinbarung der Parteien über die Gewährung von zusätzlichem Urlaubsgeld ausschließlich nach der im Arbeitsvertrag enthaltenen Verweisung auf die einschlägigen Bestimmungen des Manteltarifvertrages. Einschlägige Bestimmung des Manteltarifvertrages ist aber auch, dass im Tarifvertrag geregelte Ansprüche nach den Nummern 104 ff. des Tarifvertrages behandelt werden müssen, insbesondere ist in Nr. 108 des Tarifvertrages eine Ausschlussfrist zur Geltendmachung von drei Monaten nach Fälligkeit und im Falle der Ablehnung zur gerichtlichen Geltendmachung mit einer Frist von zwei Monaten vorgesehen. Diese Ausschlussfristen sind wirksam zwischen den Parteien vereinbart. Es handelt sich hier auch nicht um eine überraschende Vertragsgestaltung, weil Ausschlussfristen in Tarifverträgen üblich sind und eine von den sonstigen Individualansprüchen, die in verschiedenen anderen Abschnitten des Tarifvertrages geregelt sind, räumlich abgetrennte Behandlung schon deswegen sinnvoll ist, weil ansonsten bei jedem einzelnen Anspruch ein Verweis auf die Ausschlussfrist oder gar deren wiederholte Wiedergabe erforderlich wäre.

Durch die vertragliche Verweisung auf die tarifvertraglichen Bestimmungen über die zusätzliche Urlaubsgeldzahlung ist zwingend notwendig eine vertragliche Verweisung auch auf die tariflichen Ausschussfristen enthalten.

Die Wirksamkeit der Ausschlussfrist im hier zu entscheidenden Fall, es handelt sich allein um die Wirksamkeit der Geltendmachungsfrist von drei Monaten, welche der Kläger für die im Berufungsverfahren anhängigen Ansprüche nicht gewahrt hat, ist nicht erfolgreich in Zweifel zu ziehen.

Selbst wenn man dem Kläger folgt und bei einer Teilverweisung auf Tarifverträge eine Inhaltskontrolle der arbeitsvertraglichen Vereinbarung für zulässig erachtet, ist die Ausschlussfrist von drei Monaten nicht unangemessen kurz. Sie hält sich innerhalb des Rahmens, der von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG vom 28.09.2005, 5 AZR 52/05) für einzelvertraglich vereinbarte Ausschlussfristen aufgestellt hat. Danach ist eine einzelvertragliche Ausschlussfrist eine unangemessene Benachteiligung, wenn sie einen kürzeren Zeitraum als drei Monate ab Fälligkeit vorsieht.

Die eventuelle Überprüfung der tarifvertraglichen Ausschlussfrist hinsichtlich der zweiten Stufe führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Hierbei kann offen bleiben, ob die zweite Stufe der gerichtlichen Geltendmachung mit drei Monaten als unangemessen kurz im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen werden kann. Diese Bestimmung kann jedenfalls ersatzlos weg gestrichen werden, so dass ("Blue-Pencil-Theorie") ohne weiteres die Ausschlussfrist hinsichtlich des ersten Teils noch als wirksam aufrecht erhalten werden kann.

III. Das Arbeitsgericht hat des Weiteren zutreffend erkannt, dass eine Schadenersatzverpflichtung der Beklagten nicht angenommen werden kann. Hierbei unterstellt die Kammer zugunsten des Klägers, dass dieser die tarifvertragliche Ausschlussfrist nicht gekannt hat. Das Arbeitsgericht hat aber überzeugend ausgeführt, dass ein etwaiges Unterlassen einer Hinweispflicht oder eines Nachweises, der im Übrigen in der schriftlichen Vertragsniederlegung auch enthalten ist, jedenfalls nicht kausal dafür ist, dass der Kläger die erforderliche Geltendmachungsfrist von drei Monaten ab Fälligkeit versäumt hat.

IV. Die Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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