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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 25.10.2006
Aktenzeichen: 3 Ta 198/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 626 Abs. 2
ZPO § 114
ZPO § 118 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 124 Nr. 1
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 138
ZPO § 138 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 3 Ta 198/06

Entscheidung vom 25.10.2006

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 20.09.2006 - 10 Ca 161/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 20.09.2006 - 10 Ca 161/06 - den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Kündigungsschutzklage des Klägers, die sich gegen eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten gemäß deren Schreiben vom 02.01.2006 sowie nachfolgend im Wege der Klageerweiterung auf Zahlung der Gehälter für die Monate Dezember 2005 und Januar 2006 richtete, wegen mangelnder Erfolgsaussichten zurückgewiesen. Ebenso ließ das Arbeitsgericht einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Verteidigung des Beschwerdeführers gegen eine von der Beklagten erhobene Widerklage unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen mangelnder Erfolgsaussichten zurück. Zu den Einzelheiten der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss (Bl. 213 f. d. A.) verwiesen. Mit Urteil gleichen Datums hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und auf die Widerklage den Beschwerdeführer verurteilt, an die Beklagte Schadensersatz in Höhe von 6.842,58 € nebst Zinsen zu zahlen. Nachdem der Beschwerdeführer mit Blick auf die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB behauptet hatte, ihm sei das genannte Kündigungsschreiben der Beklagten vom 02.01.2006 erst am 09.01. und nicht wie von der Beklagten unter Beweisangebot behauptet bereits am 04.01.2006 zugegangen, hat das Arbeitsgericht über die diesbezügliche Behauptung der Beklagten Beweis durch Vernehmung der Postzustellerin erhoben. Das Arbeitsgericht gelangte aufgrund der Beweisaufnahme zu der Überzeugung, dass das genannte Kündigungsschreiben dem Beschwerdeführer tatsächlich bereits am 04.01.2006 zuging. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das genannte Urteil des Arbeitsgerichts vom 20.09.2006 verwiesen.

Gegen den Prozesskostenhilfe verweigernden Beschluss des Arbeitsgerichts vom 20.09.2006 hat der Beschwerdeführer mit einem am 02.10.2006 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht die Entscheidung über die bereits mit Klageerhebung beantragte Prozesskostenhilfe solange aufgeschoben, bis es nach erfolgter Beweisaufnahme zu dem Schluss gelangt sei, dass die Kündigungsschutzklage keine hinreichende Erfolgsaussicht biete. Allein die Tatsache der Beweiserhebung über den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung des Beklagten belege, dass die Klage zumindest hinsichtlich der ordentlichen Kündigungsfrist Erfolg versprechend gewesen sei. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 29.09.2006 (Bl. 216 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 06.10.2006 nicht abgeholfen. Auf die dem Beschwerdeführer zugänglich gemachten Nichtabhilfegründe des genannten Beschlusses (Bl. 11 bis 14 der Prozesskostenhilfeakte) wird verwiesen. Die Beschwerde wurde dem Landesarbeitsgericht zugleich zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die nach § 127 Abs. 2 ZPO an sich statthafte und insgesamt zulässige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit zutreffender Begründung abgelehnt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer auf die diesbezüglichen Gründe des Arbeitsgerichts Mainz im Nichtabhilfebeschluss vom 06.10.2006 - 10 Ca 161/06 - Bezug, stellt deren Richtigkeit fest und sieht hier von einer weiteren Darstellung ab. Unter Berücksichtigung der Angriffe der sofortigen Beschwerde ist ergänzend lediglich Folgendes anzumerken:

Die Beschwerde lässt nicht erkennen, mit welcher Begründung sich der Beschwerdeführer gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe wendet, soweit sich die Prozesskostenhilfeablehnung auf die erhobene Klage hinsichtlich der ordentlichen Kündigung der Beklagten bezieht. Gleiches gilt hinsichtlich der Verteidigung des Beschwerdeführers gegen die von der Beklagten mit der Widerklage verfolgten Ansprüche. Angesichts des den Kündigungen zugrunde liegenden Sachverhalts, der sich aus dem Tatbestand des Arbeitsgerichts vom 20.09.2006 ergibt, konnte rechtlich nicht ernsthaft zweifelhaft sein, dass die gegen den Beschwerdeführer berechtigterweise zu erhebenden Vorwürfe eine auch fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich ebenso rechtfertigen wie entsprechende Schadensersatzansprüche der Beklagten. Da dem Beschwerdeführer sämtliche tatsächlichen Umstände bekannt waren, die zu den Kündigungen führten und die Schadensersatzansprüche der Beklagten begründeten, bot die Rechtsverfolgung hinsichtlich der hilfsweise von der Beklagten erklärten ordentlichen Kündigung und die Rechtsverteidigung gegen die von der Beklagten im Wege der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzansprüche schon zum Zeitpunkt der Beantragung von Prozesskostenhilfe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Hiervon geht oft ausweislich seiner Beschwerdebegründung auch der Beschwerdeführer selbst aus.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht aber auch die Prozesskostenhilfe verweigert, als sich die Klage des Beschwerdeführers gegen die fristlose Kündigung der Beklagten gemäß deren Schreiben vom 02.01.2006 richtete. Nach dem vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalt und den im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Aspekten konnte die Frage der Berechtigung der fristlosen Kündigung nur noch davon abhängen, ob die Beklagte die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt hat oder nicht, worüber das Arbeitsgericht Beweis erhoben hat.

Zutreffend ist, dass in der Regel hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn über eine streitentscheidende Behauptung Beweis zu erheben ist. Ist der Beweis noch nicht erhoben, ist grundsätzlich im Rahmen des Prozesskostenhilfebewilligungsverfahrens eine Beweisantizipation ausgeschlossen (vgl. zum Beispiel Zöller/Philippi, ZPO, 25. Auflage, § 114 ZPO, Rz. 26). Um eine derartige Beweisantizipation geht es vorliegend jedoch nicht. Das Arbeitsgericht hat vielmehr die Prozesskostenhilfe erst verweigert, nachdem die von der Beklagten für den rechtzeitigen Zugang des Kündigungsschreibens benannte Zeugin vernommen worden ist. Wie sich bereits aus § 118 Abs. 2 Satz 3 ZPO ergibt, ist eine Entscheidung über ein Prozesskostenhilfegesuch erst nach einer durchgeführten Beweisaufnahme nicht von vornherein unzulässig. Ein generelles Verbot, den Inhalt einer im Klageverfahren durchgeführten Beweisaufnahme auch zur Beurteilung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder -verteidigung heranzuziehen, lässt sich den Prozesskostenhilfebestimmungen ebenfalls nicht entnehmen. Die Berücksichtigung des Ergebnisses einer im Klageverfahren durchgeführten Beweisaufnahme darf allerdings nicht dazu führen, dass an den Bewilligungsmaßstab des § 114 ZPO, nach dem nur eine hinreichende Aussicht auf Erfolg erforderlich ist, überspannt wird und im Ergebnis Prozesskostenhilfe nur bewilligt wird, wenn die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung tatsächlich Erfolg hatte. Rechtlich nicht zulässig wäre es etwa, Prozesskostenhilfe dann zu verweigern, wenn der Antragsteller im Klageverfahren zulässigerweise eine erhebliche Behauptung des Prozessgegners bestreitet und erst die Beweisaufnahme die Richtigkeit der Behauptung ergibt.

Anders verhält es sich aber, wenn die tatsächliche Behauptung, über die Beweis erhoben wurde, auch Gegenstand der eigenen Wahrnehmung der Antrag stellenden Partei war und diese deshalb nach § 138 ZPO verpflichtet war, sich wahrheitsgemäß zu der Behauptung zu erklären. Ergibt die im Klageverfahren durchgeführte Beweisaufnahme sodann, dass die antragstellende Partei bewusst nicht den Tatsachen entsprechend vorgetragen bzw. bestritten hat, kann mit dieser Begründung die Prozesskostenhilfe zu Recht verweigert werden. So ist anerkannt, dass Prozesskostenhilfe zu verweigern ist, wenn aus Sicht einer wirtschaftlich denkenden, die Kosten selbst tragenden Partei der Misserfolg einer Beweisaufnahme absehbar ist (Zöller/Philippi, a.a.O.). Muss dem Antragsteller die Richtigkeit einer Behauptung der Gegenpartei bekannt sein und wird die Beweisaufnahme nur deshalb durchgeführt, weil der Antragsteller entgegen der Pflicht nach § 138 Abs. 1, 2 ZPO einen abweichenden Sachvortrag hält, kann nichts anderes gelten. Dem entspricht es, dass das Gericht nach § 124 Nr. 1 ZPO die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben kann, wenn die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat.

Unter Berücksichtigung des Inhalts der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Arbeitsgericht zur Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten hinsichtlich des Zeitpunktes des Zugang der außerordentlichen Kündigung gelangt ist und im Rahmen des Prozesskostenhilfebewilligungsverfahrens davon ausgeht, dass die gegenteilige Behauptung des Klägers mit der prozessualen Wahrheitspflicht nicht vereinbar war.

Die sofortige Beschwerde hat daher keinen Erfolg. Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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