Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 07.01.2004
Aktenzeichen: 5 Sa 1223/03
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, SGB IV


Vorschriften:

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3
ArbGG § 2 Abs. 3
BGB § 362
SGB IV § 14
SGB IV § 14 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 Sa 1223/03

Verkündungsdatum: 07.01.2004

Tenor:

I. 1. Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreites werden einerseits dem Kläger zu 4/5 und andererseits den Beklagten zu 1/5 auferlegt.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben einerseits der Kläger zu 1/4 und andererseits die Beklagte zu 3/4 zu tragen.

II. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird wie folgt festgesetzt:

a) für das Verfahren bis zur übereinstimmenden Erledigterklärung auf EUR 694,48 und

b) für das weitere Berufungsverfahren auf EUR 235,00.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger klagte erstinstanzlich zuletzt mit folgenden Anträgen:

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. ihm Auskunft über die Höhe des Nettoauftragswertes für alle von den Beklagten verkauften Produkte, außer Cugnart- und Welser- Weinbergspfähle, für den Zeitraum von November 2002 bis Februar 2003 zu erteilen,

2. ggf. die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft an Eides Statt zu versichern,

3. an ihn nach Erteilung der Auskunft ein Prozent des Nettoauftragswertes für alle anderen von den Beklagten verkauften Produkte, außer Cugnart- und Welser- Weinbergspfähle, zu zahlen,

4. an ihn EUR 694,48 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus EUR 173,62 seit dem 01.04.2003, aus weiteren EUR 173,62 seit dem 01.05.2003, aus weiteren EUR 173,62 seit dem 01.06.2003 und aus weiteren EUR 173,62 seit dem 01.07.2003 zu zahlen.

Die Beklagten beantragten,

die Klage abzuweisen.

Im Anschluss an die - mit Ablauf des 28.02.2003 eingetretene - Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlen die Beklagten dem Kläger eine Karenzentschädigung gem. § 11 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vom 29.04.2002 (Bl. 7 d.A.). Abrechnung und Zahlung der in Höhe von monatlich EUR 815,11 geschuldeten Karenzentschädigung nahmen die Beklagten (zunächst) so vor, wie sich dies - beispielsweise - aus der Abrechnung vom 03.07.2003 (- für Juni 2003; Bl. 102 d.A. - ergibt: monatlich wurden jeweils EUR 641,49 an den Kläger und EUR 173,62 (als Sozialversicherungsbeitrag) an die Barmer Ersatzkasse gezahlt.

Der Kläger ist der Ansicht, dass auch der Betrag von monatlich von EUR 173,62 (direkt) an ihn auszuzahlen sei. Für die Monate März 2003 bis Juni 2003 verlangte der Kläger daher die Zahlung von 4 x EUR 173,62 = EUR 694,84.

Eine Rechtswegrüge wurde im erstinstanzlichen Verfahren - 10 Ca 1092/03 - nicht erhoben. Mit Urteil vom 03.09.2003 - 10 Ca 1092/03 - wies das Arbeitsgericht die Klage insgesamt ab.

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird entsprechend § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des ArbG Mainz vom 03.09.2003 - 10 Ca 1092/03 - (dort Seite 2 ff = Bl. 46 ff d.A.). In den Entscheidungsgründen führt das Arbeitsgericht u.a. aus:

"Die zulässige Klage ist unbegründet ....

....

... Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung von EUR 694,48 für den Zeitraum von März 2003 bis Juni 2003 ...

... Die Gerichte für Arbeitssachen können nicht mit Bindungswirkung für Sozialversicherungsträger und ggf. die Sozialgerichte festgelegen, ob die Karenzentschädigung beitragspflichtig ist oder nicht. Deshalb sind die Gerichte für Arbeitssachen für den vom Kläger verfolgten Anspruch gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG nicht zuständig. Der Streit zwischen dem Kläger und den Beklagten geht der Sache nach darum, ob die Beklagten zu Recht Arbeitnehmeranteile von der Karenzentschädigung abgezogen haben oder ob die Karenzentschädigung von EUR 815,11 brutto für netto zu zahlen ist. Diese Frage betrifft allein das zu den Sozialversicherungsträgern bestehende öffentlich-sozialversicherungsrechtliche Rechtsverhältnis ...".

Gegen das ihm am 11.09.2003 zugestellte Urteil vom 03.09.2003 - 10 Ca 1092/03 - legte der Kläger mit Schriftsatz vom 24.09.2003

sofortige Beschwerde und

Berufung

ein.

Im Rahmen seiner Berufungsbegründung, - auf deren Inhalt zwecks Darstellung aller Einzelheiten verwiesen wird (= Schriftsatz vom 24.09.2003 Seite 2 ff = Bl. 63 ff d.A.) -, rügt der Kläger, dass das erstinstanzliche Gericht zu unrecht seine Unzuständigkeit angenommen habe. Der Kläger macht geltend, dass das Arbeitsgericht in einem Fall der vorliegenden Art auch über die öffentlich-rechtlichen Vorfragen der korrekten Abzüge zu entscheiden habe. Der Kläger meint, dass es hier eines Beschlusses gem. § 17 a GVG bedurft habe. Wäre dies geschehen, so hätte sich der Kläger mit der sofortigen Beschwerde dagegen zur Wehr setzen können, um in zweiter Instanz vor dem Beschwerdegericht die Rechtswegzuständigkeit klären zu lassen. Ein Urteil hinsichtlich des eingeklagten Betrages von "EUR 664,00" (gemeint wohl: EUR 694,48) samt Zinsen hätte das Arbeitsgericht nicht fällen dürfen. Insoweit sei das Urteil - so argumentiert der Kläger weiter - auch materiellrechtlich unzutreffend. Eine Karenzentschädigung unterliege nicht der Beitragspflicht in der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung, da sie kein Entgelt i. S. von § 14 SGB IV sei.

Der Kläger hat im Berufungsverfahren (zunächst) beantragt,

unter Abänderung des am 03.09.2003 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Mainz unter Aktenzeichen. - 10 Ca 1092/03 - die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger EUR 694,48 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus EUR 173,62 seit 01.04.2003, aus weiteren EUR 173,62 seit dem 01.05.2003, aus weiteren EUR 173,62 seit dem 01.06.2003 und aus weiteren EUR 173,62 seit dem 01.07.2003 zu zahlen.

Im Berufungsverfahren hat sich der Kläger weiter mit den Schriftsätzen vom 15.10.2003 (Bl. 88 f d.A.), vom 11.11.2003 (Bl. 100 f d.A.), vom 02.12.2003 (Bl. 107 d.A.) und vom 09.12.2003 (Bl. 110 ff d.A.) geäußert. Hierauf wird Bezug genommen.

Der Kläger erklärt (zuletzt)

den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt

und beantragt,

den Beklagten die Kosten des Rechtsstreites und auch des Berufungsrechtsstreites aufzuerlegen.

Die Beklagten haben (zunächst) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zuletzt stimmen die Beklagten der Erledigterklärung zu und beantragen,

dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zwecks Darstellung der Berufungsbeantwortung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 03.11.2003 (Bl. 91 f d.A.) verwiesen.

Weiter haben sich die Beklagten - worauf ebenfalls verwiesen wird - mit den Schriftsätzen vom 24.11.2003, vom 01.12.2003, vom 10.12.2003, 15.12.2003 und vom 23.12.2003 geäußert (s. dazu Bl. 104 f, 116 f und 120 d.A.).

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit mit den Schriftsätzen vom 09.12.2003 und 23.12.2003 übereinstimmend für erledigt erklärt haben ist gem. § 91a Abs. 1 ZPO über die Kosten des Rechtsstreites - hier also auch über die der ersten Instanz - zu entscheiden.

a) Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie beschränkte sich auf den Streitgegenstand "Karenzentschädigung" in Höhe von EUR 694,48 nebst Zinsen für die Monate März 2003 bis Juni 2003.

b) Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes spricht einiges dafür, dass im Berufungsverfahren die Klage insoweit (jedenfalls) mit der Begründung, mit der das Arbeitsgericht die Klageabweisung begründet hat, nicht hätte abgewiesen werden können. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit bzw. die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen ist insoweit gegeben. Bei dem Anspruch des (ehemaligen) Arbeitnehmers auf Karenzentschädigung handelt es sich um einen "arbeitsrechtlichen" Anspruch im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG (vgl. BAG vom 13.06.1997 - 9 AZB 38/96 - dort unter Ziffer II. 1.). Wäre der Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt worden, hätte im Berufungsverfahren (ggf.) geprüft werden müssen, ob die Beklagten dadurch, dass sie monatlich EUR 173,62 als Sozialversicherungsbeitrag an die Barmer Ersatzkasse zahlten, eine Erfüllungshandlung im Sinne des § 362 BGB vorgenommen haben. In diesem Zusammenhang hätte sich dann weiter die sozialversicherungsrechtliche Frage gestellt, ob und inwieweit die einem ehemaligen Arbeitnehmer gezahlte Karenzentschädigung als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV anzusehen ist. Es wäre dann entscheidend darauf angekommen, ob es sich hierbei um laufende oder einmalige Einnahmen "aus einer Beschäftigung" handelte.

Eine derartige sozialversicherungsrechtliche Vorfrage berührt aber nicht die am Streitgegenstand orientierte Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG bzw. die Frage des zulässigen Rechtsweges. Zwar hätte es - bei streitiger Entscheidung über die Berufung - im Hinblick auf die vom Arbeitsgericht zitierten Ausführungen im BAG-Urteil vom 10.11.1982 - 4 AZR 231/82 - noch gewisser tatsächlicher und rechtlicher Grenzziehungen bedurft. Dort hat der 4. Senat immerhin ausgeführt, dass es "allein den Finanzbehörden und Sozialversicherungsträgern und ggf. den zuständigen Finanz- oder Sozialgerichten überlassen bleiben" müsse, die "aufgeworfenen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen zu klären" (- vgl. demgegenüber das Urteil des 4. Senats vom 09.11.1988 - 4 AZR 433/88 - AP-Nr. 6 zu § 10 KSchG 1969, in dem entschieden wurde, dass für die dort streitgegenständliche Abfindung deswegen keine Sozialversicherungsbeiträge abzuführen waren, weil "die Abfindung ... kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV" sei -). Berücksichtigt man die sich in diesem Zusammenhang ergebenden Rechtsfragen, so entspricht es unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen, dass der Kläger hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreites 4/5 und die Beklagten zusammen 1/5 zu tragen haben. Hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten war (auch) der vom Kläger auf Seite 4 - unten - bis Seite 5 - oben - der Berufungsschrift vom 24.09.2003 angeführte Gesichtspunkt mit zu berücksichtigen. Da sich der Streitwert des Berufungsverfahrens gegenüber dem Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens verändert hat, war im Rahmen der Ermessensentscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO für das Berufungsverfahren eine andere Kostenquote zugrunde zu legen. (Auch) hier hatte sich die gerichtliche Kostenentscheidung an dem voraussichtlichem Ausgang des Berufungsverfahrens zu orientieren. Insoweit war - neben der bereits oben erwähnten Notwendigkeit, eine Grenzziehung zu BAG vom 10.11.1982 - 4 AZR 231/82 - vorzunehmen - zu bedenken, dass es sich bei der Karenzentschädigung nach h. M. zwar um einen "arbeitsrechtlichen" Anspruch i. S. des § 2 Abs. 3 ArbGG, - jedoch wohl nicht um "Einnahmen aus einer Beschäftigung" i. S. des § 14 Abs. 1 SGB IV (- vgl. BGH vom 15.04.1991 NZA 1991, 615) handelt. Einer abschließenden Entscheidung dieser Rechtsfrage bedarf es im Rahmen der vorliegenden Kostenentscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO nicht.

2.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wurde gem. § 25 Abs. 2 GKG festgesetzt. Da sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Prozessausgang ab dem Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigterklärung verändert hat, war insoweit eine unter den gegebenen Umständen angemessene Streitwertreduzierung geboten.

3.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst. Gegen diesen Beschluss ist deswegen kein Rechtsmittel gegeben.

Ende der Entscheidung

Zurück