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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 29.11.2005
Aktenzeichen: 5 Sa 742/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB, KSchG, TzBfG


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 256 Abs. 1
BGB § 613a Abs. 1 S. 1
BGB § 625
KSchG § 4 S. 1
KSchG § 7 Halbsatz 1
TzBfG § 15 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 Sa 742/05

Entscheidung vom 29.11.2005

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 20.07.2005 - 8 Ca 1562/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.676,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin ist seit dem Jahre 1969 in einem Kaufhaus der Firma B. GmbH & Co. KG beschäftigt gewesen. Über das Vermögen der Kaufhausbetreiberin wurde im Jahre 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet (- 3 a IN 250/04 - Amtsgericht Ludwigshafen -). Der Insolvenzverwalter kündigte der Klägerin mit dem Schreiben vom 27.09.2004 fristgemäß zum 31.12.2004. Nach näherer Maßgabe der vom Insolvenzverwalter und von der Klägerin jeweils unterzeichneten Schreiben vom 17.12.2004, 26.01.2005 und 24.02.2005 wurde in der Folgezeit die befristete Weiterbeschäftigung der Klägerin vereinbart (- bis letztmals zum 31.03.2005).

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 20.07.2005 - 8 Ca 1562/05 - (dort S. 2 f. = Bl. 17 f. d. A.). Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen das ihr am 02.08.2005 zugestellte Urteil vom 20.07.2005 - 8 Ca 1562/05 - hat die Klägerin am 05.09.2005 Berufung eingelegt und diese am 16.09.2005 mit dem Schriftsatz vom 14.09.2005 begründet.

Der - u.a. die an das Landesarbeitsgericht gerichtete Berufungsschrift vom 26.08.2005 enthaltende - Briefumschlag war am 31.08.2005 bei dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz eingegangen.

Wegen der Einzelheiten

- der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs und

- der Berufungsbegründung

wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 14.09.2005 (Bl. 35 ff. d. A.) verwiesen. Ergänzend äußert sich die Klägerin im Schriftsatz vom 27.10.2005 (Bl. 54 ff. d. A.), worauf ebenfalls Bezug genommen wird.

Die Klägerin hält ihr Wiedereinsetzungsgesuch insbesondere deswegen für begründet, weil sich der Unterzeichner der Berufungsschrift, Rechtsanwalt X., in jedem Fall darauf habe verlassen dürfen, dass ein fristgerechter Eingang beim Landesarbeitsgericht erfolge.

In der Sache selbst begründet die Klägerin ihre Berufung mit dem Argument, dass es

- zum einen dem Insolvenzverwalter um die "Verlängerung der Kündigungsfrist" gegangen sei,

und

- zum anderen eine Kündigungsfrist (indessen) in rechtstechnischer Hinsicht nicht verlängert werden könne.

Die Klägerin macht geltend, dass die rechtsgestaltende Wirkung der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses im Nachhinein (auch durch Parteivernehmung) nicht abänderbar sei. Der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages sei vom Insolvenzverwalter und von der Klägerin gerade nicht gewollt gewesen. Eine Verlängerung der Kündigungsfrist habe jedoch nicht (wirksam) vereinbart werden können, - so dass das Arbeitsverhältnis über den 31.12.2004 hinaus ohne wenn und aber fortgesetzt worden sei. Ein (erneuter) Beendigungstatbestand sei nicht gegeben. Demzufolge bestehe das Arbeitsverhältnis fort.

Die Klägerin beantragt,

1. ihr wegen der Versäumung der Berufungseinlegungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,

und

2. das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 20.07.2005 - 8 Ca 1562/05 - dahingehend abzuändern,

dass festgestellt wird, dass die Klägerin beim Beklagten als Dekorateurin des Kaufhauses B. in F-Stadt, F-Straße in Vollzeit zu einer monatlichen Brutto-Arbeitsvergütung von EUR 1.892,00 beschäftigt ist.

Der Beklagte beantragt,

1. den Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen.

2. Die Berufung zu verwerfen bzw. zurückzuweisen.

Der Beklagte beantwortet das Wiedereinsetzungsgesuch und die Berufung der Klägerin so, wie dies aus dem Schriftsatz vom 20.10.2005 (Bl. 46 ff. d. A.), - worauf verwiesen wird -, ersichtlich ist. Der Beklagte hält die Berufung aus den von ihm genannten Gründen bereits für unzulässig. Jedenfalls erweise sich die Berufung als unbegründet, da das Arbeitsverhältnis rechtlich und tatsächlich zum 31.03.2005 beendet worden sei.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Zwar hat die Klägerin die Berufungseinlegungsfrist versäumt. Unter den hier gegebenen Umständen war der Klägerin insoweit jedoch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Mit den im Schriftsatz vom 14.09.2005 enthaltenen schriftsätzlichen Erklärungen von Rechtsanwalt X. hat die Klägerin hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht, dass sie und ihre Prozessbevollmächtigten ohne Verschulden verhindert waren, die Berufungseinlegungsfrist einzuhalten.

Die demgemäß zulässige Berufung erweist sich (jedoch) als unbegründet.

II.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1.

Die Auslegung des Klageantrages ergibt, dass dieser auf ein Arbeitsverhältnis, - also auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO abzielt. Das nach dieser Vorschrift weiter erforderliche rechtliche Interesse steht der Klägerin ebenfalls zur Seite. Damit ist die Klage als Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.

2.

Die Klage erweist sich deswegen als unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Zeitpunkt des von ihr behaupteten Betriebsinhaberwechsels gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB rechtlich beendet war. Die in § 613a Abs. 1 S. 1 BGB angeordnete Rechtsfolge tritt nur bei "den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen" ein, - nicht dagegen bei zuvor bereits beendeten Arbeitsverhältnissen.

Das frühere Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der B. GmbH & Co. KG bzw. (zuletzt) mit dem Insolvenzverwalter Dr. Roth ist durch die Kündigung vom 27.09.2004 (zunächst) wirksam mit Ablauf des 31.12.2004 beendet worden. Wollte die Klägerin geltend machen, dass die Kündigung vom 27.09.2004 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam sei, so hätte sie innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung vom 27.09.2004 Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben müssen, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin eine derartige Kündigungsschutzklage gemäß § 4 S. 1 KSchG erhoben hat. Folglich wurde die Kündigung vom 27.09.2004 gemäß § 7 Halbsatz 1 KSchG wirksam.

Dadurch, dass der Insolvenzverwalter die Klägerin über den 31.12.2004 hinaus sowie über den 31.01.2005 und den 28.02.2005 hinaus bis zum 31.03.2005 weiter beschäftigt hat, ist das Arbeitsverhältnis nicht auf unbestimmte Zeit verlängert worden. Auf § 625 BGB und auf § 15 Abs. 5 TzBfG oder auf den Rechtsgrundsatz, der den beiden genannten Vorschriften zu Grunde liegt, kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Die in § 625 BGB und § 15 Abs. 5 TzBfG angeordnete Rechtsfolge ist (jedenfalls) deswegen nicht eingetreten, weil jeweils ein "unverzüglicher Widerspruch" im Sinne des Gesetzes durch den Insolvenzverwalter erfolgt ist. Dieser unverzügliche Widerspruch ist jeweils konkludent in den Schreiben vom 17.12.2004, vom 26.01.2005 und vom 24.02.2005 enthalten. Nach näherer Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist es anerkanntes Recht, dass der Widerspruch auch bereits - wie jeweils hier in den drei genannten Schreiben - kurz vor Ablauf des Arbeitsverhältnisses erklärt werden kann.

Aufgrund der Kündigung vom 27.09.2004 in Verbindung mit der letzten Verlängerungsvereinbarung vom 24.02./28.02.2005 endete das Arbeitsverhältnis der Klägerin deswegen mit dem 31.03.2005. Durchgreifende Bedenken gegen die einvernehmliche Verlängerung der Kündigungsfrist bestehen nicht. Die Verlängerungsvereinbarungen verstoßen weder gegen ein Gesetz, noch gegen die guten Sitten (§§ 134 und 138 BGB). Auch sonstige rechtliche Erwägungen führen nicht zur Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Verlängerungsvereinbarungen. In diesem Zusammenhang ist entscheidend, dass der Insolvenzverwalter die Kündigungsfrist nicht einseitig, sondern im schriftlichen Einvernehmen mit der Klägerin und im Anschluss an eine gemäß § 7 Halbsatz 1 KSchG wirksam gewordene Kündigung verlängert hat. Zu derartigen Verlängerungsvereinbarungen sind die Arbeitsvertragsparteien aufgrund des Grundsatzes der Vertragsfreiheit jedenfalls in einem Fall der vorliegenden Art befugt.

III.

Die Kosten ihrer erfolglosen Berufung muss gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Klägerin tragen. Der Streitwert wurde gemäß den §§ 42 Abs. 4 S. 1 Halbsatz 1 und 63 Abs. 2 GKG festgesetzt. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst. Aus diesem Grunde unterliegt dieses Berufungsurteil derzeit nicht der Revision. Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann von der Klägerin unter den Voraussetzungen des § 72a ArbGG und nach näherer Maßgabe dieser Vorschrift selbständig durch Beschwerde, die beim Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, einzulegen ist, angefochten werden. Darauf wird die Klägerin hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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