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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 15.06.2004
Aktenzeichen: 2 TaBV 2/04
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 99
BetrVG § 99 Abs. 1
BetrVG § 100
ArbGG § 87 Abs. 1
ZPO § 256
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 TaBV 2/04

Verkündet am: 15.06.2004

Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 3. Dezember 2003 - 10 BV 2031/03 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Arbeitgeberin hat im vorliegenden Verfahren die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von Leiharbeitnehmern für die 49., 50. und 51. Kalenderwoche 2003 begehrt sowie die Feststellung, dass die vorläufige Einstellung von Leiharbeitnehmern aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Die Arbeitgeberin betreibt in A-Stadt ein Frachtpostzentrum. Auf ihren Antrag vom 06.11.2003 über die beabsichtigte Einstellung von Leiharbeitnehmern für das bevorstehende Weihnachtsgeschäft teilte der Betriebsrat mit Schreiben vom 07.11.2003 mit, dass er zum Zustimmungsantrag gemäß § 99 BetrVG keine Stellungnahme abgeben könne, weil ihm noch notwendige Informationen fehlten. Außerdem hat der Betriebsrat bestritten, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 03.12.2003 festgestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrates zu der befristeten Einstellung von insgesamt

a.) 25 Leiharbeitnehmern in der 49. Kalenderwoche 2003,

b.) 62 Leiharbeitnehmern in der 50. Kalenderwoche 2003

c.) 98 Leiharbeitnehmern in der 51. Kalenderwoche 2003

als erteilt gilt.

Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die vorläufige Einstellung von

a.) 25 Leiharbeitnehmern in der 49. Kalenderwoche 2003

b.) 62 Leiharbeitnehmern in der 50. Kalenderwoche 2003

c.) 98 Leiharbeitnehmern in der 51. Kalenderwoche 2003 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die Sachverhaltsdarstellung dieses Beschlusses (Bl. 43 - 46 d.A.) ins Einzelne gehend Bezug genommen. In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht angenommen, es liege kein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrats vor mit der Folge, dass mit Ablauf der Wochenfrist die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Einstellung von befristet beschäftigten Leiharbeitnehmern als erteilt gilt. Auch sei die vorläufige Einstellung der Leiharbeitnehmer dringend erforderlich gewesen. Zur Darstellung der Entscheidungsgründe wird hiermit ins Einzelne gehend auf die Seiten 5 - 15 dieses Beschlusses (Bl. 46 - 56 d.A.) Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss hat der Betriebsrat form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.

Nach Auffassung des Betriebsrates habe das Arbeitsgericht die Sach- und Rechtslage fehlerhaft beurteilt. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der Betriebsrat überhaupt keine Stellungnahme zum Antrag der Arbeitgeberin abgegeben und lediglich die fehlende ausreichende Unterrichtung moniert habe. Wegen unvollständiger Unterrichtung sei auch die Wochenfrist zur Stellungnahme noch nicht in Lauf gesetzt worden.

Der Betriebsrat beantragt unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses,

1. festzustellen, dass die Zustimmung des Betriebsrates zu der befristeten Einstellung von insgesamt

a) 25 Leiharbeitnehmern in der 49. Kalenderwoche 2003

b) 62 Leiharbeitnehmern in der 50. Kalenderwoche 2003

c) 98 Leiharbeitnehmern in der 51. Kalenderwoche 2003 nicht als erteilt angesehen werden durfte,

2. festzustellen, dass die vorläufige Einstellung von

a) 25 Leiharbeitnehmern in der 49. Kalenderwoche 2003

b) 62 Leiharbeitnehmern in der 50. Kalenderwoche 2003

c) 98 Leiharbeitnehmern in der 51. Kalenderwoche 2003 nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat das vorliegende Verfahren wegen Ablaufs der zeitlich befristeten Maßnahmen für erledigt erklärt. Darüber hinaus verteidigt sie den erstinstanzlichen Beschluss, der die Sach- und Rechtslage zutreffend beurteilt habe. Im übrigen sei das Verfahren wegen ihrer Erledigungserklärung abgeschlossen.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze, insbesondere auf die Beschwerdebegründungsschrift des Betriebsrats vom 05.04.2004 und auf die Beschwerdeerwiderung der Arbeitgeberin vom 13.05.2004, jeweils nebst Anlagen, auf die gerichtlich erteilten Hinweise sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Der Betriebsrat hat im Beschwerdeverfahren nicht etwa beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses die Anträge der Arbeitgeberin zurückzuweisen, sondern hat negative Feststellungsklage erhoben mit im Übrigen gleichem Wortlaut wie das erstinstanzliche Gericht den Anträgen der Arbeitgeberin stattgegeben hatte. Damit hat der Betriebsrat den Streitgegenstand im Beschwerdeverfahren nicht entscheidend geändert, er begehrt lediglich die Feststellung, dass die erstinstanzliche Entscheidung in der Sache nicht richtigwar. Mit diesem Antrag hat er den Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens substantiell nicht verändert. Auch das Beschwerdegericht müsste alleine die gleichen Streitfragen prüfen, um dem Antrag des Betriebsrats stattgeben zu können, die bereits Gegenstand des angefochtenen Beschlusses waren. Eine derartige Feststellung kann der Betriebsrat im Hinblick auf den Ablauf der betreffenden Maßnahme nunmehr nicht mehr stellen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. etwa AP Nr. 3 zu § 83 a ArbGG 1979), dass mit dem Abschluss einer Maßnahme im Rahmen von § 99 Abs. 1 BetrVG auch keine gerichtliche Entscheidung mehr ergehen kann, in der die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung eines Arbeitnehmers für einen befristeten Zeitraum ersetzt wird. Mit Ablauf dieses Zeitraumes können die Gerichte für Arbeitssachen über die streitige Maßnahme nicht mehr nachträglich befinden. Es liefe auf die Erstellung eines unzulässigen Rechtsgutachtens hinaus, ob die abgeschlossene Maßnahme (Einstellung von Leiharbeitnehmern in der 49. bis 51. Kalenderwoche 2003) damals rechtens war oder nicht. Eine gerichtliche Entscheidung zum derzeitigen Zeitpunkt würde entweder dem Betriebsrat oder dem Arbeitgeber lediglich bestätigen, dass er früher Recht gehabt habe. Dafür ist das Beschlussverfahren nicht gegeben. Die im Rahmen von § 99 BetrVG ergehenden Entscheidungen haben nur Wirkung für die Zukunft. Das gilt auch für einen Antrag nach § 100 BetrVG, weil darin lediglich bestätigt wird, dass die betreffenden Arbeitnehmer trotz der versagten Zustimmung des Betriebsrates auch von kollektiv rechtlicher Seite her in nicht zu beanstandender Weise im Betrieb eingesetzt wurden.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BAG, dass zwischen einem Antrag, der auf eine konkrete Maßnahme gerichtet ist und einem Antrag, der - losgelöst von einem konkreten Streitfall - eine unter den Beteiligten streitige Rechtsfrage zur Entscheidung stellt, zu unterscheiden ist. Ist der Antrag des Antragstellers lediglich auf eine konkrete Maßnahme gerichtet, so entfällt für einen Feststellungsantrag das Feststellungsinteresse, wenn diese Maßnahme abgeschlossen ist. Will der Antragsteller eine die Beteiligten bindende rechtskräftige Entscheidung über die zwischen den Betriebspartnern streitige abstrakte Rechtsfrage erwirken, so muss er einen darauf gerichteten, von dem konkreten Streitfall losgelösten Antrag stellen. Es handelt sich hierbei in aller Regel um einen allgemeinen Feststellungsantrag im Sinne von § 256 ZPO, mit dem ein ganz bestimmtes "Rechtsverhältnis" vom Gericht geklärt wird.

Einen derartigen Antrag hat der Betriebsrat im Beschwerdeverfahren nicht verfolgt. Es ist nicht erkennbar, welche allgemeine und zudem zwischen den Parteien streitige Rechtsfrage im Zusammenhang mit der zeitlich befristeten Einstellung von Leiharbeitnehmern anlässlich des jeweiligen Weihnachtsgeschäftes geklärt werden soll. Einen solchen allgemeinen Feststellungsantrag hat der Betriebsrat auch im Beschwerdeverfahren nicht gestellt. Sein negativer Feststellungsantrag bezieht sich auf einen ganz konkreten zurückliegenden Vorgang, der als solcher abgeschlossen ist. Es mag vorliegend dahingestellt bleiben, ob für einen solchen Antrag das Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO fehlt, oder ob ein solcher Antrag lediglich unbegründet ist. Insbesondere haben die negativen Feststellungsanträge des Betriebsrates keine Bewandtnis für die Zukunft. Sie beziehen sich ausdrücklich auf eine ganz bestimmte Anzahl von Leiharbeitnehmern für einen abgeschlossenen Zeitraum und sind nicht geeignet, ein streitiges Rechtsverhältnis für die Zukunft zu klären.

Nach alledem war die Beschwerde des Betriebsrates gegen den angefochtenen erstinstanzlichen Beschluss zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht konnte angesichts der gesetzlichen Kriterien von §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 72 Abs. 2 ArbGG nicht zugelassen werden.

Ein Rechtsmittel ist gegen den vorliegenden Beschluss nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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