Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 13.11.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 975/06
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 138 Abs. 4
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 286
ZPO § 287
BGB § 242
BGB § 249
BGB § 254
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 276 Abs. 1 S. 1
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1 S. 1
BGB § 288
BGB § 291
BGB § 619a
BGB §§ 823 ff.
BGB § 830
BGB § 830 Abs. 1
BGB § 830 Abs. 1 S. 2
BGB § 830 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.10.2006 - 2 Ca 737/06 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Unter Abweisung der Widerklage im übrigen wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 23.872,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.09.2006 zu zahlen.

II. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zu 1/4 und der Beklagten zu 3/4 zur Last, - ausgenommen davon sind, soweit erstattungsfähig, die außergerichtlichen Kosten des Widerbeklagten ( E.); diese Kosten hat die Beklagte zu tragen.

IV. Der Streitwert wird

- für die 1. Instanz auf 100.400,00 EUR

und

- für das Berufungsverfahren auf 100.296,77 EUR

festgesetzt.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist bei der Beklagten zu einer monatlichen Vergütung von 400,00 EUR und der - mit der Klägerin verheiratete - Drittwiderbeklagte ist bei der Beklagten zu einer monatlichen Vergütung von 401,00 EUR beschäftigt gewesen. Soweit für das Berufungsverfahren von Interesse beanspruchen

- die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von 296,77 EUR (Vergütung für die Zeit vom 01.03.2006 bis zum 23.03.2006)

und

- die Beklagte von der Klägerin und von dem Drittwiderbeklagten (gesamtschuldnerisch) die Zahlung von 100.000,00 EUR (nebst Zinsen).

Die Beklagte behauptet, dass im Zeitraum vom 01.11.2004 bis zum 18.03.2006 Geld in Höhe von 121.450,90 EUR unterschlagen worden sei. Grund dafür, nur einen Betrag von 100.000,-- EUR von den beiden Widerbeklagten zu fordern, ist

- nach den Darlegungen der Beklagten -, dass die Beklagte zum einen davon ausgehe, dass ein diese Summe übersteigender Betrag sicherlich niemals vollstreckbar sein werde, - zum anderen habe der Geschäftsführer der Beklagten ursprünglich die Absicht gehabt, die Klägerin für den vermeintlich uneigennützigen Einsatz wenigstens teilweise zu entlohnen, - sobald die wirtschaftliche Situation dies zugelassen hätte.

Zur Ermittlung des Betrages von 121.450,90 EUR führt die Beklagte u.a. aus:

Sie verweist auf die Differenz der auf der Bahn gefahrenen Fahrten (= F) zu den verkauften Fahrten (= V):

- November 2004: 2.269 (F) zu 1.255 (V)

- Dezember 2004: 2.337 (F) zu 1.369 (V)

- Januar 2005: 2.781 (F) zu 1.587 (V)

- Februar 2005: 1.725 (F) zu 855 (V)

- März 2005: 2.737 (F) zu 1.461 (V)

- April 2005: 2.682 (F) zu 1.359 (V)

- Mai 2005: 2.812 (F) zu 1.365 (V)

- Juni 2005: 1.985 (F) zu 919 (V)

- Juli 2005: 2.973 (F) zu 1.527 (V)

- August 2005: 3.751 (F) zu 2.227 (V)

- September 2005: 2.758 (F) zu 1.262 (V)

- Oktober 2005: 3.468 (F) zu 1.834 (V)

- November 2005: 2.527 (F) zu 1.221 (V)

- Dezember 2005: 1.951 (F) zu 867 (V)

- Januar 2006: 2.645 (F) zu 1.337 (V)

- Februar 2006: 1.997 (F) zu 939 (V)

- März 2006 (vom 01.03. - 18.03.): 1.294 (F) zu 671 (V).

Die Beklagte verweist u.a. weiter auf die "Zusammenstellung der Ausdrucke der Kassenbuchungen vom 01.11.2004 bis 18.03.2006" (gemäß Anlage B 4 = Bl. 96 ff. d.A.).

In der Akte (Bl. 82 bis 95 d.A.) befindet sich u.a. eine Anlage B 3. Dort sind Aufzeichnungen enthalten u.a. mit den Datumsangaben 01.03.2004, 01.03.2005 und 01.03.2006 (- Angabe jeweils bei "Verantwortlich": "Nobody" -; ähnliche Aufzeichnungen befinden sich in Bl. 133 bis 157 d.A.). Teilweise enthalten die Aufzeichnungen namentliche Zuordnungen, wie etwa: "G.", "B." (- s. z.B. Bl. 134 d.A.).

Die Anlage B 4 (Bl. 96 ff. d.A.) enthält in der letzten Rubrik "Fehlbetrag (Ticket 7,50 EUR)" tägliche Fehlbeträge, die sich für die einzelnen Monate auf folgende Beträge summieren:

- November 2004: 5.947,50 EUR

- Dezember 2004: 5.505,00 EUR

- Januar 2005: 6.877,50 EUR

- Februar 2005: 5.242,50 EUR

- März 2005: 7.537,50 EUR

- April 2005: 7.912,50 EUR

- Mai 2005: 8.752,50 EUR

- Juni 2005: 6.495,00 EUR

- Juli 2005: 8.617,50 EUR

- August 2005: 8.625,00 EUR

- September 2005: 9.157,50 EUR

- Oktober 2005: 9.885,00 EUR

- November 2005: 7.935,00 EUR

- Dezember 2005: 6.682,50 EUR

- Januar 2006: 7.837,50 EUR

- Februar 2006: 6.435,00 EUR

- März 2006 (01.03. bis 18.03.): 3.712,50 EUR.

(= 123.157,50 EUR).

Nach Ansicht der Beklagten ergibt sich eine Summe von insgesamt 18.213 Fahrten, welche ausgeführt worden seien, - jedoch nicht verkauft worden sein sollen. Hiervon seien - so führt die Beklagte weiter aus - bei der Schadensberechnung maximal noch einmal 10 Prozent abgezogen worden. Grund hierfür sei, dass regelmäßig für Kontrollfahrten und Werkstattfahrten einige der Fahrten anfielen, - welche also Betriebsfahrten sowie Fahrten von Mitarbeitern und Geschäftspartnern gewesen seien könnten. Dabei sei jedoch festgestellt worden, dass tatsächlich die Summe der betrieblich veranlassten Fahrten einen Anteil von ca. 5 Prozent ausmachten (Beweis: Zeugnis U., O. und L.). Es verblieben also mindestens 16.392 Fahrten, welche normal abzurechnen gewesen wären. Jede dieser Fahrten wäre mit einem durchschnittlichen Preis von 7,20 EUR (vom 01.11.2004 bis 30.08.2005) und 7,70 EUR ab dem 01.09.2005 zu berechnen, so dass davon auszugehen sei, dass mindestens Geld für den Verkauf von Tickets in Höhe von 121.450,90 EUR im Zeitraum vom 01.11.2004 bis zum 18.03.2006 unterschlagen worden sei. Buchungen der Bahn für Pauschalpreise, Getränke, Speisen und Zubehör sei nicht überprüft worden.

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 12.10.2006 - 2 Ca 737/06 -, (dort S. 2 ff. = Bl. 184 ff. d.A.). Nach näherer Maßgabe des Urteilstenors, der wegen der Streitwertfestsetzung gemäß Beschluss vom 24.11.2006 - 2 Ca 737/06 - (Bl. 203 f. d.A.) berichtigt worden ist, hat das Arbeitsgericht unter jeweiliger Abweisung der Widerklage und der Klage im übrigen die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 296,77 EUR zu zahlen.

Gegen das ihr am 04.12.2006 zugestellte Urteil vom 12.10.2006 hat die Beklagte am 14.12.2006 Berufung eingelegt und diese - innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist (s. dazu den Verlängerungsbeschluss vom 03.01.2007 (Bl. 221 d.A.) - am 05.03.2007 mit dem Schriftsatz vom 04.03.2007 begründet.

Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung (einschließlich der Beweisantritte) der Beklagten wird auf deren Schriftsatz vom 04.03.2007 (Bl. 227 ff. d.A.) verwiesen.

Dort verweist die Beklagte u.a. darauf, dass die Klägerin als einzige Person neben dem Geschäftsführer der Beklagten einen Schlüssel zu der Kasse und dem dort befindlichen Schrank, in dem die Tickets aufbewahrt würden, besessen habe. Sowohl die Kasse mit den Einnahmen als auch die Tickets seien nach Feierabend in den Tresor zu legen gewesen, zu dem wiederum nur die Klägerin und der Geschäftsführer einen Schlüssel besessen hätten. Richtig sei, dass die Tickets nicht durchnummeriert und nicht "besonders gesichert" gewesen seien. Richtig sei auch, dass die Tickets nicht jeden Abend gezählt worden seien. Da die Tickets wie die Einnahmen der Kasse nur dem Zugriff der Klägerin ausgesetzt gewesen seien, diese die Schlüsselgewalt über die Behältnisse besessen habe, in denen beides aufbewahrt worden sei und zudem die Anweisung als auch die Möglichkeit bestanden habe, beim kurzfristigen Verlassen des Arbeitsplatzes die Kasse und den Schrank zu verschließen, sei die Entziehung der Karten vom Verkauf, die das Arbeitsgericht als alternative Möglichkeit nenne, jedenfalls ohne ein Mitwirken der Klägerin nicht möglich gewesen.

Die (weitere) Schutzbehauptung der Klägerin - so führt die Beklagte weiter aus -, sie habe abends mit dem Geschäftsführer besprochen, welche der nicht eingebuchten Beträge auch weiterhin nicht verbucht bleiben sollten, lasse sich widerlegen. Die Aufzeichnung auf der Kassenrolle biete gar nicht die Möglichkeit, zunächst nicht eingebuchte Beträge nachträglich noch zu verbuchen. Dazu hätte jedenfalls nach Feierabend jeweils ein Verkauf von Tickets in Höhe des noch nachzubuchenden Betrages in die Kasse eingebucht werden müssen, so dass regelmäßig nach Feierabend noch etwa 30 bis 80 Tickets auf einmal hätten in die Kasse eingegeben werden müssen, soweit der Geschäftsführer bestimmt hätte, dass die an dem Tag nicht eingebuchten Beträge hätten nachgebucht werden sollen. Zudem wäre eine solche tägliche Abrechnung und Besprechung mit dem Geschäftsführer gar nicht möglich gewesen, weil dieser selbst bei Feierabend oft gar nicht mehr im Betrieb anwesend gewesen sei und häufig am nächsten Morgen erst nach der Klägerin im Betrieb erschienen sei, wenn bereits neue tatsächliche Verkäufe gebucht worden seien.

Die Beklagte erklärt:

Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass ausnahmslos sämtliche Tickets, deren Verkauf nicht verbucht worden sei, zu dem preiswertesten aller Verkaufspreise, nämlich dem Happy-hour-Preis von 7,00 EUR verkauft worden wären, so ergäbe sich hieraus bereits ein Betrag von 114.744,00 EUR. Stundenweise Buchungen der Bahn für Pauschalpreise seien nicht eingerechnet worden. Diese seien aus den Daten leicht auszusondern, da bei einer stundenweisen Pauschalbuchung keine Fahrten in den üblichen Zeitintervallen anfielen.

Die Beklagte macht geltend, dass strittig lediglich sei, wer die Gelder (Verkaufserlöse) zu welchem Zweck entnommen habe. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausführe, könne eine Entnahme durch den Geschäftsführer zum Kauf von Zigaretten schon der Höhe nach keine Erklärung darstellen, - eine derartige Entnahme könne auch keine Erklärung dafür bieten, dass die in die Kasse eingebuchten Beträge mit dem angeblichen Kasseninhalt übereinstimmten. Die Beklagte macht geltend, dass die einzige mögliche Erklärung dafür, dass der Kassenbestand stets mit den Einnahmen übereingestimmt habe, sei, dass die Klägerin jeweils den Betrag entnommen habe, der der Summe der nicht gebuchten Verkäufe entsprochen habe. Nur die Klägerin habe diesen Betrag kennen können. Die Schadenshöhe könne in Ermangelung substantiierter Gegenangaben nach § 287 ZPO geschätzt werden. Die Beklagte habe genügend Fakten genannt, die eine Schätzung ermöglicht hätten. Dazu führt die Beklagte auf den Seiten 12 ff. der Berufungsbegründung aus. In diesem Zusammenhang verweist die Beklagte u.a. darauf, dass sich das Verhältnis zwischen den verkauften Fahrten und gefahrenen Runden mit dem Weggang der Klägerin plötzlich zunächst umgekehrt habe. Feststellbar sei aber jedenfalls - ausgehend von den Ereignissen vom 16.03., 17.03. und 18.03.2006 - ein Mindestschaden in Höhe von 1.457,70 EUR monatlich (s. dazu im einzelnen die Ausführungen unter C. 1. c) bb) ccc) der Berufungsbegründung - S. 17 f.).

Weiter verweist die Beklagte auf die nach ihrer Ansicht durch die Vermögenssituation der Klägerin und des Drittwiderbeklagten gegebenen Anhaltspunkte.

Nach näherer Maßgabe der Darlegungen auf den Seiten 19 ff. wirft die Beklagte dem Arbeitsgericht jeweils eine Verkennung der Beweisanforderungen insbesondere wegen gegebenem Anscheinsbeweis und gegebener Beweislastumkehr vor. Das Arbeitsgericht habe den nach § 286 ZPO zu führenden Beweis zu weit ausgedehnt. Es habe die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast zu Lasten der Beklagten weit überdehnt. Die Ausführungen zur Berufungsbegründung setzen sich fort in dem Schriftsatz der Beklagten vom 04.03.2007, der am 05.03.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Auch hierauf wird vollinhaltlich verwiesen (Bl. 252 ff. d.A. und insbesondere Bl. 276 ff. d.A.). Demgemäß sind insbesondere die von der Beklagten dort auf den Seiten 28 f. des Schriftsatzes vom 04.03.2007 genannten Umstände zu berücksichtigen (- von der Beklagten "Tatsachen und Indizientatsachen" genannt; Bl. 278 f. d.A.). Im Rahmen ihrer weiteren Ausführungen (S. 29 ff.) des Schriftsatzes vom 04.03.2007 möchte die Beklagte berücksichtigt haben, dass unbefugte Entnahmen der nicht verbuchten Gelder durch Dritte ausscheiden würden. Die Beklagte verweist darauf, dass sich die finanzielle Situation der Klägerin nicht mit deren Status als Hartz IV-Empfängerin erklären lasse. Auf den Seiten 36 ff. des Schriftsatzes vom 03.04.2007 wirft die Beklagte dem Arbeitsgericht weitere Verletzungen der Hinweis- und Aufklärungspflichten ebenso vor wie einen Verstoß gegen den Grundsatz der Beweiserschöpfung.

Soweit es um die Klageforderung geht, legt die Beklagte auf den Seiten 41 f. des Schriftsatzes vom 04.03.2007 dar, dass mit dem Anspruch von weit über 100.000,00 EUR gegen die Gehaltsforderung von 296,77 EUR habe aufgerechnet werden können.

Ausführungen zur Frage der gesamtschuldnerischen Haftung des Drittwiderbeklagten folgen auf den Seiten 42 f. des Schriftsatzes vom 04.03.2007. Der Drittwiderbeklagte könne - so bringt die Beklagte vor - angesichts des Verhältnisses zwischen tatsächlichem Lebensstandard und offiziell vorhandenen Einnahmen der Klägerin und des Drittwiderbeklagten nicht ernsthaft behaupten, die durch die Klägerin begangenen Untreuehandlungen seien ihm verborgen geblieben. Da der Drittwiderbeklagte selbst weit über seine Verhältnisse gelebt habe und somit auch bewusst den "Erfolg" der Untreuehandlungen der Klägerin für sich mit in Anspruch genommen habe, sei von seiner Billigung dieser Taten (der Klägerin) zweifelsfrei auszugehen, so dass die Voraussetzungen für das Vorliegen einer psychischen Beihilfe anzunehmen seien. Als Arbeitnehmer der Beklagten sei der Drittwiderbeklagte außerdem verpflichtet gewesen, auf möglichen Schaden, der der Beklagten entstehe, hinzuweisen und diesen, wenn möglich, sogar zu verhindern. Der Drittwiderbeklagte habe diese Nebenpflichten jedoch trotz entsprechender Kenntnis nicht erfüllt. Schließlich trägt die Beklagte auf den Seiten 43 ff. des Schriftsatzes vom 04.03.2007 zu weiteren Erkenntnissen vor, die ihre Nachforschungen ergeben hätten. Die Beklagte verweist darauf, dass der Drittwiderbeklagte über einen neuen 1er-BMW (Kennzeichen "..-.. 223") verfüge, der einen Verkaufswert von mindestens 23.000,00 EUR habe (vgl. dazu das Lichtbild des BMW-Fahrzeuges nebst Kart-Anhänger "..-.. 114", Bl. 330 d.A.). Die Beklagte verweist auf den "VW-Käfer" der Tochter der Klägerin und des Drittwiderbeklagten (Lichtbilder des VW-Fahrzeuges, Bl. 333 ff. d.A.). Dabei handele es sich um ein voll restauriertes Liebhaberfahrzeug, dessen Wert die Beklagte auf mindestens 10.000,00 EUR geschätzt habe. Die Beklagte spricht von einem ungewöhnlich vielseitigen Fuhrpark an Fahrzeugen, die dem Drittwiderbeklagten und der Klägerin zur Verfügung stünden. Die Beklagte verweist auf die im Rahmen der Hausdurchsuchung vom 08.01.2007 gemachten Fotografien (Bl 336 ff. d.A.). Unter Bezugnahme auf die Anlage BK 11 behauptet die Beklagte, dass die Klägerin über zahlreiche Uhren und teuren Schmuck verfüge.

Sodann trägt die Beklagte zu den Bareinzahlungen vor, die - insoweit unstreitig - gemäß der Anlage BK 13 im Zeitraum von September 2003 bis September 2006 geleistet worden sind (Schuldentilgungen in Höhe von 27.138,95 EUR; s. dazu den Vermerk des KHK B., Kommissariat , Kriminalinspektion M./Polizeipräsidium M. vom 22.01.2007, Bl. 345 ff. d.A.).

Die Beklagte verweist darauf, dass der Zeuge B. gegenüber dem Drittwiderbeklagten geäußert habe, dass mindestens 100.000,00 EUR "verschwunden" sein müssten. Der Drittwiderbeklagte habe zugegeben, dass bei den Abrechnungen wohl nicht alles ganz gestimmt habe, dass es aber höchstens 30.000,00 EUR seien und dass er zunächst mit seiner Frau darüber sprechen müsse, ob man sich einigen könne. Die Beklagte trägt zu Beobachtungen des Zeugen D. S. vor (Bl. 299 d.A.). Die Beklagte verweist auf die Angaben des Drittwiderbeklagten im Internet. Ergänzend äußert sich die Beklagte im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens mit den Schriftsätzen

- vom 18.04.2007 (Bl. 371 ff. d.A.),

- vom 09.05.2007 (Bl. 408 f. d.A.),

- vom 01.06.2007 (Bl. 428 ff. d.A.),

- vom 02.07.2007 (Bl. 485 ff. d.A.),

- vom 21.07.2007 (Bl. 500 ff. d.A.), - worauf jeweils vollinhaltlich verwiesen wird.

Die Beklagte beantragt,

das am 12.10.2006 verkündete und am 04.12.2006 der Beklagten zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - 2 Ca 737/06 - abzuändern und

1. den Zahlungsantrag der Klägerin abzuweisen und

2. die Klägerin und den Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Beklagte 100.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.

Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte beantragen,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin und der Widerbeklagte verteidigen das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 30.03.2007 (Bl. 362 ff. d.A.), worauf vollinhaltlich Bezug genommen wird.

Dort wird u.a. geltend gemacht, dass der Nachweis der Verursachung des Schadens den strengen Regelungen des § 286 ZPO unterliege. Das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Beklagtenvortrag nicht hinreichend gewesen sei. Es gehe nicht an, dass die Beklagte bei einer behaupteten Schadensverursachung durch die Klägerin und einer weiterhin behaupteten Schadenshöhe von mindestens 100.000,00 EUR sich darauf reduziere, lediglich einen Einzelsachverhalt mit 3 behaupteten Vorfällen darzustellen, um sodann den Rest mit bloßen Vermutungen und § 287 ZPO begründen zu wollen. Die Klägerin bestreitet die ihr durch die Beklagte unterstellten unerlaubten Handlungen sowie den diesbezüglichen Beklagtenvortrag. Die Klägerin behauptet, dass sie angewiesen gewesen sei, den Schlüssel an der Kasse stecken zu lassen, wenn sie die Kasse einmal habe verlassen müssen, um z.B. auf die Toilette zu gehen. In der Berufungsbeantwortung wird darauf verwiesen, dass die Kasse auch durch die Zeugin K. und einen Herrn B. bedient worden sei. Die Fahrtickets hätten für jeden zugänglich in einem Schrank unter der Theke der Kasse gelegen. Stets hätten sich an den Tickets auch diejenigen Mitarbeiter der Beklagten bedient, die gerade Boxendienst gehabt hätten, - ohne dies in irgendeiner Weise festzuhalten oder die Tickets zu bezahlen. Die Zeiterfassung sei seit Übernahme der Bahn durch die Beklagte defekt gewesen und sei auch nicht repariert worden. Die Zeiterfassung habe keinesfalls die tatsächlichen Fahrten auf der Bahn korrekt erfassen können. Unbeachtet geblieben sei die Tatsache, dass manche Kunden ihre Karts während der Fahrt gewechselt hätten oder aber Karts während der Fahrt auch einmal liegen geblieben seien. Unbeachtet sei auch die Vielzahl der verschenkten Karten geblieben, welche eine kostenlose Nutzung der Bahn ermöglichten oder aber sonstige Angebote der Beklagten wie z.B. sogenannte Happy-Power-Tickets. Diverse Clubs hätten gratis auf der Bahn fahren dürfen. Die sogenannten Betriebsfahrten würden nicht nur bei 5 Prozent liegen, sondern bei mindestens 50 Prozent. Völlig absurd sei der Beklagtenvortrag wonach, nur weil die Kasse letztlich gestimmt habe, die Klägerin Beträge unterschlagen haben müsse. Die Klägerin habe niemals der Beklagten irgendetwas gestohlen oder unterschlagen. Die Klägerin oder der Drittwiderbeklagte hätten keinen Lebensstil in Saus und Braus geführt. Der BMW 1-er befinde sich im Eigentum der Tochter und sei dieser auch wirtschaftlich zuzurechnen. Die von der Beklagten erwähnte Internetseite werde seit Beginn des Prozesses im wesentlichen dazu genutzt, den Geschäftsführer der Beklagten zu ärgern. Der Wahrheitsgehalt der Aussage auf der Internetplattform gehe jedenfalls gegen null. Die polizeilich ermittelten Uhren hätten in der Regel keinen höheren Zeitwert als vielleicht 10 bis 20 EUR das Stück. Der Fernseher sei nicht bezahlt. Insgesamt 5 Uhren seien der Klägerin durch den Zeugen A. geschenkt worden. Die Stereoanlage der Klägerin sei 20 Jahre alt und habe keinen reellen Wert mehr. Die Kamera der Klägerin sei ca. 7 Jahre alt, wobei der Wert vielleicht bei 100,00 EUR liege. Schließlich wird in der Berufungsbeantwortung ausgeführt, dass, soweit die Klägerin für den behaupteten und vermeintlichen Schaden nicht haftbar zu machen sei, sich auch keine Anspruchsgrundlage gegen den Widerbeklagten ergebe. Dieser hafte nicht für eventuelle Handlungen der Klägerin.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Die Berufung führt zur Klageabweisung insgesamt und zur teilweisen Verurteilung der Klägerin aufgrund der Widerklage.

II.

Die Klage ist insgesamt unbegründet. Die Beklagte schuldet der Klägerin keine Lohnzahlung für die Zeit vom 01.03.2006 bis zum 23.03.2006 (- die darüber hinaus gehende Klage ist bereits vom Arbeitsgericht rechtskräftig abgewiesen worden). Dem Zahlungsbegehren der Klägerin steht der Arglisteinwand entgegen (§ 242 BGB: dolo agit, qui petit quod statim redditurus est). Den Betrag, den die Beklagte an die Klägerin als restliche Arbeitsvergütung für die Zeit vom 01.03. bis zum 23.03.2006 zu zahlen hätte, müsste die Klägerin entsprechend den folgenden Ausführungen zu Ziffer III. 2. der Beklagten wegen des Schadensersatzanspruches der Beklagten in einer deutlich darüber hinaus gehenden Höhe zugleich zurückgeben. Damit fehlt für das Klagebegehren das notwendige schutzwürdige Interesse. Es ist anerkanntes Recht, dass ein schutzwürdiges Interesse dann fehlen kann, wenn eine Leistung gefordert wird, die alsbald zurückzugewähren ist. Ein solcher Fall des gemäß § 242 BGB unzulässigen widersprüchlichen Verhaltens liegt unter den gegebenen Umständen hier vor.

III.

1. Die Widerklage der Beklagten ist nur teilweise zulässig.

a) Das Widerklagebegehren ist nur in Höhe von 24.169,61 EUR zulässig. Im übrigen ist die Widerklage unzulässig, da sie nicht genügend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist. Die Beklagte berühmt sich einer Gesamtforderung in Höhe von (mindestens) 114.744,00 EUR bzw. von 121.450,90 EUR für die Zeit vom 01.11.2004 bis zum 18.03.2006 (S. 15 der Widerklagebegründung vom 25.08.2006 = Bl. 63 d.A. und S. 15 der Berufungsbegründung vom 04.03.2007 = Bl. 241 d.A.). Diese Gesamtforderung (von 114.744,00 EUR bzw. von 121.450,90 EUR) setzt sich aus zahlreichen prozessualen Einzelansprüchen zusammen. Es liegt kein einheitlicher Gesamtstreitgegenstand in Höhe von 114.744,00 EUR oder 121.450,90 EUR vor. Der einzelne Streitgegenstand wird hier bestimmt durch die jeweilige Handlung bzw. durch den Tatbeitrag, den die beiden Widerbeklagten vorgenommen bzw. geleistet haben sollen. So hat beispielsweise die Klägerin - folgt man dem Vortrag der Beklagten - Tag für Tag strafbare bzw. unerlaubte Handlungen begangen. Dies führt dazu, entsprechend dem Vortrag der Beklagten jeweils einzelne Streitgegenstände anzunehmen. Keineswegs geht es bei den Handlungen, die die Klägerin Tag für Tag vorgenommen haben soll, lediglich um unselbständige Rechnungsposten. Entsprechendes gilt auch soweit sich die Beklagte einer Gesamtforderung in Höhe von 114.744,00 EUR bzw. von 121.450,90 EUR gegenüber dem Drittwiderbeklagten berühmt.

Bei einer Teilleistungsklage der vorliegenden Art, mit der mehrere selbständige prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden, ist es unabdingbar, genau anzugeben, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche bzw. Zeiträume und Tage verteilen soll und in welcher Reihenfolge diese Einzelansprüche zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden. Dies ist anerkanntes Recht, - andernfalls würden sich unüberwindliche Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Streitgegenstandes und damit zusammenhängend auch bei der Bestimmung der materiellen Rechtskraft ergeben. Damit fehlt der in erster Linie geltend gemachten Gesamtforderung in Höhe von 100.000,00 EUR die notwendige hinreichende Bestimmtheit im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (- vgl. dazu den gerichtlichen Beschluss vom 14.05.2007 - 3 Sa 975/06 - dort Ziffer I.; Bl. 416 f. d.A.).

b) Allerdings erweist sich das Klagebegehren nicht insgesamt als unzulässig. Soweit die Beklagte widerklagend eine Gesamtforderung in Höhe von 24.169,61 EUR (nebst Zinsen) verfolgt, ist dem Bestimmtheitserfordernisse des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO Genüge getan. Mit den Ausführungen auf den Seiten 17 f. des Schriftsatzes vom 04.03.2007 (dort unter ccc) = Bl. 267 f. d.A.) hat die Beklagte - abstellend auf einen konkreten Mindestschaden - die Klageforderung in zulässiger Weise begründet. Die dortigen Ausführungen sind dahingehend aufzufassen, dass die Beklagte für die 16 Monate vom 01.11.2004 bis zum 28.02.2006 jeweils 1.457,70 EUR monatlich widerklagend geltend macht (= 16 x 1.457,70 EUR = 23.323,20 EUR) und für die Zeit vom 01.03. bis zum 18.03.2006 den entsprechend anteiligen Betrag von 846,41 EUR,

zusammen also 24.169,61 EUR für die Zeit vom 01.11.2004 bis zum 18.03.2006.

Die eben zitierten Ausführungen der Beklagten sind insbesondere so zu verstehen, dass die Beklagte hinsichtlich

- des 16.03.2006 den Betrag von 8,50 EUR

- des 17.03.2006 den Betrag von 112,00 EUR und

- des 18.03.2006 den Betrag von 49,00 EUR

beansprucht und für die davor liegenden restlichen Tage des Arbeitsverhältnisses jeweils den sich aus dem Betrag von 169,50 EUR (für 3 Tage) ergebenden Durchschnittbetrag täglich. Die weitere Berechnung führt für die einzelnen Monate von November 2004 bis Februar 2006 zu dem monatlichen Betrag von 1.457,70 EUR und für die Zeit vom 01.03. bis zum 18.03.2006 dann zu dem Betrag von 846,41 EUR. Damit liegt eine hinreichend genaue (jedenfalls) bestimmbare Angabe vor, wie sich der insoweit widerklageweise eingeklagte Betrag von 24.169,61 EUR auf die einzelnen Tage und Monate des Arbeitsverhältnisses verteilt.

Nur in der zuletzt genannten Höhe erweist sich die Widerklage deswegen als zulässig. Im übrigen musste sie als unzulässig abgewiesen werden, - wobei die Abweisung "als unzulässig" nicht im Urteils-Tenor, sondern in den Gründen zu erfolgen hatte (vgl. Thomas/Putzo 27. Aufl. ZPO § 313 Rz 10).

2. Soweit die Widerklage zulässig ist, erweist sie sich in Bezug auf die Klägerin als weitestgehend begründet. In Bezug auf den Drittwiderbeklagten ist die Widerklage unbegründet.

Die Klägerin ist verpflichtet, der Beklagten 23.872,84 EUR (nebst Zinsen) zu zahlen. Diese (Haupt-)Verpflichtung ergibt sich aus den §§ 249, 276 Abs. 1 S. 1 und 280 Abs. 1 S. 1 BGB.

a) Der Klägerin oblag es als Kassiererin, für jeden Arbeitstag, an dem sie tätig war, die vereinnahmten Verkaufserlöse (Erlöse aus dem Verkauf von Fahrkarten für die Kartbahn) ordnungsgemäß abzurechnen und der Beklagten herauszugeben. Über diese grundsätzliche Verpflichtung der Klägerin (§ 611 Abs. 1 BGB) besteht zwischen den Parteien kein Streit. Diese sie treffende Verpflichtung zur Herausgabe der Verkaufserlöse hat die Klägerin bislang für die Monate von November 2004 bis Februar 2006, also im Umfang von 16 Monaten, in Höhe von monatlich jeweils 1.457,70 EUR und für die Zeit vom 01.03. bis zum 18.03.2006 in Höhe von 846,41 EUR nicht erfüllt. Aus diesem Grunde musste sie zur Herausgabe der entsprechenden Beträge, d.h. zu deren Zahlung, verurteilt werden.

b) Die Beklagte hat hinreichend konkret dargelegt, dass die Klägerin die vorbenannten Verkaufserlöse bislang nicht an die Beklagte abgeführt hat. Im genannten Umfang hat die Beklagte die anspruchsbegründenden Tatsachen nach Grund und Höhe hinreichend dargelegt.

aa) Für die Einnahmen vom 16.03., 17.03. und 18.03.2006 steht die Pflichtwidrigkeit der Klägerin deswegen fest, weil die Kasse an diesen 3 Tagen abends trotz der Buchungsmängel "gestimmt" hat. Dies hat das Arbeitsgericht auf Seite 12 des Urteils vom 12.10.2006 - 2 Ca 737/06 - in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, ohne dass diese Feststellung von der Klägerin im Berufungsverfahren genügend angegriffen worden ist. Die Kasse hätte aber nicht "stimmen" dürfen, sondern es hätten am 16.03.2006 8,50 EUR, am 17.03.2006 112,00 EUR und am 18.03.2006 49,00 EUR "zu viel" da sein müssen (= insgesamt 169,50 EUR), - nämlich die unstreitig nicht über die Kasse gebuchten Einnahmen. Da es eine plausible andere Erklärung dafür, wo der Betrag von 169,50 EUR sonst verblieben sein könnte, nicht gibt (Urteil des Arbeitsgerichts Seite 12 - oben - = Bl. 194 d.A.), steht jedenfalls für die eben genannten 3 Tage die Pflichtwidrigkeit der Klägerin fest. Insoweit ist - soweit es um die im Rahmen des § 280 Abs. 1 S. 1 BGB relevante Pflichtwidrigkeit der Klägerin geht - nicht lediglich ein ganz dringender dahingehender Verdacht gegeben, - vielmehr steht die Pflichtwidrigkeit, d.h. das Nichtabführen vereinnahmter Verkaufserlöse in Höhe von 169,50 EUR, fest. Aufgrund der Pflichtwidrigkeit der Klägerin ist der Beklagten adäquat-kausal verursacht ein entsprechender Schaden entstanden. (Auch) das notwendige Verschulden ist gegeben. Die Klägerin hätte der Beklagten die nicht verbuchten Einnahmen in Höhe von 169,50 EUR ohne weiteres herausgeben können und müssen. Dass sie dies nicht getan hat, begründet unter den gegebenen Umständen den Vorwurf, wenn nicht sogar vorsätzlich, so doch zumindest grob-fahrlässig (an der oberen Grenze zum Vorsatz) gehandelt zu haben.

Grob fahrlässig handelt die Kassiererin, die die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Zumindest dieser Vorwurf trifft vorliegend die Klägerin. Ihr hätte einleuchten müssen, dass es zu ihrer Pflicht als Kassiererin gehörte, alle vereinnahmten Verkaufserlöse, waren diese verbucht oder nicht verbucht, an die Beklagte abzuliefern. Die Verkaufserlöse standen nicht der Klägerin, sondern der Beklagten zu. Soweit die Klägerin die Pflichtverletzung und den Schaden der Beklagten nicht ohnehin gewollt, - sie also vorsätzlich gehandelt hat, hat sie durch die Nichtablieferung der Verkaufserlöse die ihr als Kassiererin abverlangte Sorgfalt jedenfalls in ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Dabei bezieht sich die zumindest gegebene besonders grobe Fahrlässigkeit der Klägerin auch auf den Schaden der Beklagten.

bb) Der hiernach für die 3 Tage (16.03., 17.03. und 18.03.2006) gegebene Schadensersatzanspruch der Beklagten in Höhe von 169,50 EUR ist nicht aufgrund einer direkten oder entsprechenden Anwendung des § 254 BGB gemindert. Zwar mögen bei der Entstehung des Schadens durchaus auch gewisse Verursachungsbeiträge der Beklagten mitgewirkt haben. Bezüglich dieser in Betracht kommenden Verursachungsbeiträge ist der Beklagten jedoch lediglich leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Bei der im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Abwägung muss hier der nur auf leichter Fahrlässigkeit beruhende Verursachungsbeitrag der Beklagten zurücktreten. Das (zumindest) grob-fahrlässige Verhalten der Klägerin stellt die weitaus überwiegende Schadensursache dar, so dass die Klägerin den Schaden in Höhe von 169,50 EUR alleine zu tragen hat. Eine Haftungsminderung ergibt sich vorliegend - wie unten bei Ziffer III. 2. c) cc) ausgeführt wird - auch nicht aufgrund analoger Anwendung des § 254 BGB. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen.

c) Für die übrigen Arbeitstage in der Zeit vom 01.11.2004 bis zum 15.03.2006 ist in tatsächlicher Hinsicht festzustellen, dass die Klägerin von den von ihr als Kassiererin vereinnahmten Beträgen monatlich jeweils insgesamt 1.457,70 EUR nicht an die Beklagte abgeführt hat (= 16 x 1.457,70 EUR = 23.323,20 EUR). In der Zeit vom 01.03.2006 bis zum 15.03.2006 hat sie den vereinnahmten Betrag von 676,91 EUR nicht abgeführt.

aa) Die Darlegungen entsprechender, schuldhaft begangener Pflichtwidrigkeiten der Klägerin und dadurch verursachter Schäden der Beklagten, wie sie auf Seite 17 f. des Schriftsatzes der Beklagten vom 04.03.2007 enthalten sind, stellen keine lediglich "inŽs Blaue hinein" gemachten Behauptungen der Beklagten dar. Bei Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles ist dieser Vortrag der Beklagten schlüssig und hinreichend konkret. Zu diesen Umständen gehört, dass die Klägerin nach ihrer eigenen Einlassung - insoweit also unstreitig - nicht alle vereinnahmten Verkaufserlöse verbucht hat. Dies gilt nicht nur für die eben behandelten 3 Tage (16.03., 17.03. und 18.03.2006), sondern für die gesamte Dauer des Anspruchszeitraumes (01.11.2004 bis 18.03.2006). Soweit sich die Klägerin insoweit auf eine ausdrückliche Anweisung des Geschäftsführers der Beklagten, E., beruft, ändert dies an der Tatsache, dass jedenfalls ein Teil der Einnahmen nicht verbucht wurde, nichts. Zu den Umständen, die den anspruchsbegründenden Darlegungen der Beklagten in Höhe eines Mindestschadens von 1.457,70 EUR monatlich zur hinreichenden Konkretheit und Schlüssigkeit verhelfen, gehört weiter der Umstand, dass die Klägerin bzw. der Drittwiderbeklagte während des streitgegenständlichen Zeitraumes in der Lage waren, in nicht unerheblichem Umfange Zahlungen an Dritte zu leisten. Insoweit ist es, nachdem die Beklagte mit dem Schriftsatz vom 04.03.2007 die Anlagen BK 13 bis BK 15 vorgelegt hat (= Bl. 345 bis 348 d.A.), unstreitig geworden, dass die Klägerin bzw. der Drittwiderbeklagte im Zeitraum von September 2003 bis September 2006 mindestens insgesamt 27.138,95 EUR an Schuldentilgungen geleistet haben (= Vermerk des KHK B. vom 22.01.2007 nebst Anlage "Ordner Asservat Nr. 4: Bezahlte Rechnungen..."). Berücksichtigt man die Schuldentilgungen, die gemäß der Anlage BK 15 (= Bl. 347 f. d.A.) in der Zeit von November 2004 bis März 2006 an diverse Gläubiger erfolgt sind, ergibt sich für diesen Zeitraum eine Gesamtsumme in Höhe von 16.949,38 EUR bzw. von durchschnittlich etwa ca. 1.000,00 EUR monatlich. Berücksichtigt man, dass die Klägerin und der Drittwiderbeklagte von der Beklagten nur Vergütungen in Höhe von monatlich 400,00 EUR bzw. 401,00 EUR erhielten und daneben lediglich noch über Sozialleistungen nach dem SGB II bzw. SGB III verfügten und dass davon der Lebensunterhalt (einschließlich der Mietbelastungen) bestritten werden musste, so stellen diese diversen Schuldentilgungen einen durchaus ungewöhnlichen Umstand dar. Dies gilt auch dann, wenn man den Vortrag zu berücksichtigen hätte, dass die Klägerin bzw. der Drittwiderbeklagte von dem A. 15.000,00 EUR erhalten haben und durch den Verkauf des VW T 4 weitere 4.000,00 EUR vereinnahmt haben. Diese beiden Einnahmen relativieren den objektiven Erklärungswert der Schuldentilgung in Höhe von 16.949,38 EUR bzw. 27.138,95 EUR deswegen nicht, weil im fraglichen Zeitraum ja schließlich auch noch das Fahrzeug BMW 116 i ("..-.. 223") nebst Anhänger ("..-.. 114") gekauft wurde. Dabei belief sich der Kaufpreis alleine für den BMW 116 i bereits auf 18.500,00 EUR (vgl. dazu die Aussage des Zeugen N. Sch. vom 21.05.2007 bei der Kriminalinspektion M./Kommisariat 4 = Kopie Bl. 22 der Beiakte zu - 3 Sa 975/06 - Auszüge aus Bl. 240 ff. d. Akten der StA M. - .... Js. ...../06 -).

bb) Hiernach hat die Beklagte schlüssig dargelegt, dass sie von der Klägerin über den Betrag von 169,50 EUR hinaus in Höhe von weiteren 24.000,11 EUR (= 23.323,20 EUR plus 676,91 EUR; insgesamt also in Höhe von 24.169,61 EUR) geschädigt worden ist. Zwar hat sich die Klägerin dahingehend eingelassen, dass die Kasse auch durch die Zeugin K. und hin und wieder durch einen Herrn B. bedient worden sei. Aus der Einlassung der Klägerin ergibt sich aber nicht, an welchen Tagen nicht sie, die Klägerin, sondern K. und B. die Kassenabrechnung vorgenommen haben könnten. Da demgemäß festzustellen ist, dass die die allabendliche Situation bei der Kassenabrechnung sich bei den weiteren Arbeitstagen im Zeitraum vom 01.11.2004 bis zum 15.03.2006 ähnlich darstellte wie am 16.03., 17.03. und 18.03.2006 ist auch für die weiteren Pflichtwidrigkeiten und Schäden davon auszugehen, dass die Klägerin jeweils (zumindest) besonders grob fahrlässig gehandelt hat. Auch insoweit ist der entsprechende Schadensersatzanspruch der Beklagten weder aufgrund direkter, noch aufgrund entsprechender Anwendung des § 254 Abs. 1 BGB gemindert. Soweit es um die (zu verneinende) Frage eines Mitverschuldens der Beklagten, also um die direkte Anwendung des § 254 BGB geht, wird auf die obigen Entscheidungsgründe zu III. 2. b) bb) verwiesen.

cc) Freilich ist nach den höchstrichterlich entwickelten Rechtsgrundsätzen zum innerbetrieblichen Schadensausgleich (Haftungsprivilegierung bei betrieblich veranlasster Tätigkeit) eine Schadensquotelung selbst bei grober Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers nicht generell ausgeschlossen (§ 254 BGB analog). Zwar könnte insoweit insbesondere das niedrige Entgelt der Klägerin für eine gewisse Beteiligung der Beklagten am eingetretenen Schaden sprechen. Demgegenüber liegt der Grad des Verschuldens der Klägerin jedoch zumindest am oberen Rande der groben Fahrlässigkeit (soweit nicht ohnehin Vorsatz zu bejahen ist). Es ist zumindest besonders grobe, - also gröbste Fahrlässigkeit gegeben. Dieser Gesichtspunkt, der Grad des Verschuldens der Klägerin, spricht nach Abwägung aller relevanten Umstände, gegen eine Schadensteilung. Die Klägerin hat deswegen uneingeschränkt Schadensersatz in Höhe von 24.169,61 EUR zu leisten. Vorliegend kann deswegen dahingestellt bleiben, ob die für die Anwendung der Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers notwendige Voraussetzung der Schadensverursachung durch eine betrieblich veranlasste Tätigkeit überhaupt gegeben ist. Für das Vorliegen dieser Voraussetzung wäre allgemeinen Grundsätzen entsprechend wohl die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet.

d) Die Vorschrift des § 619a BGB steht unter den hier gegebenen Umständen der Schadensersatzpflicht der Klägerin nicht entgegen. Diese Bestimmung besagt, dass abweichend von § 280 Abs. 1 BGB der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Ersatz für den aus der Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis entstehenden Schaden nur zu leisten hat, wenn er, der Arbeitnehmer, die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Diese die "Beweislast bei Haftung des Arbeitnehmers" regelnde Vorschrift des § 619a BGB lässt die prozessuale Einlassungs- und Erklärungslast des Arbeitnehmers, wie sie gemäß § 138 Abs. 1 und 2 ZPO gegeben ist, unberührt. Nach näherer Maßgabe der letztgenannten Vorschriften hatte sich die Klägerin über die relevanten tatsächlichen Umstände und über die von der Beklagten behaupteten Tatsachen vollständig zu erklären. Es ist anerkanntes Recht, dass sich der Arbeitnehmer in einem Fall der vorliegenden Art im Sinne einer abgestuften Darlegungslast substantiiert zu äußern hat.

Dieser Erklärungs- und Einlassungspflicht ist die Klägerin in dem Umfang, in dem der Widerklage stattzugeben ist, mit der sich aus § 138 Abs. 3 ZPO ergebenden Folge nicht genügend nachgekommen. In einem Fall der vorliegenden Art ist jedenfalls die Einlassungs- und Darlegungslast (nicht notwendigerweise auch die Beweislast) abgestuft verteilt. Die Klägerin hätte sich deswegen zu den anspruchsbegründenden Darlegungen der Beklagten nach Grund und Höhe substantiiert äußern müssen. Dies hat sie nicht getan. Die Klägerin hat (- wenn auch möglicherweise ihrer Behauptung entsprechend nach Anweisung -) Verkaufserlöse nicht "über die Kasse laufen lassen", - d.h. nicht ordnungsgemäß verbucht. Die Frage, in welcher Höhe derartige nicht verbuchte Einnahmen arbeitstäglich vorlagen und was insoweit konkret abends bzw. bei der Kassenabrechnung mit den entsprechenden Beträgen geschehen ist, betrifft eigene Handlungen der Klägerin, - jedenfalls betrifft dies den Gegenstand der eigenen Wahrnehmung der Klägerin im Sinne des § 138 Abs. 4 ZPO. Deswegen war der Klägerin ein unsubstantiiertes Bestreiten prozessual nicht erlaubt. Insoweit ist die Klägerin aber die folglich gebotene substantiierte Einlassung jeweils schuldig geblieben. Daraus wiederum hatte die Berufungskammer gemäß § 138 Abs. 3 ZPO die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Demgemäß ist - i.S.d. hilfsweise von der Beklagten vorgenommenen Schadensberechnung (= S. 17 f. des Schriftsatzes vom 04.03.2007) - festzustellen, dass die Klägerin arbeitstäglich (169,50 EUR : 3 = ca.) 56,50 EUR nicht verbucht und nicht abgeführt hat, - in den Monaten von November 2004 bis Februar 2006 somit jeweils 1.457,70 EUR monatlich und im Zeitraum vom 01.03.2006 bis zum 18.03.2006 846,41 EUR.

e) Der Arglisteinwand gemäß § 242 BGB führt entsprechend den obigen Ausführungen zu Ziffer II zur Abweisung der Klage. Demgemäß reduziert sich der Betrag, zu dessen Zahlung die Klägerin noch zu verurteilen ist,

von 24.169,61 EUR

um 296,77 EUR, so dass noch ein auszuurteilender Betrag in Höhe von

23.872,84 EUR verbleibt.

Die zugesprochenen Zinsen sind gemäß § 291 i.V.m. § 288 BGB nach Grund und Höhe gerechtfertigt (vgl. BGH vom 24.01.1990 VIII ZR 296/88 - und BAG v. 08.10.1997 - 4 AZR 167/96 -).

3. Der Drittwiderbeklagte ist nicht gesamtschuldnerisch mit der Klägerin zu verurteilen. Diesbezüglich sind Widerklage und Berufung unbegründet.

Insoweit hat die darlegungs- und beweispflichtige Beklagte schlüssig weder eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB dargelegt, noch eine Haftung oder Verantwortlichkeit des Drittwiderbeklagten im Sinne der § 823 ff., 830 BGB. Zwar stehen gemäß § 830 Abs. 2 BGB Anstifter und Gehilfen Mittätern gleich. Die Beklagte vermochte jedoch nicht darzulegen, worin jeweils im einzelnen die Pflichtwidrigkeit des Drittwiderbeklagten bestehen sollte, die ihn als Handelnden, Täter, Anstifter oder Gehilfen im Sinne des Gesetzes (§§ 280, 823, 826 und 830 BGB) qualifizieren könnte. Es ist (auch) keine Beteiligung bzw. gemeinschaftlich begangene Handlung i.S.d. § 830 Abs. 1 BGB dargetan worden. Insbesondere sind auch die für die Anwendung des § 830 Abs. 1 S. 2 BGB notwendigen Voraussetzungen (vgl. dazu Palandt/Sprau 65. Aufl. BGB § 830 Rz 7 f.) nicht erfüllt. Das entsprechende Vorbringen der Beklagten ist jeweils zu allgemein gehalten, um darauf gestützt eine Haftung des Drittwiderbeklagten bejahen zu können. Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man die in das Wissen des Zeugen B. gestellten Behauptungen gemäß S. 49 des Schriftsatzes der Beklagten vom 04.03.2007 (dort unter a) = Bl. 299 d.A.) als richtig unterstellt.

Hat der Drittwiderbeklagte gegenüber dem Zeugen B. erklärt, dass bei den Abrechnungen wohl nicht alles ganz gestimmt habe, - dass es aber höchstens 30.000,00 EUR seien und dass er zunächst mit seiner Frau darüber sprechen müsse, ob man sich einigen könne, so liegt in dieser Erklärung nicht das rechtliche oder tatsächliche Anerkenntnis des Drittwiderbeklagten, er selbst sei Handelnder, Täter, Anstifter oder Gehilfe im oben genannten Sinne. Da auch das übrige Vorbringen der Beklagten die geltendgemachte gesamtschuldnerische Inanspruchnahme (Haftung) des Drittwiderbeklagten nicht rechtfertigt, musste die gegen diesen gerichtete Widerklage insgesamt abgewiesen werden.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 ff., 97 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß § 69 Abs. 2 GKG festgesetzt.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Gegen dieses Urteil findet deswegen derzeit die Revision nicht statt. Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde nach näherer Maßgabe des § 72a ArbGG und unter den dort genannten Voraussetzungen eingelegt werden. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt oder Bundesarbeitsgericht, Postfach, 99113 Erfurt, einzulegen. Darauf werden die Klägerin und die Beklagte hingewiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück