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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 09.12.2004
Aktenzeichen: 4 Sa 605/04
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 233
ArbGG § 72 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 Sa 605/04

Verkündet am: 09.12.2004

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 02.06.2004 - 1 Ca 64/04 - wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Klägerin ging am 20.12.2003 eine außerordentliche Arbeitgeberkündigung der Beklagten vom 19.12.2003 zu. Mit Klageschrift vom 12.01.2004, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 1 und 2 d. A. verwiesen wird, hat die Klägerin eine Klage erhoben. Das Arbeitsgericht wies durch Urteil vom 02.06.2004 die Klage ab. Das Urteil wurde der Klägerin zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten am 22.06.2004 zugestellt. Per Telefax, eingegangen am 22.07.2004 legte sie Berufung ein. In diesem Telefax ist bereits die Fax-Nummer 06131/1415000, die dem Landessozialgericht gehört unter die Adresszeile gesetzt. Das Fax wurde zum Landessozialgericht geschickt und am gleichen Tag dem Landesarbeitsgericht weitergeleitet.

Mit Schriftsatz vom 23.08.2004 ebenfalls mit Fax wiederum an das Landessozialgericht geschickt und am gleichen Tag an das Landesarbeitsgericht weitergegeben beantragte die Klägerin Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 22.09.2004, welche gewährt wurde.

Mit Schriftsatz vom 22.09.2004, wiederum gefaxt zum Landessozialgericht und dort an diesem Tag eingegangen begründete sie die Berufung. Ausweislich des Aufdrucks auf dem Fax wurde das Schreiben um 18:28 Uhr versandt. Der Schriftsatz wurde dem Landesarbeitsgericht am 23.09.2004 weitergeleitet und erhielt dort einen Eingangsstempel.

Auf Hinweis des Gerichts wegen Verspätung hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zur Begründung angegeben, der Prozessbevollmächtigte habe der äußerst souverän und zuverlässigen, im 3. Lehrjahr sich befindenden Auszubildenden Frau D B unmissverständlich den Auftrag gegeben, den Berufungsschriftsatz an das Landesarbeitsgericht zu faxen. Aufgrund eines Ablesefehlers habe sie das Fax versehentlich an das Landessozialgericht Mainz gerichtet.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 02.06.2004 (1 Ca 64/04) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis weder durch fristlose Kündigung vom 19.12.2003 noch durch die ordentliche Kündigung vom 15.03.2004 aufgelöst wurde sondern fortbesteht.

Sie beantragt weiter,

gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie hält die Berufung für unzulässig, im Übrigen für unbegründet. Bereits die Klageschrift genüge nicht den gesetzlichen Erfordernissen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 09.12.2004.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin war als unzulässig zu verwerfen. Sie ist nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründet worden. Die Frist zur Begründung der Berufung lief, nachdem diese Frist durch Entscheidung des Vorsitzenden bis zum 22.09.2004 verlängert worden war, an diesem Tag ab. Ein die Berufung begründender Schriftsatz ist innerhalb der Frist nicht eingegangen. Damit erweist sich das Rechtsmittel als nicht zulässig (§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Der Klägerin konnte wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden. Gegen die Fristversäumung hat die Klägerin zwar in zulässiger Weise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, insbesondere hat sie den Antrag in der gebotenen Form (§ 236 ZPO) und innerhalb der hierfür geltenden Frist (§ 234 ZPO) gestellt. Ihr Antrag ist jedoch sachlich unbegründet. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Fristversäumung auf einem Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin i. S. v. § 233 ZPO beruht, welches der Klägerin gem. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.

Fristgebundene Schriftsätze können mit Telefax fristwahrend übermittelt werden. Dabei darf der Anwalt das Absenden des Telefaxes auch einer zuverlässigen, hinreichend geschulten und überwachten Bürokraft übertragen. Allerdings ist der Anwalt gehalten, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen im größtmöglichen Umfang auszuschließen.

Für die richtige Adressierung des Schriftsatzes trägt der Anwalt auch bei der Übermittlung per Telefax die persönliche Verantwortung. Soweit er die Adressierung Büropersonal überlässt, hat er selbst auf Vollständigkeit und Richtigkeit diese zu überprüfen. Streitig ist allerdings, ob dies auch für die Ermittlung der richtigen Telefax-Nummer des zutreffend bezeichneten Empfängers gilt. Selbst wenn man annehmen sollte, der Anwalt müsse die zutreffende Telefax-Nummer weder selbst feststellen noch selbst überprüfen, ist im vorliegenden Fall doch nicht zu übersehen, dass bei Ermittlung der Empfänger-Nummer leicht Fehler unterlaufen können. Im vorliegenden Fall erschließt sich aus dem Sachvortrag des Prozessbevollmächtigten lediglich, dass die Auszubildende die Anweisung bekommen hat, das Fax an das Landessozialgericht zu richten. Aus welchem Umstand die fehlerhafte Fax-Nummer bereits in der Berufungsschrift und in dem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründung aufgenommen wurde, diese dann wiederum aufgrund der Textverarbeitung sich im Berufungsbegründungsschriftsatz wieder findet, lässt sich dem glaubhaft gemachten Sachvortrag nicht entnehmen. Die Kammer hatte daher der Klägerin bereits mitgeteilt, der Lesefehler, welcher allein von der Auszubildenden zu verantworten wäre, sei nicht hinreichend deutlich substantiiert. Der glaubhaft gemachte Sachvortrag in Verbindung mit dem Akteninhalt lässt nicht den Schluss zu, dass die Auszubildende selbständig eine nicht aus den ihr vorgelegten Unterlagen ersichtliche Fax-Nummer herausgesucht hat, dies könnte einen den Prozessbevollmächtigten nicht zurechenbarer Fehler darstellen. Die Auszubildende hat, jedenfalls kann der Sachvortrag nicht anders verstanden werden, nichts anderes getan, als die in dem Schriftsatz, der von dem Prozessbevollmächtigten bereits unterschrieben war, enthaltene Fax-Nummer für die Übersendung des Schriftsatzes zu verwenden. Ein Lesefehler liegt damit nicht vor. Der Fehler wurde bereits vorher begangen, als erstmals diese fehlerhafte Fax-Nummer der Adresse des Landesarbeitsgerichts der Sache zugeordnet wurde. Aufgrund welcher Umstände dies erfolgte ist nicht ersichtlich. Es ist jedenfalls noch nicht einmal auszuschließen, dass der Prozessbevollmächtigte selbst diese fehlerhafte Eintragung veranlasst hat. Es ist auch nicht auszuschließen, dass die Eintragung generell in einem Anschriftenverzeichnis im Büro des Beklagten verwendet wird ohne die notwendige Überprüfung, ob diese Fax-Nummer auch dem aktuellsten Stand entspricht.

Darauf, dass bereits die Berufungseinlegung und der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründung an die fehlerhafte Anschrift gefaxt wurden, kommt es nicht an. Das von der Klägerin nicht ausgeräumte Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten liegt bereits darin, dass eine hinreichende, jedes Verschulden ausschließende Kontrolle hinsichtlich der Richtigkeit der verwendeten Fax-Nummer nicht festgestellt werden kann. Da die Klägerin mit ihrem Wiedereinsetzungsantrag jegliche mögliche Verschuldensquelle ihres Prozessbevollmächtigten ausräumen muss, konnte dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht entsprochen werden. Der Fehler war unabhängig davon, ob das Berufungsgericht die Möglichkeit hatte, den fehlerhaften Eingang zu erkennen (insbesondere bei den am gleichen Tag weitergeleiteten Schriftsätzen ist ein Eingangsstempel der nicht zuständigen Behörde nicht angebracht). Die Berufung der Klägerin war daher als unzulässig zu verwerfen.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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