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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 25.09.2003
Aktenzeichen: 6 Sa 190/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 400
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 190/03

Verkündet am: 25.09.2003

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 04.12.2002 - AZ: 8 Ca 2292/02 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin hat gegen den Streitverkündeten, welcher bei der Beklagten seit 01. Dezember 2001 beschäftigt ist, einen Titel über insgesamt 3.733, EUR welcher aus einer Verbindlichkeit des Betriebes herrührt, die der Streitverkündete als Selbständiger einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, die Einkünfte des Streitverkündeten bei der Beklagten betreffend, ist am 08.04.2002 zugestellt worden, woraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 07.05.2002 mitteilte, dass man die Forderung anerkenne, man jedoch nicht in der Lage sei, die Summe zu bezahlen, da Herr H noch sehr viele andere Verpflichtungen habe. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt des Schreibens (Bl. 12 d. A.) verwiesen.

Mit der Klage vom 31.07.2002, der Beklagten am 06.08.2002 zugestellt, fordert die Klägerin die volle Summe und trägt im Wesentlichen vor, dass der Streitverkündete vollschichtig tätig sei, also ganztags arbeite, wofür ihm ein Stundenlohn von mindestens 20, EUR gezahlt werden müsste, weswegen vom einem Nettoeinkommen von 2.000, EUR pro Monat auszugehen sei, wovon 749, EUR pfändbar seien.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilten, an die Klägerin 3.700,33 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 10 % aus 2.498,34 EUR sowie Zinsen in Höhe von 7,57 % aus weiteren 306,78 EUR jeweils seit dem 30.07.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Streitverkündete keine vollschichtige Tätigkeit für sie ausführe, sondern allenfalls 2-3 Stunden pro Tag.

Der Streitverkündete hat im Gütetermin zu Protokoll erklärt, dass er als Berater für die Beklagte tätig sei und dabei manchmal gar nicht, manchmal 2 oder 3 Stunden pro Tag arbeite. Im Übrigen sei er Rentner und lebe eigentlich vom Sozialamt, obwohl er dort nicht angemeldet sei. Die Frage, von welcher Rente er lebe, hat der Streitverkündete nicht beantwortet.

Die Beklagte hat zudem eine Abtretungserklärung vom 30.11.2001 vorgelegt, wonach der Streitverkündete sein Nettogehalt an die Beklagte zur Begleichung seiner Schulden abtritt, wobei wegen des genauen Wortlautes auf die zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 109 d. A.) Bezug genommen wird.

Das Arbeitsgericht hat der Klage im vollen Umfange entsprochen und dies im Urteil vom 04.12.2002 im Wesentlichen damit begründet, dass von einem höheren Einkommen des Streitverkündeten auszugehen sei, als die errechneten 749, EUR netto pro Monat. Die Behauptung der Klägerin, dass der Streitverkündete ganztägig für die Beklagte tätig sei, habe die Beklagte nur unsubstantiiert bestritten und außerdem sei der Vortrag derart unglaubwürdig, dass sie damit nicht habe gehört werden könne.

Da zudem der Streitverkündete keine anderen Leistungen erhalte, da weder eine Rente noch Sozialleistungen hätten näher angegeben werden können, müsse davon ausgegangen werden, dass er seinen Lebensunterhalt durch die Arbeit bei der Beklagten im vollen Umfange bestreite. Die Beklagte führe die Geschäfte des Streitverkündeten in einer neu gegründeten Gesellschaft fort, wobei nicht erkennbar geworden sei, dass sich die Tätigkeit des Streitverkündeten vom Umfang her geändert haben sollte, zumal die Beklagte auch keinen Meister eingestellt habe. Der Streitverkündete sei zur Steuerung und Arbeitseinsatzplanung der Monteure erforderlich, welches nicht mit den behaupteten 2 oder 3 oder gar keine Arbeitsstunden zu erledigen sei. Wenn man allerdings die Angaben des Streitverkündeten ernst nehme, so erhielte er für den unpfändbaren Nettobetrag einen Stundenlohn von 34, EUR brutto, da der behauptete Arbeitsumfang 36 Stunden pro Monat ausmachen würde, wofür ihm 1.230, EUR brutto abgerechnet würden.

Darauf angesprochen habe der Streitverkündete ausgeführt, dass er oft nach Einteilung der Monteure von 7.00 Uhr bis 10.00 Uhr noch mit anderen Arbeiten beschäftigt werde, wodurch er den zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit anders darstellte, als es sein Arbeitgeber, die Geschäftsführerin der Beklagten getan hat.

Das Arbeitsgericht hat sodann 160 Arbeitsstunden pro Monat zugrunde gelegt, woraus sich ein monatlich pfändbarer Betrag von 749, EUR ergeben hat, womit es seit Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bis zum Zeitpunkt der Entscheidung die geforderte Summe hätte einbehalten werden können.

Dies ergebe sich nicht zuletzt aus der Abtretungserklärung vom 30.11.2001, wonach der Streitverkündete sein Nettogehalt in vollem Umfange an die Beklagte zur Begleichung von Schulden abgetreten habe.

Aus der vorgelegten Liste habe sich zudem ergeben, dass der Pfändungsbeschluss der Klägerin der älteste und damit vorrangig zu bedienende sei, so dass der Klage habe stattgegeben werden müssen.

Nach Zustellung des Urteils am 17.01.2003 ist Berufung am 11.02.2003 eingelegt worden, welche sodann am 07.03.2003 begründet wurde.

Die Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit an, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass dem Streitverkündeten ein höherer Betrag als die im Arbeitsvertrag vereinbarten DM 2.500, brutto zustünde. Der Streitverkündete habe den Vortrag der Klägerseite, welche darlegungs- und beweisbelastet sei, nicht bestätigt, da er angegeben habe, dass er täglich lediglich 2-3 Stunden für die Beklagte arbeite. Hieraus könne kein Fall des verschleierten Arbeitseinkommens abgeleitet werden.

Die Beklagte habe die Behauptung der Klägerseite ordnungsgemäß bestritten, so dass das Arbeitsgericht hätte in die Beweisaufnahme eintreten müssen, weil Anhaltspunkte für die Unglaubwürdigkeit der Behauptung der Beklagten Geschäftsführerin nicht erkennbar seien.

Auch die Abtretungserklärung lasse keinen anderen Schluss zu, weil weder der Streitverkündete noch die Geschäftsführerin der Beklagten rechtskundig seien und man nicht gewusst habe, dass der pfändungsfreie Betrag nicht abtretbar sei. Zumindest könne nicht daraus geschlossen werden, dass noch andere Einkünfte dem Streitverkündeten von der Beklagten geleistet worden seien.

Mit dem Nettoeinkommen von 924,49 EUR könne der Streitverkündete seinen Lebensunterhalt bestreiten.

Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht einen Stundenlohn von 34, EUR brutto für den Streitverkündeten errechnet, weil der Streitverkündete eben nicht voll für die Beklagte tätig sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 04.12.2002 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - AZ: 8 Ca 2292/02 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit, dass das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass der Streitverkündete für seine Arbeitsleistung unterbezahlt abgerechnet werde. Dafür spreche der Wortlaut des Arbeitsvertrages, wo von einem Grundgehalt die Rede sei, was einschließe, dass noch andere Leistungen fließen wie Provision u. ä. Der Arbeitsvertrag der für eine vollschichtige Tätigkeit spreche, sei später auch nicht abgeändert worden, obwohl die Geschäftsführerin der Beklagten behauptet, der Streitverkündete sei nur noch stundenweise tätig, erhalte aber weiterhin das bisherige Gehalt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst deren Anlagen, die im Berufungsverfahren zur Akte gereicht wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird zudem auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 41-43 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten führt deshalb nicht zur Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils, weil das Arbeitsgericht der Klage zu Recht entsprochen hat.

Für die Richtigkeit der arbeitsgerichtlichen Entscheidung spricht zum Einen, dass der Arbeitsvertrag, den die Geschäftsführerin der Beklagten mit dem Streitverkündeten am 30.11.2001 schriftlich abgeschlossen hat von einem Grundgehalt ausspricht, welcher bei Geschäftsfragen erfahrenen Personen Anlass zur Annahme gibt, dass zum Grundgehalt noch weitere Leistungen treten und damit nicht die endgültige Vergütungshöhe dokumentiert ist. Ferner spricht gegen die Richtigkeit der Beklagtendarstellung, dass dieses Grundgehalt auch dann noch bezahlt werden sollte, als der Streitverkündete nur noch stundenweise, so die Beklagtenseite, beschäftigt sein soll, was in der Drittschuldnererklärung vom 07.05.2002 zum Ausdruck kommt. Aus dieser Handhabung entnimmt die Berufungskammer, dass die schriftlichen Vereinbarungen lediglich zu dem Zwecke gefertigt wurden, um die Gläubiger des Streitverkündeten von Zwangsmaßnahmen oder sonstigen Aktionen fern zu halten und der Beklagten als der Arbeitgeberin des Streitverkündeten und Schuldners freie Hand zu lassen, bei der Tilgung der Verbindlichkeiten, was in der Abtretung vom 30.11.2001 als auch in dem wichtigen Hinweis in der Drittschuldnererklärung vom 07.05.2002 zum Ausdruck kommt.

Die Berufungskammer braucht nicht abschließend zu der Begründung des arbeitsgerichtlichen Urteils Stellung zu beziehen, insbesondere auch nicht zu der Frage, ob die Vergütung, die dem Streitverkündeten von der Beklagten geschuldet wird, richtig ermittelt worden ist, weil nämlich die Berufungskammer aus der Vereinbarung vom 30.11.2001 entnimmt, dass der Streitverkündete der Geschäftsführerin der Beklagten sein ausgezahltes Nettogehalt wieder zur Verfügung gestellt hat, damit diese seine Schulden in monatlichen Raten abzahlen kann. Es liegt insoweit kein Verstoß nach § 400 BGB vor, der zwingend vorschreibt, dass eine nicht pfändbare Forderung auch nicht abgetreten werden kann, wobei auch die Vereinbarung über die Verwaltung von unpfändbarem Einkommen diesem gesetzlichen Verbot unterworfen sein soll. Die Berufungskammer sieht in der Erklärung, die der Streitverkündete am 30.11.2001 abgegeben hat aber auch keine Abtretungserklärung in diesem Sinne, sondern lediglich die Ermächtigung der Beklagten, die Reihenfolge der Leistungen an die Gläubiger des Schuldners und Streitverkündeten mit den von ihm wieder überlassenen Gelder zu bestimmen. Die Berufungskammer sieht auch den Regelungsbereich des § 400 BGB deshalb nicht tangiert, weil der Streitverkündete damit zu erkennen gibt, dass ihm die Lebensgrundlage in finanzieller Hinsicht nicht entzogen ist, wenn er sein Gehalt wieder zur Begleichung seiner Schulden verwendet. Denn Sinn und Zweck des § 400 BGB ist es, dass der Schuldner und Inhaber der unpfändbaren Forderung durch Verfügung über diese Forderung nicht auf öffentliche Kassen angewiesen sein soll. Wenn allerdings das Geld bereits an den Schuldner und Streitverkündeten ausgezahlt ist, ist seine Lohnforderung erfüllt, weswegen eine Forderungsabtretung im Sinne des § 400 BGB nicht mehr in Betracht kommt, sondern lediglich die Verteilung der an ihn in Erfüllung des Arbeitsvertrages gezahlten Gehälter, wobei der Schuldner frei ist, hiermit auch eine Schuldentilgung vorzunehmen. Damit steht aber fest, dass die Beklagte Mittel zur Verfügung hatte, um die hier interessierende Schuld des Streitverkündeten bei der Klägerin zu tilgen, da sie nicht behauptet hat, mit den ihr wieder überlassenen Geldern andere Forderungen bedient zu haben. Schon aus dem Vorgenannten ergibt sich, dass das Arbeitsgericht der Klage zu Recht entsprochen hat, weswegen die Berufung als nicht begründet mit der Kostenfolge der §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 ZPO zurückzuweisen ist.

Veranlassung, die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen, besteht deshalb nicht, weil erkennbar die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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