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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 08.06.2006
Aktenzeichen: 4 Sa 231/06
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 611
BGB § 613
BGB § 615 Satz 1
BGB § 626 Abs. 2
BGB § 242
KSchG § 9
KSchG § 14 Abs. 2 Satz 1
KSchG § 14 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 Sa 231/06

Entscheidung vom 08.06.2006

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 20.10.2005 - 2 Ca 515/05 - sowie ihr Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Berechtigung zweier Arbeitgeberkündigungen sowie um Zahlungsansprüche.

Seit 01. März 2003 ist der Kläger bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt, als Hoteldirektor zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 3.750,00 € tätig gewesen.

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 15. März 2005, dem Kläger zugegangen am 16. März 2005, das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30. Juni 2005. Der Kläger erhob hiergegen am 05. April 2005 Kündigungsschutzklage.

Mit Schreiben vom 06. April 2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Der Kläger hat auch diese Klage mit der am 15. April 2005 eingereichten Kündigungsschutzklage angegriffen.

Er hat vorgetragen, ein wichtiger Grund läge nicht vor. Er selbst habe von den Hotelgästen keine Barbeträge für die Firma V kassiert. Sämtliche Entgelte seien auf das Konto des Geschäftsführers der Beklagten geflossen. Soweit diese nicht an die Firma V weitergeleitet worden, sei ihm dies nicht zuzurechnen.

Bereits vor seiner Einstellung habe die Beklagte Verluste erwirtschaftet. Bis zum 31. Juli 2004 habe er gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres eine Umsatzerhöhung von 48,50 % erreicht. Für offene Lieferantenrechnungen sei er nicht verantwortlich. Sämtliche Werbemaßnahmen seien ebenso wie alle Einstellungen mit dem Geschäftsführer der Beklagten mündlich abgesprochen worden. Der Geschäftsführer sei täglich oder zumindest jedes Wochenende im Hotel anwesend, er habe daher einen Überblick über das vorhandene Personal gehabt. Sämtliche Lohnzahlungen einschließlich der Zuschläge habe er in Absprache und auf Wunsch des Geschäftsführers getätigt. Die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei für die außerordentliche Kündigung nicht eingehalten.

Der Kläger hat beantragt,

1) festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 15.03.2005, zugegangen am 16.03.2005, zum 30.06.2005 sein Ende finden wird,

2) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30.06.2005 hinaus fortbesteht,

3) die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses als Hoteldirektor tatsächlich weiterzubeschäftigen,

4) festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 06.04.2005 hinaus sein Ende gefunden hat,

5) festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis über den 06.04.2005 hinaus fortbesteht,

6) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.750,00 € brutto Arbeitslohn für den Monat März 2005 abzüglich bereits gezahlter 2.579,38 € netto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 05.04.2005 zu zahlen,

7) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.250,00 € brutto Arbeitslohn für die Monate April bis Juni 2005 abzüglich 4.670,40 € netto erhaltenen Arbeitslosengeldes nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus jeweils 3.750,00 € brutto seit dem 05.05., 05.06. und 05.07.2005 zu zahlen,

8) die Beklagte zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis zu erteilen,

9) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.250,00 € brutto Arbeitslohn für die Monate Juli bis einschließlich September 2005 abzüglich 5.004,00 € netto erhaltenen Arbeitslosengeldes nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus jeweils 3.750,00 € brutto seit dem 05.08., 05.09. und 05.10.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die von ihm übernommene Verpflichtung, das Hotel mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu führen, habe der Kläger nicht erfüllt. Er habe von den Hotelgästen Entgelt für den Wellnessbereich kassiert und diese Beträge in Höhe von circa 12.000,00 € nicht an die Firma V weitergeleitet. Dadurch sei diese Firma derart in Schwierigkeiten geraten, dass sie Personal habe entlassen müssen. Sie habe Plakate aufgehängt, dass sie nicht mehr mit der Beklagten zusammenarbeite und Zahlungen nur noch selbst von den Patienten selbst annehme. Das Verhalten des Klägers stelle eine Untreuehandlung dar.

Der Kläger habe Fehlbeträge erwirtschaftet und einen Verlust von rund 400.000 € erarbeitet. Mit Schreiben vom 05. August 2004 habe sie den Kläger förmlich abgemahnt. Der Kläger sei allein für den wirtschaftlichen Erfolg des Hotels verantwortlich gewesen, da er allein die Ausgaben und Einnahmen bestimmt habe. Alle Verluste und jeglicher Kapitalbedarf seien durch private Einlagen oder Darlehen des Geschäftsführers gedeckt worden. Die Beklagte habe den Eindruck, dass der Kläger das Hotel bewusst mit Verlust geführt habe, weil er auf diese Weise leichter einen Pachtvertrag zu erhalten gehofft habe. Die Verluste habe er u. a. auch dadurch herbeigeführt, dass er Hotelzimmer zu einem Preis von 3,00 € pro Nacht an Personen vermietet habe in der Annahme, die Hotelgäste würden die fehlenden Übernachtungskosten durch entsprechenden Verzehr ergänzen, was jedoch nicht geschehen sei.

Der Kläger habe offene Rechnungen in Höhe von 185.000,00 € nicht bezahlt. Die Lieferantenrechnungen hätten sich per 20. Juli 2005 noch auf 155.063,23 € belaufen.

Trotz ausdrücklichen Verbotes habe der Kläger 8 Mitarbeiter eingestellt, ohne die vorherige Zustimmung der Geschäftsleitung einzuholen. Obwohl ihm bereits mit Schreiben vom 05. August 2004 mitgeteilt wurde, dass nur 35 % des Umsatzes für Entgeltzahlungen genehmigt würden, hat der Kläger höhere Zahlungen an das Personal geleistet. Diese Zahlungen habe er verschleiert als Zahlungen für fingierte Fahrten einer Ich-AG und durch Ausgabe von Benzingutscheinen. Zudem habe er sich selbst und weiteren Angestellten unberechtigte Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit bezahlt, obwohl er ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass steuerfreie Zuschläge nur bei Vorliegen von Nachweisen über die geleistete Arbeit vom Finanzamt akzeptiert würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 20. Oktober 2005 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage weitgehend entsprochen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die außerordentliche Kündigung sei rechtsunwirksam. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe von den Gästen Entgelte für Behandlungen bei der Firma V kassiert und nicht an diese weitergeleitet, sei unsubstantiiert. Die Beklagte trage nämlich nicht vor, wann genau von wem in welcher Höhe der Kläger Gelder vereinnahmt haben soll. Ein detailliertes Eingehen auf die Vorwürfe sei dem Kläger daher nicht möglich. Sie habe auch nicht dargelegt, inwieweit der Kläger persönlich mit derartigen Abrechnungen befasst war. Eines diesbezüglichen Vortrages hätte es insbesondere deshalb bedurft, weil der Kläger weder Prokura noch Kontovollmacht hatte, so dass er jedenfalls, soweit Zahlungen üblicherweise unbar erfolgten, auf die Weiterleitung an die Firma V gar keinen unmittelbaren Einfluss nehmen konnte. Einen Beweis dafür, dass der Kläger Einnahmen für sich selbst behalten und damit möglicherweise eine strafbare Untreue begangen habe, sei die Beklagte schuldig geblieben. Soweit der Kläger es lediglich unterlassen haben sollte, die Weiterleitung der vereinnahmten Gelder an die Firma V durch die dafür zuständigen Personen zu veranlassen, sei dies jedenfalls kein ausreichender Grund für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung.

Die von der Beklagten angegebenen Verluste könnten eine fristlose Kündigung ebenso wenig rechtfertigen. Fehlbeträge der Monate Januar bis März 2003 könnten mangels Bestand eines Arbeitsverhältnisses dem Kläger nicht vorgehalten werden. Soweit die Beklagte dem Kläger Verluste in der Größenordnung von 400.000,00 € vorhalte, sei nicht substantiiert vorgetragen, wie sich dieser Verlust zusammensetzen solle. Dem Vortrag lasse sich ferner auch nicht entnehmen, wie und gegebenenfalls auf welche Weise der Kläger die Verluste hätte vermeiden können, zumal der Kläger unwidersprochen vorgetragen habe, er habe Umsatzsteigerungen erreicht und Verluste reduziert. Auch dass der Kläger Vorschläge der Beklagten zur Verbesserung des Betriebsergebnisses abgelehnt haben möge, rechtfertige keine außerordentliche Kündigung. Soweit die Beklagte vorgegeben habe, nur noch maximal 35 % des Umsatzes für Lohn- und Gehaltzahlungen zu genehmigen, sei ebenfalls zweifelhaft, ob sich eine derartige Anordnung überhaupt realisieren ließe. Fest angestellte Mitarbeiter hätten einen Vergütungsanspruch unabhängig davon, ob ein hinreichender Umsatz erzielt werde. Dass der Kläger das Hotel absichtlich mit Verlust führte, um günstige Pachtkonditionen aushandeln zu können, sei reine Spekulation. Der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe in erheblichem Umfang offene Lieferantenrechnungen nicht bezahlt, sei nicht geeignet, eine Kündigung zu tragen. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit der Kläger hier selbst zuständig sei und entsprechende Zahlungen hätte veranlassen können und müssen. Für die Behauptung, der Kläger habe 8 namentlich benannte Arbeitnehmer ohne ihre Einwilligung eingestellt, habe die Beklagte keinen Beweis angetreten. Den Vorwurf der Überschreitung der Personalkosten durch fingierte Fahrten und Benzingutscheine seien nicht substantiiert.

Zu deren Wirksamkeit hätte der Kündigung überdies eine Abmahnung vorausgehen müssen. So habe die Beklagte Anweisungen gegeben, in denen auch gewisse Punkte wie Umsätze, offene Rechnungen, Personalkosten und Personaleinstellungen angesprochen und beanstandet würden, selbst das Schreiben vom 05. August 2004 enthalte aber keine Abmahnung. Für den Fall, dass der Kläger eine dort gegebene Anordnung wieder nicht befolgte, kündigte die Beklagte zwar an, ihn für die Konsequenzen voll zur Verantwortung zu ziehen. Eine wirksame Abmahnung könne jedoch ihre Warn- und Androhungsfunktion nur genügen, wenn eindeutig und bestimmt entnommen werden könne, dass der Arbeitnehmer bei künftigen gleichartigen Vertragsverletzungen mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechnen müsse. Dies sei aus der Ankündigung, den Kläger für Konsequenzen zur Verantwortung zu ziehen, nicht zu entnehmen. Eine Abmahnung sei auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.

Dass die Beklagte die Zweiwochenfrist eingehalten habe, sei ebenfalls nicht ersichtlich. Auch die ordentliche Kündigung sei rechtsunwirksam. Die von der Beklagten erhobenen Vorwürfe könnten keine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung des Klägers rechtfertigen. Insbesondere hätte auch dieser eine Abmahnung vorangehen müssen.

Der Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers folge aus §§ 611, 613 BGB i.V.m. § 242 BGB. Der Kläger habe für die Zeit vom 01. März bis 05. April 2005 Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt gemäß § 611 BGB. Für die Zeit vom 06. April bis 30. September 2005 aus § 615 Satz 1 BGB. Der Kläger habe das erhaltene Arbeitslosengeld von seinen Klageansprüchen in Abzug gebracht.

Obwohl das Arbeitsgericht im Urteil zu Ziffer 6) die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis zu erteilen, hat es in den Entscheidungsgründen ausgeführt, da das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet sei, habe der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Das Urteil wurde der Beklagten am 15. Februar 2006 zugestellt. Am 14. März 2006 legte die Beklagte hiergegen Berufung ein und begründete die Berufung gleichzeitig.

Die Beklagte rügt eine Verletzung der Hinweispflicht. Sie habe vorgetragen, dass circa 12.000,00 €, die der Firma V zustanden, über das Hotel vereinnahmt und nicht abgeführt worden seien. Zu Unrecht gehe das Gericht davon aus, dass aufgrund fehlender Prokura oder Kontovollmacht der Kläger für die fehlende Weiterleitung der fremden Gelder nicht verantwortlich gemacht werden könne. Eine Untreuehandlung läge vor, Gelder seien zweckentfremdet also entgegen ihrer Zweckbestimmung verwendet worden.

Die Beklagte habe nicht behauptet, dass der Kläger Verluste aus seiner Zeit vor seiner Tätigkeit zu vertreten habe. Es sei auch nicht erforderlich, den insgesamt aufgetretenen Verlust im Einzelnen aufzuschlüsseln. Soweit das Gericht einzelne Fehlverhalten nicht als ausreichend für eine Kündigung ansehe, verkenne es, dass eine Vielzahl von Punkten vorgetragen worden seien, die in ihrer Gesamtschau gesehen die Kündigung rechtfertigten, weil der Kläger seine Aufgabe als Hoteldirektor nicht mit der so notwendigen Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns erledigt habe. Dies gelte für alle einzelnen angesprochenen Punkte im Urteil. Es möge zwar zutreffen, dass der Verstoß gegen die Vorgabe, nicht mehr als 35 % des Umsatzes für Lohn- und Gehaltszahlungen auszugeben, für sich allein eine außerordentliche Kündigung nicht rechtfertige, jedoch hätte auch dieser Punkt in die Gesamtschau der Verfehlungen des Klägers einbezogen werden müssen. Auch der Umstand, dass der Kläger in erheblichem Umfang offene Lieferantenrechnungen nicht gezahlt habe, sei vom erstinstanzlichen Gericht falsch gewürdigt worden. Da er keine Kontovollmacht hatte, sei er gehalten gewesen, offene Lieferantenrechnungen unverzüglich vorzulegen, damit diese durch die Geschäftsführung ausgeglichen würden. Er habe die offenen Rechnungen aber gesammelt und Mitte Februar 2004 eine hohe Anzahl offener Rechnungen zum Erstaunen der Geschäftsführung vorgelegt. Für alle vorgetragenen Fehlleistungen sei der Kläger verantwortlich. Er habe als Hoteldirektor die Stelle eines leitenden Angestellten inne gehabt, somit sei eine Abmahnung entbehrlich gewesen. Die Gesamtwürdigung des Verhaltens gegenüber der Beklagten rechtfertige nach den vorstehenden Ausführungen die fristgerechte ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Jedenfalls sei aufgrund der besonderen Stellung des Klägers der Beklagten eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar und deshalb auf Antrag der Beklagten das Arbeitsverhältnis aufzulösen.

Die Beklagte beantragt unter Aufhebung und Abänderung des angefochtenen Urteils,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise, das Arbeitsverhältnis des Klägers und Berufungsbeklagten gemäß § 9 KSchG aufzulösen.

In dieser mündlichen Verhandlung hat die Beklagte das von ihr beantragte Auflösungsdatum mit dem 30. Juni 2005 benannt.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er tritt dem Auflösungsantrag entgegen. Auch im Berufungsverfahren habe die Beklagte nicht dargelegt, in welchem Aufgabenbereich und wie der Kläger mit den Einnahmen der Firma V in Berührung gekommen sei. Aus dem Einstellungsvertrag ergebe sich nicht, dass die Buchhaltung oder die Einnahme von Geldern zu seinem Aufgabenbereich gehörte. Die Ausführungen der Beklagten, der Kläger sei wegen Untreue strafbar, seien nicht relevant. Der Vorhalt, dem Kläger seien die Verluste anzurechnen, sei ebenfalls nicht schlüssig. Der Geschäftsführer der Beklagten habe die alleinige Vollmacht für die Konten der Beklagten gehabt, sei jedes Wochenende im Hotel anwesend gewesen und habe alle Konten überprüfen können. Er hätte aktiv die finanzielle Lage des Hotels bestimmen können. Das Arbeitsgericht habe weiter ausgeführt, dass einer wirksamen Kündigung bereits die fehlende Abmahnung entgegenstehe. Selbst wenn das Verhalten des Klägers vertragswidrig gewesen sein sollte, wäre diese Kündigung mangels Abmahnung rechtswidrig gewesen. Die Voraussetzungen für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses lägen nicht vor. Auflösungsgründe habe die Beklagte nicht vorgetragen. Der Kläger sei auch nicht leitender Angestellter im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG gewesen, weil er keine Befugnis zu eigenständigen Maßnahmen im Personalbereich hatte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist teilweise nicht zulässig. Soweit sie zulässig ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg.

II.

Die Berufungsbegründung der Beklagten enthielt eine zulässige Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil nur insoweit, als das Arbeitsgericht der Klage gegen die ordentliche Kündigung stattgegeben hat. Eine zureichende Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts zu der Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung enthält die Berufungsbegründung nicht. Sie enthält keine zulässige Auseinandersetzung mit der Verurteilung der Beklagten für die Grundzahlungsansprüche des Klägers bis Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist und mit der Verurteilung der Beklagten zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses.

Hinsichtlich der Verurteilung zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses ist das Urteil des Arbeitsgerichts fehlerhaft. Das Arbeitsgericht kann nicht eine Verurteilung zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses aussprechen, in der Urteilsbegründung dann ausführen, weil das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist, bestehe ein derartiger Anspruch nicht. Die Berufungsbegründung der Beklagten setzt sich aber mit diesem Punkt auch nicht ansatzweise auseinander. Insoweit ist daher das Berufungsgericht gehindert, die Entscheidung des Arbeitsgerichts zu korrigieren.

Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung angedeutet hat, das Arbeitsgericht habe den Sachvortrag fehlerhaft bewertet, gebotene Hinweise nicht gegeben und rechtsfehlerhaft angewendet, bei einer Gesamtschau hätte die außerordentliche Kündigung bestätigt werden müssen, ist dies keine Auseinandersetzung mit sämtlichen tragenden Erwägungen des arbeitsgerichtlichen Urteils. Das Arbeitsgericht hat die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung nicht beendet wurde, auf drei selbstständig tragende Entscheidungen gestützt. Es hat zum einen ausgeführt, dass die von der Beklagten gemachten Vorwürfe nicht substantiiert seien, weiter hat es ausgeführt, dass einer außerordentlichen Kündigung eine vorherige vergebliche Abmahnung hätte vorangehen müssen und zum Dritten hat es ausgeführt, dass die Beklagte die für die Einhaltung der Zweiwochenfrist notwendigen Tatsachen nicht vorgetragen hat.

Mag man der Beklagten zugeben, dass sich die Berufungsbegründung mit den ersten beiden Punkten auseinandersetzt, ist im Berufungsbegründungsschriftsatz an keiner Stelle erkennbar, wie sich die Beklagte gegen die Feststellung des Arbeitsgerichts wendet, die Einhaltung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB könne nicht festgestellt werden. Damit erweist sich, da sich eine Berufungsbegründung mit sämtlichen tragenden Erwägungen auseinanderzusetzen hat, soweit diese die Feststellungen selbstständig tragen, die Berufung als unzulässig, richtet sie sich gegen die Entscheidung über die Berechtigung der außerordentlichen Kündigung.

Damit liegt auch, weil zu der Frage der Gehaltsfortzahlung ebenfalls keine ausdrücklichen Einwendungen der Beklagten erhoben worden sind, die Gehaltszahlung aber untrennbar mit der Entscheidung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zusammenhängt, eine zureichende Auseinandersetzung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil nicht vor, soweit es um die Gehaltszahlung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist geht.

Zulässig begründet ist die Berufung der Beklagten insofern, als die Feststellung des Arbeitsgerichts bekämpft wird, das Arbeitsverhältnis sei auch nicht durch ordentliche Kündigung beendet worden. Hierzu war die Feststellung des Arbeitsgerichts über die Nichteinhaltung der Zweiwochenfrist nicht entscheidungserheblich, eine Auseinandersetzung hierzu musste also im Berufungsbegründungsschriftsatz nicht erfolgen.

III.

Soweit die Beklagte mit der Berufung geltend macht, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht die Berechtigung der ordentlichen Kündigung verneint, vermag die Berufung nicht erfolgreich zu sein. Die Begründung des arbeitsgerichtlichen Urteils ist insgesamt zutreffend. Die Berufungskammer nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen vollinhaltlich Bezug auf den diesbezüglichen Teil des angefochtenen Urteils und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei kurz auf Folgendes hinzuweisen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil ist schon deswegen zutreffend, weil eine vorherige vergebliche Abmahnung fehlt. Die dem Kläger vorgehaltenen Vertragsverstöße betreffen allesamt Verstöße im Verhaltensbereich. Eine vorherige vergebliche Abmahnung wäre wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erforderlich. Die Beklagte hat eine vorherige vergebliche Abmahnung nicht ausgesprochen. Die vom Arbeitsgericht gegebene Wertung, dass das Schreiben vom 05. August 2004 keine Abmahnung im Rechtssinne enthält, ist zutreffend. Der entsprechenden Bewertung ist die Beklagte im Berufungsverfahren auch nicht entgegengetreten.

Soweit sie im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, angesichts der Funktion des Klägers als leitender Angestellter sei eine Abmahnung entbehrlich, schließt sich dem die Kammer nicht an. Die Abmahnung ist grundsätzlich bei Störungen im Verhaltens- und Leistungsbereich vorher auszusprechen. In einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbaren Art und Weise muss der Arbeitgeber seine Beanstandungen vorbringen und den Hinweis verbinden, im Wiederholungsfalle sei der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet. Entbehrlich ist eine Abmahnung dann, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorgelegen haben, aufgrund derer eine Abmahnung als nicht Erfolg versprechend angesehen werden durfte (vgl. BAG AP-Nr. 9 zu § 1 KSchG "Verhaltensbedingte Kündigung"). Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer gar nicht gewillt ist, sich vertragsgerecht zu verhalten. Der Sachverhalt gibt keine Veranlassung, dies anzunehmen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger bei einem etwaigen Hinweis der Beklagten auf Veränderung des Inhalts oder des Bestandes des Arbeitsverhältnisses, sollte er weiter Fehlleistungen im Arbeitsverhältnis begehen, uneinsichtig reagiert hätte.

Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass gewisse Fehlverhalten, etwa strafbare Handlungen, eine Abmahnung entbehrlich erscheinen lassen. Diese können aber nicht festgestellt werden. Insbesondere kann die Beklagte mit der Behandlung der vereinnahmten Kundengelder der Firma V dem Kläger keine Untreuehandlung vorwerfen. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass hier die Verantwortlichkeiten des Klägers gar nicht präzise abgegrenzt wurden. Der Kläger hatte keine Kontovollmacht, er war also nicht in der Lage zu veranlassen, dass die der Firma V zustehenden Gelder an diese ausgezahlt werden. Dass der Kläger es verabsäumt hat, entsprechende Aufforderungen der Firma V an die Beklagte, die Gelder auszuzahlen, zurückgehalten bzw. in sonstiger Weise zögerlich behandelt hat, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Die übrigen, dem Kläger gemachten Vorhaltungen sind, soweit sie zutreffend sein sollten, allenfalls Störungen im Verhaltensbereich, bei denen auch unter Berücksichtigung einer Gesamtschau nicht davon ausgegangen werden kann, dass ausnahmsweise wegen der Schwere der Verfehlungen eine Abmahnung entbehrlich ist.

Dass der Kläger leitender Angestellter gewesen sein soll, entbindet die Beklagte nicht, vor einer Kündigung eine vorherige vergebliche Abmahnung auszusprechen. Auch für leitende Angestellte gelten diese Grundprinzipien des Kündigungsschutzgesetzes uneingeschränkt.

Der im Berufungsverfahren gestellte Auflösungsantrag der Beklagten ist ebenfalls nicht begründet. Die Beklagte hat Auflösungsgründe nicht genannt. Sie kann sich auch nicht darauf berufen, gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 sei der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch ohne Begründung erfolgreich.

Ob der Kläger als Geschäftsführer, Betriebsleiter o. ä. leitender Angestellter angesehen werden kann, kann dahin stehen. Er war jedenfalls nicht zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt.

Die Beklagte hat dem Kläger im Verlaufe des Verfahrens Vorhaltungen gemacht, dass er ohne hierzu ermächtigt gewesen zu sein, Einstellungen vorgenommen hat. Der Anstellungsvertrag übertrug dem Kläger zwar die gesamte Personalführung, er enthält in § 2 jedoch den Vorbehalt, dass Entlassungen und Neuanstellungen stets vorher mit der Geschäftsführung abzustimmen sind. Hierin kann eine Berechtigung zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung nicht hergeleitet werden. Gleiches gilt unter Berücksichtigung der zum Anstellungsvertrag vom 21. Februar 2003 erlassenen Geschäftsordnung, wonach der Kläger nur berechtigt war, im Rahmen des von der Geschäftsführung genehmigten Personalplanes Personal einzustellen und Arbeitsverträge abzuschließen. Eine Befugnis zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG liegt daher nicht vor.

Musste daher der Auflösungsantrag des Arbeitgebers begründet werden, hat die Beklagte keine Gründe vorgetragen, die eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht mehr erwarten ließen. Insbesondere können unter ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Gründe, die nicht ausgereicht haben, eine Kündigung zu tragen, nicht für die Begründung eines Auflösungsvertrages herangezogen werden.

Nach allem erweist sich die Berufung der Beklagten als nicht erfolgreich. Sie war mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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