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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 06.02.2009
Aktenzeichen: 6 SaGa 12/08
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ZPO § 935
ZPO §§ 940 ff
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 16.7.2008 - 6 Ga 23/08 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz, mit welchem deren einstweilige Verfügung mit dem Inhalt es zur Meidung eines Zwangsgeldes ersatzweise Ordnungshaft zu unterlassen, gegenüber der Klägerin bei Auftragsmangel bezahlten oder unbezahlten Urlaub anzuordnen, sowie desweiteren, die Arbeits- und Pausenzeiten ganz oder teilweise zu ändern, zurückgewiesen wurde. Die Klägerin ist als Produktionsmitarbeiterin bei der Beklagten, die Schuhe produziert, beschäftigt. Zu den weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den umfassenden Tatbestand im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 16.07.2008 - 6 Ga 23/08 - und die dort gestellten Anträge (Bl. 59-69 d. A.) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat das Unterlassungsbegehren im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, das es hinsichtlich des auf einseitige Urlaubsanordnung gerichteten Verfügungsantrages an einem Verfügungsgrund fehle, weil die Verfügungsbeklagte nach Intervention der Verfügungsklägerseite durch Schreiben vom 27.05.2008 die ursprüngliche Urlaubsanordnung für den 28., 29. und 30.05.2008 widerrufen und zur Arbeitsaufnahme aufgefordert habe. Die Verfügungsklägerin sei am fraglichen Tage auch beschäftigt worden. Eine unmittelbare weitere Rechtsverletzung in Bezug auf eine Anordnung von Urlaub bei Auftragsmangel sei nicht zu erkennen. Auch für den auf einer einseitigen Änderung von Arbeits- und Pausenzeiten gerichteten Unterlassungsantrag fehle es an einem Verfügungsgrund, da die Verfügungsklägerin entsprechend der Änderung in ihrem Arbeitsvertrag auch tatsächlich beschäftigt worden sei. Allein am 19. und 21.05.2008 sei vertragswidrig zu geänderten Arbeitszeiten gearbeitet worden, wobei auch hier nach Intervention des Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin diese am 21.05.2008 wieder arbeitsvertragsgemäß beschäftigt worden sei. Mit den geänderten Arbeitszeiten im Juni 2008 könne ein Verfügungsgrund nicht begründet werden, da die Verfügungsklägerin von der Anordnung geänderter Arbeitszeiten nicht betroffen gewesen sei und eine diesbezügliche Festlegung im Einvernehmen sämtlicher betroffener Arbeitnehmer erfolgt sei. Es seien keine tatsächlichen Gesichtspunkte erkennbar, wonach ein Zuwarten im Hauptsacheprozess mit einem nachhaltigen Rechtsverlust verbunden sei. Gegen das der Verfügungsklägerin am 26.08.2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.09.2008 eingelegte und am 24.11.2008 begründete Berufung nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist. Die Verfügungsklägerin führt zweitinstanzlich insbesondere aus: soweit das Arbeitsgericht ein Verfügungsgrund bezogen auf die Urlaubsanordnung ablehne, weil die Beklagte die Freistellungen widerrufen habe, sei dies nicht gerechtfertigt, da - sie die Klägerin - quasi täglich mit weiteren Rechtverstößen rechnen müsse. Sie sei trotz Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 23.05.2008 nicht beschäftigt worden ungeachtet telefonischer Androhung gerichtlicher Schritte. Auch in der Folgezeit sei sie nicht vertragsgemäß beschäftigt worden. Das Hauptsacheverfahren habe sich im Zusammenhang mit früheren Änderungskündigungen seinerzeit als zu langsam herausgestellt, um rechtzeitig Rechtschutz zu erlangen. Dass die Beklagte an ihrem rechtswidrigen Verhalten auch künftig festhalten würde, belegten die Freistellungen am 20. und 25.06.2008. Die Beklagte habe in ihrem Schreiben vom 21.05.2008 bezogen auf die Ankündigung von Betriebsurlaub wegen mangelnder Flexibilität der Klägerin offen weitere Rechtsverstöße angekündigt. Sie habe unlängst verlauten lassen, dass Arbeitsmangel bestünde. Die Klägerin müsse mit erneuter Freistellung rechnen. Diesem könne nur mit einer einstweiligen Verfügung begegnet werden. Auch bezogen auf die Arbeits- und Pausenzeiten mit Auswirkungen auf das Gehalt läge ein Verfügungsgrund vor. Im Juni 2008 sei es erneut zu geänderten Arbeitszeiten gekommen. Hätte die Klägerin am 25.06.2008 nicht zur Wahrnehmung des gerichtlichen Termins Urlaub beantragt, wäre sie von der Schichtverlegung unmittelbar betroffen gewesen. Die Beklagte habe sich zudem über Monate Zeit gelassen, Abrechnungen zu korrigieren. Das Verhalten der Beklagten in den vergangenen zwei Jahren mit rechtsgrundlosen Änderungskündigungen spräche dafür, dass mit einseitigen rechtswidrigen Angriffen zu rechnen sei. Es sei der Klägerin auch nicht zuzumuten, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zuzuwarten. Zur weiteren Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Verfügungsklägerin vom 24.11.2008 (Bl. 111 - 125 d. A.) einschließlich der vorgelegten Unterlagen Bezug genommen. Die Verfügungsklägerin hat zweitinstanzlich zuletzt beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 16.07.2008 - 6 Ga 23/08 - aufzuheben und 1. die Beklagte zu verpflichten, es zur Meidung eines Zwangsgelds bis zu 500.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, gegenüber der Klägerin bei Auftragsmangel unbezahlten und/oder bezahlten Urlaub anzuordnen; 2. die Beklagte zu verpflichten, es zur Meidung eines Zwangsgelds bis zu 500.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, die Arbeits- und Pausenzeiten der Klägerin ganz oder teilweise abweichend von den bisherigen arbeitsvertraglichen Regelungen, insbesondere wie folgt festzulegen: Arbeitszeit Frühschicht von 06:00 - 12:00 Uhr

Spätschicht von 12:00 - 18:00 Uhr Pausenzeiten Frühschicht von 08:30 - 08:45 Uhr

10:45 - 11:00 Uhr Spätschicht von 14:30 - 14.45 Uhr

16:45 - 17:00 Uhr Die unbezahlte Mittagspause fällt weg. Die Beklagte hat

Zurückweisung der Berufung

beantragt und unter anderem ausgeführt, soweit es im Juni zu einer Änderung der Arbeitszeiten gekommen sei, habe ein ausdrückliches Einverständnis aller betroffener Arbeitnehmer vorgelegen. Für den 25.06.2008 sei ein Einverständnis der Klägerin nicht erforderlich gewesen, da diese Urlaub genommen habe. Für eine am 12.12.2008 durchgeführte Weihnachtsfeier sei ein schriftliches Verfahren durchgeführt worden. Die antragstellende Partei habe dem zugestimmt. Im Übrigen sei der Auffassung des Arbeitsgerichts zu folgen. Zur Berufungsbeantwortung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 09.12.2008 (Bl. 145 - 153 d. A.) nebst den beigefügten Unterlagen Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 23.01.2009 hat der neu bestellte Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten erklärt, dass künftig kein Betriebsurlaub im Falle von Auftragsmangel angeordnet würde; desgleichen auch keine Samstagsarbeit gegen den Willen der Kläger. Außerhalb der vertraglich geregelten Arbeitszeiten würde keine Veränderung der Arbeitszeit selbst und der Pausen vorgenommen und schließlich Änderungen der arbeitsvertraglichen Konditionen würden gegenüber den Klägern künftig in Schriftform erfolgen. Auf die weiteren Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 23.01.2009 wird verwiesen. Entscheidungsgründe:

I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach § 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO). II. In der Sache selbst hat das Rechtsmittel nach dem Stand des Berufungsverfahrens jedoch keinen Erfolg. Unterstellt die vorliegend mit der Berufung aufrechterhaltenen Unterlassungsansprüche - gerichtet gegen eine Anordnung von Urlaub bei Auftragsmangel und eine arbeitsvertragswidrige Veränderung der Arbeits- und Pausenzeiten - wären mit einer - präventiven - Unterlassungsklage (gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend in Verbindung mit §§ 823 ff BGB) vorbeugend zu sichern und des Weiteren auch unterstellt, eine Unterlassungsverfügung wäre kein Unterfall der Leistungsverfügung, so dass deren strenge Voraussetzungen keine Gültigkeit hätten (vgl. Zöller/Vollkommer, Zivilprozessordnung 26. Aufl., § 940 Rz. 1), sind die rechtlichen Erfordernisse der §§ 940 ff ZPO für den Erlass einer der beantragten einstweiligen Verfügung nach dem Stand des Berufungsverfahrens nicht mehr gegeben. Nach § 940 ZPO sind einstweilige Verfügungen auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwehr wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen, nötig erscheint. Wird der Verfügungsgrund bei einer Regelungsverfügung als eine besondere Form des Rechtschutzbedürfnisses gesehen (vgl. Jauernig NJW 1975, 1419; a. A. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, § 940 Rn. 7) und angenommen, das Vorliegen des Verfügungsgrundes sei aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise zu beurteilen (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 940 Rz. 4), ist mit den Erklärungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer die Notwendigkeit eines Erlasses der begehrten Unterlassungsverfügung entfallen. Ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis ist nicht mehr gegeben. Die Beklagte hat nämlich erklärt, künftig keinen Betriebsurlaub im Falle von Auftragsmangel anzuordnen und von einer Veränderung der Arbeitszeit selbst und der Pausen abzusehen, sowie darüber hinaus, gegenüber den Klägern Änderungen der arbeitsvertraglichen Konditionen in schriftlicher Form vorzunehmen. Diese ausdrücklichen Erklärungen entsprachen auch den bereits schriftsätzlich vorgetragenen Bekundungen der Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 09.12.2008 Bl. 145 ff d. A.). Würde der beantragten Unterlassungsverfügung abwehrender Charakter zugesprochen und ihr insoweit eine Ähnlichkeit mit einer Sicherungsverfügung gemäß § 935 ZPO zugesprochen (vgl. Zöller/Vollkommer a. a. O., § 940 Rz. 1), wäre angesichts der klargestellten Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung die in § 935 ZPO erforderliche Dringlichkeit d. h. Eilbedürftigkeit entfallen. Nach den dargestellten Versicherungen der Beklagten ist nämlich die Rechtsstellung der Klägerin, die aus der zeitlichen Dauer bis zum Erlass eines Urteils in der Hauptsache entsteht, nicht gefährdet (vgl. Drescher, Münchner Kommentar ZPO, 3. Aufl. vor § 916 Rz. 1; Schwab/Weth ArbGG Kommentar § 62 Rz. 98). Es ist nicht zu erkennen, dass die Verwirklichung möglicher Individualansprüche nur durch eine Unterlassungsverfügung im beantragten Umfang gesichert werden könnte (vgl. ErfK-Koch, 9. Aufl. 2009 § 60 ArbGG Rz. 18). III. Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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