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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 20.02.2004
Aktenzeichen: 3 TaBV 1235/03
Rechtsgebiete: ZPO, MTV, GTV


Vorschriften:

ZPO § 313 III
MTV § 9 Ziff. 2
GTV § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 3 TaBV 1235/03

Verkündet am: 20.02.2004

Tenor:

I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Aktz. 8 BV 8/03 - vom 22.07.03 wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die tarifgerechte Eingruppierung der Arbeitnehmerin Z, auf deren Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Gehaltstarifvertrages für den Einzel- und Versandhandel für Rheinland-Pfalz Anwendung finden.

Der Arbeitgeber hat unter dem 17.02.2003 den Betriebsrat gebeten, der Versetzung der bisher als Mitarbeiterin Kasse eingesetzten und in Vergütungsgruppe III eingestuften Arbeitnehmerin Y in die Teamleitung Kasse bei gleichzeitiger Umgruppierung in die Vergütungsgruppe IV zuzustimmen.

Der Betriebsrat hat mit Stellungnahme vom 19.02.2003 der Versetzung zugestimmt, seine Zustimmung zur Eingruppierung jedoch verweigert. In der Begründung führt er aus, als Teamleiterin sei die Arbeitnehmerin Y tarifgerecht in der Gehaltsgruppe V einzugruppieren.

Der Arbeitgeber betreibt unter anderem in Kaiserslautern ein SB-Warenhaus. Bis zum Jahre 2000 wurden dort - wie in ihren anderen Warenhäusern - die heute als Teamleiter bezeichneten Positionen als Abteilungsleiter gekennzeichnet und nach der Vergütungsgruppe V honoriert. Seit dem Jahre 2000 bezeichnet der Arbeitgeber die früheren Abteilungsleiter als Teamleiter und verweigert ihnen die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V. Die bisherigen Abteilungsleiter behielten ihren Status und ihre Eingruppierung.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, der Teamleiter Kasse sei nach wie vor Abteilungsleiter und habe einen Anspruch auf Vergütung nach der Gehaltsgruppe V.

Nach einer Erklärung der Tarifpartner vom 28.07.97 soll der Begriff des Teamleiters für sich keine Eingruppierung begründen. Die als Teamleiter Beschäftigten sind danach auf der Grundlage ihrer jeweils geltenden Tätigkeits- /Funktionsbeschreibung einzugruppieren.

Als Teamleiterin voraussichtlich die Klägerin Kasse nach einer von ihr vorgelegten Aufgabenbeschreibung im Wesentlichen folgende Tätigkeiten:

Sie ist verantwortlich für den ordnungsgemäßen und reibungslosen Ablauf an Check-out, Service-Center und Hauptkasse. Sie ist weisungsbefugt gegenüber den Kassenmitarbeitern, den Mitarbeitern an der Information und den Mitarbeitern an der Hauptkasse. Sie hat auf die Einhaltung der Ablaufbeschreibungen zu achten, die vorläufige Urlaubsplanung zu erstellen, Stornovorgänge zu bearbeiten, die Personaleinsatzplanung vorzunehmen und für die Einarbeitung und Ausbildung im Kassenbereich zu sorgen. Wegen der Einzelheiten der Tätigkeitsbeschreibung wird auf Blatt 27 d.A. Bezug genommen.

Befugnisse in personellen Angelegenheiten, wie Einstellung, Entlassung, Urlaubsgewährung und Abmahnungen hat sie unstreitig nicht. Sie ist dem Marktleiter sowie dem Leiter Organisation/Verwaltung, Warenwirtschaft unterstellt. Ob und inwieweit sie auch dem für mehrere Märkte zuständigen Fachberater Verwaltung unterstellt ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Der Arbeitgeber ist der Auffassung, die Arbeitnehmerin Y erfülle als Teamleiterin Kasse lediglich die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV des Gehaltstarifvertrages. Er hat deshalb beantragt,

die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Frau Irene Z in die Gehaltsgruppe IV b 2. Tätigkeitsjahr des rheinland-pfälzischen Gehaltstarifvertrages zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat durch Beschluss vom 22.07.2003 antragsgemäß die Zustimmung ersetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Betriebsrats, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag weiter verfolgt.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten im erstinstanzlichen Verfahren wird auf die angefochtene Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 22.07.2003 Bezug genommen. Der Betriebsrat hat seine Beschwerde unter dem 24.11.2003 begründet. Zur Darstellung der Begründung wird auf diesen Schriftsatz verwiesen. Zur Darstellung des Arbeitgebervorbringens im Beschwerdeverfahrens wird auf seinen Schriftsatz vom 26.01.2004 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden und erweist sich damit als zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Zustimmung des Betriebsrats zur geplanten Eingruppierung der Arbeitnehmerin Z in die Gehaltsgruppe IV ersetzt.

Dies ergibt sich aus den nachfolgenden, gem. § 313, III ZPO in kurzer Zusammenfassung wiedergegebenen Erwägungen:

1.

Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass nach dem Vorbringen der Beteiligten nicht davon ausgegangen werden kann, die Arbeitnehmerin Y erfülle die Voraussetzungen der Gehaltsgruppe V. Dies folgt aus der im Wesentlichen unstreitigen Tätigkeitsbeschreibung. Auf die Frage der Darlegungs- und Beweislast, auf die das Arbeitgericht abgestellt hat, kommt es deshalb nicht entscheidend an. Allerdings ist insoweit das erkennende Gericht der Auffassung, dass der Arbeitgeber, der die Zustimmung des Betriebsrats zu einer bestimmten Eingruppierung begehrt, im eingeschränkten Maßstab des Beschlussverfahrens darzulegen hat, dass die von ihm geplante Eingruppierung tarifgemäß ist (vgl. Däubler/Kittner/Klebe; BetrVG, 7. Aufl. 2000, § 99 Rz. 211). Darauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Nach der im Wesentlichen unstreitigen Tätigkeit und Position der Arbeitnehmerin Y kommt eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V nicht in Betracht.

2.

Nach § 9 Ziff. 2 des Manteltarifvertrages für den Einzel- und Versandhandel für Rheinland-Pfalz richtet sich die Eingruppierung nach der von dem Arbeitnehmer tatsächlich ausgeübten Tätigkeit. Die Eingruppierung der Arbeitnehmerin Y hat sich danach an der für sie vorgesehenen Tätigkeit als Teamleiterin Kasse zu orientieren. Nach dem Gehaltsgruppenverzeichnis in § 3 des Gehaltstarifvertrages sind in Gehaltsgruppe IV Angestellte mit selbständiger Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisung und mit entsprechender Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich.

a)

ohne oder mit in der Regel bis zu vier unterstellten Arbeitnehmer

b)

mit in der Regel mehr als vier unterstellen Vollbeschäftigten Arbeitnehmerin einzugruppieren.

Als Beispielstätigkeiten werden hier etwa Subsituten, erste Verkäuferinnen, Lagererste mit Einkaufs- oder Dispositionsbefugnis, Filialleiter, Kassenaufsichten genannt.

In die Gehaltsgruppe V, der höchsten Gehaltsgruppe des Tarifvertrages, fallen Angestellte in leitender Anstellung mit Anweisungsbefugnissen und mit erhöhter Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich.

a)

ohne oder mit in der Regel bis zu vier unterstellen voll beschäftigten Arbeitnehmern

b)

mit in der Regel mehr als vier unterstellten voll beschäftigten Arbeitnehmern.

Der Tarifvertrag nennt als Beispielt hierzu Abteilungsleiter, Warengruppenleiter, Oberaufsichten, Filialleiter mit mindestens zehn unterstellen Arbeitnehmern, Leiten der Kassenverwaltung u.a.

Die Tätigkeit der Arbeitnehmerin Y ist nicht diejenige einer Angestellten in leitender Stellung mit Anweisungsbefugnissen und erhöhter Verantwortung, wie es die Gehaltsgruppe V voraussetzt.

Dies ergibt sich aus der Auslegung des Tarifvertrages unter Berücksichtigung des Zusammenhangs und des Aufbaus der tariflichen Eingruppierungsmerkmale.

Die Auslegung tariflicher Vereinbarungen hat den in ihnen objektivierten Willen der Tarifpartner zu ermitteln. Sie folgt den für die Gesetzesauslegung geltenden Regelungen (vgl. etwa BAG, 04.04.01 - 4 AZR 180/00 - EZA Nr. 33 zu § TVG Auslegung; BAG 22.10.2002 - 3 AZR 468/01 - EZA Nr. 36 zu § 1 TVG Auslegung). Im Zusammenhang mit Eingruppierungsrichtlinien kann die Nennung bestimmter Beispielstätigkeiten auf den Willen der Tarifpartner hindeuten, dass diese Tätigkeit ohne Rücksicht auf die sonstigen Eingruppierungsvoraussetzungen unter die jeweils genannte Gehaltsgruppe subsumiert werden muss. Wenn allgemein gefassten tariflichen Tätigkeitsmerkmalen in einer bestimmten Vergütungsgruppe konkrete Beispiele beigefügt sind, sind deshalb regelmäßig die Erfordernisse der betreffenden Vergütungsgruppe schon dann als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitnehmer die Beispielstätigkeit ausübt (BAG 06.12.1972 - 4 AZR 56/72 - EZA Nr. 1 zu § 4 GVG Einzelhandel; BAG 17.01.1996 - 4 AZR 662/1994 - EZA Nr. 5 zu § 4 TVG Eingruppierung.

Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale muss jedoch dann zurückgegriffen werden, wenn das Tätigkeitsbeispiel selbst nicht eindeutig ist, sondern unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können (BAG 29.04.1981 - 4 AZR 1007/78 - AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk). Entsprechendes gilt, wenn dasselbe Tätigkeitsbeispiel in mehreren Beschäftigungs- oder Vergütungsgruppe auftaucht. In diesem Fall taugt es nicht als Kriterium für eine bestimmte Eingruppierung (BAG 17.01.1996 - 4 AZR 662/94 - EZA Nr. 5 zu § 4 TVG Eingruppierung).

3.

Die Klägerin wird als Teamleiterin bezeichnet. Diese Bezeichnung taucht in den Tätigkeitsbeispielen des Gehaltstarifvertrages nicht auf. Aber auch wenn man davon ausgeht, dass die Bezeichnung Teamleiter den des Abteilungsleiters ersetzt hat, ohne dass damit eine Veränderung der Tätigkeit und deren tarifrechtlicher Wertigkeit verbunden wäre, würde dies die Eingruppierung in die Gehaltsgruppe V nicht per se rechtfertigen. Als Beispielstätigkeit für die Gehaltsgruppe V wird zwar der Abteilungsleiter genannt. Dieser Begriff ist jedoch nicht eindeutig definiert. Insbesondere das Merkmal der Abteilung ist auslegungsbedürftig. Unter dem Begriff der Abteilung können mehr oder weniger große Teile des Betriebs zusammengefasst werden. So kann etwa der nonfood und der food-Bereich zur Abteilung erklärt werden, wie es aber auch denkbar ist, die Fleisch- oder Gemüsetheke zur Abteilung zu erklären. Der Begriff der Abteilung und damit des Abteilungsleiters ist damit nicht eindeutig und rechtfertigt daher von sich aus noch nicht die Zuordnung zu einer bestimmten Vergütungsgruppe im Sinne des Gehaltstarifvertrages. Es ist deshalb unerheblich, dass die Tätigkeit der Arbeitnehmerin Y bis zum Jahre 2000 als diejenige einer Abteilungsleiterin verstanden und der Vergütungsgruppe V zugewiesen wurde.

Entsprechendes gilt für die Beispielstätigkeit "Leiten der Kassenverwaltung". Darunter kann die Kassenaufsicht verstanden werden, die als Beispielstätigkeit zur Gehalsgruppe IV aufgeführt ist. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die Tarifpartner darunter eine Tätigkeit verstanden wissen wollten, die in ihrer Wertigkeit über diejenige einer Kassenaufsicht hinausging und etwa die Entwicklung von Kassensystemen und Richtlinien für die Kassentätigkeit erfasst. Dies macht deutlich, dass die Tätigkeit der Arbeitnehmerin Y nicht eindeutig in den Beispielstätigkeiten zur Gehaltsgruppe IV und V erfasst ist, so dass es für die Frage der ihrer tarifgerechten Eingruppierung auf die Oberbegriffe ankommt.

Mitarbeiter zu sammeln und auf ihre Realisierbarkeit zu überprüfen. Die Entscheidung.

4.

Dabei ist zu beachten, dass die Gehaltsgruppe V die höchste tarifliche Eingruppierung enthält. Bereits in der Gehaltsgruppe III werden Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und größere Verantwortung erfordert, erfasst. Dazu zählen unter anderem Filialverwalterinnen und Kassiererinnen mit höheren Anforderungen. Die Gehaltsgruppe IV setzt eine selbständige Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisungen und mit entsprechender Verantwortung für den Tätigkeitsbereich voraus. Diese Voraussetzungen sind im Fall der Arbeitnehmerin Y erfüllt. Als Teamleiterin Kasse übt sie eine im Wesentlichen selbständige Tätigkeit aus. Sie arbeitet jedoch im Rahmen allgemeiner Anweisungen; selbständige Gestaltungsmöglichkeiten stehen ihr nicht. Sie hat weder Einfluss auf die Gestaltung der Kassenvorgänge, noch ist sie in personeller Hinsicht zu irgendwie gearteten Entscheidungen befugt. Den Einsatz der Kassierer hat sie lediglich zu steuern im Rahmen der tariflichen und arbeitsvertraglichen Vorgaben.

Die Urlaubsplanung hat sie nicht zu gestalten, sondern die Urlaubswünsche der über die Urlaubsgewährung obliegt ihr nicht.

Ihre Tätigkeit ist deshalb im Wesentlichen die einer Kassenaufsicht im Sinne der Beispielstätigkeiten zur Vergütungsgruppe IV. Als solche arbeitet sie selbständig im Rahmen allgemeiner bindender Kassenanweisungen und hat die Verantwortung für ihren Zuständigkeitsbereich.

Dagegen ist sie keine Angestellte in leitender Stellung mit Anweisungsbefugnissen und erhöhter Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich. Dies würde voraussetzen, dass sie gestaltend auf die Tätigkeit an den Kassen Einfluss nehmen könnte. Dazu muss nicht unbedingt eine Kompetenz in Personalangelegenheiten gehören. Der Begriff der leitenden Stellung setzt jedoch voraus, dass sie auf die Tätigkeit der Kassentätigkeit verändernd und gestaltend müsste Einfluss nehmen können. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die Klägerin ist mit ihrer Tätigkeit an die ihr erteilten Anweisungen gebunden; ihr bleibt kein Raum für verändernde und gestaltende Tätigkeit.

5.

Das erkennende Gericht geht deshalb in Übereinstimmung mit der Entscheidung der 8. Kammer vom 22.01.1999 ((8) 10 TaBV 32/98) davon aus, dass die Tätigkeit der Arbeitnehmerin Y nicht zeitlich überwiegend von einer selbständigen Entscheidungskompetenz geprägt ist, die eine besondere eigene Verantwortlichkeit begründete.

Die Tätigkeit der Arbeitnehmerin Y erfüllt deshalb lediglich die Voraussetzungen der Gehaltsgruppe IV. Der Betriebsrat hat folglich zu Unrecht seine Zustimmung zu der vom Arbeitgeber geplanten Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV verweigert, so dass diese gem. § 99 BetrVG auf den Antrag des Arbeitgebers zu ersetzen war.

III.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar; zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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