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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 06.01.2005
Aktenzeichen: 4 Ta 4/05
Rechtsgebiete: RVG, BRAGO, BetrVG


Vorschriften:

RVG § 61
BRAGO § 8 Abs. 1
BRAGO § 8 Abs. 2
BRAGO § 8 Abs. 2 Satz 1
BRAGO § 8 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz
BRAGO § 8 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz
BetrVG § 40 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 Ta 4/05

Entscheidung vom 06.01.2005

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier - 3 BV 26/04 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Mit Antragsschrift vom 03.05.2004 hat der Betriebsrat, vertreten durch die Beschwerdeführer ein Beschlussverfahren eingeleitet zur Bestimmung der Person eines Vorsitzenden der Einigungsstelle und Festlegung der Zahl der Beisitzer. Gegenstand war eine Einigungsstelle mit der Regelungsthematik Urlaub. Bereits vorher bzw. gleichzeitig waren wegen der Errichtung von Einigungsstellen im Jahr 2004 zwei Verfahren vor dem Arbeitsgericht Trier anhängig gemacht worden. Das Verfahren endete durch Beschluss. Auf Antrag setzte das Arbeitsgericht Trier durch den angefochtenen Beschluss den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf den halben Regelwert in Höhe von 2.000 € fest. Der Beschluss wurde am 05.11.2004 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 08.11.2004 eingegangene sofortige Beschwerde. Die Beschwerdeführer halten den Gegenstandswert in Höhe von 4.000 € für angemessen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, die auch den Beschwerdewert von 200 € erreicht, hat in der Sache keinen Erfolg. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates ist noch nach den Bestimmungen der bis 30.06.2004 geltenden BRAGO zu bemessen. Nach § 61 RVG kommt es für die Bestimmung, welches Recht anzuwenden ist, auf die unbedingte Erteilung des Auftrags an.

Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 1 BRAGO bestimmt sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wertvorschriften. Im Beschlussverfahren werden gerichtliche Kosten nicht erhoben. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist deshalb nach der Auffangvorschrift des § 8 Abs. 2 BRAGO zu berechnen. § 8 Abs. 2 Satz 1 BRAGO ist nicht einschlägig, weil sich ein Gegenstandswert nicht aus den in Bezug genommenen Vorschriften der Kostenordnung für Beschlussverfahren ergibt.

Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BRAGO ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen, wenn er nicht "feststeht". Ein feststehender Wert bindet die Gerichte. Bei nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Wert der anwaltlichen Tätigkeit stets nach § 8 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BRAGO zu bestimmen (vgl. BAG Beschl. v. 09.11.2004, 1 ABR 11/02, LAG Hamburg, Beschl. v. 04.08.1992, 2 Ta 6/92). Bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist das billige Ermessen unabhängig von tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung stets gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BRAGO auszuüben; der Höchstwert des Gegenstandswertes ist auch dabei auf 500.000 € begrenzt (vgl. BAG a. a. O.). Gegenstände der anwaltlichen Tätigkeit in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren sind dann nicht vermögensrechtlicher Art, wenn es vornehmlich um Fragen der Teilhabe des Betriebsrates an der Gestaltung des betrieblichen Geschehens geht. Die Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Beteiligungsrechte hat keinen vermögensrechtlichen Charakter. Gleichwohl sind vermögensrechtliche Gegenstände nicht ausgeschlossen, dies gilt etwa für den hier nicht vorliegenden Streit um die Erstattung von Schulungsgebühren oder sonstiger Kosten der Betriebsratstätigkeit nach § 40 Abs. 1 BetrVG. Das vorliegende Anliegen des Betriebsrates zur Einsetzung einer Einigungsstelle war nicht vermögensrechtlicher Art. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer bedeutet dies aber nicht, dass stets von dem Regelwert von 4.000 € auszugehen ist. Die gesetzliche Bestimmung lässt es ausdrücklich zu, dass je nach Lage des Falles von dem Regelwert nach unten oder nach oben abgewichen werden kann. Die vorliegende Fallkonstellation gebietet es, den halben Regelwert als ausreichend und angemessen anzusehen.

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gegenstand von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung war, von besonderer rechtlicher Schwierigkeit bzw. umfangreiche anwaltliche Tätigkeit erforderte. Im Schreiben vom 08.07.2003 hat die Arbeitgeberin lapidar erklärt, sie lehne die Bildung von Einigungsstellen in der Angelegenheit Betriebsvereinbarung Urlaub ab. Die Sach- und Rechtslage war klar. Streit über die Person des Vorsitzenden bestand offensichtlich auch nicht. Gerichtsbekannt hat der vom Betriebsrat vorgeschlagenen und auch vom Arbeitsgericht eingesetzte Vorsitzende bereits in der Vergangenheit mehrere Einigungsstellen zwischen den Betriebspartnern geleitet. All diese Umstände rechtfertigen es, von dem Regelwert von 4.000 € im konkreten Einzelfall abzugehen. Die Arbeitgeberin hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Begehren des Betriebsrates inflationäre Tendenzen zukommen.

Es mag zwar für den Regelfall zutreffend sein, etwa wenn die Einrichtung einer Einigungsstelle zwischen Betriebspartnern absolute Ausnahme bleibt, in diesen Fällen eine Festlegung des Gegenstandswerts auf 4.000 € als Regelwert vorzunehmen, angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalles ist die Festsetzung mit dem hälftigen Regelwert aber ausreichend und angemessen.

Die Beschwerde der Beschwerdeführer war daher zurückzuweisen.

In Verfahren der vorliegenden Art ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht nicht gesetzlich vorgesehen. Die Entscheidung ist daher nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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