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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 13.10.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 727/07
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 138
ZPO § 518
ZPO § 519
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 12.09.2007 - 2 Ca 1335/07 - aufgehoben. 2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger betreffend die Monate November, Dezember 2006 und Januar 2007 eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung zu erstellen. 3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.499,73 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.05.2007 zu zahlen. 4. Der Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen. 5. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten über Zahlungsansprüche des Klägers. Der Kläger ist gelernter Handwerksmeister für das Gipser- und Stuckateurhandwerk. Der Beklagte unterhält einen Gipser- und Stuckateurbetrieb.

Die Parteien verständigten sich am 24.09.2006 auf die Zahlung eines Stundenlohnes in Höhe von 18,00 EUR brutto. Der Kläger arbeitete für den Beklagten im Zeitraum vom 14.11.2006 bis einschließlich 23.01.2007auf drei Baustellen, hinsichtlich deren näheren Bezeichnung auf. S. 3 der angefochtenen Entscheidung = Bl. 44 d.A. Bezug genommen wird. Die Parteien streiten über den zeitlichen Umfang der Arbeitsleistung des Klägers sowie über die auf den Lohnanspruch erbrachten Zahlungen. Der Kläger hat den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 14.06.2007 schriftlich aufgefordert, an ihn für den streitgegenständlichen Zeitraum insgesamt 368 Arbeitsstunden á 18,00 EUR brutto, insgesamt also 6.624,00 EUR brutto zu zahlen. Der Beklagte hat diese Ansprüche durch Anwaltsschreiben, hinsichtlich dessen Inhalt auf Bl. 7 d.A. Bezug genommen wird, zurückgewiesen. Mit der am 11.07.2007 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen eingereichten Klage macht der Kläger die Zahlung von Arbeitsvergütung in Gesamthöhe von zunächst 6.624,00 EUR brutto geltend, im Berufungsverfahren am Ende lediglich noch in Höhe von 6.499,73 EUR brutto geltend. Der Kläger hat vorgetragen,

er habe im November 2006 80 Stunden, im Dezember 160 Stunden und im Januar 2007 128 Stunden, also insgesamt 368 Stunden für den Beklagten gearbeitet. Der Kläger hat beantragt,

der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger brutto 6.624,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 19.06.2007 zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Der Beklagte hat vorgetragen,

er habe insgesamt 3.500,00 EUR netto in bar an den Kläger gezahlt. Der Kläger habe im Zeitraum vom 14.11.2006 bis zum 04.12.2006 nicht 98 Stunden für ihn gearbeitet. Er bestreite des weiteren, dass der Kläger an den Bauvorhaben Entengasse 12, A-Stadt, 134 Stunden, täglich 8 Stunden gearbeitet habe. Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 12.09.2007 - 2 Ca 1335/07 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 44 bis 48 d.A. Bezug genommen. Gegen das ihm am 17.10.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 15.11.2007 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 14.12.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, er habe einen Anspruch auf Lohnabrechnungen betreffend die Monate November, Dezember 2006 und Januar 2007. Des Weiteren sei der Zahlungsanspruch begründet; hilfsweise stehe ihm jedenfalls ein Bruttobetrag zu, der einer Nettoauszahlung von 3.500,00 EUR entspreche, hilfsweise zumindest ein - nicht gezahlter - Nettobetrag in Höhe von 3.500,00 EUR. Ausschlussfristen seien vorliegend nicht anwendbar, weil der Kläger dem persönlichen Geltungsbereich des vom Arbeitsgericht angenommenen Tarifvertrages nicht unterfalle. Jedenfalls sei die Berufung auf tarifliche Ausschlussfristen aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles unzulässig. Er habe zu keinem Zeitpunkt die vom Beklagten behaupteten Einzelzahlungen in Netto erhalten; der Sachvortrag des Beklagten sei insoweit frei erfunden. Hilfsweise mache er sich den Sachvortrag des Beklagten insoweit zu eigen, als dieser durch die behaupteten Nettozahlungen in Höhe von 3.500,00 EUR immerhin zugestehe, dass er in einem entsprechenden zeitlichen Ausmaß Arbeitsstunden geleistet habe, also 361 Arbeitsstunden. Zur weiteren Darstellung der Auffassung des Klägers wird auf seine Schriftsätze vom 14.12.2007 (Bl. 75 bis 83 d.A.) nebst Anlagen (84 bis 117 d.A.), vom 05.03.2008 (Bl. 140 bis 142 d.A.), vom 24.06.2008 (Bl. 171, 172 d.A.) sowie vom 08.09.2008 (Bl. 193 bis 195 d.A. nebst Anlagen = Bl. 196 bis 201 d.A.) Bezug genommen. Der Kläger beantragt zuletzt,

den Beklagten zu verurteilen an den Kläger 6.499,73 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.06.2007 zu zahlen. Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, er habe insgesamt 3.500,00 EUR netto an den Kläger in bar gezahlt; dies lasse sich auch aus den von ihm vorgelegten Kontoauszügen belegen. Hinsichtlich der weiteren Darstellung der Auffassung des Beklagten wird auf seine Schriftsätze vom 14.02.2008 (Bl. 131 bis 134 d.A. nebst Anlagen = Bl. 135, 136 d.A.), vom 06.06.2008 (Bl. 164 bis 166 d.A.) und vom 25.06.2008 (Bl. 175, 176 d.A.). Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Beklagte Kopien von Kontoauszügen vorgelegt, hinsichtlich deren Inhalt auf Bl. 226 bis 233 d.A. Bezug genommen wird. Das Landesarbeitsgericht hat durch Beweisbeschluss vom 13.10.2008 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A., H und B.. Hinsichtlich des Inhalts des Beweisbeschlusses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 13.10.2008 (Bl. 212 bis 214 d.A.) Bezug genommen; hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2008 (= Bl. 214 bis 219 d.A.) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen. Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 13.10.2008. Entscheidungsgründe:

I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. II. Das Rechtsmittel der Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist zunächst hinsichtlich der im Berufungsverfahren zulässiger Weise erstmals geltend gemachten Anspruch auf Lohnabrechnung für den streitgegenständlichen Zeitraum begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Lohnabrechnungen jeweils für die Monate November, Dezember 2006 und Januar 2007. Dieser Anspruch ist nicht erfüllt, insbesondere nicht durch die vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte einheitliche Abrechnung über ein Gesamtbruttobetrag für alle drei Monate. Folglich war der Beklagte insoweit antragsgemäß zu verurteilen. Auch der Zahlungsanspruch ist begründet. Denn nach dem Ergebnis des zweitinstanzlichen Rechtszuges und der vor der Kammer durchgeführten Beweisaufnahme ist die Klage in voller Höhe hinsichtlich des zuletzt nur noch gestellten, geringfügig reduzierten, Zahlungsantrags begründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts steht dem Erfolg der Zahlungsklage vorliegend nicht die Anwendbarkeit tarifvertraglicher Ausschlussfristen entgegen. Zum einen ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger im Hinblick auf die von ihm ausgeübte Tätigkeit überhaupt dem persönlichen Anwendungsbereich des BRTV Bau unterfällt. Selbst wenn man zugunsten des Beklagten aber davon ausgehen würde, ist, darauf hat der Kläger zutreffend hingewiesen, die Berufung des Beklagten auf die Anwendbarkeit tarifvertraglicher Ausschlussfristen treuwidrig im Sinne des § 242 BGB. Denn sie verstößt evident gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium). Denn der Beklagte hat unstreitig zu keinem Zeitpunkt Lohnabrechnungen für den streitgegenständlichen Zeitraum erteilt, jedenfalls nicht vor Klageerhebung und insbesondere nicht im Verlaufe des gesamten erstinstanzlichen Rechtszuges. Er hat im Übrigen zunächst bestritten, dass der Kläger überhaupt in erheblichem Umfang Arbeitsstunden für ihn abgeleistet habe, damit geltend gemacht, nichts zu schulden bzw. viel weniger als verlangt. Sodann hat er, ohne diesen Widerspruch in seinem tatsächlichen Vorbringen näher zu erläutern, behauptet, er habe insgesamt 3.500,00 EUR netto an den Kläger gezahlt. Im Hinblick auf dieses angesichts der gemäß § 138 ZPO bestehenden Pflicht, umfassend und wahrheitsgemäß zu den entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen, völlig unverständliche Verhalten ist es dem Beklagten verwehrt, die Anwendbarkeit tarifvertraglicher Ausschlussfristen einzuwenden. Aufgrund des zuletzt nur noch gestellten Antrags des Klägers ist die Klageforderung im Hinblick auf den Stundenumfang und die Zahlungshöhe unstreitig; der Kläger hat sich im Wege des äquivalenten Parteivorbringens die behauptete, hinsichtlich der Zahlung allerdings bestrittene, Darstellung des Beklagten zu eigen gemacht und sich nunmehr nur noch auf die Zahl der Arbeitsstunden berufen, die einer umgerechneten Nettoforderung in Höhe von 3.500,00 EUR entspricht. Einwendungen dagegen seien seitens der Beklagten sind nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der damit bestehende Zahlungsanspruch auch nicht durch Erfüllung (§ 362 BGB) erloschen. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann auch nicht im Ansatz davon ausgegangen werden, dass die Zeugenvernehmung die volle Überzeugung der Kammer begründet hat, dass der Beklagte tatsächlich, wie von ihm im Einzelnen behauptet, Barzahlungen gelegentlich in der dargestellten Höhe an den Kläger geleistet hat. Fest steht nach der ausführlich durchgeführten Vernehmung der Zeugen lediglich, dass der Beklagte Geldbündel in der Hand hielt, wobei es sich um 500- und 100- Euroscheine gehandelt haben soll. Keiner der Zeugen konnte aber auch nur ansatzweise darlegen, wann und welche Beträge im Einzelnen der Beklagte an den Kläger tatsächlich gezahlt haben soll. Nach Einzelheiten der Einzelzahlungen befragt, habe alle Zeugen übereinstimmend ausweichend sinngemäß dahin geantwortet, dass sie zwar sicher sind, dass Geld geflossen ist, dass sie aber weder den genauen Zeitpunkt noch die Zahlungshöhe angeben können. Damit ist der Beklagte beweisfällig geblieben. Folglich war der Klage im - zuletzt nur noch geltend gemachten - Umfang stattzugeben. Nach alledem war die Berufung stattzugeben. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91, 92 ZPO. Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung. gegeben.

Ende der Entscheidung

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