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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 25.09.2003
Aktenzeichen: 6 Sa 518/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, KSchG, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 91
BGB § 625
KSchG § 1 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 72 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 518/03

Verkündet am: 25.09.2003

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 19.02.2003 - AZ: 4 Ca 832/02 - wie folgt abgeändert:

Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, welcher seit Januar 2000 als Busfahrer bei der Beklagten beschäftigt ist, hat sich mit seiner Klage vom 19.07.2002 gegen eine Kündigung der Beklagten vom 28.06.2002, wonach das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2002 enden soll, gewendet.

Der Kläger hat die Klage im Wesentlichen damit begründet, dass die behaupteten Verstöße nicht begangen worden seien und er außerdem nicht abgemahnt worden sei.

Das Kündigungsschutzgesetz finde Anwendung, so dass die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt sei.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 28.06.2002 mit dem 31.07.2002 geendet habe.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Kündigung im Wesentlichen mit verhaltensbedingten Gründen begründet, die sich im Zeitraum vom 12.01.2000 bis 06.03.2002 zugetragen und jeweils mit der Fahrweise des Klägers in Zusammenhang gestanden hätten.

Der Kläger sei am 12.01. und 18.09.2000, 29.01.2000 und 19.11.2001 jeweils zu früh von der Haltestelle abgefahren, so dass Fahrgäste den Bus verpasst hätten. Am 17.07.2002 habe er eine Haltestelle überfahren, obwohl ein Fahrgast habe aussteigen wollen und sei zudem ausfallend zum Kunden gewesen.

Am 26.01.01 habe er eine Haltestelle, an der Fahrgäste gestanden hätten, überfahren, sei am 19.07. und 27.12. nicht zur Fahrt erschienen und habe am 06.03.2002, dem auslösenden Ereignis für die Kündigung, mehrere Haltestellen nicht angefahren, einen haltenden Pkw überholt und ist an einer Verkehrsinsel links vorbeigefahren. Dabei habe er eine Frau mit einem Kleinkind gefährdet, die vor dem haltenden Pkw über die Straße habe gehen wollen.

Dem Kläger sei auch mehrfach von Seiten des Auftraggebers mitgeteilt worden, dass sie das Verhalten des Klägers nicht länger hinnehmen werden und bei Nichtänderung habe man die Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Verkehrsträger und der Beklagten in Aussicht gestellt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Beklagte zwar mündliche Abmahnungen behauptet, diese jedoch nicht substantiiert dargelegt habe. Bei mündlichen Abmahnungen müsse die Hinweis- und Warnfunktion beachtet werden und die Abmahnung deutlich dargelegt werden, was nicht erfolgt sei.

Nach Zustellung des Urteils am 02.04.2003 hat die Beklagte Berufung mit gleichzeitiger Begründung am 22.04.2003 eingelegt.

Die Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit an, dass die einzelnen Pflichtverstöße präzise dargelegt seien, was auch durch die Berichte der RSW dokumentiert werde. Der Sachverhalt der Pflichtverstöße sei dem Kläger jeweils konkret und präzise mündlich übermittelt worden und es sei deutlich gemacht worden, dass sein Verhalten nicht vertragsgemäß sei. Man habe ihm außerdem arbeitsrechtliche Maßnahmen, insbesondere eine Kündigung angedroht, was durch die Vernehmung der Zeugen Z und Y bewiesen werden könne. Eine Schriftformerfordernis für die Abmahnung bestehe nicht, so dass es ausreichend sei zu behaupten, dass der Kläger unter Hinweis auf seine Verstöße abgemahnt worden sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 19.02.2003 - AZ: 4 Ca 832/02 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung im Wesentlichen damit, dass das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass die Beklagte ihre Behauptung, den Kläger mündlich abgemahnt zu haben, nicht präzise dargelegt und unter Beweis gestellt habe.

Diese Behauptung sei nicht zutreffend und außerdem seien die behaupteten Pflichtverstöße nicht vom Kläger begangen worden.

Außerdem werde der Kläger über den 31.07.2002 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt, so dass, da kein Vorbehalt gemacht worden sei, die vorliegende Kündigung ihre Wirksamkeit verloren habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen ebenso wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Das Landesarbeitsgericht hat Beweis durch Einvernahme des Zeugen Z erhoben, wobei wegen dessen Bekundung auf die Sitzungsniederschrift vom 25.09.2003 verwiesen wird.

Entscheidungsgründe:

Auf die zulässige Berufung der Beklagten hin ist das Urteil des Arbeitsgerichtes Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 19.02.2003 - deshalb abzuändern, weil die Kündigung, welche die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 28.06.02002 erklärt hat, wirksam ist.

Die Beklagte hat Kündigungsgründe i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG zur Seite, weil das Verhalten des Klägers sie zum Ausspruch der Kündigung berechtigt.

Der Kläger hat bei seinen Fahrten im Linienverkehr eine Reihe von Verstößen begangen, die in ihrer Häufigkeit und auch vom Sachverhalt her als arbeitsvertragliche Verfehlung einzustufen sind, die die erklärte ordentliche Kündigung rechtfertigen.

Der Zeuge Z hat ausgesagt, dass über die Fahrweise und das Benehmen des Klägers bei ihm Faxschreiben als auch telefonische Beschwerden eingegangen sind, die zum Teil massiven Inhalt gehabt hätten. Der Zeuge hat auch bestätigt, dass er den Kläger auf die Vorfälle angesprochen hat, wobei er davon ausgeht, dass er ihn wegen aller Vorfälle, angesprochen hat. Er hat den Umstand, dass er sich nicht mehr an die Einzelnen Vorgänge datenmäßig erinnern kann damit begründet, dass es allzu viele Vorfälle gewesen seien, die im Zusammenhang mit der Dienstverrichtung des Klägers gestanden hätten. Der Zeuge Z ist abmahnberechtigt, dies hat er so gesagt, und hat dem Kläger in dieser Funktion auch mitgeteilt, dass das so nicht ginge und er beim nächsten mal rausgeschmissen werde. Diese Äußerung hat er mehrmals gegenüber dem Kläger getan und ihm auch erklärt, dass er ihn, gemeint ist der Kläger, nicht weiter fahren lassen würde, wenn er, der Zeuge, der Chef sei. Damit sind aber auch nach fester Überzeugung der Kammer auf die vorgeworfenen Verhaltensweisen erwiesen. Der Zeuge hat nämlich bekundet dass dieses Anlass für die Gespräche gewesen sind.

Der Kläger ist bei jedem Vorfall auch bei der RSW vorstellig geworden, wo er seine Stellungnahme abgegeben hat und wo ein Vermerk in das jeweilige Formular eingesetzt worden ist.

Dieses Vorgehen erfüllt die Warn- und Hinweisfunktion, die eine Abmahnung im arbeitsrechtlichen Sinne zu erfüllen hat. Mit dieser Maßnahme soll dem Arbeitnehmer vor Augen geführt werden, dass sein an den Tag gelegtes Verhalten nicht akzeptiert wird und er bei beibehalten der bisherigen Verrichtung mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen also auch mit einer Kündigung zu rechnen hat. Dies ist der Aussage des Zeugen zu entnehmen, der dem Kläger gegenüber kollegial gewesen ist, aber doch ernsthaft auf die Fehlleistungen hingewiesen und auch entsprechende Maßnahmen in Aussicht gestellt hat. Damit ist für die Berufungskammer erwiesen, dass eine Reihe von Abmahnungen erteilt worden sind, ohne dass sich das Verhalten des Klägers geändert hat. Nach diesen Abmahnungen ist sodann der Vorfall vom 06.03.2002 zu registrieren, bei dem der Kläger an einem parkenden Pkw links an einer Verkehrsinsel vorbeigefahren ist und dabei eine Frau mit einem Kind, die vor dem haltenden Pkw die Straße überqueren wollte, gefährdete. Dieser Vorfall, der von Dritten gemeldet wurde, belegt, dass der Kläger sich die Abmahnungen nicht zu Herzen genommen hat und seine Fahrweise entsprechend eingerichtet hat. Die Kammer geht von der Richtigkeit des letzt gemachten Vorwurfes deshalb aus, weil der Zeuge Z einen ähnlichen Vorfall aus dem Jahr 2001 schilderte, wo der Kläger auf der Linksabbiegerspur geradeaus an bei roter Ampel wartenden Fahrzeugen vorbei gefahren ist, weil er eine Verspätung gehabt hat. Diese Fahrweise passt zu dem Gesamtbild des Klägers, das sich der Kammer aufdrängte, der offensichtlich für den Schulbus- und Linienverkehr nicht die erforderliche Sorgfalt und Geduld mit bringt und dazu neigt, wenn er eine Verspätung hat, sich leichtfertig über Verkehrsregeln hinwegzusetzen.

Der Umstand, dass der Kläger über das Kündigungsfristende hinaus weiter beschäftigt wird spielt für den vorliegenden Prozess deshalb keine Rolle, kann also die Wirksamkeit der hier zu behandelnden Kündigung nicht tangieren, weil zwischen der beabsichtigten Beendigung dem 31.07.2002 und dem Wiedereinsatz des Klägers ab 04.08.2002 3 Tage liegen, also eine nahtlose Weiterbeschäftigung nicht stattgefunden hat, so dass die Wirkung des § 625 BGB nicht eingreift. Darüber hinaus hat die Beklagte durch den Antrag, die Kündigungsschutzklage abzuweisen, unverzüglich widersprochen und damit zu erkennen gegeben, dass sie nicht davon ausgeht, dass das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit weiter verlängert sein soll.

Nach dem Vorstehenden ist das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, weswegen dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sind, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 91 ZPO.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht ist deshalb nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Vorgaben des § 72 Abs. 2 ArbGG erkennbar nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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