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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 24.06.2004
Aktenzeichen: 4 Sa 216/04
Rechtsgebiete: DÜG, KSchG, BGB


Vorschriften:

DÜG § 1
KSchG § 1
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 9
KSchG § 9 Abs. 1 S. 2
KSchG § 10
KSchG § 14 Abs. 2
BGB § 626
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 Sa 216/04

Verkündet am: 24.06.2004

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 11.02.2004 - 4 Ca 1928/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Auflösungsantrag wird abgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung um die Zahlung von 475,86 EUR netto.

Der Kläger ist am 02.10.1949 geboren. Er ist verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 28.02.2002 wurde er zum 01.03.2002 als Betriebsleiter zu einem monatlichen Bruttogehalt von 4.082,15 EUR eingestellt. Ihm wurde zugleich ein Firmenwagen zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Aufgaben des Klägers ergeben sich aus der Stellenbeschreibung vom 13.11.2001 als Anlage zum Arbeitsvertrag. Im Jahre 2003 beauftragte die Beklagte den Unternehmensberater B zum Zwecke der Zukunftssicherung des Unternehmens. Anlässlich eines Projektmeetings Mini-P wurden an jeden Beteiligten Aufgaben verteilt, dabei sollte der Kläger ein so genanntes Pflichtenheft erstellen, welche Investitionen und Verfahren aus seiner Sicht notwendig seien, um eine Mini-P zu produzieren. Der Kläger fertigte das Pflichtenheft aus zwischen den Parteien im Einzelnen streitigen Gründen nicht.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 29.09.2003 zum 31.12.2003 und stellte ihn mit sofortiger Wirkung von seiner Arbeitsleistung frei. Ca. 14 Tage nach Ausspruch der Kündigung annoncierte sie die Stelle eines Betriebsleiters im T V. Eine Neueinstellung ist allerdings zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht erfolgt.

Der Kläger hat Kündigungsschutzklage erhoben und vorgetragen, die Kündigung sei nicht aus verhaltensbedingten Gründen gerechtfertigt. Ein Pflichtenheft beschreibe die Abläufe der Produktion und diene den Anbietern dazu, das Angebot auszuarbeiten. Im Meeting vom 08.09.2003 sei klar gewesen, dass zunächst weitere Versuche zum Produktionsablauf durchzuführen seien. Im Übrigen habe die Geschäftsleitung ein paar Tage nach Durchführung der Testreihen zur Mini-P andere Prioritäten gesetzt. Der Unternehmensberater B habe nicht mit der Kündigung für den Fall des Nichterstellens des Pflichtenheftes gedroht. Auch sei es nicht zutreffend, dass er im Meeting vom 24.09.2003 ohne Block und Bleistift erschienen sei. Auch seien betriebsbedingte Gründe nicht gegeben. Die Finanzsituation habe sich aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen Anfang Juli 2003 wieder entspannt und im Juli sei ein Gewinn erzielt worden. Hinzu sei Anfang September 2003 die nationale Produkteinführung der "W" bei A getreten, die sogar zur Einführung einer zweiten Produktionsschicht und Einstellung neuen Personals geführt habe.

Der Kläger hat eine Gewinnbeteiligung von 9.207,-- EUR brutto eingeklagt sowie einen Einbehalt von 475,86 EUR netto von der letzten Gehaltsabrechnung wegen behaupteter verspäteter Rückgabe des Firmenwagens Klageweise geltend gemacht.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.09.2003, zugegangen am 26.09.2003, nicht aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.207,-- EUR brutto sowie 475,86 EUR netto nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes ab 01.12.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Kündigung sei verhaltensbedingt berechtigt, da der Kläger sich beharrlich geweigert habe, das Pflichtenheft zu erstellen, obwohl ihn der Unternehmensberater B darauf hingewiesen habe, dass die Beklagte sich von ihm trennen werde, wenn er das Pflichtenheft nicht wie vorgesehen bis 24.09.2003 erstellt habe.

Die Kündigung sei betriebsbedingt begründet, da man sich Mitte September 2003 entschlossen habe, auf die Position des Betriebsleiters zukünftig ganz zu verzichten und die Aufgaben auf andere Mitarbeiter zu verteilen. Aufgrund dieser Umorganisation bestehe keine Möglichkeit, den Kläger weiter zu beschäftigen. Eine Sozialaufwahl sei nicht nötig, da der Kläger mit keinem anderen Mitarbeiter vergleichbar sei. Die Annonce im T V habe mit dem Wegfall der Stelle des Klägers nichts zu tun, da man lediglich den Markt an Mitarbeitern in der Position des Klägers habe testen wollen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Prämie. Den Firmenwagen habe er entgegen Aufforderung erst am 06.01.2004 herausgegeben, daher sei eine Nutzungsausfallentschädigung von 79,31 EUR pro Tag in Ansatz zu bringen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den ausführlichen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 19.11.2003 verwiesen.

In diesem Urteil hat das Arbeitsgericht, so weit für die Berufung von Bedeutung, der Kündigungsschutzklage entsprochen und der Zahlungsklage in Höhe von 475,86 EUR nebst Zinsen.

Die Kündigungsschutzklage sei erfolgreich. Die Beklagte sei nicht berechtigt, das Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen zu kündigen. Offen bleiben könne vorliegend, in wie weit dem Kläger durch Nichterstellung des Pflichtenheftes eine Vertragspflichtverletzung vorgeworfen werden könne, da die Argumentation des Klägers, das Pflichtenheft könne erst dann erstellt werden, wenn Produktionsabläufe feststehen, nicht völlig von der Hand zu weisen sei. Auch wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt werde, dass alle erforderlichen Schritte zur Erstellung des Pflichtenheftes feststanden, der Unternehmensberater B den Kläger auf die drohende Beendigung im Weigerungsfalle hingewiesen habe und der Kläger trotzdem der ihm zugedachten Aufgabe nicht nachkomme, könne dieser Vorfall die Kündigung nicht rechtfertigen. Es fehle eine nötige wirksame Abmahnung. Dass dem Kläger, der als Betriebsleiter eine gehobene Position bekleide, mitgeteilt worden wäre, der Unternehmensberater B habe nicht lediglich beratende Funktionen, sondern eine Weisungsbefugnis ihm gegenüber, sei nicht ersichtlich.

Die betriebsbedingte Kündigung genüge nicht den an die nach § 1 Abs. 2 KSchG zu stellenden Anforderungen. Die Beklagte habe nicht im ausreichenden Maß dargelegt, dass das Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger aufgrund einer auf Dauer angelegten unternehmerischen Entscheidung weggefallen sei. Ein diesbezügliches schlüssiges Konzept habe die Kammer dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen können. Sie habe zwar behauptet, eine Umorganisation beschlossen zu haben, aufgrund derer die Aufgaben nunmehr anderweitig verteilt werden sollten. Welchen zeitlichen Anteil die einzelnen Aufgaben des Klägers bei seiner Tätigkeit jeweils ausmachten und in wie weit die übernehmenden Mitarbeiter dauerhaft in der Lage seien, die Aufträge des Klägers ohne über obligatorischen Arbeitseinsatz zusätzlich zu benehmen, sei aufgrund dieser Tabelle nicht auszumachen. Angesichts der wenig konkreten Angaben über den Umfang der beabsichtigten Neuverteilungen aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte nur zwei Wochen nach Ausspruch der Kündigung in einer Annonce die Position des Betriebsleiters zur Neubesetzung ausschrieb, habe das Arbeitsgericht die behauptete unternehmerische Entscheidung, das Unternehmen dauerhaft ohne Betriebsleiter zu führen, nicht feststellen können. Die Tatsache, dass die Stelle des Betriebsleiters im vorgelegten Organigramm mit N. N. bezeichnet sei, spreche im Übrigen für sich.

Die Zahlungsklage sei, so weit für das Berufungsverfahren von Bedeutung, erfolgreich. Die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass ihr tatsächlich im Zeitpunkt vom 01.01. bis 06.01.2004 ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden sei. Sie habe lediglich behauptet, die Geschäftsführerin habe den Dienstwagen benötigt, ohne konkrete Einzeltage zu benennen. Da eine von der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges unabhängige Nutzungsausfallentschädigung nur bei privaten nicht jedoch gewerblich genutzten Fahrzeugen anerkannt sei, konnte der Beklagten eine pauschale Nutzungsausfallentschädigung nicht zu erkannt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der umfangreichen Urteilsbegründung wird auf die Vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Gegen das der Beklagten am 03.03.2004 zugestellt Urteil richtet sich die am 25.03.2004 eingelegte Berufung. Die Beklagte hat ihre Berufung mit am 03.05.2004 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe ohne Probleme das entsprechende Pflichtenheft erstellen können. Hauptaufgabe des Unternehmensberaters B sei die Projektbegleitung. Deshalb habe am 08.09.2003 ein Projektmeeting mit dem Kläger stattgefunden und die Wichtigkeit des Projekts für den künftigen Stand des Betriebes sei erläutert worden. Es sei klargestellt worden, dass künftig zwischen dem Kläger und den Abteilungen es zu keinen Reibungsverlusten mehr kommen dürfe. Dem Kläger wurde für die Durchführung des Projektes gesagt, dass Herr B im gegenüber weisungsbefugt sei und er für die Geschäftsführung handele. Im Anschluss daran sei er dann aufgefordert worden, das entsprechende Pflichtenheft zu erstellen und ihm eine Frist eingeräumt bis 24.09.2003. Nach ca. einer Woche habe der Unternehmensberater B nach dem Stand der Dinge nachgefragt. Der Kläger erwiderte, er habe mit dem Pflichtenheft nicht angefangen und werde auch nicht anfangen. Bevor nicht die Rezeptur des Teiges endgültig verabschiedet worden sei, könne das Projekt von der maschinellen Seite nicht von ihm gelöst werden. Daraufhin habe Herr B auf die Wichtigkeit des Projektes für den Bestand des Unternehmens noch einmal ausdrücklich hingewiesen. Der Kläger sei jedoch uneinsichtig gewesen und werde das Pflichtenheft nicht erstellen. Daraufhin habe Herr B ihm erklärt, wenn er nicht wie vorgesehen und angeordnet am 24.09.2003 das Pflichtenheft erstellt habe, werde die Firma sich von ihm trennen. Gleichwohl habe der Kläger zum Meeting am 24.09.2003 das Pflichtenheft nicht erstellt. Einer vorherigen Abmahnung habe es bei dieser Störung im Vertrauensbereich nicht bedurft.

Auch sei die betriebsbedingte Kündigung berechtigt. Der Kläger sei im Betrieb der Beklagten als Art Moderator eingesetzt worden. Bereits vor der Einstellung des Klägers sei die Organisation Technik durch den früheren Leiter Technik durchgeführt, d. h. auch nach dem Ausscheiden laufe die Organisation so wie vor der Einstellung des Klägers. Genauso verhalte es sich im Bereich der Produktion und der kaufmännischen Leitung. Zu dieser müsse ergänzend ausgeführt werden, dass der Kläger ca. maximal eine Stunde pro Woche in dem Bereich arbeite. Für den Bereich maschinelle Ausstattung sei nach dem Ausscheiden des Klägers wieder der Geschäftsführer der Beklagten zuständig. So habe die Beklagte zur Begründung der Kündigung ein Organigramm vorgelegt, in dem die Stelle noch als Betriebsleitung N. N. bezeichnet wurde. Dies habe den einfachen Grund, dass die Organigramme auch nach Wegfall einer Position nicht einfach geändert werden, da wegen der Zertifizierung die jeweilige Zustimmung der Auditoren notwendig sei. Die Anzeige zwecks Suche eines Betriebsleiters sei selbständig von der Personalleitung geschaltet worden, ohne Zustimmung der Geschäftsführung und der kaufmännischen Leitung.

Es wäre Verpflichtung des Klägers gewesen, das ihm überlassene Firmenfahrzeug spätestens mit dem 31.12.2003 an die Beklagte zurück zu geben. Da der Kläger sein Firmenfahrzeug nicht zum 31.12.2003 zurückgegeben hatte und die Beklagte es damit nicht nutzen konnte, habe sie das bei der Firma M gemietete Fahrzeug für den Monat Januar weiter mieten müssen. Hierbei seien Kosten in Höhe von 542,10 EUR entstanden. Die Rückgabe des Fahrzeuges habe frühestens zum 31.01.2004 erfolgen können, da die Beklagte den Mietvertrag erst Anfang Januar zum 31.01.2004 kündigen konnte. Demgemäß sei der Kläger gegenüber der Beklagten schadensersatzpflichtig.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 11.02.2004 - 4 Ca 1928/03 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Zur Erstellung des Pflichtenheftes sei er nicht verpflichtet gewesen. Dies habe er auch klar gemacht, weil die erforderlichen technischen Voraussetzungen längst nicht geklärt waren. Insbesondere sei nicht klar gewesen, ob die Backzeit verkürzt werden könne, da die Ofengeschwindigkeit sich bereits am Limit befunden habe. Aus diesem Grund sei Voraussetzung zur Pflichtenhefterstellung die Durchführung eines zusätzlichen Backversuches gewesen.

Unrichtig sei, dass der Zeuge B weisungsbefugt gewesen sei und ihm dies auch mitgeteilt worden sei. Bei der Besprechung am 08.09.2003 sei entschieden worden, einen zusätzlichen Backversuch ohne Backbleche durchzuführen. Dieser Versuch sei jedoch deswegen nicht durchgeführt worden, weil die Geschäftsleitung andere Prioritäten gesetzt habe.

Der Kläger bestreitet, seine Einstellung sei "nach mir die Sintflut".

Betriebsbedingte Kündigungsgründe lägen nicht vor. Es sei unrichtig, dass die in Rede stehende Zeitungsanzeige von der Personalleitung ohne Zustimmung der Geschäfts- und kaufmännischen Leitung geschaltet worden sei. Zum einen stelle nämlich die kaufmännische Leitung gleichzeitig die Personalleitung dar, zum anderen habe der Geschäftsführer der Beklagten bei den Geschäftspartnern dann einen Betriebsleiter gesucht, falls die Anzeige zu keinem Erfolg führe. Weil die Suche nach einem Betriebsleiter erfolglos verlaufen sei, habe die Geschäftsleitung einen externen Berater zur Unterstützung der laufenden Aufgaben eingeschaltet.

Was den Zahlungsanspruch wegen verspäteter Rückgabe des Pkws betreffe, stelle die Kostenaufstellung nur einen Mietvertrag mit einer Laufzeit bis 26.07.2004 dar und stelle nicht dar die Kosten wegen verspäteter Rückgabe. Ein Kündigungsschreiben des Mietvertrages existiere nicht. Im Übrigen habe die Beklagte eine Tagespauschale in Ansatz gebracht. Dazu fehle es an jeglicher Grundlage.

In der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2003 hat die Beklagte weiter hilfsweise beantragt,

1. Das Arbeitsverhältnis gemäß den §§ 9, 10 KSchG zum 31.12.2003 aufzulösen.

2. Die Höhe der Abfindungszahlung stelle die Beklagte in das Ermessen des erkennenden Gerichts.

Sie vertritt die Auffassung, der Kläger sei Betriebsleiter. Damit bedürfe ein Auflösungsantrag keiner Begründung.

Weiter lägen Gründe vor, die einem dem Betriebszwecke dienliche weitere Zusammenarbeit nicht erwarten ließen. Seitdem der Kläger den Betrieb der Beklagten verlassen habe, seien weitere zahlreiche Pflichtverletzungen aufgedeckt worden, da jetzt die Mitarbeiter den Mut aufbrachten, die Geschäftsleitung zu unterrichten. Er habe seine Mitarbeiter auf Schlimmste gemobbt und fertig gemacht. Tagtäglich habe er sie angeschrieen, wenn was nicht funktionierte und die Mitarbeiter nicht gehorchten, würde er "euch den Kopf abschlagen". Wenn Kritik und Vorschläge seiner Mitarbeiter kämen, seien Wutausbrüche die Folge gewesen. Er habe den Mitarbeitern mit "Rausschmiss", "Arschtritten" und immer wieder damit gedroht "er werde ihnen die Köpfe abreißen". In einem Gespräch mit dem Mitarbeiter P habe er sich sogar geäußert, ihm sei egal, was mit der Firma passieren würde, sie könne ruhig kaputt gehen. Außerdem habe der Kläger in Bezug auf Erneuerungen und Umbaumaßnahmen sehr viele Änderungen angeordnet, die von den Mitarbeitern im Bereich Technik nicht nachvollziehbar seien, weil sie vom Kläger falsch geplant worden seien. Hierzu trägt die Beklagte im Einzelnen vor. Eine dem Betriebsfrieden dienliche weitere Zusammenarbeit sei daher zwischen der Beklagten und dem Kläger nicht zu erwarten.

Der Kläger beantragt,

den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Es bestreitet die tatsächlichen Darstellungen und vertritt die Auffassung, Auflösungsgründe seien nicht gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 24.06.2004.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO). Das Rechtsmittel der Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

II.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis in der Begründung vollkommen zutreffend der Kündigungsschutzklage entsprochen. Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden wird, da die Berufungskammer den Entscheidungsgründen voll umfänglich folgt, auf den ausführlichen und zutreffenden Begründungsteil des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 69 ArbGG).

Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei die Beklagte kurz auf Folgendes hinzuweisen:

Die Kündigung ist nicht als verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt.Das Arbeitsgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die Kündigung aus zwei Gründen zutreffend für rechtsunwirksam gehalten. Zum einen sei ein Pflichtverstoß des Klägers nicht festzustellen, zum anderen fehle es an einer erforderlichen vorherigen vergeblichen Abmahnung.

Soweit dem gegenüber die Beklagte im Berufungsverfahren die Rechtsauffassung vertritt, eine vorher vergebliche Abmahnung sei entbehrlich gewesen, da es sich um eine Störung des Vertrauensverhältnisses handele, vermag dies nicht zu überzeugen. Auch bei Störungen im Vertrauensverhältnis kann von dem Abmahnungserfordernis dann ausgegangen werden, wenn abzusehen ist, dass sich bei einer Abmahnung das Verhalten des Arbeitnehmers ändern kann. So ist es hier. Die Beklagte wirft dem Kläger vor, er habe trotz ausdrücklicher Anweisung ein Pflichtenheft nicht erstellt. Hierin ist eine Störung des Vertrauensverhältnisses nicht zu sehen, die im Übrigen von der Beklagten gemachten Hinweise zur Einstellung des Beklagten, der Fortbestand der Firma sei ihm egal, sind nicht geeignet, tragfähige Entscheidungsgrundlagen zu bilden, weil sie nicht hinreichend konkretisiert sind. Im Übrigen ist angesichts des Umstandes, dass der Kläger vom Betriebsergebnis abhängige Vergütung erzielt, ein derartiger Einwand höchst unwahrscheinlich.

Das Arbeitsgericht hat im Urteil zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger für die Nichterstellung eines Pflichtenheftes eine plausible Erklärung gegeben hat.

Die Kammer kann auch nach dem Vortrag der Beklagten im Berufungsverfahren, der sich im Übrigen im Wesentlichen mit der Wiederholung des erstinstanzlichen Tatsachenvortrages darstellt, nicht feststellen, dass eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses hier vorliegt, die auch nach vorheriger vergeblicher Abmahnung eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses tragen würde. Angesichts der Funktion des Klägers als Betriebsleiter kann eine einmalige, gegenüber der Geschäftsleitung, hierbei unterstellt die Kammer zu Gunsten der Beklagten, dass dies auch der Zeuge B ist, plausibel begründete Erklärung, ein Pflichtenheft nicht erstellt zu haben, weil ihm noch weitere Erkenntnisse fehlen, nicht als gravierende Vertragsverletzung angesehen werden, die zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung berechtigt. Schon gar nicht liegt eine beharrliche Arbeitsverweigerung vor.

Die Kammer konnte es deshalb offen lassen, ob der Sachvortrag der Beklagten, im Übrigen vom Kläger bestritten, zutreffend ist, wonach entgegen den Feststellungen des Arbeitsgerichts der Zeuge B doch abmahnungsberechtigt war.

Die Kammer konnte auch rechtliche Zweifel daher zurückstellen, ob angesichts der vertraglichen Unterstellung des Klägers unter die Geschäftsführung überhaupt eine zwischengeschaltete Instanz zwischen Geschäftsführung und Kläger als Betriebsleiter arbeitsvertraglich rechtlich wirksam eingeführt werden konnte.

Soweit die Beklagte die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe gestützt hat, sind die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur betriebsbedingten Notwendigkeit und der entsprechenden Darlegungs- und Beweislast für die Beklagte allesamt zutreffend. Das Arbeitsgericht hat entscheidend darauf abgestellt, dass eine auf Dauer gerichtete Unternehmerentscheidung, das Unternehmen künftig ohne Betriebsleiter zu führen, mit entsprechender Aufgabenverteilung von der Beklagten nicht konkret nachgewiesen wurde. Dem ist die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht nachgekommen. Insbesondere der Umstand, dass die Beklagte ca. zwei Wochen nach der Kündigung eine Anzeige für einen Betriebsleiter geschaltet hat, im Organigramm die Stelle des Klägers als Betriebsleiter weiterhin mit der Position N. N. bezeichnet wird und auch im Berufungsverfahren eine nachvollziehbare Aufteilung der künftigen Arbeitsverteilung nicht gelungen ist, kann die Kammer die notwendige Unternehmerentscheidung nicht feststellen. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Sachvortrag hinsichtlich des zeitlichen Anteils der einzelnen Aufgaben des Klägers bei seiner Tätigkeit fehlt auch eine Sachdarstellung, in wie weit die übernehmenden Mitarbeiter dauerhaft in der Lage sind, die Aufgaben des Klägers ohne obligatorischen Arbeitseinsatz zusätzlich zu ihren Aufgaben zu übernehmen.

Daher war die Entscheidung des Arbeitsgerichts, dass die ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat, nicht zu beanstanden.

Der Auflösungsantrag der Beklagten ist nicht begründet. Ohne dass es auf eine Erwiderung des Klägers ankommt, konnte die Kammer nicht feststellen, dass die hierzu erforderlichen Tatsachen für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses vorliegen. Stellt das Arbeitsgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat es auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Damit ist keine Unzumutbarkeit im Sinne des § 626 BGB gemeint. Eben so wenig müssen die Gründe geeignet sein, eine Kündigung sozial zu rechtfertigen. Allerdings ist angesichts des Grundzweckes des Kündigungsschutzgesetzes, Arbeitsverhältnisse zu erhalten, eine strenge Beurteilung der Auflösungstatsachen, welche der Arbeitgeber vorträgt, anzunehmen. § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG soll nicht auf dem Umweg über die Auflösung die Kündigungsvoraussetzungen nach § 1 KSchG zu erleichtern. Als Auflösungsgründe sind Tatsachen geeignet, die das persönliche Vertrauensverhältnis stören, hierzu gehören Beleidigungen, betriebliche und wirtschaftliche Gründe allein sind zur Rechtfertigung des Auflösungsantrages nicht geeignet.

Unter Beachtung dieser strengen Kriterien erweist sich der Auflösungsantrag als nicht begründet. Zunächst kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, der Kläger genieße als Angestellter in leitender Stellung gem. § 14 Abs. 2 KSchG geminderten Auflösungsschutz. Der Kläger war unstreitig nicht zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt, so dass diese Bestimmung keine Anwendung findet.

Soweit die Beklagte im Auflösungsantrag Tatsachen über Schlechtleistungen des Klägers, die sie erst nach der Kündigung erfahren haben will, vorbringt, sind diese nicht geeignet, Rückschlüsse auf das persönliche Vertrauensverhältnis zu der Beklagten zu begründen.

Soweit sie sich des Weiteren auf ständige Schikanen gegenüber Untergebenen beruft, die sie im Einzelnen konkret tatsächlich vorgetragen hat, vermag die Kammer auch hier eine notwendige Störung des Vertrauensverhältnisses nicht festzustellen. Die Beklagte trägt ausdrücklich vor, es sei an der Tagesordnung, dass der Kläger seine untergebenen Mitarbeiter mit den von ihr bezeichneten Behauptungen überschüttet. Wenn dies aber angesichts einer eineinhalbjährigen Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten an der Tagesordnung gewesen sein sollte, und sich bis zur Kündigung kein Mitarbeiter bei der Beklagten hierüber beschwert hat, lässt dies nach Auffassung der Kammer nur den Schluss zu, dass die Mitarbeiter diese Äußerungen des Klägers, sollten sie tatsächlich gefallen sein, nicht in dem Sinne verstanden haben, wie sie die Beklagte nunmehr versteht. Eine Störung des Verhältnisses zwischen dem Kläger und seinen Mitarbeitern und damit eine Störung des Verhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten kann aufgrund der vorgebrachten Tatsachen nicht festgestellt werden.

Erweist sich daher der Auflösungsantrag als unbegründet, war auch dieser zurückzuweisen.

III.

Soweit das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung verurteilt hat, ist die Berufung nicht zulässig begründet. Das Arbeitsgericht hat in der Entscheidung darauf abgestellt, dass die Beklagte einen tatsächlichen Schaden nicht vorgetragen hat und eine pauschale Nutzungsausfallentschädigung nicht bei gewerblich genutzten Fahrzeugen anerkannt ist. Mit diesen Ausführungen hat sich die Berufungsbegründung nicht auseinander gesetzt. Die Beklagte hat sich lediglich darin beschränkt, vorzutragen, die Beklagte habe einen Mietwagen nicht zurückgeben können. Dies stellt keine Begründung dar, weshalb das arbeitsgerichtliche Urteil fehlerhaft sein sollte. Die Beklagte ist im Übrigen in der Berufung auch von ihrer pauschalen Nutzungsausfallentschädigung nicht abgewichen.

Auch ist nicht ersichtlich, dass ein mit Vertragsbeginn 26.07.2001 auf 36 Monate abgeschlossener Leasingvertrag zum 31.01.2003 hätte beendet werden können, so dass auch die im Berufungsverfahren aufgestellte Schadensberechnung der Beklagten nicht schlüssig ist.

IV.

Nach allem musste die Berufung der Beklagten erfolglos bleiben. Sie war mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 zurückzuweisen.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 1 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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