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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 11.08.2005
Aktenzeichen: 6 TaBV 36/05
Rechtsgebiete: ArbGG


Vorschriften:

ArbGG § 91
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 TaBV 36/05

Entscheidung vom 11.08.2005

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen/Rhein vom 01.06.2005 - AZ: 1 BV 13/05 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

1.

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Einigungsstelle im Betrieb der Beteiligten zu 2) deshalb eingerichtet werden soll, weil im Zusammenhang mit der Verschmelzung der Beteiligten zu 2) und einer weiteren Gesellschaft beabsichtigt ist, die kaufmännische Verwaltung der Beteiligten zu 2) mit derjenigen der übernehmenden Gesellschaft zusammen zu legen und die bisher mit einer Voll- und einer Teilzeitkraft besetzte kaufmännische Verwaltung in A-Stadt aufzulösen. Den beiden Beschäftigten ist eine Arbeitsstelle im gewerblichen Bereich des Betriebes in A-Stadt angeboten und der Teilzeitkraft eine Beschäftigung in Karlsruhe.

Der Beteiligte zu 1), Betriebsrat bei der Beteiligten zu 2), hat mit der am 17.05.2005 beim Arbeitsgericht eingereichten Antragsschrift ausgeführt, dass es sich bei der Maßnahme um eine Betriebsänderung i. S. d. § 111 BetrVG handele, weil die Verwaltung des Betriebes in A-Stadt als wesentlicher Betriebsteil stillgelegt bzw. von Haida aus weitergeführt werde, so dass es sich entweder um eine Stilllegung oder um eine Verlegung eines wesentlichen Betriebsteils handele.

Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,

1. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle über den Versuch eines Interessensausgleiches und den Abschluss eines Sozialplanes wird Herr Richter Z. am Arbeitsgericht Mannheim bestellt.

2. Auf jeder Seite nehmen drei Beisitzer an der Einigungsstelle teil.

Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,

den Antrag des Antragstellers vom 13.05.2005 zurückzuweisen.

Dieser Antrag wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen des § 111 BetrVG deshalb nicht vorliegen könnten, weil es sich bei der Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz um einen Betriebsübergang handele und keine Betriebsänderung darstelle.

Zudem sei in der Verwaltung, die mit 1,5 Mitarbeitern besetzt sei, kein wesentlicher Betriebsteil auszumachen. Weder die Anzahl der betroffenen Mitarbeiter sei erreicht, noch die vom Bundesarbeitsgericht zu fordernde Qualität der Tätigkeit und die Bedeutung für den Betrieb lasse die Bejahung eines wesentlichen Betriebsteiles zu.

Die kaufmännische Abteilung der Beteiligten zu 2) nehmen nur ein Teil der anfallenden kaufmännischen Aufgaben wahr, weil sämtliche Personalangelegenheiten zentral vom Mutterkonzern in Stuttgart wahrgenommen werden. Aufgabe der Mitarbeiter in A-Stadt sei lediglich die Erfassung der Arbeitszeiten der gewerblichen Mitarbeiter, die nach Stuttgart weiter gegeben würden.

Die in A-Stadt verrichteten Tätigkeiten könnten, ohne dass der Betrieb geändert würde, an Dritte vergeben werden, da es sich um die Erfassung der Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung, das Kontieren der Eingangsrechnung, das Mahnwesen, die Erstellung der Kosten- und Leistungsrechnungen sowie die Abrechnungen über die Krankenkasse erschöpfe.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Schwellenwert des § 17 KSchG nicht erreicht sei und auch der betroffene Betriebsteil keine wesentliche Bedeutung für die Gesamtorganisation habe. Durch die Wegnahme von 1,5 Mitarbeitern in der kaufmännischen Verwaltung werde der Betriebszweck des Kieswerkes nicht erheblich anders sein, sondern im Wesentlichen sich mit der Urproduktion beschäftigen.

Es findet auch keine Verschmelzung mit einem anderen Betrieb, sondern es würden zwei Unternehmensstrukturen rechtlich verändert.

Nach Zustellung des Beschlusses am 06.06.2005 ist Beschwerde am 14.06.2005 eingelegt und zugleich begründet worden.

Der Beteiligte zu 1) greift die Entscheidung im Wesentlichen damit an, dass der Betrieb der Beteiligten zu 2) in A-Stadt ein kompletter Betrieb mit Produktion und Verwaltung gewesen sei und er seine Eigenständigkeit dadurch verliere, dass die Verwaltung weggenommen und er zu einem reinen Produktionsbetrieb werde.

Es sei schwer vorstellbar, welche Abteilung außer der Produktion von Kies eine wesentliche Betriebsabteilung sein solle. Es sei zwar richtig, dass die Personalangelegenheiten zum Teil bei der Muttergesellschaft in Stuttgart wahrgenommen würden, diese rechne jedoch als Dienstleister ab und die Vorarbeiten würden immer noch in A-Stadt gemacht.

Die Kreditorenbuchhaltung wird in A-Stadt erledigt und das Werk in Hagenbach werde vollständig kaufmännisch durch A-Stadt abgewickelt.

Lohnsteuer würde in A-Stadt gerechnet und die Umsatzsteuer dort angemeldet.

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 01.06.05 - AZ: 1 BV 13/05 - wird aufgehoben.

2. Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle über den Versuch eines Interessensausgleichs und den Abschluss eines Sozialplanes wird Herr Richter Z. am Arbeitsgericht Mannheim bestellt.

3. Auf jeder Seite nehmen 3 Beisitzer an der Einigungsstelle teil.

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung im Wesentlichen damit,

dass die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig sei, was das Arbeitsgericht zu Recht erkannt habe, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung könne nicht argumentiert werden, dass die Einigungsstelle jeweils ihre Zuständigkeit in eigener Verantwortung zu entscheiden habe. Nach der gesetzlichen Vorgabe habe das Arbeitsgericht vor Zusammensetzung der Einigungsstelle über deren Zuständigkeit zu entscheiden.

Bei der Aufgabe bzw. Verlagerung der kaufmännischen Tätigkeit und damit einhergehend der Stilllegung der kaufmännischen Verwaltung in A-Stadt habe der Betrieb der Beteiligten zu 2) seine Eigenständigkeit nicht völlig verloren. Die Verwaltungsabteilung in A-Stadt sei kein wesentlicher Betriebsteil, was das Bundesarbeitsgericht auch schon bei der Fertigung des Vorproduktes in einem Betriebsteil in einer Abteilung, die geschlossen worden sei, verneint habe. Denn, so das BAG, die bisher im Betrieb durch die Abteilung gefertigten Vorprodukte könnten ohne Schwierigkeiten auch auswärts gefertigt und angekauft werden, so dass es für die Erreichung des Betriebszweckes ohne Bedeutung sei, welche Alternative der Arbeitgeber wähle.

Im vorliegenden Falle sei die Produktion von Kies der Betriebsgegenstand und nicht die kaufmännische Verwaltung.

Bezüglich der Lohnsteuer würden die Mitarbeiter in A-Stadt die in Stuttgart erfassten Daten zum Eintragen bzw. Ausfüllen der Lohnsteuervoranmeldung erhalten, während der wesentliche Teil dieser Arbeiten von Stuttgart aus erledigt werde.

Zur Ergänzung des tatsächlichen wird auf den Inhalt der Schreiben der Beteiligtenvertreter, die im Beschwerdeverfahren zur Akte gereicht wurden, Bezug genommen.

2.

Die zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist deshalb nicht begründet, weil das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass eine Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist, weil keine Betriebsänderung i. S d. § 111 BetrVG gegeben ist.

Unstreitig erfasst die von der Beteiligten zu 2) geplante Maßnahme nicht soviel Mitarbeiter wie das der § 17 KSchG erfordert.

Bei der kaufmännischen Verwaltung, die bislang mit einer Voll- und eine Halbteilzeitkraft besetzt war, handelt es sich auch nicht um einen wesentlichen Betriebsteil. Es ist schon fraglich, ob es sich bei der Verwaltung, wie sie sich im vorliegenden Falle darstellt, um einen Betriebsteil handelt, der organisatorisch so verselbständigt ist, dass er eine Eigenständigkeit besitzt. Dies mag jedoch auf sich beruhen, weil selbst dann, wenn man die Qualität als Betriebsteil bejaht, eine Wesentlichkeit dieses Betriebsteiles nicht erkannt werden kann.

Der Betrieb der Beteiligten zu 2) besteht im Fördern von Kies und Sanden, welches dem Betrieb das Gepräge gibt und die Verwaltung ist lediglich ein Anhängsel hierzu. Die in A-Stadt durchgeführten verwaltungstechnischen Arbeiten, nämlich Erfassen der Arbeitsstunden der gewerblichen Mitarbeiter, Lohnsteuer- und Umsatzsteueranmeldung und Kreditorenbuchhaltung sowie die Bearbeitung von Anfragen stellt einen Teil der in einem Betrieb anfallenden kaufmännischen Tätigkeiten dar, der zu eng umgrenzt ist als dass man davon sprechen könnte, dass diese Tätigkeiten wesentlich für den Gesamtbetrieb sein könnten. Die Produktion stellt den Hauptzweck dar, der auch ohne die Verwaltungstätigkeiten in A-Stadt weiterhin ungestört von statten gehen kann. Es ist zwar richtig, dass jeder Betrieb angesichts der Tatsachen, dass Rechnungen geschrieben werden müssen, die Zahlungseingänge kontrolliert werden, Arbeitsstunden verfasst und Briefe insgesamt im Geschäftsverkehr zu fertigen sind, nicht ohne Verwaltung auskommen kann. Jedoch ist diese begleitende Tätigkeit dann, wenn den betroffenen Mitarbeitern, 1,5 Arbeitskräften noch 15 Vollzeit- und 7 Teilzeitbeschäftigte gegenüber stehen.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass eine Einigungsstelle nicht einzurichten ist, weil sie offensichtlich unzuständig ist. Der Einwand des Beteiligtenvertreters zu 1), dass die Einigungsstelle ihre Zuständigkeit in eigener Verantwortung zu prüfen habe, ist zwar grundsätzlich richtig, gilt jedoch nur für die Fälle, wo es Zweifel an der Zuständigkeit einer Einigungsstelle gibt, wovon im vorliegenden Falle gerade nicht auszugehen ist.

Gegen diese Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt, § 98 Abs. 2 Satz 3 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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