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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 19.08.2008
Aktenzeichen: 3 TaBVGa 1/08
Rechtsgebiete: ArbZG, ZPO


Vorschriften:

ArbZG § 5 Abs. 1
ZPO § 935
ZPO § 940
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.04.2008 - Az: 4 BVGa 2/08 - wird zurückgewiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe:

I. Im Betrieb der Beteiligten zu 2 sind ca. 70 Mitarbeiter beschäftigt. Der Betriebsrat führt wöchentliche Betriebsratssitzungen durch. Ein Teil der Betriebsratsmitglieder arbeitet durchgehend in der Nachtschicht (vgl. dazu die Darstellung auf S. 3 der Beschwerdebeantwortung vom 18.07.2008, Bl. 109 d.A.). Nach näherer Maßgabe seines weiteren Vorbringens begehrt der Betriebsrat einstweiligen Rechtsschutz zur Klärung der Frage, ob es verantwortlicher Geschäftsführung (des Betriebsrates) entspricht, Betriebsratssitzungen auf 9:00 Uhr morgens zu terminieren. Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den tatbestandlichen Teil der Gründe des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 15.04.2008 - 4 BVGa 2/08 -, dort Seite 2 f. = Bl. 57 f. d.A. verwiesen. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrates zurückgewiesen. Wegen der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf die Seiten 4 ff. des Beschlusses vom 15.04.2008 - 4 BVGa 2/08 - Bezug genommen (= Bl. 59 ff. d.A.). Gegen den am 25.04.2008 zugestellten Beschluss vom 15.04.2008 - 4 BVGa 2/08 - hat der Betriebsrat am 28.04.2008 Beschwerde eingelegt und diese am 19.06.2008 mit dem Schriftsatz vom 18.06.2008 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 18.06.2008 (Bl. 83 ff. d.A.) verwiesen. Ergänzend äußert sich der Betriebsrat mit dem Schriftsatz vom 11.08.2008 (Bl. 111 f. d.A.), worauf ebenfalls verwiesen wird. Soweit es insbesondere um die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses des Betriebsrates geht, verweist der Betriebsrat auf seine Ausführungen auf Seite 3 f. der Antragsschrift sowie darauf, dass es ihm berechtigterweise um die Klärung der Frage gehe, ob es verantwortlicher Geschäftsführung entspreche, Betriebsratssitzungen auf 9:00 Uhr morgens zu terminieren, - könne der Betriebsrat unter Berücksichtigung ausreichender Ruhezeiten der Betriebsratsmitglieder, - die ja überwiegend in der Nachtschicht beschäftigt seien, für 9:00 Uhr Sitzungen anberaumen?. Für die Klärung dieser Frage - so argumentiert der Betriebsrat weiter - sei das Beschlussverfahren, - nicht das Urteilsverfahren die richtige Verfahrensart. Auch sei er - der Betriebsrat - antragsberechtigt bzw. aktivlegitimiert. Sodann führt der Betriebsrat unter Bezugnahme auf BAG vom 17.06.1989 und EuGH vom 09.09.2003 dazu aus, dass ihm der geltend gemachte Verfügungsanspruch zustehe. Zwischen dem Ende der Arbeitsschicht und dem Beginn der Betriebsratssitzung müsse - so macht der Betriebsrat geltend - im Hinblick auf § 5 Abs. 1 ArbZG eine 11-stündige Ruhezeit liegen. Den notwendigen Verfügungsgrund sieht der Betriebsrat nach näherer Maßgabe seiner Ausführungen auf den Seiten 6 f. der Beschwerdebegründung ebenfalls als gegeben an. Soweit das Arbeitsgericht für seine gegenteilige Ansicht auf die Terminierungsbefugnis des Betriebsrates abstelle, würden sich die dem Betriebsrat insoweit möglichen Alternativen als nicht praktikabel erweisen. Dem Hinweis der Beteiligten zu 2 auf die in der Zeit zwischen dem 25.02.2008 und dem 10.07.2008 erfolgten Terminierungen (auf Uhrzeiten - Beginn der jeweiligen Betriebsratssitzung - von 13:00 bis 17:00 Uhr -) begegnet der Betriebsrat mit der Behauptung, dass es sich dabei um einen Notbehelf, bis über seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz rechtskräftig entschieden sei, handele. Der Betriebsrat beantragt,

die Beteiligte zu 2 unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.04.2008 - 4 BVGa 2/08 - im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, die in der Nachtschicht jeweils tätigen Betriebsratsmitglieder vor Beginn der wöchentlichen Betriebsratssitzungen, donnerstags, 9:00 Uhr, unter Einhaltung einer Ruhezeit von 11 Stunden von der Arbeitsleistung freizustellen. Die Beteiligte zu 2 beantragt,

die Beschwerde des Betriebsrates zurückzuweisen. Die Beteiligte zu 2 verteidigt den Beschluss des Arbeitsgerichts gegen die Beschwerde des Betriebsrates nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Beschwerdebeantwortung vom 18.07.2008 (Bl. 107 ff. d.A.), worauf verwiesen wird. Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. II. 1. Die Beschwerde ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Beschwerde bleibt erfolglos, da sie unbegründet ist. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu recht zurückgewiesen. 2. Es fehlt (jedenfalls) am notwendigen Verfügungsgrund. a) Die Vorschriften der §§ 935 und 940 ZPO, die auch im Beschlussverfahren anwendbar sind, machen deutlich, dass einstweilige Verfügungen unvertretbare Verzögerungen bei der gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen überbrücken sollen. Nach näherer Maßgabe der zitierten Vorschriften ist ein Verfügungsgrund dann gegeben, wenn es dem Antragsteller nicht zuzumuten ist, den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Legt man den sich aus den §§ 935 und 940 ZPO ergebenden Maßstab an, führt dies vorliegend zur Verneinung des Verfügungsgrundes. Eine Eilbedürftigkeit ist nicht gegeben. Die vom Betriebsrat erstrebte Regelung ist zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht erforderlich. Zu diesem Ergebnis gelangt man aufgrund einer Abwägung der beiderseitigen Interessen. Im Rahmen dieser Interessenabwägung kann die fehlende Eindeutigkeit der Sach- und Rechtslage (hinsichtlich des Verfügungsanspruches) von vorrangiger Bedeutung sein. Unter Zugrundelegung des Antragswortlautes ("... die Beteiligte zu 2 ... zu verpflichten, ... freizustellen") handelt es sich im Streitfall um eine sogenannte Befriedungs- bzw. Leistungsverfügung, bei der der Verfügungsgrund anerkanntermaßen strengere Voraussetzungen als bei der Sicherungsverfügung hat. Der Erlass der einstweiligen Verfügung muss gemäß § 940 ZPO zur Abwendung wesentlicher Nachteile wirklich nötig erscheinen. Eine einstweilige Regelung durch das Gericht ist deswegen nicht notwendig, weil es dem Betriebsrat selbst - vertreten durch seinen Vorsitzenden - in zumutbarer Weise möglich ist, bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Gefahr des Eintritts gravierender Nachteile oder ähnlich erheblicher Folgen zu verringern, - wenn nicht sogar abzuwenden. b) In den durch das Betriebsverfassungsgesetz bestimmten Grenzen hat der Betriebsrat grundsätzlich allein zu bestimmen, wann und wie oft er tagt. Im Rahmen des insoweit bestehenden (pflichtgemäßen) Ermessens kann so terminiert werden, dass (auch) auf die Interessen der Betriebsratsmitglieder, die in der Nachtschicht arbeiten, angemessen Rücksicht genommen wird. Es kann also von Betriebsratsseite selbst Bedacht darauf genommen werden, dass eine Überforderung einzelner Betriebsratsmitglieder tunlichst zu vermeiden ist. Demgemäß können (- z.B. -) die einzelnen Betriebsratssitzungen auch durchaus später als bereits um 9:00 Uhr beginnen, - etwa zwischen 13:00 und 16:00 Uhr, so wie das unstreitig ja auch im Zeitraum vom 25.02.2008 bis zum 10.07.2008 nach den unwidersprochen gebliebenen Darlegungen der Beteiligten zu 2 im Schriftsatz vom 18.07.2008 praktiziert worden ist. Soweit der Betriebsrat insoweit einwendet, es müsse die Möglichkeit bestehen, während der Betriebsratssitzung Kontakte zur Geschäftsleitung und zu externen Stellen wie Gewerkschaften, Behörden und Rechtsanwälten aufzunehmen, ist nicht ersichtlich, dass diese - vom Betriebsrat behauptete - Notwendigkeit einer Terminierung der Betriebsratssitzung etwa auf 15:00 Uhr entgegen stehen würde. Erfahrungsgemäß sind Gewerkschaften, Behörden und Rechtsanwälte donnerstags in der Zeit zwischen 15:00 und (zumindest) 16:00 Uhr zu erreichen. Entsprechendes hat für die Geschäfts- und Personalleitung der Beteiligten zu 2 zu gelten. Soweit der Betriebsrat behauptet, die "Mitglieder der Geschäfts- und Personalleitung" würden "ihre Arbeitszeit üblicherweise im Laufe des Nachmittags" beenden, ergibt sich daraus nicht, dass das Arbeitszeitende der Geschäfts- und Personalleitung tatsächlich bereits vor 16:00 Uhr liegt. Ob der Betriebsrat überhaupt die Notwendigkeit allwöchentlicher Kontaktaufnahmen mit betriebsinternen und betriebsexternen Stellen hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht hat, kann dahingestellt bleiben. Steht dem Betriebsrat hiernach bereits selbst im Rahmen der ihm zustehenden Terminierungsbefugnis der entsprechende Notbehelf, - bis über die Hauptsache entschieden ist -, zur Verfügung, erscheint die von ihm begehrte einstweilige Verfügung nicht im Sinne des § 940 ZPO nötig. c) Der Sachverhalt ist im übrigen nicht so gelagert, dass an dem Bestand des behaupteten Verfügungsanspruchs keine vernünftigen Zweifel bestünden. Zweifel ergeben sich vielmehr daraus, dass fraglich sein kann, ob und inwieweit es in Fällen der vorliegenden Art überhaupt einer Freistellungserklärung durch die Arbeitgeberin bedarf. Zweifel können sich auch daraus ergeben, dass die Betriebsratstätigkeit als solche arbeitsschutzrechtlich wohl nicht als Arbeit bzw. Arbeitszeit zu bewerten ist (vgl. ArbG Lübeck v. 07.12.1999 - 6 Ca 2589/99 - unter Bezugnahme auf BAG v. 19.07.1977 - 1 AZR 376/74 -). 3. Die Rechtsbeschwerde durfte nicht zugelassen werden (§ 92 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 85 Abs. 2 ArbGG). Dieser Beschluss ist deswegen mit der Rechtsbeschwerde nicht anfechtbar.

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