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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 17.03.2005
Aktenzeichen: 6 Sa 947/04
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 626 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 947/04

Entscheidung vom 17.03.2005

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Z.d - vom 13.07.2005 - AZ: 5 Ca 53/04 - wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 14.01.2004 nicht aufgelöst worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.

3. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers, welcher auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 08.05.1992 (Bl. 103 bis 105 d. A.) als Gleiswerker beschäftigt ist, von der Beklagten wirksam durch die Kündigung vom 06.01.2004 bzw. 14.01.2004 beendet wurde.

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 04.11.2003 (Bl. 127 bis 128 d. A.) dem Kläger mitgeteilt hatte, dass aus innerbetrieblichen Gründen die in A-Stadt angesiedelte Kolonne aufgelöst werde, was zu einem Überhang von Arbeitsplätzen und Kündigungen führen werde und man den Kläger darin bat, bis 21.11.2003 ausdrücklich zu erklären, ob er bereit sei, für das Unternehmen künftig ab Z.d tätig zu werden, hat der Kläger mit Schreiben vom 13.11.2003 (Bl. 99 d. A.) seine Bereitschaft ab Z.d tätig zu werden, erklärt.

Der Prozessvertreter des Klägers hat mit Schreiben vom 19.11.2003 erklären lassen, dass er das Angebot vom 04.11.2003 annehme und die Bereitschaft dokumentiert, zukünftig auch in N tätig zu werden, woraufhin mit Schreiben vom 08.12.2003 die Beklagtenvertretung klarstellte, dass die Beschäftigung ab Z.d eine Übergangslösung sei und N als Betriebsort für sämtliche Mitarbeiter ab 01.01.2004 zu begreifen und eine Tätigkeit nicht in, sondern ab Z.d angeboten sei.

Mit Schreiben vom 23.12.2003 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers der Beklagtenvertretung mitgeteilt, dass angesichts der Tatsache, dass das Angebot für Z.d nur eine Übergangslösung sei und aufgrund der Kündigung von Herrn Y. das Firmenfahrzeug nicht mehr zur Verfügung stehe, der Kläger das Angebot nicht mehr annehme.

Mit Schreiben vom 06.01.2004 (Bl. 49 d. A.) ist dem Kläger eine Abmahnung erteilt worden, weil er sich nicht am 05.01.2004 um 06:30 Uhr in Z.d zur Aufnahme der Tätigkeit gemeldet habe, woraufhin mit Schreiben vom 06.01.2004 (Bl. 6 d. A.) das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.05.2004 aus betrieblichen Gründen gekündigt wurde und sodann mit Schreiben vom 14.01.2004 die Beklagte eine außerordentliche Kündigung (Bl. 17 d. A.) erklärt hat.

Der Kläger hat seine Klage vom 08.01.2004 und die Klageerweiterung vom 20.01.2004 im Wesentlichen damit begründet,

dass ein Grund weder für eine ordentliche noch für eine außerordentliche Kündigung gegeben sei, weil die dringend betrieblichen Gründe fehlten und die Sozialauswahl nicht nachvollzogen werden könne.

Für die außerordentliche Kündigung fehle es an einem wichtigen Grund, weil der Kläger die Arbeitsstelle in Z.d nicht habe aufsuchen können, da das Firmenfahrzeug am 19.12.2003 entzogen worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 06.01.2004 nicht beendet wird,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht,

3. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. und/oder zu 2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Gleiswerker weiterzubeschäftigen,

4. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die ausgesprochenen außerordentlichen Kündigungen noch durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 14.01.2004 beendet wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Kündigung im Wesentlichen damit begründet, dass die betriebsbedingte Kündigung deshalb begründet sei, weil sie wegen erheblichen Arbeitsvolumenrückgangs die R Kolonne nicht habe weiterführen wollen und sie zum 31.12.2003 aufgelöst habe. Auf einen Mangel in der getroffenen Sozialauswahl könne sich der Kläger deshalb nicht berufen, weil er nicht bereit gewesen sei, eine Arbeitsstelle ab Z.d anzutreten.

Der Kläger sei entsprechend dem ausgeübten Direktionsrecht verpflichtet gewesen, ab 05.01.2004 ab Z.d seine Arbeitstätigkeit aufzunehmen, was er nicht getan habe, weswegen ihm mit Schreiben vom 06.01.2004 eine Abmahnung erteilt und wegen des Nichtantritts der Arbeit die außerordentliche Kündigung vom 14.01.2004 erklärt worden sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Beklagte bei der Zuweisung des Arbeitsplatzes ab 01.01.2004 ab Z.d ihr Direktionsrecht richtigerweise ausgeübt habe, so dass der Kläger habe die Arbeit antreten müssen, zumal die Anreise zum Arbeitsplatz Sache des Arbeitnehmers sei.

Der Kläger habe eine beharrliche Arbeitsverweigerung begangen, weil er ab 05.01.2004 um 06:30 Uhr nicht in Z.d zur Arbeitseinteilung erschienen sei, weswegen die fristlose Kündigung vom 14.01.2004 das Arbeitsverhältnis beendet habe.

Nach Zustellung des Urteils am 09.11.2004 ist Berufung am 24.11.2004 eingelegt worden, welche innerhalb verlängerter Frist am 09.02.2005 im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die Beklagte bei der Festlegung des Einsatzortes des Klägers ab Z.d über ihr Direktionsrecht hinausgegangen sei, weil die geplante Versetzung für den Kläger erhebliche Nachteile mit sich gebracht hätte, da er erstmals auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sei, die zudem noch zu einem großen Zeitaufwand geführt hätten, um die Strecke von A-Stadt nach Z.d, von den Fahrtkosten abgesehen, mit sich gebracht hätten.

Die Zuweisung des neuen Arbeitsplatzes wäre nur bei zur Verfügung stellen eines Firmenfahrzeuges zu rechtfertigen, wobei die Beklagte das Fahrzeug am letzten Arbeitstag des Jahres 2003 ohne bis zu diesem Zeitpunkt eine dahingehende Andeutung gemacht zu haben, weggenommen hätte.

Aus diesem Grunde habe man mit Schreiben vom 08.01.2004 eine Tätigkeit ab Z.d abgelehnt. Zudem habe man bereits mit Schreiben vom 23.12.2003 erklärt, dass der Kläger ab 01.01.2004 ab Z.d nicht aufnehmen könne.

Die betriebsbedingte Kündigung vom 06.01.2004 sei deshalb nicht wirksam, weil die Beklagte eine Beschäftigung ab Z.d angeboten habe, welche der Kläger auch zunächst akzeptiert hätte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Z.d - vom 13.07.2004 - 5 Ca 53/04 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen der Beklagten vom 06.01.2004 und vom 14.01.2004 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit, dass die ordentliche betriebsbedingte Kündigung, die auf der Schließung der Kolonne in A-Stadt beruht, eine nicht nachprüfbare unternehmerische Entscheidung sei, die auch einen betriebsbedingten Grund wegen der Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers ab Z.d darstelle.

Der Kläger habe seine Bereitschaft, ab Z.d tätig zu werden, mit dem Schreiben vom 19.11.2003 eingeschränkt, weil er bereit sei, künftig auch in Z.d tätig zu werden, was angesichts der Tätigkeit des Klägers nicht möglich gewesen sei, woraufhin mit Schreiben vom 08.12.2003 die Klarstellung erfolgt sei, worauf bis zum 23.12.2003 keine Stellungnahme eingegangen sei.

Der Kläger hätte bereits im November die Antwort geben müssen, dass er für die Tätigkeit ab Z.d nicht zur Verfügung stehe, woraufhin eine fristgemäße Kündigung zum 31.03.2004 möglich gewesen wäre, was sich der Kläger zurechnen lassen müsse.

Die Beklagte habe zudem das ihr zustehende Direktionsrecht richtig ausgeübt, als sie dem Kläger Beschäftigung ab Z.d zugewiesen habe.

Der Kläger habe seine Tätigkeit ab 05.01.2004 nicht mehr angetreten, weswegen die ausgesprochene Abmahnung und auch die außerordentliche Kündigung vom 14.01.2004 zu Recht erfolgt seien.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils sowie auf die im Berufungsverfahren zur Akte gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist insoweit begründet, als die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.01.2004 keine Wirksamkeit entfaltet.

Auf die Berufung des Klägers ist das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz insoweit abzuändern, weil der Beklagten kein wichtiger Grund zur Seite steht, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit der Kündigung im Schreiben vom 14.01.2004 außerordentlich und fristlos aufzukündigen, dass das Vertragsverhältnis mit dem 31.05.2004 endet.

Anerkanntermaßen ist eine beharrliche Arbeitsverweigerung als Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB anerkannt und kann eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen, zumal dann, wenn eine einschlägige Abmahnung kurz vorher erteilt wurde.

Die Kammer geht trotz der Tatsache, dass dem Kläger unter dem 06.01.2004 eine Abmahnung erteilt wurde, weil er am 05.01.2004 um 06:30 Uhr nicht in Z.d an der Betriebsstätte der Beklagten erschienen ist und er auch danach nicht zur Arbeit erschienen ist, davon aus, dass ihm keine beharrliche Arbeitsverweigerung vorgehalten werden kann. Die Beklagte hat nämlich in ihrem Schreiben vom 04.11.2003 erklärt, dass dann, wenn keine oder eine abschlägige Antwort des betreffenden Arbeitnehmers, die Beschäftigung ab 01.01.2004 ab Z.d betreffend bei ihr bis zum 21.11.2003 vorliegen sollte, sie sich gezwungen sehe, aus betrieblichen Gründen das Arbeitsverhältnis zu beenden. Zwar hat der Kläger mit Schreiben vom 13.11.2003 erklärt, dass er in Bezugnahme auf das Schreiben der Beklagten vom 04.11.2003 bereit sei, auch künftig ab Z.d tätig zu werden, so dass die Frage nicht auftaucht, in wie weit eine Direktionsbefugnis nicht oder überschritten wurde, weil es sich hier um eine einvernehmliche Abänderung bzw. Festlegung des Einsatzortes handelte, von dem aus der Kläger auf die Baustellen fahren sollte. Dass der Einsatz auch ab Z.d erfolgen sollte, ist dem Vorbringen des Klägers zu entnehmen, der ausführt, dass schon seit geraumer Zeit die Einsatzplanung in Z.d für die R Kolonne durchgeführt worden ist, so dass mit dem Schreiben der Beklagten vom 04.11.2003 eine weitergehende Veränderung der Arbeitsbedingungen einhergehen sollte.

Da der Kläger also innerhalb der gesetzten Frist mit den Vorstellungen der Beklagten einverstanden war, taucht die Frage, in wie weit hier die Grenzen der Direktionsbefugnis durch die Beklagte eingehalten sind, nicht auf.

Von diesem erklärten Einverständnis ist der Kläger zu Recht mit seinem Schreiben vom 23.12.2003 abgerückt, da sich die tatsächlichen Verhältnisse grundlegend durch das Zutun der Beklagten geändert haben. Unbestritten hat der Kläger vorgebracht, dass das Firmenfahrzeug der R Kolonne am 19.12.2003 endgültig entzogen worden sei und ihn vor eine völlig neue Situation deshalb stellte, weil er nun, mangels einer Fahrerlaubnis, nicht wusste, wie er zu der Beklagten nach Z.d kommen konnte.

Da in den bisherigen Schreiben der Beklagten von dem Transport und dessen Änderung keine Rede gewesen ist, durfte der Kläger durchaus davon ausgehen, dass nicht nur der Transport ab Z.d, sondern auch eine Regelung getroffen wird, wie er von A-Stadt nach Z.d bzw. die Baustellen kommen kann, zumal der einschlägige Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe einschlägige Regeln vorsieht, die jedoch von der Beklagten mit keinem Wort erwähnt worden sind.

Der Kläger durfte angesichts dieser tatsächlicher Vorgänge von seinem Angebot, künftig ab Z.d eingesetzt werden zu können, abrücken, was die Beklagte berechtigte, eine betriebsbedingte Kündigung zu erklären, wie sie es in ihrem Schreiben vom 04.11.2003 für den Fall der Ablehnung oder der Nichtbeantwortung der Anfrage in Aussicht gestellt hat.

Da für den Kläger angesichts seiner rechtzeitigen Absage, keine Arbeitspflicht ab Z.d ab 05.01.2004 begründet hat, kann er auch gegen diese nicht verstoßen haben, so dass der Vorwurf der Arbeitsverweigerung nicht gegeben ist, weswegen die außerordentliche Kündigung vom 14.01.2004 unwirksam ist.

Die ordentliche Kündigung vom 06.01.2004 ist hingegen wirksam, weil die Beklagte unbestritten die R Kolonne aufgelöst hat, in der der Kläger beschäftigt war und dies einen dringenden betrieblichen Grund i. S. d § 1 Abs. 2 KSchG darstellt.

Der Einwand des Klägers, die Beklagte habe ihm doch eine Beschäftigung in Z.d im Schreiben vom 04.11.2003 in Aussicht gestellt, verfängt angesichts der Tatsache, dass der Kläger am 23.12.2003 eine Tätigkeit in Z.d endgültig abgelehnt hat, nicht. Eine Vorverlagerung des Vertragsendes scheidet aus, weil erst und einzig der Zugang der Kündigung den Lauf der Frist auslöst und nicht schon ein früherer potenzieller Kündigungszeitpunkt.

Damit tauchen auch Fragen der sozialen Auswahl nicht auf, weil der Kläger nicht mit den Mitarbeitern vergleichbar ist, die ab Z.d für die Beklagte einer vergleichbaren Tätigkeit nachgehen.

Damit endet das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche betriebsbedingte Kündigung zum 31.05.2004, weswegen die dahingehenden Anträge als unbegründet abzuweisen sind, was dazu führt, auch die weitergehende Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 92 ZPO.

Die Revision ist deshalb nicht zugelassen, weil die Kriterien des § 72 Abs. 1 ArbGG nicht erfüllt sind.

Es wird auf die Möglichkeit hingewiesen, die Nichtzulassung der Revision selbständig mit einer Beschwerde anzufechten, § 92 a ArbGG.

Ende der Entscheidung

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