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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 12.01.2006
Aktenzeichen: 4 Sa 859/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 394
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 Sa 859/05

Entscheidung vom 12.01.2006

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 21.09.2005 - 1 Ca 219/05 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um restliche Vergütungsansprüche aus beendetem Arbeitsverhältnis.

Seit 06.09.2004 war der Kläger als Kraftfahrer bei dem Beklagten in dessen Getränkespedition beschäftigt. Sein monatliches Bruttoentgelt betrug 2.200 €. Der Kläger war vom 10.01.2005 bis 25.02.2005 arbeitsunfähig krank. Der Beklagte kündigte mit Schreiben vom 14.01.2005 das Arbeitsverhältnis zum 01.02.2005. Das Schreiben ging dem Kläger am 01.02.2005 zu. Der Kläger erhob unter dem 04.02.2005 hiergegen Kündigungsschutzklage, der Beklagte nahm die Kündigung zurück und sprach eine neue Kündigung zum 31.05.2005 aus. Diese Kündigung wird vom Kläger akzeptiert.

Die Beklagte erteilte dem Kläger Lohnabrechnung für Oktober 2004 über 2.200 € brutto, entspricht 1.381,02 € netto und behielt 400 € netto für einen Schaden W. M. ein.

Für den gleichen Schaden zog der Beklagte im November 2004 wiederum 400 € ab. Ein gleicher Einbehalt wurde im Dezember 2004 und im Januar 2005 vorgenommen. Für Februar 2005 hat der Beklagte 1.077,15 € netto abgerechnet und mit dem Vermerk bereits durch G. gezahlt 831,20 € abgezogen. Für März 2005 hat er 810,42 € netto abgerechnet und mit dem Vermerk Schaden W. Februar und Schaden W. März insgesamt 800 € abgezogen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Einbehalt von 400 € sei unzulässig, er sei für eine Person unterhaltspflichtig. Unter Beachtung der Pfändungsfreigrenzen hätten im Oktober allenfalls 50 €, im November 50 €, im Dezember 50 € und im Januar 55 € einbehalten werden dürfen. Im Übrigen sei der Vortrag bezüglich der Schäden nicht ausreichend. Eine vom Beklagten vorgelegte Vereinbarung bezüglich der Kostenbeteiligung sei von ihm nicht unterzeichnet.

Der Kläger macht die Forderung aus unberechtigtem Einbehalt von 1.600 € für die Monate Oktober, November, Dezember und Januar 2005 geltend.

Er hat weiter verlangt die Herausgabe ihm gehörender Gegenstände. Weiter hat er verlangt für den Monat Februar 252,19 € netto, sowie den Lohn für März 2005 in Höhe von 1.390 € netto abzüglich 10,42 € netto. Er habe sich im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 09.03.2005 vor dem Arbeitsgericht mit dem Beklagten in Verbindung gesetzt. Ihm sei mitgeteilt worden, er solle sich gegen 10:00 Uhr zur Betriebsstätte des Beklagten begeben. Dies habe er getan, jedoch niemanden angetroffen. Nach weiteren Anrufen sei ihm schließlich mitgeteilt worden, er solle bezüglich der verbleibenden März-Tage Urlaub nehmen.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.600,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einer Summe von jeweils 400,00 € seit dem 01.11.2004, 01.12.2004, 01.01.2005 und 01.02.2005, hilfsweise seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger folgende näher bezeichneten Gegenstände herauszugeben:

a) ein Mobil-Telefon Marke Samsung, Modell TH 100, Farbe silber, 3 Jahre alt mit einer Karte für das D1-Netz

b) drei Stadtpläne der Firma Falk für die Stadt Hamburg, Mainz und Bremen zum Preis von jeweils ca. 16,95 €

c) eine Aktenmappe, Farbe braun, aus Leder

d) ein Wasserbehälter aus Kunststoff, 5 Liter, durchsichtiges Material,

3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 252,19 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, das ist seit 19.05.2005, zu zahlen,

4. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.390,00 € netto abzüglich gezahlter 10,42 € netto als Arbeitsentgelt für den Monat März 2005 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, das ist seit 19.05.2005, zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, seit Beginn des Arbeitsverhältnisses habe der Kläger den Beklagten an dessen Fahrzeug ein Gesamtschaden von weit über 10.000 € verursacht. Er sei durch schriftliche Vereinbarung ausdrücklich mit dem teilweisen Einbehalt seines Lohnes in Höhe von 400 € monatlich einverstanden gewesen. Der Herausgabeanspruch sei nicht begründet. Der Lohnfortzahlungszeitraum für Februar habe am 20.02.2005 geendet. Bis einschließlich 09.03.2005 sei der Kläger nicht mehr zur Arbeit erschienen und habe weiterhin seine Arbeitskraft nicht angeboten. Auf einen Anruf nach der mündlichen Verhandlung sei ihm anheim gestellt worden, zunächst seinen Urlaubsanspruch abzufeiern. Da er lediglich 10 Urlaubstage hatte, seien für diese 10 Tage für den März ein Bruttolohn von 1.047,60 € abgerechnet worden und sodann gemäß der Vereinbarung über die Kostenbeteiligung ausgezahlt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 21.09.2005 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat, soweit für die Berufung von Bedeutung der Zahlungsklage zum Teil entsprochen. Es hat ausgeführt, hinsichtlich der einbehaltenen Beträge sei ein Teilbetrag von 1.395 € auch dann begründet, wenn die Vereinbarung vom 22.10.2004 vom Kläger unterschrieben sein sollte. Die Aufrechnung gegen eine Forderung findet nicht statt, soweit die Forderung der Pfändung nicht unterworfen sei. Auch eine Aufrechnungsvereinbarung sei nur dann zulässig, wenn die Vereinbarung nach Fälligkeit der unpfändbaren Forderung beschlossen worden sei. Vorliegend sei die behauptete Vereinbarung am 22.10.2004 geschlossen worden, also vor den Lohnabrechnungen Oktober, November, Dezember 2004 und Januar 2005. Unter Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenzen seien insgesamt 205 € pfändbar und damit auch aufrechenbar. Die Entscheidung über diese Aufrechnung hänge von der Frage ab, ob die Aufrechnungsvereinbarung vom Kläger unterzeichnet wurde.

Der Antrag Restlohn Februar sei noch nicht zur Endentscheidung gereift, weil die Angaben bezüglich der Zahlungen der Krankenkasse widersprüchlich seien. Der Anspruch März 2005 sei teilweise zur Endentscheidung reif. Grundsätzlich stehe dem Kläger ein Nettolohn von 1.390 € zu. Der Kläger habe gegen die Kündigung am 04.02.2005 Kündigungsschutzklage erhoben und damit gleichzeitig ein Angebot zur Arbeitsaufnahme abgegeben. Außerdem habe der Klägervertreter dies mit Schriftsatz vom 09.02.2005 nochmals ausdrücklich erklärt. Für die Zeit vom 10.03. bis 31.03.2005 lägen ebenfalls die Voraussetzungen des Annahmeverzugs vor. Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass der Kläger zumindest telefonisch seine Arbeitskraft angeboten habe. Wenn ihm dann mitgeteilt wird, er solle bezüglich der verbleibenden März-Tage Urlaub nehmen bzw. ihm anheim gestellt werde, zunächst seinen Urlaubsanspruch abzufeiern, sei er nicht verpflichtet, die Arbeit bei der Beklagten anzutreten bzw. nochmals ausdrücklich anzubieten. Sollte der Beklagte der Meinung gewesen sein, die Urlaubsansprüche reichen nicht aus, hätte er dies dem Kläger mitteilen und ihn zur Arbeitsaufnahme auffordern müssen. Bei einem monatlichen Nettolohn seien 55 € netto pfändbar. In Höhe dieser 55 € hänge die Entscheidung von dem Bestehen eines aufrechenbaren Gegenanspruchs ab.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen. Diese wurde dem Beklagten am 29.09.2005 zugestellt. Der Beklagte hat am 24.10.2005 Berufung eingelegt und diese Berufung mit am 15.11.2005 eingegangenem Schriftsatz begründet. Er vertritt die Auffassung, das Aufrechnungsverbot finde keine Anwendung. Zwischen den Parteien bestehe eine Aufrechnungsvereinbarung. Diese sei entgegen der Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichtes zulässig. Es handele sich nicht um eine Pfändung. Darüber hinaus beziehe sich die Aufrechnungsvereinbarung auf Schäden aus der Vergangenheit, jedenfalls aus einem Zeitraum vor dem 22.11.2004. Für März könne der Kläger keinen Lohn beanspruchen. Er sei nicht zur Arbeit gekommen. Es stehe ihm allenfalls ein Anspruch für verrechnete restliche Urlaubstage zu. Er hätte, nachdem er seinen Urlaubsanspruch abgefeiert hatte, von sich aus seine Arbeitskraft wieder anbieten müssen. Es könne nicht angehen, dass ein Arbeitgeber immer dann, wenn der Urlaub des Arbeitnehmers beendet sei, diesen wieder zur Arbeitsaufnahme auffordern müsse.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er bestreitet nach wie vor, dass eine Aufrechnungsvereinbarung zwischen den Parteien vereinbart war. Die Pfändungsfreigrenzen müssten beachtet werden. Der Kläger habe darüber hinaus seine Arbeitskraft spätestens im Termin vor dem Arbeitsgericht Trier am 09.03.2005 angeboten. Er habe sich telefonisch mit dem Beklagten in Verbindung gesetzt und dies wiederholt. Er sei dann auch gegen 23:00 Uhr noch auf dem Betriebsgelände erschienen und habe persönlich die Arbeitskraft angeboten, obgleich der Beklagte oder ein Vertreter nicht anwesend war. Am 10.03. habe er dann wiederum telefonisch Kontakt aufgenommen und dann auf den Nachmittag bzw. den nächsten Tag vertröstet. Eine konkrete Einsatzmöglichkeit sei ihm nicht gezeigt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 12.01.2006.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).

Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

II.

Das Arbeitsgericht hat in seinem angefochtenen Urteil alle die Entscheidung tragenden Gründe ohne Rechtsfehler zutreffend wiedergegeben. Die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze sowie das Ergebnis der mündlichen Verhandlung begründen keine Veranlassung, von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis abzuweichen. Die Berufungskammer nimmt daher gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug auf den begründenden Teil des angefochtenen Urteils.

Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei der Beklagte kurz auf Folgendes hinzuweisen:

Der Kläger kann sich erfolgreich darauf berufen, dass die Aufrechnung wegen Nichtbeachtung der Pfändungsfreigrenze zum Teil unwirksam ist, es also nicht darauf ankommt, ob überhaupt eine Aufrechnungsvereinbarung getroffen wurde. Die Aufrechnung ist nach § 394 BGB ausgeschlossen, soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist. Es gilt zunächst nur für die einseitig erklärte Aufrechnung. Dagegen steht § 394 BGB einer einverständlichen Aufrechnung nach Fälligkeit der unpfändbaren Forderung nicht entgegen (vgl. BAG Urt. v. 18.08.1976 - 5 AZR 95/75 in AP Nr. 4 zu § 613 a BGB unter Verweisung auf Weber, BGB, RGRK 12. Aufl., § 394 Rdnr. 32).

Die Vereinbarung wurde zu einem Zeitpunkt geschlossen, als die Forderungen, die der Kläger jetzt klageweise geltend macht, noch nicht fällig war, sondern bereits vor deren Entstehen.

Dem vom Arbeitsgericht hervorgehobenen Schutzzweck der Unpfändbarkeitsbestimmungen würde es widersprechen, wenn vor Fälligkeit der Arbeitsvergütungsansprüche Aufrechnungsvereinbarungen unter Missachtung der Pfändungsfreigrenzen rechtswirksam getroffen werden können.

Auch soweit sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur März-Vergütung wendet, ist das angefochtene Urteil zutreffend. Nachdem der Beklagte die Kündigung zurückgenommen hat, bestand das Arbeitsverhältnis bis zum 31.03.2005 fort. Der Beklagte wäre also grundsätzlich verpflichtet gewesen, dem Kläger einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, dies insbesondere nachdem der Kläger unstreitig beim Beklagten zumindest telefonisch vorgesprochen hat, dass ihm Arbeit zugewiesen wird. Wenn unter diesen Voraussetzungen der Beklagte dem Kläger erklärt er solle zunächst einmal Urlaub nehmen, hat er seine Obliegenheit Zurverfügungstellung eines funktionsfähigen Arbeitsplatzes für die Tage, in denen nach seiner Auffassung der Urlaub nicht mehr ausreicht, nicht ausgeübt mit der Folge, dass er sich für diese Tage in Annahmeverzug befindet.

Demgemäß war die angefochtene Teil-Entscheidung des Arbeitsgerichts Trier zutreffend, die hiergegen gerichtete Berufung musste mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO erfolglos bleiben.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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