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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 75/07
Rechtsgebiete: MTV, TVG, ArbGG


Vorschriften:

MTV § 1 Ziff. 1 Satz 2
MTV § 1 Ziff. 2 Satz 2
MTV § 11
MTV § 13 a
MTV § 26 a
MTV § 27
TVG § 4 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 09.11.2006 - Az: 9 Ca 605/06 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 797,47 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 46,91 € seit dem 07.02.05, 07.03.05, 07.04.05, 09.05.05, 07.06.05, 07.07.05, 06.08.05, 07.09.05, 08.10.05, 08.11.05, 07.12.05, 07.01.06, 07.02.06, 07.03.06, 07.04.06, 15.05.06 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die zutreffende tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin, die seit 01.04.2000 als Verwaltungsangestellte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden bei der Beklagten in der Einrichtung in Brühl beschäftigt ist. Der Klägerin, die Mitglied der Gewerkschaft v ist, wurde nach der Vergütungsgruppe VII/3 nach der Anlage 1 a des BAT neben einem Ortszuschlag eine allgemeine Zulage gezahlt.

Die Beklagte zahlte der Klägerin ab Januar 2005 1.595,17 € brutto, während die Klägerin für sich eine monatliche Gehaltsforderung unter Berücksichtigung ihrer Teilzeitbeschäftigung von 1.642,15 € brutto errechnet hat.

Wegen der Einzelheiten des festgestellten Sachverhaltes und des wechselseitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichtes Mainz vom 07.12.2006 - Az: 9 Ca 605/06 - (Bl. 219 bis 224 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 797,47 € brutto entsprochen, was eine Differenz von 46,91 € brutto für den Zeitraum Januar 2005 bis Mai 2006 entspricht und hat die Verzinsung für diesen Zeitraum auf den fünften Tag des Folgemonats für den Zeitraum Januar 2005 bis März 2006 festgelegt und für den Teilbetrag aus April den 15. Mai 2006 angenommen und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Das am 09.11.2006 verkündete Urteil ist der Beklagten am 02.01.2007 zugestellt worden, woraufhin Berufung am 30.01.2007 eingelegt und am 02.03.2007 im Wesentlichen damit begründet wurde,

dass eine Eingruppierung anhand des neuen Manteltarifvertrages deshalb nicht möglich sei, weil mit der Klägerin noch kein neuer, im Tarifvertrag vorgesehener, § 1 Ziffer 2 Satz 2 MTV, Arbeitsvertrag geschlossen worden sei.

Darüber hinaus habe die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht Genüge getan, so dass nicht erkannt werden könne, dass sie die Tätigkeiten auch tatsächlich verrichte, die in der Anlage B zum MTV, Ärzte-Verwaltung, aufgestellt seien. Der neue Tarifvertrag sei nicht nur eine Fortführung des alten Vergütungssystemes des BAT.

Darüber hinaus habe das Arbeitsgericht auch den Zeitpunkt der Verzinsung nicht richtig angenommen, da nach § 13 a MTV die Vergütung spätestens am fünften Werktag des Folgemonats zu zahlen sei.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 07.12.2006, Az: 9 Ca 605/06, wird abgeändert und die Klage wird insgesamt abgewiesen,

2. die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung im Wesentlichen damit,

dass den Ansprüchen der Klägerin die noch abzuschließenden Arbeitsverträge deshalb nicht entgegenstehen könne, weil die Regelung in § 1 Ziffer 1 Satz 2 MTV keine aufschiebende Bedingung darstelle und der MTV angesichts der Organisationszugehörigkeiten der Parteien mit Inkrafttreten auch den Inhalt des Arbeitsverhältnisses bestimme.

Die Klägerin sei seit 01. April 2000 als Verwaltungsangestellte beschäftigt und an ihrer Tätigkeit habe sich seit dem nichts geändert, weswegen eine weitere Konkretisierung nicht erforderlich sei und nach § 11 MTV frühere Beschäftigungszeiten vor Inkrafttreten des neuen MTV anzurechnen seien.

Zudem habe die Beklagte das Vergütungssystem des BAT fortgeführt, in dem der Wortlaut der Vergütungsgruppen nahezu unverändert vollständig aus dem BAT übernommen worden sei.

Im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, da innerhalb der gesetzlichen Fristen form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch nur bezüglich der Verzinsungszeitpunkte Erfolg, während sie ansonsten als nicht begründet zurückzuweisen ist.

Der Klägerin steht in Verbindung ihres Vertrages und des MTV vom 24.09.2004 die von ihr geforderte Monatsvergütung von 1.642,08 € brutto zu, worauf die Beklagte 1.595,17 € brutto gezahlt hat, so dass eine Monatsdifferenz von 46,91 € brutto verbleibt. Die Grundvergütung nach der Vergütungsgruppe VII/3 beträgt 1.243,73 € brutto, was sich aus der Anlage 1 zum Vergütungstarifvertrag Nr. 1 Angestellte West (Bl. 57 d. A.) ergibt, wozu der Ortszuschlag in Höhe von 665,60 € brutto (Anlage 3 zum Vergütungstarifvertrag Nr. 1 = Bl. 59 d. A.) sowie ein Kindererhöhungsbetrag von 90,57 € brutto (Anlage 3 zum Vergütungstarifvertrag Nr. 1) tritt sowie die allgemeine Zulage von 107,44 € brutto, was einen Gesamtbetrag von 2.107,34 € brutto ausmacht, der zeitanteilig (dividiert durch 38,5 Stunden mal 30 Stunden) einen Monatsbetrag von 1.642,08 € brutto ergibt.

Die Klägerin, die fristwahrend diesen Anspruch mit Schreiben vom 04.03.2005 (Bl. 7 d. A.) schriftlich geltend gemacht hat, kann sich auf die Vergütungsregelung im MTV deshalb berufen, weil sie für den fraglichen Zeitraum Mitglied der Gewerkschaft v ist und die Beklagte ebenfalls als Einrichtung der P S C und Conzeption für Senioreneinrichtungen AG tarifgebunden ist.

Soweit die Beklagte sich auf den Standpunkt stellt, die in § 1 Ziffer 2 Satz 2 MTV enthaltene Verpflichtung, entsprechende Arbeitsverträge abzuschließen, verhindere die Anwendung des MTV, ist dies deshalb nicht zutreffend, weil für ein solches Verständnis sich im Tarifwortlaut keine Anhaltspunkte finden. Die vorgenannte Regelung knüpft an das Inkrafttreten des Tarifvertrages die Rechtsfolge, dass die Verpflichtung entsteht, entsprechende Arbeitsverträge mit den Mitarbeitern abzuschließen, es wird aber nicht deutlich, dass der Abschluss von Arbeitsverträgen überhaupt die Voraussetzung sein soll, dass der Tarifvertrag auch auf das Arbeitsverhältnis der betroffenen Mitarbeiter anwendbar ist. In § 27 MTV ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Tarifvertrages eigenständig und abschließend geregelt. Wenn man die Rechtsfolgen des § 4 Abs. 1 TVG ausschließen wollte, wonach die Regelungen eines Tarifvertrages, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits tarifgebundenen Vertragspartnern wirken sollen, hätte dies eindeutig und ausdrücklich so aufgenommen werden müssen. Zudem spricht Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung dafür, auch ohne entsprechende arbeitsvertragliche Regelung bei Tarifgebundenheit, normativ die Inhalte des Arbeitsvertrages zu gestalten.

Auch der Umstand, dass sich die Tarifvertragsparteien in Nachverhandlungen nach § 26 a MTV befinden, hindern die Anwendbarkeit des Tarifvertrages deshalb nicht, weil auch hier die Nachverhandlungspflicht unabhängig von der Regelung bezüglich des Inkrafttretens des Tarifvertrages getroffen worden ist.

Das Arbeitsgericht geht auch zu Recht davon aus, dass die Klägerin in die von ihr begehrte Vergütung einzugruppieren ist. Die Berufungskammer nimmt auf die diesbezüglichen Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes Bezug, § 69 Abs. 2 ArbGG, und macht sie sich zu eigen.

Das Arbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass in dem vorliegenden Falle, wo die Überleitung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses in eine neue tarifvertragliche Regelung ansteht, bei der Frage, nach welcher Vergütungsgruppe die Vergütung zu zahlen ist, nicht diejenigen Maßstäbe anzulegen sind, wie bei einem Eingruppierungsrechtsstreit, bei dem eine höherwertige Gruppierung vom Angestellten gefordert wird. Nimmt man noch hinzu, dass die Tatbestandsvoraussetzungen der Vergütungsgruppe VII/1 a der Anlage B zum Manteltarifvertrag-Verwaltung/Ärzte - denjenigen entsprechen, die bisher in der Anlage 1 a zum BAT zu finden waren, so ist die Annahme berechtigt, da bislang die vorgenommene Eingruppierung zu keiner Diskussion geführt hat, dass die Darlegungslast der Klägerin erfüllt ist und es an der Beklagten gelegen hätte, worauf das Arbeitsgericht zu Recht hinweist, näher darzulegen, warum die Vergütungsgruppe VII der Anlage B zum MTV nicht zutreffend sein soll, zumal die Beklagte selbst im Mai 2005 die von der Klägerin begehrte Vergütungsgruppe dem Betriebsrat mitgeteilt und die Tätigkeit der Klägerin dieser Gruppe also zugeordnet hat.

Die Berufung ist aber insoweit erfolgreich, als das Arbeitsgericht den Verzinsungszeitpunkt der jeweils fälligen Monatsdifferenzbeträge für den Zeitraum Januar 2005 bis März 2006 auf den fünften Kalendertag des Folgemonats gelegt hat. Nach § 13 a MTV ist die Vergütung spätestens am fünften Werktag eines jeden Monats, Folgemonats, zu zahlen, so dass Verzugszinsen erst ab dem sechsten Werktag des Folgemonats zu zahlen sind, weswegen die Entscheidung dieser Vorschrift anzupassen und insoweit abzuändern ist.

Die geringfügige Zuvielforderung der Klägerin hat keine besonderen Kosten verursacht, weswegen die Kosten des Berufungsverfahrens insgesamt der Beklagten aufzuerlegen sind, §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 92 Abs. 2 Ziffer 1, 97 ZPO.

Die Berufungskammer hat die Revision für die Beklagte zugelassen, weil erkennbar eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, § 72 Abs.2 Ziffer 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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