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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 21.12.2006
Aktenzeichen: 4 Sa 772/06
Rechtsgebiete: BetrVG, BDSG


Vorschriften:

BetrVG § 21 a Abs. 2
BetrVG § 102
BetrVG § 103
BDSG § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 Sa 772/06

Entscheidung vom 21.12.2006

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 01.08.2006 - 3 Ca 364/06 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist seit 1980 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger in der Niederlassung in T beschäftigt. Sie ist 52 Jahre alt. Ihr Bruttomonatsverdienst betrug ohne Bonuszahlung und sonstige Vergütung zuletzt 3.800,00 € monatlich.

Gemäß einer Betriebsvereinbarung zahlt die Beklagte an ihre Mitarbeiter eine Bonuszahlung als Zusatzvergütung, die im Jahre 2005 3.000,00 € beträgt. Die Zahlung erfolgte an die Klägerin nicht, weil die Beklagte das Arbeitsverhältnis vor dem Auszahlungstag außerordentlich gekündigt hat.

Im August 2005 beschwerte sich ein chinesischer Kunde der Beklagten über die Weitergabe von Kundendaten an das Ausländeramt T durch einen ihm nicht bekannten Mitarbeiter der Beklagten. Nach Darstellung dieses Kunden hatte seine Freundin, ebenfalls eine chinesische Staatsbürgerin, bei dem städtischen Ausländeramt in T die Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung beantragt. Dabei wurde sie von dem Ausländeramt befragt, ob ihr der vorgenannte Kunde der Beklagten bekannt sei. Ihr wurde erklärt, man wisse über "jemanden bei der Beklagten", dass am 20.05.2005 ein Betrag von 5.000,00 € auf das Konto des Kunden eingezahlt worden sei und dass vom gleichen Konto am 27.05.2005 zwei Auszahlungen von jeweils 2.000,00 € an die Freundin erfolgt seien. Die Behörde äußerte den Verdacht, dass sich die Freundin durch Vermögensverschiebung ein Aufenthaltsrecht erschleichen wolle. Deshalb sei zunächst die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung zu versagen.

Über diesen Vorfall wurde in öffentlichen Medien berichtet und es kam zu Ermittlungen der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, die als zentrale Verwaltungsbehörde die Aufsicht über die Datenverarbeitung im privaten Bereich inne hat.

Die Beklagte leitete daraufhin Ermittlungen intern ein. Sie befragte zunächst mündlich sämtliche anwesenden Mitarbeiter einschließlich der Klägerin im Rahmen eines Team-Meetings. Sämtliche Mitarbeiter, auch die Klägerin, verneinten auf entsprechende Fragen mündlich, mit der Ausländerbehörde in Kontakt getreten und die Daten des Kunden weitergegeben zu haben. Am 03.02.2006 übersandte die Beklagte im Hinblick auf die mittlerweile aufgenommenen Ermittlungen der ADD T nochmals ein Merkblatt zum Datengeheimnis, um sich von jedem einzeln schriftlich bestätigen zu lassen, über den vorgenannten Kunden keine telefonischen Auskünfte und über Kontenbewegungen an die Ausländerbehörde gegeben zu haben. Sämtliche Mitarbeiter, auch die Klägerin bestätigten den Erhalt des Merkblattes und verneinten die Weitergabe von Auskünften bzw. Kontenbewegungen.

Bei der Beklagten lag seit Februar 2006 eine Anfrage der ADD T vor. Außerdem beharrte der Kunde weiterhin auf einer verbindlichen Klärung, ob einer der Mitarbeiter der Beklagten die Kundendaten an die Behörde weitergeleitet habe. Die schließlich intern eingeleitete Revision ergab, dass am Geldautomaten des IFC T am 20. Mai 2005 um 14.29 Uhr ein Betrag von 5.000,00 € auf das Konto des Kunden eingezahlt worden war. Vom gleichen Konto wurden am 27.05.2005 um 09:16:13 Uhr sowie um 09:29:46 Uhr Auszahlungen in Höhe von je 2.000,00 € vorgenommen. Die Auszahlungen wurden über den automatischen Kassentresor unter der Legitimation von der Klägerin durchgeführt. Anhand der internen Kontoumsatzliste und anhand der höchstpersönlichen Kennung der Klägerin stellte die Beklagte darüber hinaus fest, dass um 09:59:01 Uhr unter der Legitimation der Klägerin Kontendaten von dem chinesischen Kunden abgefragt worden sind. Zugleich hatte die Beklagte nach Zustimmung des Betriebsrates eine Fernmeldeüberprüfung über ein- und ausgehende Telefonate im Monat Mai 2005 durchführen lassen. Um 09:59:35 Uhr ging ein Anruf vom Telefonapparat der Klägerin von der Nebenstelle 294 an eine Rufnummer beginnend mit 06517, die weiteren Rufnummern sind nicht kenntlich, aus. Ausweislich eines in der Akte befindlichen Vermerkes der Mitarbeiterin der Ausländerbehörde Frau P hat am 27.05. "jemand von der DB" angerufen und mitgeteilt, am 20.05.2005 seien 5.000,00 € von dem namentlich benannten chinesischen Kunden auf dessen Konto eingezahlt und am 27.05.2005 4.000,00 € (2x2.000,00 €) abgehoben worden.

Am 16.02.2006 konfrontierte die Beklagte die Klägerin mit den Ergebnissen der Revision und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Verlauf dieses Gespräches ist im Einzelnen streitig, die Klägerin erklärte jedoch wörtlich:

"Wenn Sie das in Ihren Recherchen so festgestellt haben, müsste ich es ja gewesen sein."

Die Klägerin wurde nach diesem Gespräch von der Arbeitsleistung freigestellt.

Am 21.02.2006 wurde der Betriebsrat zu der streitgegenständlichen außerordentlichen fristlosen wie auch außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist angehört und um Zustimmung gebeten.

Die Beklagte hörte den Betriebsrat der Filiale K der Beklagten an. Bei der Beklagten sind im Vorfeld der im Frühjahr 2006 anstehenden turnusmäßigen Betriebsratswahlen die Betriebe neu geordnet worden. Mit Wirkung zum 01.12.2005 fand eine Zusammenfassung bisheriger Betriebe zu einem neuen Gemeinschaftsbetrieb der Beklagten mit der DB AG für die Marktregion K statt. Die Filiale T gehört diesem neuen Gemeinschaftsbetrieb an. Das Übergangsmandat hatte nach § 21 a Abs. 2 BetrVG in der Zeit vom 01.12.2005 bis zur Betriebsratsneuwahl im März 2006 für diesen Gemeinschaftsbetrieb und mithin auch für die Filiale T der Betriebsrat der Filiale in K , der die größte Belegschaft im neuen Gemeinschaftsbetrieb einbrachte, inne. Die Anhörung des Betriebsrates fand schriftlich und mündlich am 21. und 22.02.2006 statt. Zunächst wurde das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 21.02.2006 der Betriebsratsvorsitzenden überreicht. Am 22.02.2006 fand ein Gespräch zwischen der Zeugin L und dem Betriebsrat mit dem Ziel der Erörterung des Anhörungsschreibens und voraussichtlichen Fragestellungen statt. Mit Schreiben vom 24.02.2006 erklärte der Betriebsrat wörtlich:

"Kündigung von Frau N gemäß §§ 102, 103 BetrVG

Sehr geehrte Frau L,

der außerordentlichen fristlosen Kündigung von Frau N stimmen wir zu. Besonderen Kündigungsschutz im Rahmen von § 103 BetrVG machen wir nicht geltend."

Zu den im Frühjahr 2006 stattfindenden Betriebsratswahlen für den gemeinsamen Betrieb war die Klägerin Wahlbewerberin. Die Organisation der betrieblichen Einheiten erfolgten aufgrund eines Vorstandsbeschlusses vom 11.01.2005. Der Konzernvorstand der DB AG entschied, dass im Zuge der turnusmäßig anstehenden Betriebsratsneuwahlen im Frühjahr 2006 Gemeinschaftsbetriebe aus der DB AG und der Beklagten gebildet werden sollten. Nach Verhandlungen wurde am 14.11.2005 ein Verhandlungsergebnis erzielt und seitens der Konzernleitung vom Personalvorstand gebilligt. Während zunächst der 01.01.2006 der Stichtag für die Neustrukturierung vorgesehen war, wurde der Termin im November 2005 auf Wunsch der Konzernbetriebsratsvertreter auf den 01.12.2005 vorgezogen, um den Arbeitnehmervertretern hinreichend Zeit für die Vorbereitung der Neuwahl unter der neuen Struktur zu ermöglichen. die Betriebsorganisation wurde mit Wirkung zum 01.12.2005 in der Weise vereinheitlicht, dass in Deutschland vier regionale Personalleiter mit bereichsübergreifender Zuständigkeit eingesetzt wurden, an die die örtlichen Personalabteilungen jeweils ohne Unterscheidung der Personalangelegenheiten der Unternehmensbereiche berichteten. Diese neue Struktur wurde am 01.12.2005 seitens des Konzernpersonalleiters Deutschland und auch am 02.12.2005 durch eine Information der Gesamtbetriebsräte der DB AG und der Beklagten im Intranet des Konzerns verlautbart. In weiterhin übersandten Emails wurden Listen beigefügt, in der die neuen Gemeinschaftsbetriebe mit ihrem Zuschnitt aufgeführt waren. Die betrieblichen Leitungsapparate wurden zum 01.12.2005 durch Veränderung der Zuständigkeiten der Personalabteilungen an die neue Betriebsstruktur angepasst. Die Neustrukturierung führte zu Betrieben, denen infolge der Zusammenfassung der Belegschaften zweier Unternehmen und der regionalen Zusammenfassung im Schnitt etwa doppelt so viele Arbeitnehmer angehörten wie den bisherigen Betrieben. Vor dem 01.12.2005 gab es jeweils einen Betriebsrat der Beklagten in T und in K . Ferner wurden die Filialen B und K als Betriebsteile des Betriebes M vom dortigen Betriebsrat vertreten. Mit Wirkung zum 01.12.2005 wurde ein Gemeinschaftsbetrieb gebildet, dem die Belegschaften der Beklagten und der DB AG im Gebiet der so genannten Marktregion K angehörten. Hierzu gehört also auch T. Der an Belegschaft stärkste Einzelbetrieb der Marktregion K aus der Zeit vor dem 01.12.2005 war mit 55 Arbeitnehmern zum Stichtag der Betrieb der Beklagten in K. Für den neuen Gemeinschaftsbetrieb der Marktregion K wurde im Personalbereich Mitte/West Frau L zuständig.

Der Klägerin waren die betriebsverfassungsrechtlichen Verhältnisse auch bekannt, denn sie kandidierte zurzeit der Kündigung als Wahlbewerberin für den neuen Gemeinschaftsbetrieb der Marktregion K.

Die Beklagte sprach mit Schreiben vom 27.02.2006 die außerordentliche und fristlose Kündigung aus, hilfsweise gleichzeitig eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zur längsten tariflichen Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Ende des Kalendervierteljahres, d. h. zum 30.09.2006.

Gegen diese Kündigung hat die Klägerin mit am 02.03.2006 eingegangenem Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben. Sie hat vorgetragen, sie habe keine Kundendaten an Dritte weitergeleitet und das Merkblatt vom 03.02.2006 wahrheitsgemäß beantwortet. Sie habe am 27.05.2005 nicht mit der Ausländerbehörde telefoniert. Sie hat die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung bestritten.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass die fristlose Kündigung der Beklagten vom 27.02.2006 rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis nicht beendet,

2. festzustellen, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 27.02.2006 rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis nicht zum 30.09.2006 beendet;

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten übe dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Klägerin habe das Bankgeheimnis und den Datenschutz verletzt, in dem sie eigenmächtig Daten an Dritte weitergegeben habe. Die angestellten Ermittlungen hätten eindeutig ergeben, dass die Klägerin die Daten weitergegeben habe. Der Betriebsrat habe auch der hilfsweise ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist mündlich zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 01.08.2006 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen und im Wesentlichen ausgeführt, das der Klägerin vorgeworfene Verhalten stelle keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dar. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit komme die außerordentliche Kündigung nur in Betracht, wenn alle nach den jeweiligen Umständen des konkreten Falles möglichen und angemessenen milderen Mitteln ausgeschöpft werden, die es zulassen, das in der bisherigen Form nicht mehr tragbare Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Es hätte ausgereicht, der Klägerin ordentlich zu kündigen. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigung sei unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar. Das Fehlverhalten stelle keine gravierende Pflichtverletzung dar. Es handele sich um einen Verstoß gegen § 5 Satz BDSG, die Vorschrift sei weder strafbewertend noch handele jemand, der hiergegen verstoße, ordnungswidrig. Die Beklagte habe auch nicht vorgetragen, dass sie die Wahrung des so genannten Bankgeheimnisses zum Inhalt des Arbeitsvertrages gemacht habe. Es liege lediglich eine Verletzung einer arbeitsvertraglichen Pflicht vor. Besonders erschwerende Umstände, die eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwingend gebieten würden, seien ebenfalls nicht ersichtlich. Es bestünden keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin das ihr vorgeworfene Fehlverhalten, sofern sie es denn begangen habe, während der Kündigungsfrist wiederholen würde. Die Beklagte habe auch nicht überprüft, ob sie die Klägerin an einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftige. Auch die erforderliche Interessenabwägung führe dazu, dass die fristlose außerordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt sei. Zugunsten der Klägerin falle dabei insbesondere ihr relativ hohes Alter und die lange Betriebszugehörigkeitsdauer ins Gewicht. Der Betriebsrat habe der außerordentlichen Kündigung und sozialen Auslauffrist nicht zugestimmt.

Mangels einer Kündigung stehe der Klägerin die Bonuszahlung für 2005 zu.

Das Urteil wurde der Beklagten am 07.09.2006 zugestellt. Sie hat hiergegen am 02.10.2006 Berufung eingelegt und die Berufung gleichzeitig begründet.

Die Beklagte greift die Auffassung des Arbeitsgerichts an, es läge kein schwerwiegender Vertragsverstoß vor. Das Verhalten der Klägerin stelle einen wichtigen Grund zur sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses dar. Das Verhalten der Klägerin wie auch ihre spätere Einlassung ließen auf eine Gesinnung der Klägerin schließen, die ihre Funktion als Bankberaterin von Grund auf missverstehe und ihren berufsbedingten Informationszugang zur Durchsetzung ihrer persönlichen politischen Anschauungen missbrauche.

Hierzu führt die Beklagte in Einzelheiten aus.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 01.08.2006 - 3 Ca 364/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Klägerin bestreitet wiederholt, gegen das Bankgeheimnis und den Datenschutz verstoßen zu haben. Insbesondere wiederholt die Klägerin ihre Darstellung, sie selbst habe keinen Anruf bei der Ausländerbehörde getätigt, die ermittelte Nummer passe auch zu anderen Dienststellen der Stadt T. Dass der Anruf von ihrem Telefonapparat erfolgt sei, sei zu erklären dadurch, dass ein Kollege von ihrem Telefonapparat aus angerufen habe. Dieser Kollege oder diese Kollegin hätten auch ihre Legitimation zur Abfrage von Kundendaten benutzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 21.12.2006.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 i.V.m. § 520 ZPO.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

II.

Die Klage der Klägerin war abzuweisen, weil die Beklagte berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen. Die streitgegenständliche außerordentliche Kündigung vom 27.02.2006 hat das Arbeitsverhältnis beendet. Das Verhalten der Klägerin stellt einen wichtigen Grund zur sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses dar. Ein derartiger wichtiger Grund ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§§ 626 Abs. 1 BGB). Auch die Missachtung und Verletzung von Nebenpflichten kann den Arbeitgeber zur Kündigung ohne vorherige vergebliche Abmahnung berechtigen. Auf die strafrechtliche Würdigung eines Verhaltens kommt es nicht an. Es genügt, dass der Arbeitnehmer in schwerwiegender Weise gegen seine vertraglichen Nebenpflichten verstoßen hat (vgl. BAG AP-Nr. 150 zu § 626 BGB).

Zur Überzeugung der Kammer steht gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO fest, dass die Klägerin vorsätzlich und schuldhaft nach Kenntnisnahme von Transaktionen auf dem Konto des chinesischen Kunden unter ihrer Legitimation die Kontendaten abgefragt hat und der Ausländerbehörde in T ihre Erkenntnisse telefonisch übermittelt hat.

Diese Feststellung erfolgte, obwohl die Klägerin auch in der Berufungsverhandlung der Kammer ihre Handlung letztlich in Abrede gestellt hat aus folgenden kurz zusammengefassten Erwägungen.

Am 27.05.2005 wurden um 09:16:13 Uhr sowie um 09:29:46 Uhr Auszahlungen in Höhe von jeweils 2.000,00 € von dem Konto des Kunden vorgenommen und die Auszahlungen über den automatischen Kassentresor unter der Legitimation von der Klägerin durchgeführt. Hierzu hat die Klägerin lediglich als von der Kammer als Schutzbehauptung gewertete Darstellung ausgeführt, Kollegen könnten unter ihrer Legitimation Kontenbewegungen vornehmen. Ihre Einlassung, sie könnte möglicherweise vergessen haben, bei Verlassen des Arbeitsplatzes die Legitimationsnummer zu löschen und ein Kollege habe somit die beiden Vorgänge oder auch einen der Vorgänge getätigt, ist angesichts der Verpflichtung der Klägerin die Legitimation strengstens geheim zu halten und der Erklärung, alle Eingaben unter dem Benutzercode würden ihr zugerechnet, unbeachtlich. Auch die Behauptung der Klägerin, das von ihrem Apparat getätigte Telefongespräch mit der im Tatbestand wiedergegebenen Rufnummer sei von ihr nicht geführt worden, räumt die Sicherheit, dass die Klägerin dieses Gespräch geführt hat, nicht aus. Dann müsste jemand, der Kenntnis von Zahlungsvorgängen des chinesischen Kunden hat, bei der Ermittlung dieser Kenntnis die Legitimation der Klägerin verwendet haben und dann dazu auch noch von ihrem Nebenstellenapparat aus eine Nummer der Stadtverwaltung gewählt haben.

Die weitere Einlassung der Klägerin, durch die Unkenntlichmachung der Nummer des Angerufenen aus Datenschutzgründen sei nicht ersichtlich, dass ein Telefonat mit der Ausländerbehörde stattgefunden hat, verfängt ebenfalls nicht. Es liegt die Bestätigung der Ausländerbehörde vor, dass an dem fraglichen Vormittag ein Anruf einging, in dem sich "jemand von der DB" meldete und über die Vorgänge bei der Behandlung des Kundenkontos berichtete.

Reichen allein schon diese objektiv festgestellten Tatsachen aus, die Überzeugung der Täterschaft der Klägerin zu vermitteln, wird dies gestützt durch ihre Einlassung in der Anhörung, als sie mit den Vorwürfen konfrontiert wird. Ihre wörtlich wiedergegebene Darstellung, welche unstreitig ist: "Wenn Sie dies recherchiert haben, müsste ich es ja gewesen sein", lässt, ohne dass die Klägerin in diesem Gespräch die Rechtsverteidigungen angebracht hat, die sie jetzt im Prozess erhoben hat, nur den Schluss zu, dass die Klägerin wirklich diejenige war, die Kundendaten ermittelte und an die Ausländerbehörde weitergegeben hat.

III.

Dieses Verhalten stellt entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts einen an sich geeigneten wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar.

Hierbei ist es unerheblich, ob ein Verstoß gegen das geschützte Datengeheimnis strafrechtlich sanktioniert ist oder eine Ordnungswidrigkeit darstellt.

Es liegt eine vorsätzliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis vor. Maßgeblich ist, dass der Mitarbeiter einer Bank in besonderem Maße das Vertrauen des Bankkunden in Anspruch nimmt. Dies gilt insbesondere für den Schutz der persönlichen Daten, die nicht unbefugt an Dritte weitergegeben werden dürfen.

Bankgeschäfte eines Kunden unterliegen der Verschwiegenheitspflicht der Bank gegenüber ihren Kunden, dies ist zentraler Bestandteil des Bankvertrages. Bestandteil des Arbeitsverhältnisses eines Bankmitarbeiters ist es, bei der Erfüllung der arbeitsvertraglichen Aufgaben den Bankvertrag jedenfalls in seinen zentralen Bestandteilen zu wahren. Es stellt eine vertragliche Nebenpflicht des Arbeitnehmers dar, die Interessen des Arbeitgebers zu wahren und zu schützen. Dazu gehört insbesondere die vertragliche Verpflichtung des Arbeitgebers im Interesse der Bankkunden einzuhalten.

Der Pflichtverstoß berechtigt auch ohne vorherige vergebliche Abmahnung zur außerordentlichen Kündigung. Die außerordentliche Kündigung war auch hinsichtlich des Grundsatzes der ultima ratio das richtige Mittel.

Eine Abmahnung ist bei einer Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen jedenfalls dann entbehrlich, wenn es sich um schwere Pflichtverletzungen handelt, deren Rechtswidrigkeit ohne weiteres erkennbar sind und bei denen eine Änderung des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist.

Es war für die Klägerin ohne Weiteres erkennbar, dass sie nicht eigenmächtig Details über Transaktionen der ihr anvertrauten Kunden der Beklagten an Dritte melden durfte. Die zentrale Bedeutung des Bankgeheimnisses ist für das Bankgeschäft allgemein bekannt. Es war keinerlei Interesse der Beklagten an der Weitergabe von Kundendaten durch die Klägerin an Dritte erkennbar.

Die Tätigkeit bei der Beklagten als Privat- und Geschäftskundenbetreuerin nimmt in besonderem Maße Vertrauen in Anspruch. Gegen dieses Vertrauen hat die Klägerin durch Weitergabe vertraulicher Kundendaten nachhaltig verstoßen. Der Einsatz war auch an anderer Stelle des Unternehmens nicht mehr möglich.

Durch den vorsätzlichen Verstoß gegen die Interessen des Kunden wurde das Vertrauen der Beklagten in die Integrität der Klägerin nachhaltig zerstört. Die Klägerin hat bis zuletzt ihre Beteiligung bestritten. Sie hat zur Aufklärung des Vorfalls nichts beigetragen und in Zusammenhang mit der internen Sachaufklärung bei der Beklagten schriftliche und mündliche Falschaussagen getätigt.

Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist in Zukunft nicht mehr zu erwarten.

Auch die schließlich vorzunehmende Interessenabwägung führt nicht dazu, dass die außerordentliche Kündigung als nicht gerechtfertigt angesehen werden kann.

Im Rahmen der Interessenabwägung ist besonders hervorzuheben, dass die Klägerin sich hartnäckig weigert, Verstöße gegen den Arbeitsvertrag einzuräumen. Dass die nicht der erste Fall war, zeigt der Verweis auf die in der Vergangenheit ausgesprochenen bei den Gerichtsakten befindlichen Abmahnungen.

Die Klägerin hatte im Dezember 2003 ihre arbeitsvertraglichen Befugnisse unbefugt zum Eigennutzen missbraucht, in dem sie ihren Dispositionskredit überschritten hatte. Im August 2005 hatte sie einen Pfändungsbescheid missachtet und sich über arbeitsvertragliche Richtlinien hinweg gesetzt.

Besonders bedeutsam für das Interesse der Beklagten an der sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist der Umstand, dass die streitgegenständliche Pflichtverletzung die Reputation der Beklagten durch bundesweite Medienveröffentlichungen empfindlich beeinträchtigt hat.

Die Verletzung des Bankgeheimnisses zu Lasten des ausländischen Kunden hat zu erheblichen Reaktionen in der Öffentlichkeit geführt. Erfolgt sind überregionale Medienberichte. Es kam zu öffentlichen Demonstrationen chinesischer Gaststudenten gegen die Beklagte. Etliche Studenten drohten ihre Bankverbindung zu beenden. Das Privatkundengeschäft der Beklagten insbesondere die Bankbeziehung zur ausländischen Gaststudenten ist durch die Verletzung des Bankgeheimnisses empfindlich beeinträchtigt worden.

Zu Lasten der Klägerin ist weiter zu berücksichtigen, dass sie offenbar uneinsichtig ist.

Hierbei kommt es nicht darauf an, ob sie in dem Gespräch am 16.02.2006 eingeräumt hat, schon früher bei der Ausländerbehörde angerufen zu haben und Daten weitergegeben zu haben. Die Klägerin hat sich hierzu eingelassen, sie habe in diesem Gespräch nur darauf hingewiesen, dass dies auch von anderen Kollegen berichtet wurde. Eine deutliche Distanzierung von diesen unerlaubten Weitergaben von Daten an nicht hierzu berufene Dritte ist in der Darstellung der Klägerin allerdings nicht enthalten. Die Kammer geht somit davon aus, dass die Klägerin auch gegenüber der Beklagten zugegeben hat, derartige Praktiken zu billigen.

Gegen das Interesse der Beklagten, das Arbeitsverhältnis sofort zu beenden, tritt das Interesse der Klägerin, gestützt auf ihre lange Betriebszugehörigkeit und ihr Lebensalter, zurück. Das besondere Interesse der Beklagten an der Wahrung ihrer Integrität und der strengen Beachtung des Bankgeheimnisses sowie das Interesse an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der erheblichen geschäftlichen Beeinträchtigung durch die Reaktionen in der Öffentlichkeit, die Veröffentlichungen im Medienbereich, lassen das Interesse der Beklagten an der sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses überwiegen.

IV.

Die Kündigung leidet auch nicht an Mängeln im Hinblick auf die Beteiligung des zuständigen Betriebsrates. Die Klägerin war Wahlbewerberin. Der für die Entscheidung zuständige Betriebsrat des Betriebes in K hat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung erteilt. Dieser Betriebsrat war auch gemäß § 102 BetrVG anzuhören.

Die Einwendungen der Klägerin, der Betriebsrat in K sei nicht zuständig gewesen, werden von der Kammer nicht geteilt.

Zum einen ist ihre Einlassung, sie habe von der Umstrukturierung keine Kenntnis gehabt, schon deswegen widerlegt, weil sie sich für die Neuwahl des Betriebsrates hat aufstellen lassen und zwar für den Betriebsrat in der den betrieblichen Verhältnissen angepassten geänderten Form.

Zum zweiten war der Betriebsrat in K gemäß § 21 a Abs. 2 BetrVG zuständig.

Es fand mit Wirkung zum 01.12.2005 eine Zusammenfassung bisheriger Betriebe zu einem neuen Gemeinschaftsbetrieb der Beklagten mit der DB AG für die Marktregion K statt. Die Filiale T gehörte diesem neuen Gemeinschaftsbetrieb an. Die Filiale in K war die mitarbeiterstärkste, so dass der dort gebildete Betriebsrat das Übergangsmandat gemäß § 21 a Abs. 2 BetrVG wahrnehmen musste. Der Konzernvorstand der DB AG hatte am 11.01.2005 entschlossen, dass im Zuge der turnusmäßig anstehenden Betriebsratsneuwahl im Frühjahr 2006 Gemeinschaftsbetriebe aus der DB AG und der Beklagten gebildet werden sollten. Dies ist Inhalt des Vorstandsprotokolls vom 11.01.2005. Die Betriebsorganisation wurde mit Wirkung vom 01.12.2005 vereinheitlicht, dass in Deutschland vier regionale Personalleiter mit bereichsübergreifender Zuständigkeit eingesetzt wurden, an die die örtlichen Personalabteilungen jeweils ohne Unterscheidung der Personalangelegenheiten der Unternehmensbereiche berichteten. Die Struktur wurde am 01.12.2005 veröffentlicht und auch am 02.12.2005 durch eine Information der Gesamtbetriebsräte der DB AG und der Beklagten im Intranet des Konzerns verlautbart. Die neuen Gemeinschaftsbetriebe wurden mit ihrem Zuschnitt durch Emails vom 01.12.2005 dargestellt. Durch Veränderung der Zuständigkeiten der Personalabteilungen wurden die Zuständigkeiten an die neue Betriebsstruktur angepasst. Für den neu gebildeten Gemeinschaftsbetrieb der Marktregion K wurde im Personalbereich Mitte/West Frau L zuständig. Damit war durch die Vereinheitlichung der Personalleitung in wesentlichen personellen und sozialen Angelegenheiten durch die Umstrukturierung ein neuer Gemeinschaftsbetrieb gebildet, dem die Belegschaften der Beklagten und der DB AG im Gebiet der Marktregion K, damit auch T, angehörten. Der vorangegangene stärkste Einzelbetrieb der Marktregion K war mit 55 Arbeitnehmern zum Stichtag 01.12.2005 in K, damit war dieser Betriebsrat auch für das Anhörungsverfahren der Klägerin zuständig.

Der Betriebsrat hatte sodann unstreitig die mit Schreiben vom 21.02.2006 erbetene Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Wahlbewerberin gemäß § 103 BetrVG erklärt.

Da somit Rechtsmängel der außerordentlichen Kündigung nicht festgestellt werden können, war die gegen die Rechtswirksamkeit der Kündigung erhobene Kündigungsschutzklage der Klägerin abzuweisen.

V.

Der Klägerin steht auch keine Bonuszahlung für das Jahr 2005 zu. Gemäß Ziffer 6 der Betriebsvereinbarung, auf die sich die Klägerin stützt, kommt eine Bonuszahlung nicht zur Auszahlung, wenn bis zum Auszahlungstag das Arbeitsverhältnis seitens der Bank aus Gründen gekündigt wird, die der Mitarbeiter zu vertreten hat.

Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass der Auszahlungstag nach der ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung liegt.

Die Klägerin hat das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, welche durch Kündigung der Beklagten erfolgte, zu vertreten. Hierzu wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Damit fehlt dem Klagebegehren auf Auszahlung der Bonusleistung für 2005 die Rechtsgrundlage.

VI.

Nach allem war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Trier insgesamt abzuändern und die Klage der Klägerin abzuweisen.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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