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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 10.01.2005
Aktenzeichen: 6 Ta 287/04
Rechtsgebiete: HGB, ArbGG, GVG, BGB


Vorschriften:

HGB § 84
HGB § 84 Abs. 1
HGB § 89 b Abs. 1 Nr. 3
HGB § 92 a
HGB § 92 a Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 5 Abs. 3
ArbGG § 72 Abs. 2
ArbGG § 78 Satz 2
ArbGG § 78 Abs. 1
ArbGG § 48 Abs. 1
GVG § 17 a Abs. 4 Satz 2
BGB § 611
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Ta 287/04

Entscheidung vom 10.01.2005

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 08.11.2004 wird der Beschluss des Arbeitsgerichtes Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 22.10.2004 - AZ: 7 Ha 3/04 = 7 Ca 1804/04 - abgeändert:

Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten wird für unzulässig erklärt und der Rechtsstreit an das Landgericht Bad Kreuznach verwiesen.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

Der Kläger, welcher als Handelsvertreter auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages (Stand 1/97) für die Beklagte tätig war, wobei wegen der weiteren Bestimmung auf die zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 5-9 d. A.) verwiesen wird, fordert mit seiner vom Arbeitsgericht C-Stadt an das örtlich zuständige Arbeitsgericht Mainz verwiesenen Klage eine Ausgleichszahlung nach § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB.

Die Beklagte hat die Rüge der sachlichen Zuständigkeit aufrecht erhalten, worauf der Kläger ausgeführt hat, dass ihm im fraglichen Abrechnungszeitraum nicht zuletzt wegen einer Arbeitsunfähigkeit deutlich weniger als 1.000,-- € pro Monat an Provision erzielt habe und er aufgrund des Vertrages als so genannter Ein-Firmen-Vertreter zu behandeln sei, für den die Arbeitsgerichte zuständig seien.

Zumindest habe er eine Arbeitstätigkeit für die Beklagte entfaltet, wobei wegen näherer Einzelheiten auf das Klägerschreiben vom 23.07.2004 Bezug genommen wird, die eine Tätigkeit für andere Unternehmer praktisch ausgeschlossen hätte.

Das Arbeitsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger aufgrund vertraglicher Gestaltung nicht als Ein-Firmen-Handelsvertreter anzusehen sei, jedoch einer Tätigkeit für weitere Unternehmer nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit nicht habe nachgehen können.

Außerdem habe der Kläger weniger als 1.000,-- € im Monat an Provision bezogen, weswegen nach § 5 Abs. 3 ArbGG, 92 a HGB die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte zu bejahen sei.

Nach Zustellung des Beschlusses am 28.10.2004 hat die Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt, die am 10.11.2004 bei Gericht einging und im Wesentlichen damit begründet wurde, dass der Kläger nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit durchaus hätte für weitere Unternehmen im relevanten Ausmaße tätig werden können. Dies belege schon die Umsatzstatistik, wonach der Kläger nach Umsatzzahlen und Aufträgen 35 % weniger Ergebnisse vorzuweisen habe. Wenn man für einen Auftrag inklusive Vorbereitung je 1 1/2 Stunden zugrunde lege, mache dies in 2002 bei 401 Aufträgen und 46 Arbeitswochen einen Zeitaufwand von 13,01 Stunde pro Woche aus.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses den Rechtsstreit an die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bad Kreuznach zu verweisen, hilfsweise die Rechtswegszuständigkeit der ordentlichen Gerichte festzustellen.

Der Kläger verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Rüge der sachlichen Zuständigkeit ausgeschlossen sei und die Entscheidung des Arbeitsgerichtes schon deshalb richtig sei, weil allein aus dem Umsatzrückgang nicht ernsthaft auf einen Tätigkeitsrückgang im gleichen Umfange geschlossen werden könne. Rückgänge des Umsatzes und der Auftragssumme hätten andere Ursachen, wie beispielsweise die allgemeine wirtschaftliche Situation.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und den Beschluss vom 13.12.2004 damit begründet, dass die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes Mainz zulässig sei, weil ausschließlich über den Rechtsweg und nicht über die örtliche Zuständigkeit entschieden worden sei. Der Einwand der Beklagten, dass der Kläger hätte seine Erwerbskraft anderweitig verwerten können, sei angesichts der bestehenden Erkrankung ab 14.02.2003 nicht relevant.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Die nach §§ 48 Abs. 1, 78 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 Satz 2 GVG, statthafte und im Übrigen auch zulässige Beschwerde der Beklagten hat deshalb Erfolg, weil die Arbeitsgerichte für die Klage nicht zuständig sind, weil es sich bei dem Kläger um einen Handelsvertreter i. S. der §§ 5 Abs. 3 ArbGG, 84 HGB handelt.

Die Rückausnahme von der Regel, wonach Handelsvertreter nach § 84 Abs. 1 HGB selbständige Kaufleute sind, die ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten und ihre Arbeitszeit frei von Weisungen Dritter bestimmen können, wobei die ordentlichen Gerichte für Streitigkeiten aus diesem Verhältnis zuständig sind, liegt nicht vor, weil der Kläger zwar durchschnittlich weniger als 1.000,-- € pro Monat an Leistungen erhalten hat, er aber kein Ein-Firmen-Vertreter nach § 92 a HGB ist. Der Kläger war an eine bestimmte Arbeitszeit nicht gebunden und bezüglich der Gestaltung der von ihm zu erbringenden Dienstleistungen frei. Er unterlag auch keinen Arbeitsbegleitenden Weisungen wie sie typisch für ein Arbeitsverhältnis sind, so dass der Kläger selbst entscheiden konnte, ob, wann und in welchem Umfange er zum Zwecke des Hereinholen von Verträgen für die Beklagte tätig wurde. Im Beschwerdeverfahren ist, soweit ersichtlich, auch nicht mehr im Streit, dass der Kläger als Handelsvertreter zu bewerten ist, weil die Parteien nur darüber streiten, ob es ihm auch tatsächlich möglich gewesen ist, für einen anderen Unternehmer in erheblichem Maße tätig zu werden.

Bei Beantwortung dieser Frage ist darauf abzustellen, wie die Anforderungen des Unternehmers an den Handelsvertreter sich gestalten. Nach § 92 a Abs. 1 Satz 1 HGB ist nämlich entscheidend, ob das Tätigwerden für weitere Unternehmer nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit nicht möglich ist, so dass also darauf zu achten ist, wie die Parteien ihr Vertragsverhältnis gestalten. Wenn der Kläger die Leistungen, wie er sie im Schreiben vom 23.07.2004 schildert, tatsächlich entfaltet hat, so steht damit noch nicht fest, dass sie in diesem Umfange auch von der Beklagtenseite verlangt worden sind. Gegen die Annahme, dass die Beklagte Arbeitsleistungen in diesem Umfange verlangt hätte, die eine Tätigkeit für einen anderen Unternehmer ausschließen, sprechen auch die Zahlen, die der Kläger in der Klageschrift angegeben hat, als er die tatsächlich erlangten Provisionszahlungen der letzten 5 Jahre von 1998 bis 2002 anführt, die sich zwischen 922,-- € pro Monat und 1524,-- € pro Monat bewegen, also nicht so exorbitant höher sind, als die Summe die er im letzten 6-Monats-Zeitraum tatsächlich erhalten hat. Die Entfaltung einer derartigen Tätigkeit durch den Handelsvertreter entspringt demnach allein seiner Zeiteinteilung und Sicht der Dinge und nicht dem Umstand, dass diese von der Beklagten auch von ihm verlangt werden, wie § 92 Abs. 1 Satz 1 HGB fordert. Dass die Beklagte eine umfassendere Tätigkeit verlangt hätte, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Damit steht fest, dass das Vertragsverhältnis der Parteien als freier Dienstvertrag nach § 611 BGB anzusehen ist, womit auch für die Streitigkeiten hieraus die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit, hier die des Landgerichtes Bad Kreuznach gegeben ist.

Gegen diesen Beschluss findet kein weiteres Rechtsmittel statt, weil die Voraussetzungen der §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG erkennbar nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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