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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 03.05.2007
Aktenzeichen: 2 Sa 903/06
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, SGB III


Vorschriften:

BGB § 615
BGB § 615 Satz. 2
BGB § 293
KSchG § 11 Satz 1 Nr. 2
SGB III § 121
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Sa 903/06

Entscheidung vom 03.05.2007

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 27.09.2006 - 4 Ca 460/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Annahmeverzugslohnansprüche des Klägers.

Der Kläger war seit 27.06.1994 bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 31.01.2005. Das Arbeitsgericht Trier hat im Urteil vom 08.06.2005 (4 Ca 1694/04) diese Kündigung für rechtsunwirksam erklärt. Im von der 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz am 19.01.2006 verkündeten Urteil (4 Sa 791/05) wurde die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger für die Zeit vom 01.02.2005 bis 31.01.2006 Lohnfortzahlungsansprüche aus Annahmeverzug in Höhe von 23.484,00 €. In dieser Zeit erhielt er 10.525,80 € netto und aus einem Nebenverdienst aus geringfügiger Taxifahrtätigkeit, welcher der Bundesagentur für Arbeit angezeigt wurde und den er im Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten ausübte, einen Betrag von 1.450,00 € brutto.

Seinen Verzugslohnanspruch hat der Kläger berechnet, indem er ein von der Beklagten in Abrede gestellten durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 1.957,00 € mit 12 multipliziert hatte und die erzielten Arbeitslosengelder in Abzug gebracht hat. Des Weiteren verrechnet er seine Vergütungsdifferenz für Februar 2006 mit 1.957,00 € brutto abzüglich 1.624,49 € brutto, d. h. mit 332,51 € brutto.

Die Beklagte hatte dem Kläger schon bei Übergabe des Kündigungsschreibens vom 28.09.2004 erklärt, es sei eine Wiedereinstellung bei Besserung der betrieblichen Situation möglich. Man werde ihn entsprechend unterrichten. Der Kläger hat sein Einverständnis zu dieser Zusage kundgetan.

Am 29.04.2005 gegen 12.30 Uhr rief der stellvertretende Personalleiter der Beklagten, Herr V., beim Kläger an und erklärte ihm, dass die Beklagte bereit sei, ihn sofort wieder einzustellen und zwar mit Arbeitsaufnahme zum 02.05.2005. Der Kläger nahm die Aufforderung mit der Erklärung entgegen, er wolle erst am 03.05.2005 anfangen. Ob in diesem Gespräch die genauen Konditionen benannt wurden, blieb zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls fand am 02. oder 03.05. ein Gespräch statt, in welchem der Kläger erklärte, er könne die Arbeit nur aufnehmen, wenn er ein schriftliches Angebot erhalte. Dies habe ihm sein Anwalt geraten. Herr V. hat entgegnet, er könne alles schriftlich haben, wenn der Kläger am Dienstag zur Arbeit erscheine. Der Kläger erwiderte, sein Anwalt habe ihm aber erklärt, es sei mehr nötig als ein Anruf, um ihn wieder zur Arbeit zu bringen. Der Kläger hat gesagt, wenn es aufgeschrieben sei, komme er evtl. Mittwoch nächster Woche. Eine Wiederaufnahme der Arbeit erfolgte jedenfalls nicht.

Im Juli 2005 eröffnete sich dann wiederum eine Einsatzmöglichkeit, welche dem Kläger angezeigt wurde. Mit Antwortschreiben vom 18.07.2005 mit auszugsweise folgendem Inhalt bat der Prozessbevollmächtigte, sein Mandant wünsche über ein evtl. dortiges Angebot schriftlich zu seinen Händen unterrichtet zu werden. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 19.07.2005, dass der Kläger einen neuen Arbeitsvertrag erhalte, der die Rechte aus seiner bisherigen Betriebszugehörigkeit wahre. Voraussetzung sei, dass das Arbeitsverhältnis durch Kündigung rechtswirksam zum 31.01.2005 beendet werde. Im Gegenzug würde die Differenz zwischen Arbeitslosengeld und durchschnittlichem Nettoverdienst im Rahmen einer Abfindung gezahlt werden. Darüber hinaus sei die Beklagte zur Zeit von Sanierungsmaßnahmen betroffen, die auch von den Mitarbeitern Beiträge verlangten. Als weitere Voraussetzung sei deshalb eine Unterzeichnung der beiliegenden Vertragsänderung notwendig. Der Kläger antwortete unter dem 26.07.2005, dies sei kein akzeptables Angebot. Im Übrigen übersandte die Beklagte dem Kläger am 27.07.2005 ein Mitteilungsschreiben, dass der Kläger Änderungen akzeptieren müsse in Verzicht auf Resturlaub aus 2004, Verzicht auf acht Urlaubstage aus 2005, Verzicht auf drei Urlaubstage bis auf Weiteres für die folgenden Jahre, Weiterführung der 36/40-Stundenwoche bis Ende 2006, dann neue Verhandlungen, Lohngehaltsverzicht gem. folgender Staffel zwischen 10 und 6 %.

Mit Schreiben vom 27.01.2006 bat die Beklagte den Kläger sodann abermals, sich bei ihr zu melden, worauf der Kläger am 30.01.2006 bei dem technischen Leiter U. anrief und erklärte, sein Auto sei defekt. Ob der Kläger letztlich versicherte "ich komme" oder ob ihm angeraten wurde zunächst einmal Urlaub zu nehmen, blieb abermals streitig. Die Beklagte erhielt jedoch am gleichen Tag ein Fax des Prozessbevollmächtigten des Klägers, indem dieser erklärte, sein Mandant werde persönlich keine Stellungnahme abgeben, diese ausschließlich über ihn erfolgen. Er stellte anheim, evtl. Anliegen ihm gegenüber schriftlich konkret anzutragen. Mit Schreiben vom 01.03.2006 forderte die Beklagte den Kläger sodann letztmals schriftlich zur Arbeitsaufnahme auf. Für den Fall des Nichterscheinens kündigte sie eine sofortige Kündigung an. Dieses Schreiben ließ der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 03.03.06 per Fax beantworten, in welchem er erklärte, er vermöge nicht mit der notwendigen Rechtssicherheit festzustellen, ob das Urteil des Landesarbeitsgericht rechtskräftig sei, es fehle bis vorerst 05.03.2006 Verzugslohn. Er mache hilfsweise von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch. Er forderte die Beklagte zur Erklärung auf, dass der Kläger zu den bei Ausbruch der seinerzeitigen Kündigung bestehenden arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter beschäftigt werde. Bis zum Eingang dieser Erklärung machte er ebenfalls von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis nach Betriebsratsanhörung mit Schreiben vom 08.03.2006 fristlos, wogegen der Kläger sich zur Wehr setzte.

Der Kläger war im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.07.2006 säumig, es erging klageabweisendes Versäumnisurteil gegen welches der Kläger am 13.07.2006 Einspruch einlegte.

Der Kläger hat vorgetragen, der Anspruch auf Annahmeverzugslohn sei auf Basis des letzten Durchschnittslohns von 1.957,00 € brutto im Monat zu bemessen. Sofern die Beklagte die Anspruchsberechtigung mit dem Vortrag der Arbeitsaufforderung in Abrede stelle, sei zu beachten, dass ohne Fixierung der Konditionen einer etwaigen Wiederaufnahme der Beschäftigung für den Kläger keine Verpflichtung zur Wiederaufnahme bestanden habe. Insbesondere die Äußerungen am 08.06.,15.07. und 27.07. ergeben, dass die Beklagte ihm gegenüber Verzichte habe erwirken wollen. Schon im Angebot der Wiedereinstellung sei von der Beklagten der Neuabschluss durch schriftlichen Vertrag zur Voraussetzung der Arbeitsaufnahme gemacht worden. Auf derartiges habe er sich nicht ohne weiteres einlassen müssen. Falsch sei auch, dass er gesagt habe, er komme und werde arbeiten. Die Beklagte habe angeregt, am 30.01.2006, er solle zunächst einmal Urlaub nehmen.

Der Kläger hat beantragt,

1. das Versäumnisurteil vom 12.07.2006 aufzuheben.

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Bruttobetrag von 23.484,00 € zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 11.03.2006 abzüglich Arbeitslosengeld (Leistungsbetrag) in Höhe von 10.525,80 € zu zahlen.

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Bruttobetrag von 332,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab 11.03.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 12.07.2006 aufrechtzuerhalten und die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, seit 01.02.2005 habe sie sich nicht in Annahmeverzug befunden. Die Geschehnisse seit 28.09.2004 zeigten eindeutig, dass der Kläger zu jedem Zeitpunkt arbeitsunwillig gewesen sei. Insbesondere ab 02.05.2005 sei von ihrer Seite die Wiederaufnahme der Tätigkeit mitnichten vom Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages abhängig gemacht worden. Vielmehr habe der Kläger ab sofort zu den bisherigen Konditionen wieder eingestellt werden sollen. Er habe dies auch am 29.04.2005 unmissverständlich zugesagt. In gleicher Weise habe er sich am 30.01.2006 geäußert. All dies zeige seinen offenkundigen Arbeitsunwillen. Der Kläger habe hinsichtlich der Forderungshöhe im Übrigen keine nachvollziehbaren Unterlagen zum Lohn vorgelegt. Auch müsse geprüft werden, ob er nicht noch weitere Nebenverdienste erzielt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 27.09.2006 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen und im Wesentlichen ausgeführt, der monatliche Bruttoverdienst lag für den Kläger zur Überzeugung der Kammer bei 1.957,00 € brutto. Die Parteien hätten zwar unstreitig der Vergütung nach Stunden vorgetragen. Dass der monatlich erzielte Lohn jedoch unter dem klägerseits benannten 1.957,00 € brutto gelegen haben sollte, sei trotz vorhandener Kenntnis der Beklagten zu allen maßgeblichen Umständen weder allgemein noch substantiiert behauptet. Der Kläger habe demgegenüber unbestritten vorgebracht, dass sein Lohn im Dezember 2004 sogar mit 1.991,00 € höher über dem genannten Durchschnittsmaß gelegen habe.

Die weiteren Nebeneinkünfte durch Taxifahren müsste sich der Kläger nicht anrechnen lassen, weil er diese nicht anstelle sondern neben der Haupttätigkeit verdient habe.

Auch über den 02.05.2005 hinaus schuldete die Beklagte dem Kläger Gehaltsfortzahlung aus Annahmeverzug. Der Anspruch beruhe im Grunde auf § 615, 293 BGB i. V. m. dem fortbestehenden Arbeitsvertrag. Eine veränderte Vertragsgrundlage sei nicht zustande gekommen. Auch unter dem 29.04.2005 sei kein erneuter Vertrag zustande gekommen, weil auch hier die maßgebenden Konditionen nicht mehr geklärt worden seien.

Die Zeitspanne ab 03.05.2005 sei sodann vom fortwährenden Annahmeverzug der Beklagten durchzogen gewesen. Ein Arbeitsangebot, das sich im Rahmen des alten Vertrag hielt, hatte die Beklagte dem Kläger bis zum 31.01.2006 nicht gemacht. Die vorgenannten Anforderungen von April/Mai bzw. Juli 2005 hätte sich stets auf Neueinstellungen bezogen.

Ab Ende Januar 2006 habe der Verzug deswegen fortbestanden, weil der Kläger sich berechtigterweise auf sein Zurückbehaltungsrecht bezogen habe.

Es habe eines vertragsgemäßen Mitwirkungsaktes bedurft, um die Verzugsfolgen ihrerseits zu beseitigen. Die Beklagte hätte dem Kläger einen vertragsgemäßen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen müssen. Die Aufforderung des stellvertretenden Personalleiters vom 29.04.2005 habe kein derartiges Angebot enthalten, weil es sich nicht im Rahmen des ursprünglichen Vertrages gehalten habe. Die Beklagte habe selber vorgetragen, dass es bei der Kontaktaufnahme um eine Wiedereinstellung ging und nicht um ein Angebot der Arbeitsaufnahme zum alten Vertragswerk. In gleicher Weise seien auch die telefonischen Erörterungen am 02. oder 03. Mai 2005 ohne Vertragsangebot der Beklagten im alten Bestand geblieben, denn die Beklagte habe auch später angeboten, das Vertragsverhältnis unter Ausgleich des zwischenzeitlich angefallenen Lohns im Wege der Abfindung zu bereinigen. Eine konkrete Arbeitsplatzzuweisung habe sodann auch nicht durch Schreiben der Beklagten vom 27.01.2006 stattgefunden.

Ein Arbeitsangebot habe sodann allerdings die telefonische Äußerung des technischen Leiters der Beklagten vom 30.01.2006 enthalten. Der Kläger hätte demgemäß am 31.01.2006 im Betrieb erscheinen müssen, habe allerdings berechtigterweise auf sein bestehendes Leistungsverweigerungsrecht durch Anwaltsschreiben hingewiesen. Da die Beklagte mit Schreiben vom 19.07.2005 eine Fortbeschäftigung des Klägers von der zwischenzeitlichen Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht habe, sei eine schriftliche Klarstellung zur Vermeidung etwaiger Nachteile aus gegenseitiger Rücksichtnahme billigens- und schützenswert. Da im Übrigen Unklarheit über die bis zum 30.01.2006 aufgelaufene Vergütungsansprüche bestanden habe, sei es für den Kläger auch insofern berechtigt und zulässig gewesen, etwaige Wiederaufnahmen der Arbeit von der Sicherstellung ausstehender Differenzlöhne abhängig zu machen.

Das Zurückbehaltungsrecht, wirksam geltend gemacht, hinderte die Beendigung des Verzugs.

Der Kläger sei auch nicht leistungsunwillig gewesen. Der Kläger habe lediglich in berechtigter Weise sein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht. Auch in mündlichen Bereitschaftsanzeigen konnte ein tragendes Indiz gegen ein behauptenden Leistungswillen liegen. Insgesamt darlegungs- und beweispflichtig für den behaupteten Leistungsunwillen sei die Beklagte als Arbeitgeberin. Es könne nicht ernsthaft von einer dauerhaften Leistungsunwilligkeit gesprochen werden. Denn bereits am 28.09.2004 hatte der Kläger unmissverständlich erklärt, er würde gerne wieder bei der Beklagten arbeiten. Dies habe sich auch aus seinen spontanen telefonischen Äußerungen ergeben. Die seitens der Beklagten hiergegen ins Feld geführten Zurückweisungsschreiben des Klägerbevollmächtigten ergäben hiergegen keinen beachtlichen Anhaltspunkt, weil sie unter Wahrung anwaltlicher Fürsorge nicht der Beeinträchtigung des Vertragsgefüges sondern der Rechtswahrung des Klägers dienten. Ein nachhaltiger Leistungsunwillen könne hieraus nicht gefolgert werden. Der Kläger müsse sich auch keinen böswillig unterlassenen Zwischenverdienst anrechnen lassen. Dabei seien zwar auch solche Vergütungen anrechenbar, deren Annahme der Arbeitnehmer grundlos abgelehnt habe. Hierzu könne auch eine Ablehnung von Arbeitsangeboten bei dem kündigenden Arbeitgeber liegen. Solche Arbeitsplätze müssen aber außer Betracht bleiben, deren Aufnahme mit Rechts- oder Amtsverlusten einhergingen, insbesondere bei Übernahme neuer Dauerarbeitsverhältnisse, die keine Rückkehr auf den alten Arbeitsplatz mehr zuließen. Ebenso wenig sei ein alternatives Beschäftigungsangebot annehmbar, dessen Übernahme mit der Gefährdung von Entgeltrückständen einhergingen.

Vor diesem Hintergrund sei das Außerbetrachtlassen der Angebote der Beklagten kein böswilliges Unterlassen seitens des Klägers. Bei Annahme der angebotenen neuvertraglichen Arbeit hätte dem Kläger ein erheblicher Rechtsverlust gedroht. Die Aufnahme des Neuvertrages habe für den Kläger sozialversicherungsrechtliche Einbußen wie auch Einbußen des während der Zwischenzeit erwirtschafteten Verzugslohns ergeben. Da die Beklagte dem Kläger trotz Aufforderung keine schriftlichen Einstellungsvorschläge unterbreitet habe, könne er nicht böswillig im Sinne des Gesetz behandelt werden. Das gleiche gelte auch für einen Vertragsschluss vom Juli 2005. Auch dieser hätte gewisse Einbußen im sozialversicherungsrechtlichen Bestand nach sich gezogen und dauerhafte Lohneinbußen. Da die Beklagte auch im Wege der Prozessbeschäftigung das Annahmeverzugsrisiko hätte minimieren können oder dem Kläger ggfls. eine befristete Beschäftigung hätte anbieten können, seien Mittel gegeben, um ihrerseits etwaige Verzugslohnrisiken zu minimieren. Das stattdessen eröffnete Angebot von für den Kläger nachteiligen Neuverträgen, war hierzu nicht das probate Mittel um die Verzugslohnansprüche des Klägers zu begrenzen.

Dem Kläger stehe mithin für den benannten Zeitraum der geltend gemachte Verzugslohn zu.

Letztlich habe der Kläger auch Anspruch auf Verzugslohn vom 01.02.-28.02.2006, weil das erklärte Zurückbehaltungsrecht die Beklagte hinderte, sich auf die Erklärung zur Arbeitsaufnahme zum 30.01.2006 mit Erfolg zu berufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Das Urteil wurde der Beklagten am 27.10.2006 zugestellt. Sie hat am 23.11.2006 Berufung eingelegt und ihre Berufung, nachdem die Frist zur Begründung bis einschließlich 29.01.2007 verlängert worden war, mit an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Tatsachen- und Rechtsvortrag, wonach sich ergebe, dass der Kläger im gesamten maßgebenden Zeitraum leistungsunwillig gewesen sei. Erklärungen, er werde kommen, habe er vorsätzlich nicht eingehalten und damit dokumentiert, dass er nicht zur Arbeitsaufnahme bereit war.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 27.09.2006, 4 Ca 460/06, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er hält die Berufung für unzulässig, weil keine hinreichende Auseinandersetzung mit der Urteilsbegründung in der Berufungsbegründung enthalten sei

Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass sie sich auf einen Wegfall des Annahmeverzugs erstmal und frühestens ab 02.05.2005 beziehe. Im Übrigen sei das Urteil des Arbeitsgerichts richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 03.05.2007.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).

Entgegen der Auffassung des Klägers enthält die Berufungsbegründung eine hinreichende Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils. Sie verhält sich zwar relativ knapp über die vom Arbeitsgericht festgestellte Leistungsfähigkeit des Klägers, setzt sich aber ansatzweise mit der Auffassung des Arbeitsgerichts auseinander, dass der Kläger im gesamten Zeitraum leistungswillig war, indem sie auf die tatsächlichen Gegebenheiten, die sie erstinstanzlich bereits vorgetragen hat, hinweist.

Damit erweist sich das Rechtsmittel als zulässig begründet.

II.

Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die arbeitgerichtlich gegebene Begründung, wonach im gesamten streitbefangenen Zeitraum zum einen Annahmeverzug bestand, weil eine wirksame Arbeitsaufnahme seitens der Beklagten nicht vorlag, die den Annahmeverzug beseitigt hätte und zum Weiteren, als eine wirksame Arbeitsaufnahme erfolgte, der Kläger berechtigter Weise von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht hat, ist voll umfänglich zutreffend. Die Berufungskammer nimmt daher, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, voll umfänglich Bezug auf den begründeten Teil des angefochtenen Urteils (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

III.

Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei kurz auf Folgendes hinzuweisen:

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und in der Begründung vollkommen überzeugend dargestellt, dass sich die Beklagte bis 31.01.2006 in Annahmeverzug befand. Das Arbeitsgericht hat weiter in seiner ausführlichen Begründung herausgearbeitet, dass sich die Beklagte bis mindestens 31.01.2006 in Annahmeverzug befand, weil sie dem Kläger die vertragsgemäße Beschäftigung nicht angeboten hat. Dem folgt die Berufungskammer uneingeschränkt.

Die verschiedentlich von der Beklagten gemachten Angebote, die der Kläger letztlich nicht angenommen hat, waren allesamt keine geforderten Arbeitsleistungen im Rahmen des Vertrages. Den diesbezüglichen Feststellungen des Arbeitsgerichts ist nichts hinzuzufügen. Der Kläger war auch in der Lage und willens, die vertragsgemäß von ihm geschuldete Leistung, der Arbeitsvertrag blieb unverändert, zu bewirken. Auch hierzu ist den Feststellungen des Arbeitsgerichts nichts hinzuzufügen.

IV.

Der Kläger hat es auch nicht im Sinne der neueren Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urt. vom 07.02.2007, 5 AZR 422/06) böswillig unterlassen, anderweitigen Arbeitsverdienst zu erzielen.

Nach § 615 Satz. 2 BGB muss sich der Arbeitnehmer den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er zu erwerben böswillig unterlässt. Die Vorschrift ist inhaltsgleich mit § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG.

Beide Bestimmungen stellen darauf ab, ob dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben sowie unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl die Aufnahme einer anderweitigen Arbeit zumutbar ist. Eine Anrechnung kommt auch in Betracht, wenn die Beschäftigungsmöglichkeit bei dem Arbeitgeber besteht, der sich mit der Annahme der Dienste in Verzug befindet. Maßgebens sind die Umstände des Einzelfalls. Die Unzumutbarkeit der Arbeit kann sich unter verschiedenen Gesichtspunkten ergeben. Sie kann ihren Grund in der Person des Arbeitgebers, der Art der Arbeit oder in sonstigen Arbeitsbedingungen haben. Auch vertragsrechtliche Umstände sind zu berücksichtigen. Demgegenüber kann nicht auf die Zumutbarkeitskriterien des § 121 SGB III abgestellt werden. Böswillig handelt der Arbeitnehmer, dem ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er während des Annahmeverzugs trotz Kenntnis aller objektiven Umstände vorsätzlich untätig bleibt oder die Aufnahme der Arbeit bewusst verhindert (vgl. BAG a. a. O., BAG 11.10.2006, 5 AZR 754/05).

Es ist nach neuer Rechtssprechung die nicht vertragsgemäße Arbeit nicht ohne Weiteres mit unzumutbarer Arbeit gleichzusetzen. In der vorbezeichneten Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht die mit Urteil vom 03.12.1980 aufgestellte Rechtssprechung aufgegeben, ein Arbeitnehmer unterlasse nicht böswillig die anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft, wenn er es ablehne, eine vom Arbeitgeber unter Überschreitung der Grenzen des Direktionsrecht zugewiesene Tätigkeit zu verrichten.

Der Arbeitnehmer darf im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich vertragsgemäße Arbeit zu vertragsgemäßen Bedingungen erwarten.

Bietet der Arbeitgeber objektiv vertragswidrige Arbeit an, sind im Hinblick auf § 615 Satz 2 BGB die Art dieser Arbeit und die sonstigen Arbeitsbedingungen im Vergleich zu der bisherigen Arbeit zu prüfen. Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme beim Arbeitnehmer hängt regelmäßig davon ab, aus welchen Gründen der Arbeitgeber keine vertragsgemäße Arbeit anbietet. Dies hat der Arbeitgeber darzulegen. Bestehen für die Änderung dringende Gründe, denen nicht von vorneherein eine Billigung versagt werden kann, handelt der Arbeitnehmer nicht rücksichtsvoll, wenn er die Arbeit allein deswegen ablehnt, weil sie nicht vertragsgemäß ist und deshalb ohne Erwerb bleibt. Die beiderseitigen Gründe für die Zuweisung bzw. Ablehnung der neuen Arbeit sind zu benennen und sodann gegeneinander abzuwägen. Bei einem Irrtum des Arbeitgebers über die Vertragsgemäßheit ist auch die Vertretbarkeit seines Standpunkts zu berücksichtigten.

Diese nach der neueren Rechtssprechung vorzunehmende Prüfung der Umstände des Einzelfalles führt zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht böswillig handelte, auch wenn er die verschiedenen Angebote der Beklagten zur Wiederaufnahme der Beschäftigung zu nicht vertragsgemäßen Bedingungen nicht angenommen hat.

Sämtliche Aufforderungen der Beklagten bis einschließlich Januar 2006 waren davon geprägt, dass die Beklagte von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ihre ursprüngliche Kündigung zum 31.01.2005 ausgegangen ist, dies auch in vertraglichen Formulierungen festlegen wollte.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Annahme des Klägers dieser Angebote zu nicht mehr reparablen Rechtsverlusten geführt hätte. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, all solche Arbeitsplätze müssen außer Betracht bleiben, deren Aufnahme mit Rechtsverlusten einhergingen, insbesondere bei Übernahme neuer Dauerarbeitsplätze. Hätte der Kläger den schriftlich vorliegenden Angeboten entsprochen, wonach eine Neueinstellung erfolgte, allerdings mit einem gewissen Ausgleich der zwischenzeitlich eingetretenen Nachteile, wäre ein dauerhafter Rechtsverlust, auch in einer sozialversicherungsrechtlichen Position eingetreten.

Das Arbeitsgericht hat weiter zutreffend darauf abgestellt, dass der Beklagten die Möglichkeit gegeben gewesen wäre, dem Kläger eine befristete Weiterbeschäftigung zu gewissen Bedingungen anzubieten, ohne dass letztendlich der Status des Klägers, der noch vom Ausgang des Kündigungsschutzrechtstreits abhängig war, endgültig festgelegt worden wäre.

Die Beklagte hatte die Möglichkeit, den Kläger zu beschäftigen. Die Beklagte hatte darüber hinaus die Möglichkeit, den Kläger auch zu den ursprünglichen arbeitsvertraglichen Bedingungen zu beschäftigen und durch eine derartige Erklärung möglicherweise den Annahmeverzug zu beseitigen. Sie hätte hierzu lediglich ihren noch vor dem Berufungsverfahren anhängigen Rechtstreit durch Berufungsrücknahme beenden können und somit den unbestreitbaren Fortbestand des Arbeitsverhältnisses des Klägers herbeiführen können. Stattdessen hat sie sich darauf festgelegt, dem Kläger geänderte Vertragsbedingungen anzudienen, die im Übrigen gerichtsbekannt auch bei klagenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Beklagten nicht ihre soziale Rechtfertigung fanden, jedenfalls sofern Entgeltabsenkungen hiermit verbunden waren.

Für die angebotene Änderung bestanden somit keine dringenden Gründe, denen nicht von vorneherein eine Billigung versagt werden könne. Der Kläger handelte nicht rücksichtslos, wenn er die Arbeit deswegen abgelehnt hat.

Letztlich stand dem Kläger auch ab 01.02.2006 Entgeltfortzahlungsanspruch aus Annahmeverzug zu, weil das von ihm geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht, zumindest für einen nicht unerheblichen Lohnzeitraum von drei Monaten für die Zeit von Februar 2005 bis April 2005, jedenfalls die Zurückhaltung der Arbeitsleistung rechtfertigte.

V.

Auch der Höhe nach ist die geltend gemachte Forderung nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat zwar, dies ist zwischen den Parteien unstreitig, vorgetragen, sie habe mit dem Kläger eine Stundenlohnvereinbarung getroffen. Sie hat aber weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich, obwohl ihr die Zahlen vorlagen und obwohl das Arbeitsgericht hierauf hingewiesen hat, dargelegt, dass die monatlich durchschnittlich vom Kläger erzielte Vergütung unter der vom Kläger für die einzelnen Monate geforderten Summe blieb. Hierzu wäre ein entsprechender substantiierter Vortrag unter Vorlage aussagekräftiger Lohnabrechnungen, über die die Beklagte ebenfalls verfügt, notwendig gewesen.

VI.

Aus allem folgt, dass die angefochtene Entscheidung des Arbeitsgerichts zutreffend ist. Die Berufung der Beklagten war mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kammer hat nach Anregung der Parteien die Zulassung der Revision ausführlich beraten.

Eine Notwendigkeit besteht angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG jedoch nicht, weil die Kammer die Grundsätze der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Frage des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs auf den vorgenannten Sachverhalt uneingeschränkt angewendet hat und auch sonst Zulassungsgründe nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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