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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 19.04.2005
Aktenzeichen: 5 TaBV 16/05
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG


Vorschriften:

BetrVG § 74 Abs. 1 S. 2
BetrVG § 111
ArbGG § 98
ArbGG § 98 Abs. 1
ArbGG § 98 Abs. 2
ArbGG § 111 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 TaBV 16/05

Verkündet am: 19.04.2005

Tenor:

I. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 17.02.2005 - 5 BV 2/05 - wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Das Unternehmen der Arbeitgeberin, die ihren Sitz in A-Stadt hat, wird in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft betrieben. Die Arbeitgeberin führt in A-Stadt den (Klinik-)Betrieb, für den der - aus neun Mitgliedern bestehende - Antragsgegner (= Betriebsrat) gewählt worden ist. Nach näherer Maßgabe des jeweiligen Vorbringens der Beteiligten beabsichtigt die Arbeitgeberin, den Verpflegungsbereich des A-Städter Betriebes auszugliedern ("outzusourcen").

Mit der Antragsschrift vom 03.02.2005, die am 03.02.2005 bei dem Arbeitsgericht eingereicht wurde, begehrt die Arbeitgeberin die Errichtung einer Einigungsstelle. Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den tatbestandlichen Teil des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 17.02.2005 - 5 BV 2/05 - (dort Seite 2 ff. = Bl. 49 ff. d. A.). Das Arbeitsgericht hat

1. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle, die über die Ausgliederung des Küchen- und Verpflegungsbereichs der Arbeitgeberin sowie die sich hieraus ergebenden und/oder erforderlich werdenden Maßnahmen beraten soll, den früheren Präsidenten des LAG WW, XX, bestimmt und

2. die Zahl der Beisitzer pro Seite auf drei festgesetzt.

Gegen den ihm am 28.0.2005 zugestellten Beschluss vom 17.02.2005 - 5 BV 2/05 - hat der Betriebsrat am 11.03.2005 mit dem Schriftsatz vom 11.03.2005 Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 11.03.2005 (Bl. 61 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Betriebsrat macht dort u.a. geltend, dass die Arbeitgeberin bisher ihrer Verpflichtung, den Betriebsrat vollständig und umfassend zu informieren, nicht ausreichend nachgekommen sei. Der Betriebsrat verweist darauf, dass die Arbeitgeberin weder das endgültige Angebot des Caterers VV noch die Bilanz 2004 dem Betriebsrat zur Beurteilung vorgelegt habe. Damit stehe fest, dass noch nicht einmal eine vollständige Unterrichtung des Betriebsrates gem. § 111 BetrVG vorliege. Folglich könnten auch keine abschließenden und ernsthaften Beratungen zwischen den Betriebspartnern über die geplante Betriebsänderung stattfinden, - geschweige denn Verhandlungen über einen Interessenausgleich, wenn der Betriebsrat die letztlich genau geplante Maßnahme gar nicht kenne und damit auch nicht die Folgen und evtl. Nachteile für die Belegschaft endgültig beurteilen könne. Alternativen könnten nur dann aufgezeigt werden, wenn der Betriebsrat die behaupteten Verluste analysieren und die Argumentation der Arbeitgeberin nachvollziehen könne. Der Interessenausgleichsentwurf sei am 21.01.2005 (noch) nicht diskutiert worden, - insbesondere auch deshalb, weil der Betriebsrat mit der Arbeitgeberin das Alternativkonzept des Betriebsrates diskutiert habe. Da noch weitere Verhandlungen vereinbart worden seien, könnten die Verhandlungen nicht gescheitert sein. Das Informationsgespräch des Betriebsrates mit den von der Arbeitgeberin benannten betriebsinternen Sachverständigen, hätte nicht stattgefunden. Nach Ansicht des Betriebsrates widerspricht es dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit und dem Gebot fairen Verhandelns, wenn bei einer ersten Verhandlungsrunde, bei dem der Interessenausgleich einbezogen werden solle, am Ende dieser Verhandlungen, - wenn noch nicht einmal über den Interessenausgleich im Einzelnen gesprochen worden sei -, die Einigungsstelle angerufen werde und dabei der Betriebsrat noch nicht einmal die endgültigen Informationen habe. Dies sei rechtsmissbräuchlich und erzeuge auf den Betriebsrat einen unzulässigen Druck.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz, Auswärtige Kammern Bad Kreuznach, vom 17.02.2005 - 5 BV 2/05 - aufzuheben, - hilfsweise abzuändern und den Antrag der Arbeitgeberin abzuweisen;

hilfsweise:

den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz, Auswärtige Kammern Bad Kreuznach, vom 17.02.2005 - 5 BV 2/05 - in Ziffer 1. abzuändern und den VRLAG UU zum Einigungsstellenvorsitzenden zu bestimmen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde des Betriebsrates zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin verteidigt den Beschluss des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Beschwerdebeantwortung vom 19.03.2005 (Bl. 84 ff. d. A.), auf deren Inhalt zwecks Darstellung aller Einzelheiten verwiesen wird.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen.

II.

1.

Die Beschwerde ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Beschwerde erweist sich als unbegründet.

2.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht gemäß § 98 Abs. 1 ArbGG über die Besetzung der Einigungsstelle entschieden. In Fällen der vorliegenden Art können wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (§ 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG). Eine offensichtliche Unzuständigkeit der vom Arbeitsgericht eingerichteten Einigungsstelle in diesem Sinne liegt nicht vor. Zwar haben nach § 74 Abs. 1 S. 2 BetrVG Arbeitgeber und Betriebsrat über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln und Vorschläge für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen. Auch verpflichtet § 111 Abs. 1 S. 1 ArbGG den Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass die förmliche Aufnahme von Verhandlungen stets Voraussetzung für ein gerichtliches Bestellungsverfahren ist. Für die Einleitung eines gerichtlichen Bestellungsverfahrens nach § 98 Abs. 1 ArbGG genügt es nach Ansicht des LAG Hamm (= Beschluss vom 26.07.2004 - 10 TaBV 64/04 -), dass Betriebsrat und Arbeitgeberin wissen, worum es bei den Verhandlungen gehen soll. Ist der Regelungsgegenstand - wie vorliegend der Fall - hinreichend bekannt, liegt es in der Hand jeder Seite frei zu entscheiden, wann sie die Errichtung einer Einigungsstelle mit gerichtlicher Hilfe für notwendig erachtet. Hält ein Betriebspartner die förmliche Aufnahme von Verhandlungen aufgrund des bisherigen Verhaltens der Gegenseite für aussichtslos und ruft er das Arbeitsgericht zur Einsetzung einer Einigungsstelle nach § 98 ArbGG an, so ist diese nicht deswegen offensichtlich unzuständig, weil der Verhandlungsanspruch nach § 74 Abs. 1 S. 2 BetrVG noch nicht oder noch nicht vollständig erfüllt worden ist. Anderenfalls hätte es eine Seite in der Hand, die Einsetzung einer Einigungsstelle längere Zeit zu blockieren. Die Beschwerdekammer teilt diese im Beschluss des LAG Hamm vom 26.07.2004 - 10 TaBV 64/04 - vertretene Ansicht. Sie teilt weiter die ebenfalls vom LAG Hamm aaO. vertretene Ansicht, wonach etwaige Informationsdefizite des Betriebsrates auch noch im laufenden Einigungsstellenverfahren ausgeglichen werden können. Vorrangig ist es, die Einigungsstelle alsbald beginnen zu lassen und das Einigungsstellenverfahren zügig durchzuführen. Die fehlende Unterrichtung des Betriebspartners kann die Einleitung des Bestellungsverfahrens nach § 98 ArbGG nur dann hindern, wenn der Regelungsgegenstand entweder dem Betriebsrat oder der Arbeitgeberin noch nicht bekannt ist. Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Dem Betriebsrat war der Regelungsgegenstand "Outsourcen des Verpflegungsbereiches" bereits im Herbst 2004 bekannt. Dies ergibt sich beispielsweise aus dem Schreiben des Betriebsrates vom 28.10.2004 (Bl. 11 f. d. A.) sowie aus den Sitzungsniederschriften/Protokollen vom 20.10./22.10.2004 und vom 03.11./09.11.2004 (Bl. 15 f., 18 f. d. A.). Überdies ergibt sich bereits aus der eigene Einlassung des Betriebsrates, dass mit der Arbeitgeberin ein Alternativkonzept des Betriebsrates diskutiert worden ist.

Zur weiteren Begründung des vorliegenden Beschlusses wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen, die sich das Beschwerdegericht zu Eigen macht. Die Beschwerdebegründung des Betriebsrates rechtfertigt eine von der Beurteilung des Arbeitsgerichts abweichende rechtliche Bewertung nicht. Dies gilt auch soweit es um die Person des Einigungsstellenvorsitzenden und um die Zahl der Beisitzer pro Seite geht. Hinsichtlich des Einigungsstellenvorsitzenden ist zu beachten, dass dieser über eine deutlich längere berufliche Erfahrung verfügt, als der Richter, den der Betriebsrat in seinem Hilfsantrag nennt.

3.

Hiernach musste die Beschwerde mit Haupt- und Hilfsantrag zurückgewiesen werden.

Die Rechtsbeschwerde durfte nicht zugelassen werden, da in dem hier gegebenen Fall des § 98 Abs. 1 und 2 ArbGG die Rechtsbeschwerde nicht stattfindet. Dieser Beschluss ist deswegen unanfechtbar (§ 98 Abs. 2 S. 4 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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