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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 19.07.2005
Aktenzeichen: 2 Ta 161/05
Rechtsgebiete: UWG, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

UWG § 17 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 149
ZPO § 149 Abs. 1
ZPO § 149 Abs. 2
ZPO § 252
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ArbGG § 78 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Ta 161/05

Entscheidung vom 19.07.2005

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 09.06.2005 - 2 Ca 6/05 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger wehrt sich vorliegend gegen eine Aussetzung des Verfahrens.

Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren Zahlungsklage eingereicht, die er im Laufe des Prozesses zurückgenommen hat, nachdem die Beklagte nach seiner Bekundung ihre Verpflichtung erfüllt hat.

Die Beklagte hat Widerklage erhoben und berühmt sich derzeit noch eines Schadensersatzanspruches gegenüber dem Kläger.

Gegenüber dem Kläger ist ein Strafverfahren anhängig wegen Verrates von Geschäftsgeheimnissen gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG; er wurde durch das Amtsgericht Chemnitz nach Durchführung einer Beweisaufnahme insbesondere durch Vernehmung der Zeugen R. D. und T. Sch. zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Strafverfahren befindet sich derzeit vor dem Landgericht Chemnitz im Berufungsverfahren.

Nach Durchführung der Kammerverhandlung hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 09.06.2005 den vorliegenden Rechtsstreit gemäß § 149 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gegenüber dem Kläger ausgesetzt. Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt dieses Aussetzungsbeschlusses (Bl. 295 - 302 d.A.) hiermit im Einzelnen Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss hat der Kläger "Beschwerde" eingelegt und geltend gemacht, eine Aussetzung sei unnötig, da das Arbeitsgericht die beiden von ihm angebotenen Zeugen, die auch schon im Strafverfahren vernommen wurden, vernehmen müsse und sich dabei die Unbegründetheit der Widerklage der Beklagten ergebe.

Die Richterin hat durch Beschluss vom 28.06.2005 dem Rechtsmittel nicht abgeholfen, weil die Einwendungen des Besschwerdeführers gegen die Verfahrensaussetzung sachlich unbegründet seien.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 78 Satz 2 ArbGG, 252, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und darüber hinaus auch noch begründet.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg, weil im eingeschränkten Umfang der Überprüfungsmöglichkeit des Aussetzungsbeschlusses keine Ermessensfehler des Arbeitsgerichts ersichtlich sind.

Nach § 149 Abs. 1 ZPO "kann" das Gericht den Rechtsstreit wegen des Verdachtes einer Straftat einer Partei aussetzen, um den Ausgang eines Strafverfahrens abzuwarten, um sich dessen unter Umständen bessere Erkenntnismöglichkeiten nutzbar zu machen und widersprechende Entscheidungen zu vermeiden. Diese Möglichkeit besteht trotz der eigenen Beweiswürdigung des Zivilgerichtes (§ 286 ZPO) und trotz der Unverbindlichkeit des Strafurteils für das Zivilgericht (§ 14 Abs. 2 Satz 1 EGZPO). Bei seiner Ermessensentscheidung muss das aussetzende Gericht die Verzögerung des Zivilprozesses gegen den möglichen Erkenntnisgewinn im Strafverfahren abwägen. Bei der vorzunehmenden Ermessensentscheidung hat das aussetzende Gericht im arbeitsgerichtlichen Verfahren auch auf den hier geltenden besonderen Beschleunigungsgrundsatz (§ 9 Abs. 1 ArbGG) Bedacht zu nehmen. Voraussetzung für eine Aussetzung ist ein aus Sicht des Gerichts und nicht nur nach bloßer Behauptung einer Partei bestehender Verdacht einer strafbaren Handlung eines Prozessbeteiligten. Ein derartiger Verdacht ist vorliegend gegeben, da der Beschwerdeführer erstinstanzlich im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Chemnitz bereits wegen Verrates von Geschäftsgeheimnissen zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Ob diese Verurteilung im Berufungsrechtszug des Strafverfahrens Bestand haben wird, darauf kommt es vorliegend nicht an, weil aufgrund dieses erstinstanzlichen Urteils zumindest ein begründeter Verdacht einer strafbaren Handlung des Beschwerdeführers besteht. Das Arbeitsgericht hat sich sowohl im angefochtenen Beschluss als auch in seiner Nichtabhilfeentscheidung sorgfältig mit den für und gegen die Aussetzung sprechenden Gründen auseinandergesetzt und eine ins Einzelne gehend begründete Ermessensentscheidung getroffen. Es kann vorliegend auch nicht davon ausgegangen werden, dass mit einer Verzögerung der Beendigung des Strafverfahrens um mehr als 1 Jahr zu rechnen ist, weil in diesem Falle eine Aussetzung in der Regel nach § 149 Abs. 2 ZPO zu unterbleiben hat. Wenn sich das Arbeitsgericht vom Ausgang des Strafverfahrens weitere Erkenntnisse erhofft wegen des dort bestehenden erheblich erweiterten Überprüfungsumfangs, so handelt es sich hierbei um ein ermessensfehlerfreies Motiv. Der arbeitsgerichtliche Beschleunigungsgrundsatz steht im Streitfalle einer Aussetzung auch nicht entgegen. Zutreffend hat die Richterin in ihrer Nichtabhilfeentscheidung darauf hingewiesen, dass vorliegend allein noch die Widerklage der Beklagten wegen eines Schadensersatzanspruches gegenüber dem Beschwerdeführer Streitgegenstand ist. Die Beklagte hat sich aber gegen die Aussetzung nicht ausgesprochen, sondern ausdrücklich damit einverstanden erklärt.

Im Rechtsmittel nach § 252 ZPO findet nach allgemeiner Auffassung nur eine eingeschränkte Nachprüfung der Aussetzungsentscheidung statt (vgl. etwa Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 252 Rz 3; Musielak/Stadler, ZPO, 3. Aufl., § 252 Rz 4). Das durch das ZPO-Reformgesetz eingeführte neue Beschwerderecht hat an diesem Rechtszustand nichts geändert. Allerdings ordnet nunmehr § 149 Abs. 2 ZPO ausdrücklich an, dass auf Antrag einer der Parteien die mündliche Verhandlung fortzusetzen ist, wenn seit der Aussetzung ein Jahr vergangen ist, es sei denn, dass gewichtige Gründe für die Aufrechterhaltung der Aussetzung sprechen. Die Parteien erhalten damit eine Möglichkeit, sich gegen solche Aussetzungen zur Wehr zu setzen, in denen sich das Strafverfahren über einen langen Zeitraum hinzieht (vgl. hierzu Schmidt/Schwab/Wildschütz, NZA 2001, 1165; Schwab/Weth/Zimmerling, ArbGG, § 46 Rz 34). Der sorgfältig begründete Aussetzungsbeschluss des Vordergerichts lässt weder einen Verfahrensfehler noch einen etwaigen Missbrauch des Ermessens erkennen. Ob der Aussetzungsbeschluss zweckmäßig erscheint, kann durch die Beschwerdeinstanz nicht überprüft werden. Ob das Strafverfahren im Einzelfall tatsächlich bessere Erkenntnisquellen verschafft, muss einem möglichen Rechtsmittelverfahren in der Hauptsache vorbehalten bleiben.

Nach alledem war die unbegründete Beschwerde des Beschwerdeführers zurückzuweisen.

Im Beschwerdeverfahren war keine Kostenentscheidung zu treffen, weil entstandene Kosten Teil der Prozesskosten und gegebenenfalls bei der Hauptsacheentscheidung zu berücksichtigen sind (vgl. Zöller/Greger, a.a.O. § 252 Rz 3).

Ein Rechtsmittel konnte gegen diese Entscheidung nicht zugelassen werden, weil die Kriterien von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG nicht erfüllt sind. Diese Entscheidung ist somit nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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