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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 08.09.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 801/07
Rechtsgebiete: AÜG, KSchG, EFZG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

AÜG § 9
AÜG § 10
KSchG § 9
KSchG § 10
EFZG § 3
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 138
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers wird hinsichtlich der Berufungsanträge Nr. 1 und 2 (Bekl. zu 2) zurückgewiesen. 2. Hinsichtlich der Beklagten zu 1) wird festgestellt, dass die Hauptsache erledigt ist. 3. Die Kosten beider Rechtszüge haben der Kläger, die Beklagte zu 1) und die Beklagt zu 2) je zu 1/3 zu tragen. 4. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, ob die Beklagte zu 2) zur Auskunft verpflichtet ist (erstmals im Berufungsverfahren) und des Weiteren, ob hinsichtlich der Beklagten zu 1) wegen zweier von ihr zunächst erklärter Änderungskündigungen im Berufungsverfahren Erledigung eingetreten ist. Der Kläger war langjährig zuletzt für die Beklagte zu 1) bei der Beklagten zu 2) als Mitarbeiter zuständig für die Gewichtskontrolle und sonstige Kontrollen im Rahmen des Warenein- und Ausgangs beschäftigt. Ziel seiner Klage ist es, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2) richtet, die Feststellung zu erreichen, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 2) ein unbefristetes, ungekündigtes Vollbeschäftigungsarbeitsverhältnis besteht (bzw. im Berufungsverfahren bestanden hat). Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 22.05.2007 und 17.07.2007 jeweils ordentliche Änderungskündigungen ausgesprochen hatte, mit dem Ziel, den Kläger nunmehr als Sicherheitsmitarbeiter im Objektschutz mit einem Stundenlohn im Tagdienst zu 6,72 EUR und im Nachtdienst zu 5,78 EUR zu beschäftigen, hat sich der Kläger mit rechtzeitig erhobener Klage und Klageerweiterung dagegen gewendet, nachdem er die Änderungskündigung jeweils rechtzeitig unter Vorbehalt angenommen hatte. Hinsichtlich des tatsächlichen Einsatzes des Klägers und der wechselhaften rechtlichen Entwicklung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 3, 4 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 191, 192 d. A.) Bezug genommen. Der Kläger hat, soweit für das Berufungsverfahren von Belang, vorgetragen, er sei seit Jahren auf dem selben Arbeitsplatz im Betrieb der Beklagten zu 2) beschäftigt. Jedenfalls seit dem 01.10.2000 bestehe insoweit hinsichtlich seines Einsatzes eine gesetzlich nicht erlaubte Arbeitnehmerüberlassung; dies führe gemäß §§ 9, 10 AÜG dazu, dass er seit dem 01.10.2000 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) bzw. deren Rechtsvorgängerin stehe. Dieses Arbeitsverhältnis habe durch die (Änderungs-)Kündigungen der Beklagten zu 1) nicht beeinflusst werden können. Die von der Beklagten zu 1) erklärten Änderungskündigungen seien sozial nicht gerechtfertigt. Hinsichtlich des weiteren streitigen Vorbringens des Klägers im erstinstanzlichen Rechtszug wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 5, 6 der angefochten Entscheidung (= Bl. 193, 194 d. A.) Bezug genommen. Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) seit dem 01.10.2000 ein unbefristetes, ungekündigtes Vollbeschäftigungsarbeitsverhältnis besteht. 2. festzustellen, dass die von der Beklagten zu 1) mit der Änderungskündigung vom 22.05.2007 geforderte Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers sozial nicht gerechtfertigt ist; 3. festzustellen, dass die von der Beklagten zu 1) mit der Änderungskündigung vom 17.07.2007 geforderte Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers sozial nicht gerechtfertigt ist; Die Beklagte zu 1) und 2) haben beantragt,

die Klage abzuweisen. Die Beklagte zu 2) hat vorgetragen, zwischen ihr und dem Kläger habe zu keinem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis bestanden. Die Beklagte zu 1) hat vorgetragen, die von ihr erklärten ordentlichen Änderungskündigungen seien sozial gerechtfertigt. Hinsichtlich der weiteren Darstellung des streitigen Sachvortrags im erstinstanzlichen Rechtszugs wird hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2) auf Seite 7, 8 der angefochtenen Entscheidung (= B. 195, 196 d. A.) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht Mainz hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 14.11.2007 - 1 Ca 102/07 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 191 - 203 d. A. Bezug genommen. Gegen das ihm am 05.12.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 20.12.2007 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 04.03.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf seinen begründeten Antrag hin durch Beschluss vom 21.12.2007 die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 05.03.2008 einschließlich verlängert worden war. Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, zwischen ihm und der Beklagten zu 2) sei aufgrund unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung gemäß §§ 9, 10 AÜG ein Arbeitsverhältnis begründet worden. Die von der Beklagten zu 1) erklärten Änderungskündigungen seien des Weiteren sozial ungerechtfertigt. Zur weiteren Darstellung der Auffassung des Klägers insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Berufungsbegründungsschrift vom 04.03.2008 (Seite 3 - 17 = Bl. 222 - 236 d. A.) Bezug genommen. Der Kläger hat zunächst beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) seit dem 01.10.2001 ein unbefristetes, ungekündigtes Vollbeschäftigungsarbeitsverhältnis besteht; 2. festzustellen, dass die von der Beklagten zu 1) mit der Änderungskündigung vom 22.05.2007 geforderte Änderung der Arbeitsbedingungen zum 31.10.2007 im Rahmen des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Beklagten zu 1) sozial nicht gerechtfertigt ist; 3. festzustellen, dass die von der Beklagten zu 1) mit der Änderungskündigung vom 17.07.2007 geforderte Änderung der Arbeitsbedingungen zum 30.09.2007 im Rahmen des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Beklagten zu 1) sozial nicht gerechtfertigt ist. Die Beklagten zu 1) und 2) haben beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen. Die Beklagte zu 1) verteidigt die angefochtene Entscheidung, soweit sie betroffen ist, unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die streitgegenständlichen Änderungskündigungen seien sozial gerechtfertigt. Die Beklagte zu 2) verteidigt, soweit sie betroffen ist, gleichfalls die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, ein Arbeitsverhältnis zwischen der Beklagten zu 2) und dem Kläger sei nicht zustande gekommen. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten zu 1) wird auf den Berufungserwiderungsschriftsatz vom 20.03.2008 (Bl. 243, 244 d. A.), hinsichtlich der Beklagten zu 2) auf ihren Berufungserwiderungsschriftsatz vom 01.04.2008 (Bl. 245 - 255 d. A.) Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 28.04.2008 hat der Kläger mit der Beklagten zu 2) einen Teilvergleich mit folgenden Inhalt abgeschlossen: 1. Der Kläger und die Beklagte zu 2) sind sich darüber einig, dass ein möglicherweise zwischen der Beklagten zu 2) und dem Kläger zu Stande gekommenes Arbeitsverhältnis aufgrund einer von der Beklagten zu 2) zu erklärenden ordentlichen Beendigungskündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist am 30.06.2008 sein Ende finden wird. 2. Für diesen Fall verpflichtet sich die Beklagte zu 2) an den Kläger entsprechend der §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 4.000,00 EUR brutto zu zahlen. Der Kläger hat daraufhin hinsichtlich der Beklagten zu 1) seine Berufungsanträge für erledigt erklärt; die Beklagte zu 1) hat der Erledigung widersprochen. Der Kläger trägt insoweit nunmehr vor, aufgrund des Teilvergleichs sei auch hinsichtlich der Beklagten zu 1) das Berufungsverfahren erledigt; hinsichtlich der Beklagten zu 2) sei davon auszugehen, dass nunmehr feststehe, dass sein Arbeitsverhältnis mit ihr zustande gekommen sei. Die erstmals im Berufungsverfahren nunmehr geforderte Auskunft benötige er, um etwaige Entgeltfortzahlungsansprüche beziffern zu können. Der Kläger beantragt zuletzt

1. festzustellen, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) seit dem 01.10.2001 bis zum 30.06.2008 ein Arbeitsverhältnis bestand, dessen Inhalt sich nach den für den Betrieb der Beklagten zu 2) geltenden Vorschriften - auch hinsichtlich der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle - richtete. 2. Die Beklagte zu 2) zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, welche Regelungen in ihrem Betrieb aufgrund von Betriebsvereinbarungen für die Lohnfortzahlung nach Ablauf der Lohnfortzahlung gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz gelten. 3. Den Rechtsstreit bezüglich unserer bisherigen Berufungsanträge zu 2. und 3. für erledigt zu erklären und insoweit der Beklagten zu 1) die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen. Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen nach wie vor,

die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte zu 2) trägt vor, durch den Teilvergleich stehe keineswegs fest, dass zwischen den Parteien tatsächlich ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Ein Anspruch auf Auskunftserteilung bestehe nicht. Die Beklagte zu 1) trägt vor, eine Erledigung des Prozessrechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und ihr sei aufgrund des Teilvergleiches mit der Beklagten zu 2) nicht eingetreten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen. Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 08.09.2008. Entscheidungsgründe:

I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Bedenken bestehen auch gegen die im Berufungsverfahren neu formulierten, geänderten Anträge insoweit zunächst nicht. Hinsichtlich des Antrages zu 1 ist lediglich eine Neuformulierung im Vergleich zur ersten Instanz erfolgt, weil ein möglicherweise zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) bestehendes Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich in Vollzug des Teilvergleiches tatsächlich beendet ist; es handelt sich also lediglich um eine dem Verfahrenslauf entsprechende Anpassung des Klageantrages; diese ist an sich zulässig. Zulässig ist auch im Berufungsverfahren der neu formulierte Antrag zu 2. Mit dem neuen Antrag zu 3 vollzieht der Kläger konsequent in Antragsform die von ihm angenommene Erledigung der Hauptsache hinsichtlich der des Prozessrechtsverhältnisses zwischen ihm und der Beklagten zu 1); auch dagegen bestehen keine Bedenken. II. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch nur teilweise, nämlich hinsichtlich der Beklagten zu 1) Erfolg. Der umformulierte Antrag zu 1 ist zwar als Berufungsantrag zunächst zulässig gewesen, weil der Kläger in dem Zeitgeschehen zuletzt angepasster Antragsform des ursprüngliche erstinstanzliche Begehren hinsichtlich der Beklagten zu 2) weiterverfolgt. Die gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Feststellungsklage sind insoweit jedoch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer nicht (mehr) gegeben. Denn in Vollzug des Teilvergleiches hat die Beklagt zu 2) ein möglicherweise zwischen den Parteien bestehendes Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt; diese Kündigung hat der Kläger angenommen; damit ist ein möglicherweise zwischen den Parteien bestehendes Arbeitsverhältnis definitiv beendet. Damit ist mit Vollzug des Teilvergleichs das Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO, dass wohl zuvor einmal bestanden hatte, entfallen. Etwas anderes könne allenfalls dann gelten, wenn entgegen dem allgemeinen Vorrang der Leistungsklage vor der Feststellungsklage aus dem jedenfalls beendeten Arbeitsverhältnis noch Ansprüche gegeben sein könnten, die einer Bezifferung insgesamt oder jedenfalls derzeit nicht zugänglich sind. Anhaltspunkte dafür bestehen nicht. Nach dem tatsächlichen Vorbringen aller Parteien geht es dem Kläger allenfalls noch um etwaige Entgeltfortzahlungsansprüche. Was deren Bezifferung im Wege einer Leistungsklage entgegen stehen sollte, ist nicht ersichtlich. Von daher kommt eine Feststellungsklage nicht (mehr) in Betracht. Der Antrag ist folglich insoweit unzulässig. Der Antrag zu 2 ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger ist insoweit nicht gehindert, etwaige Entgeltfortzahlungsansprüche beziffert geltend zu machen. Die Beklagte ist in diesem Rahmen gemäß § 138 ZPO zum umfassenden und wahrheitsgemäßen Tatsachenvortrag verpflichtet, also insbesondere auch über die bei ihr praktizierte Berechnung der Entgeltfortzahlung, soweit sie möglicherweise über die Leistungen des EFZG hinaus geht. Im Rahmen einer derartigen Zahlungsklage kann als Vorfrage dann auch ohne weiteres das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt mitgeklärt werden. Eines besonderen, neben dem Zahlungsanspruch zu verfolgenden Auskunftsanspruchs bedarf es folglich nicht. Dagegen ist die Berufung insoweit begründet, als der Kläger hinsichtlich der Beklagten zu 1) die Hauptsache für erledigt erklärt hat. Dem ist die Beklagte zu 1) entgegengetreten, so dass die Erledigung in der Hauptsache insoweit festzustellen war. Denn mit dem Vollzug des Teilvergleichs mit der Beklagten zu 2) und deren ordentlicher, ein etwaiges Arbeitsverhältnisses beendender Kündigung ist, da der Kläger nicht in zwei Arbeitsverhältnissen mit beiden Beklagten gestanden haben kann, die Hauptsache hinsichtlich des Streits über die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigungen erledigt. Folglich war diese Rechtsfolge festzustellen. Nach alledem war der Berufung teilweise stattzugeben, sie im Übrigen dagegen zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 100 ZPO. Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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