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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 19.08.2004
Aktenzeichen: 4 Sa 473/04
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB, ArbGG


Vorschriften:

BetrVG § 77 Abs. 2
BetrVG § 77 Abs. 4
BGB § 162
BGB § 242
ArbGG § 69
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 Sa 473/04

Verkündet am: 19.08.2004

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 20.04.2004 - 2 Ca 287/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, der seit 25.05.1977 bei der Beklagten beschäftigt ist, begehrt von der Beklagten die Zahlung eines Jubiläumsgeldes. In § 21 einer im Betrieb der geltenden Betriebsvereinbarung ist bei ununterbrochener Betriebszugehörigkeit von 25 Jahren ein Jubiläumsgeld in Höhe eines Monatsverdienstes zu zahlen. Nach § 57 der Betriebsvereinbarung sind alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis die nicht auf Tarifvertrag beruhen, nach Fälligkeit innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Monaten schriftlich geltend zu machen.

Der Kläger war nach November 2001, in dem er zuletzt einen Nettoverdienst von 1.901,00 DM arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 03.04.2003 fordert er die Zahlung des Jubiläumsgeldes. Mit Schreiben vom 08.04.2003 lehnte die Beklagte die Zahlung ab. Da der Kläger die Ausschlussfrist nicht eingehalten habe. Der Kläger hat am 18.02.2004 beim Arbeitsgericht Trier Klage auf Zahlung eines Jubiläumsgeldes in Höhe von 971,97 € erhoben.

Er hat vorgetragen, erst im Laufe des Jahres 2003 davon Kenntnis erlangt zu haben, dass ihm ein Anspruch auf Jubiläumsgeld zustehe. Von Fristen sei ihm nichts bekannt gewesen, insbesondere habe die Beklagte ihn hiervon nicht in Kenntnis gesetzt. Bei zahlreichen Firmenumbildungen, die in der Vergangenheit statt gefunden hätten, sei er nicht über neue Betriebsvereinbarungen informiert worden.

Da er wegen seiner Erkrankung von der Beklagten keine Entgeltabrechnung für April 2002 erhalten habe, nach der sich die Höhe des Jubiläumsgeldes habe richten sollen, habe er den Anspruch nicht früher geltend machen können.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein Jubiläumsgeld in Höhe von 971,97 € nebst 5 % Zinsen über dem Basisdiskontsatz seit dem 15.04.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf die Ausschlussfrist in der Betriebsvereinbarung und auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie berufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 20.04.2004 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch sei verfallen. Fällig sei der Anspruch spätestens mit Ablauf Monat Mai 2002. Der Kläger hätte den Anspruch also bis spätestens 31.08.2002 schriftlich geltend machen müssen. Die tatsächlich erfolgte schriftliche Geltendmachung erstmals unter dem 03.04.2003 sei damit verspätet. Die Ausschlussfrist sei wirksam. Die Ausschlussfrist lief unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer den ihm zustehenden Anspruch und die einzuhaltende Ausschlussfristen kenne. Es bestehe auch keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer auf das Bestehen hinzuweisen. Sowohl der Anspruch des Klägers auf das Jubiläumsgeld als auch die Ausschlussfrist ergäben sich aus der Betriebsvereinbarung, die auch ohne Kenntnis des Arbeitnehmers nach § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar und zwingend wirke. Es sei dem Kläger zuzumuten, sich über geltende Betriebsvereinbarungen zu informieren. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass er wegen fehlender Entgeltabrechnungen seinen Anspruch nicht früher hätte geltend machen können. Er sei zur Überprüfung und Bezifferung seines Anspruchs nicht auf den Erhalt einer Abrechnung angewiesen. Ohne Weiteres habe er innerhalb der Ausschlussfrist feststellen können, dass ihm ein Jubiläumsgeld nicht gezahlt worden war. Er hätte zur Bezifferung seiner Klageforderung die Abrechnung November 2001 heranziehen können, was er auch mit seiner Klage gemacht habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Gegen das am 18.05.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 17.06.2004 eingelegte Berufung. Der Kläger hat seine Berufung mit am 07.07.2004 eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Kläger wiederholt seinen erstinstanzlichen Tatsachen- und Rechtsvortrag und vertritt die Auffassung, das Arbeitsgericht habe die Ausschlussfrist in der Betriebsvereinbarung zu Unrecht als wirksam angesehen. Dabei sei das Gericht zu Lasten des Klägers davon ausgegangen, dass es die eigene Obliegenheit des Klägers gewesen wäre, sich über die Ausschlussfrist zu informieren. Die Anforderung an die Nachforschungspflicht seien jedoch überzogen und verstießen gegen die gesetzlichen Regelungen in §§ 162, 242 BGB. Aufgrund zahlreicher Firmenumbildungen sei es dem Kläger nicht möglich gewesen die gegenwärtige Betriebsform der Beklagten zutreffend zu bezeichnen. Hierzu verweist der Kläger im Einzelnen auf unterschiedliche Firmenbezeichnungen und den Umstand, dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagten die Behauptung aufgestellt hätten, die Beklagte existiere nicht mehr, sondern sei ersatzlos aufgelöst worden. Ihm könne es daher nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er nicht innerhalb der Frist, der die Rechtsnachfolgerin seiner Arbeitgeberin herausfinden konnte. Die Beklagte habe es dem Kläger unmöglich gemacht, die Frist zur Geltendmachung einzuhalten.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 20.04.2004 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein Jubiläumsgeld in Höhe von 971,97 € nebst 5 % über dem Basisdiskontsatz seit 15.04.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Ausführungen des Klägers seien nicht nachvollziehbar. Es frage sich in diesem Zusammenhang, warum der Kläger erst mit Schreiben vom 03.04.2003 seinen Anspruch gegenüber der Beklagten geltend machte. Insbesondere habe er nicht vorher versucht, der Beklagten ein entsprechendes Forderungsschreiben zuzustellen.

Der Kläger habe auch die einzelvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist nicht gewahrt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 19.08.2004.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. v. m. § 520 ZPO).

II.

Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das arbeitsgerichtliche Urteil ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung vollkommen zutreffend. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen würden. Die Berufungskammer nimmt daher gem. § 69 ArbGG voll umfänglich Bezug auf den begründenden Teil des angefochtenen Urteils und stellt dies ausdrücklich fest. Von weiteren umfangreichen Darstellungen im Berufungsverfahren kann abgesehen werden. Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei der Kläger kurz auf Folgendes hinzuweisen:

Soweit er sich darauf beruft, die Beklagte habe durch verschiedene Firmenumbildungen und Verlegung des Betriebssitzes unmöglich gemacht, dass er die Ausschlussfrist gewahrt hat, fehlt dieser die Behauptung die tatsächliche Substanz. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass es ihm infolge Unkenntnis der richtigen postalischen Anschrift oder der richtigen Firmenbezeichnung unmöglich gewesen wäre, entsprechende Forderungsschreiben an die Beklagte zu stellen. Die Berufungskammer muss vielmehr wie das Arbeitsgericht davon ausgehen, dass dem Kläger die Ausschlussfrist nicht bekannt war. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass es dem Kläger selbst zuzumuten ist, sich über bestehende Ausschlussfristen gerade in Betriebsvereinbarungen zu informieren. Betriebsvereinbarungen sind auch ohne Kenntnis der einzelnen Arbeitnehmer auf die Arbeitsverhältnisse kraft ihrer zwingenden und unmittelbaren Geltung anzuwenden. Im Übrigen folgt aus § 77 Abs. 2 BetrVG, das Betriebsvereinbarungen schriftlich niederzulegen sind und vom Arbeitgeber an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen sind. Dass die Beklagte dieser Auslegungspflicht nicht nachgekommen wäre, hat der Kläger selbst nicht behauptet. Die Vereinbarung von Ausschlussfristen in der Betriebsvereinbarung ist nach § 77 Abs. 4 BetrVG zulässig.

Die Beklagte handelt nicht widersprüchlich oder treuwidrig, wenn sie ihren Betriebssitz verlegt und sich dann gegenüber dem Kläger, der offensichtlich in Unkenntnis von Ausschlussfristen aus der Betriebsvereinbarung verspätet Ansprüche aus dieser Betriebsvereinbarung geltend macht, sich auf die Einhaltung der Ausschlussfristen beruft. Die Beklagte hat es insbesondere dadurch nicht vereitelt, dass der Kläger sich selbst Kenntnis über die ihm zustehenden Ansprüche verschafft hat bzw. über die Fristen, innerhalb derer die Ansprüche geltend zu machen sind. Der in der Berufungsverhandlung gegebene Hinweis des Prozessbevollmächtigten, der Kläger habe von der Firmenverlegung nichts mitbekommen, erscheint ohnehin unwahrscheinlich angesichts des Umstandes, dass eine Betriebsverlegung in dem Größenbereich des Betriebes der Beklagten nicht ohne Kenntnis auch erkrankter Arbeitnehmer, die schon längere Zeit nicht gearbeitet haben, ablaufen.

Jedenfalls kann die Berufungskammer nicht feststellen, dass es die Beklagte durch zurechenbares Verhalten vereitelt hätte, dass der Kläger ihm zustehende Ansprüche rechtzeitig geltend machen konnte. Er hat sich, wie dies vom Arbeitsgericht richtiger Weise festgestellt wurde, selbst um die Einhaltung der Fristen zu kümmern.

Es steht somit fest, dass das arbeitsgerichtliche Urteil zutreffend ist, war die gegen das Urteil gerichtete Berufung des Klägers mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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