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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 25.05.2007
Aktenzeichen: 6 TaBV 7/07
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG, GBV


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ArbGG § 87 Abs. 1
ArbGG § 91
BetrVG § 50 Abs. 1 Satz 1
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 6
GBV § 1
GBV § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 TaBV 7/07

Entscheidung vom 25.05.2007

Tenor:

1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 20. Dezember 2006 - 5 BV 15/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Im vorliegend vom Betriebsrat der G. am 07. März 2006 eingeleiteten Beschlussverfahren streiten die Beteiligten um die Frage, ob Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat die Marktleiter-Assistenten aus dem Geltungsbereich einer Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) zur Einführung einer systemgestützten Personalzeiterfassung herausnehmen konnten.

Zwischen der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2), die eine Baumarktkette mit Filialen in der gesamten Bundesrepublik unterhält, und ihrem Gesamtbetriebsrat (Beteiligter zu 3) wurde - soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse - eine Gesamtbetriebsvereinbarung geschlossen, die u. a. folgenden Inhalt hat:

"Für die Einführung einer systemgestützten Personalzeiterfassung vereinbaren der Gesamtbetriebsrat und die A. folgendes:

§ 1 Geltungsbereich

Diese Gesamtvereinbarung gilt für alle Märkte (Betriebe) und den dort beschäftigen Mitarbeitern mit Ausnahme der leitenden Angestellten (Marktleiter) sowie der Markleiter-Assistenten auf Grundlage ihrer einzelvertraglichen Regelungen.

§ 2 Zweckbestimmung

Die Betriebsparteien vereinbaren die Anwendung des elektronischen Zeiterfassungssystems H..

Dieses System dient der Erfassung der Kommt- und Geh-Zeiten der Mitarbeiter, sowie sämtlicher Abwesenheitszeiten (z. B. Urlaub, Krankheit, Kur, Dienstreise, Betriebsratsarbeit, Wehrdienst).

Die Erstellung von marktbezogenen oder unternehmensbezogenen Listen (Statistiken), sowie die Nutzung dieser Daten für die Personalverwaltung ist zulässig.

Liegen Anhaltspunkte vor, die einen begründeten Verdacht auf einen Mißbrauch des Systems oder auf eine strafbare Handlung ergeben (z. B. manuelle Manipulation der Arbeitszeiten), kann vom Personalwesen eine Überprüfung durchgeführt werden. Der örtliche Betriebsrat ist hierüber zu unterrichten.

Soweit der Arbeitgeber beabsichtigt weitergehende Auswertungen und Statistiken zu erstellen und zu benutzen, bedarf dies der Mitwirkung des Betriebsrates.

Die Betriebsparteien verpflichten sich für diesen Fall diese Betriebsvereinbarung innerhalb eines Zeitraumes von 4 Wochen zu ergänzen.

...

§ 4 Daten, Datenschutz, Zugriffsrechte

Im System werden die maßgeblichen Arbeitsbedingungen (z. B. Zuschläge Arbeitszeit, Wochenarbeitszeit) hinterlegt.

Als beweglich bzw. feste Daten werden alle mitarbeiterbezogene Daten vereinbart, wie z. B. Daten unter § 2 und Mitarbeiterstammdaten.

a) Schnittstelle mit anderen Systemen

Die Mitarbeiterstammdaten sowie die Statistikdaten aus § 2 können an das Personalwesen/Zentrale A-Stadt übertragen werden,

b) Datenschutz

Es gilt das Bundesdatenschutzgesetz

c) Zugriffsrechte

Leserecht für Bewegungs- und Feste Daten erhalten:

- Marktbüro (Kontoristin)

- Die Markleitung

- Die Personalplanung, die Revision, die Abteilung Personalverwaltung

- Der Betriebsratsvorsitzende oder sein Stellvertreter, bzw. bei deren Verhinderung ein vom Betriebsrat benanntes Betriebsratsmitglied

Schreibrechte für das hinzufügen, Ändern und Löschen von Bewegungsdaten und feste Daten im System erhalten ausschließlich:

- Das Marktbüro (Kontoristin) und deren Vertretung

Hinzufügen von Bewegungsdaten heißt auch Ändern von Bewegungsdaten, wenn die ursprünglichen Daten erhalten und einsehbar bleiben.

Der Betriebsrat kann beim begründeten Verdacht des Mißbrauchs des Schreibrechts sowie der unrechtmäßigen Änderung der Software jederzeit einen Sachverständigen der Zentralverwaltung aus dem Bereich Personalplanung zur Klärung der Sachlage heranziehen.

...

Der antragstellende Betriebsrat hat u. a. die Auffassung vertreten,

die Markleiter-Assistenten seien fälschlicherweise aus dem Geltungsbereich der Gesamtbetriebsvereinbarung ausgenommen worden. Eine solche Regelungskompetenz stünde dem Gesamtbetriebsrat nicht zu.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich - soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse - beantragt,

es wird festgestellt, dass § 1 der Gesamtbetriebsvereinbarung "systemgestützte Personalzeiterfassung" (im weiteren "GBV") im Hinblick darauf, dass die Marktleiterassistenten ausgenommen werden sollen, unwirksam ist.

Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrats haben

Zurückweisung der Anträge

beantragt.

Sie bringen vor,

die elektronische Zeiterfassung (systemgestützte Personalzeiterfassung) sei unternehmensweit eingeführt worden. Sie sei Grundlage der unternehmenseinheitlichen Personalabrechnung, die zentral in der Hauptverwaltung in A-Stadt durchgeführt würde. Ein derartiges Zeiterfassungs- und Lohnabrechnungssystem könne nur unternehmenseinheitlich erfolgen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachstandes wird entsprechend § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Gründe des Beschlusses des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz vom 20. Dezember 2006, 5 BV 15/06 (Blatt 11 - 13 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat im vorerwähnten Beschluss die erstinstanzlich gestellten Anträge zurückgewiesen, weil dem Betriebsrat die Antragsbefugnis fehle. Der Antrag bezöge sich nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, an welchem der antragstellende Betriebsrat selbst beteiligt sei. Der Betriebsrat sei auch nicht unmittelbar von der rechtlichen Frage betroffen, ob Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat befugt gewesen seien, die Marktleiter-Assistenten aus dem Geltungsbereich der Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) auszunehmen. Die Antragsbefugnis des Betriebsrats fehle, weil es für dessen Rechtsstellung völlig unerheblich sei, ob Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat im strittigen Punkt eine wirksame Regelung getroffen hätten. Auf die Regelungskompetenz des Gesamtbetriebsrats käme es nicht an, weil die Nichtregelung eines Sachverhaltes bzw. die Einschränkung von Regelungsbereichen durch den Gesamtbetriebsrat und dem Arbeitgeber den Betriebsrat in eigenen Rechten nicht berühren könne. Die Frage der Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat könne sich immer nur dann stellen, wenn einer der beiden die Kompetenz zur Regelung des Sachverhaltes positiv in Anspruch nähme. Das Betriebsverfassungsrecht kenne keinen Anspruch des Betriebsrats gegenüber dem Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeber auf Abschluss bestimmter Vereinbarungen. Entweder sei dem Gesamtbetriebsrat die Regelungskompetenzen übertragen, dann läge es in dessen Ermessen, Marktleiter-Assistenten dem Anwendungsbereich zu unterwerfen oder nicht; war keine Kompetenzübertragung gegeben, könnten die Vereinbarungen überhaupt nur unwirksam sei, soweit sie Regelungen enthielten, nicht aber, soweit bestimmte Personengruppen aus dem Regelungsbereich ausnähmen.

Zur weiteren Begründung wird auf die Gründe II. des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts (Blatt 14 - 17 d. A.) verwiesen.

Gegen den den Betriebsrat am 12. Januar 2007 zugestellten Beschluss richtet sich dessen am 09. Februar 2007 eingelegte und am 12. März 2007 begründetet Beschwerde.

Der Betriebsrat bringt zweitinstanzlich weiter vor,

die Antragsbefugnis sei entgegen der Ansicht der Vorinstanz gegeben. Der Betriebsrat sei von den Regelungen des Geltungsbereichs der Gesamtbetriebsvereinbarung rechtlich betroffen. Die Herausnahme der Marktleiter-Assistenten aus dem Geltungsbereich sei keine "Nichtregelung", sondern eine positive Regelung. Die angegriffene Vereinbarung regele sowohl die Art und Weise der Nutzung einer technischen Kontrolleinrichtung als auch Fragen der Arbeitszeit. Die Herausnahme bestimmter Arbeitnehmergruppen aus dem Geltungsbereich würde zu einem Verbrauch des Mitbestimmungsrechts durch den Gesamtbetriebsrat führen. Dies müsste von der Einigungsstelle berücksichtigt werden. Der Gesamtbetriebsrat habe faktisch eine Vertrauensarbeitszeit eingeführt. Eine Kontrolle durch die örtlichen Betriebsräte wäre eingeschränkt. Gleiches gelte für die Beurteilung der Dienstpläne der Marktleiter-Assistenten im Hinblick auf Überlastung und Überstunden. Eine solche Kompetenz habe der Gesamtbetriebsrat nicht. Die Rechtsstellung des örtlichen Betriebsrats sei erheblich beeinträchtigt.

Zur weiteren Begründung des Betriebsrats wird auf dessen Beschwerdeschrift vom 12. März 2007 (Blatt 52 - 53 d. A.) Bezug genommen.

Der Betriebsrat hat zweitinstanzlich zuletzt beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammer Landau in der Pfalz vom 20. Dezember 2006 - 5 BV 15/06 - wird teilweise abgeändert. Es wird festgestellt, dass § 1 der Gesamtbetriebsvereinbarung "systemgestützte Personalzeiterfassung (im weiteren "GBV") im Hinblick darauf, dass die Marktleiterassistenten ausgenommen werden sollen, unwirksam ist.

Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat haben

Zurückweisung der Beschwerde

beantragt.

Die Arbeitgeberin bringt zweitinstanzlich vor, der Gesamtbetriebsrat sei für die unternehmensweite Zeiterfassungsregelung zuständig und habe daher die entsprechende Regelungsbefugnis. Der Betriebsrat habe kein Rechtsschutzbedürfnis, da durch die Herausnahme einer Mitarbeitergruppe aus der Gesamtbetriebsvereinbarung die Rechte des Betriebsrats nicht berührt würden. Der Betriebsrat habe von der Möglichkeit, für diese Mitarbeiter, von denen in der Niederlassung vier Assistenten arbeiteten, eine Regelung zu begehren mehrere Jahre nach der Unterzeichnung der Gesamtbetriebsvereinbarung keinen Gebrauch gemacht. Der Betriebsrat könne sein behauptetes Kontrollrecht über die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes auch ohne elektronische Zeiterfassung ausüben, weil insoweit eine Auskunftspflicht des Arbeitgebers bestünde. Außerdem könne dieser, als einziger von 70 Betriebsräten nicht die Unwirksamkeit der Gesamtbetriebsvereinbarung in toto, sondern nur auf den Betrieb festzustellen zu lassen. Die Beschwerdeschrift setze sich zudem nicht mit den tragenden Argumenten des Arbeitsgerichts im Einzelnen auseinander.

Der Gesamtbetriebsrat ist zweitinstanzlich der Auffassung, die Antragsbefugnis des Betriebsrats fehle, weil dieser seine Antragstellung nicht auf den Betrieb in Essen beschränke. Durch die Herausnahme der Markleiter-Assistenten sei nicht in die Regelungskompetenz des Betriebsrats eingegriffen worden. Hinsichtlich dieser Gruppe läge überhaupt keine Regelung vor. Der Betriebsrat könne seine betriebsverfassungsrechtliche Zuständigkeit geltend machen. Im übrigen läge die Regelungsbefugnis nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. November 2006 - 1 ABR 4/06 - beim Gesamtbetriebsrat.

Zu den weiteren Einzelheiten der Beschwerdebeantwortung wird auf den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 18. April 2007 (Bl. 72 - 75 d. A.) sowie den Schriftsatz des Gesamtbetriebsrats vom 16. April 2007 (Bl. 68 - 71 d. A.) Bezug genommen; zugleich wird auf die Feststellungen in der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht vom 25. Mai 2007 verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie begründet und erweist sich auch sonst als zulässig.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss vom 10. Dezember 2006 - 5 BV 15/06 - im Ergebnis zu Recht den - allein noch in der Beschwerde verfolgten - Antrag auf Feststellung, dass § 1 der Gesamtbetriebsvereinbarung für die Einführung einer systemgestützten Personalzeiterfassung (GPV) unwirksam ist, zurückgewiesen.

Nach Auffassung der Beschwerdekammer ist - in diesem Punkt mit der Beschwerde übereinstimmend - die Antragsbefugnis des Betriebsrats gegeben; denn in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten ist diese Kompetenz auch dann begründet, wenn der Betriebsrat einen Antrag zum Schutz einer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition stellt (BAG, Beschluss vom 18. August 1987 - 1 ABR 1/86 = EzA § 22 ArbGG 1979 Nr. 11; Brehm, Münchener Handbuch, Arbeitsrecht 2. Auflage, § 392 Rz. 21 ff.). Die Antragsbefugnis ist nach den Regeln über die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zu bestimmen (vgl. § 81 Abs. 1 ArbGG). Hierbei kommt es allein darauf an, ob die den Streitgegenstand betreffenden Normen des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) dem Betriebsrat eine eigene Rechtsposition zuordnen, die es erlaubt, sich mittels eines eigenen Antrags zu schützen (BAG, Beschluss vom 30. Oktober 1986 - 6 ABR 52/83 -).

Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen, bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten und die Leistung des Arbeitnehmers zu überwachen. Ein Daten verarbeitendes System ist zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer bestimmt, wenn es individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten selbst erstellt und aufzeichnet, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die erfassten und festgehaltenen Verhaltens- und Leistungsdaten auch auswertet oder zur Reaktion auf festgestellte Verhaltens- oder Leistungsweisen verwenden will.

Überwachung in diesem Sinne ist sowohl das Sammeln von Informationen, als auch das Auswerten bereits vorliegender Informationen (vgl. BAG, Beschluss vom 14. November 2006, 1 ABR 4/06 m. w. N. auf BAG, Beschluss vom 14. September 1984 - 1 ABR 23/82 = BAG 46, 367).

Die durch die Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) vereinbarte Anwendung des elektronischen Zeiterfassungssystems H. wird, wie in § 2 der GBV zeigt, nicht nur mit der Erfassung der Kommt- und Geh-Zeiten der Mitarbeiter und sämtliche Abwesenheitszeiten, sondern auch mit der Erstellung von marktbezogenen oder unternehmensbezogener Listen sowie der Nutzung dieser Daten für die Personalverwaltung begründet. Damit und auch durch die Fixierung des Geltungsbereichs in der GBV wird die Rechtstellung des antragstellenden Betriebsrats, entgegen der Auffassung der Vorinstanz, berührt.

Hierbei kommt es - insoweit entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin - nicht darauf an, ob der Betriebsrat mehrere Jahre nach Unterzeichnung der GBV keinen Gebrauch davon gemacht habe, eine Regelung für die - regelmäßig der in der für den Betriebsrat zuständigen Niederlassung arbeitenden - Assistenten herbeizuführen; denn Anhaltspunkte für einen rechtswirksamen Verzicht auf die Geltendmachung von Mitbestimmungsrechten sind nach bloßem Zeitablauf nicht zwingend anzunehmen.

Das Begehren des Betriebsrats scheitert jedoch daran, dass eine Kompetenz des Gesamtbetriebsrats zur Regelung nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bestand. Zwar ist für die Ausübung der Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsrecht grundsätzlich der von den Arbeitnehmern unmittelbar gewählte Betriebsrat zuständig. Dem Gesamtbetriebsrat sind nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur die Behandlung von Angelegenheiten zugewiesen, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Erforderlich ist, dass es sich zum einen um eine mehrere Betriebe betreffende Angelegenheit handelt und zum anderen objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung besteht. Dieses Erfordernis kann sich aus technischen und rechtlichen Gründen ergeben. Maßgebend sind die konkreten Umstände des Unternehmens und der einzelnen Betriebe (vgl. BAG, Beschluss vom 14. November 2006 - 1 BR 4/06 - m. w. N. auf BAG, Beschluss vom 09. Dezember 2003 - 1 ABR 1940/02 = BAG, 109, 71).

Das elektronische Zeiterfassungssystem H. dient - wie bereits ausgeführt - nicht nur der Erfassung der Kommen- und Gehzeiten der Mitarbeiter, sondern ermöglicht nach § 4 der Gesamtbetriebsvereinbarung Zugriffsrechte für das Marktbüro, die Markleitung, die Personalplanung, die Revision, die Abteilung Personalverwaltung und sogar für den Betriebsrat selbst. Die von der Arbeitgeberin durchgeführte Einführung dieses Systems und deren Anwendung erfordert technisch notwendig eine betriebsübergreifende Regelung. Eine technische Notwendigkeit zu einer solchen Regelung kann u. a. dann bestehen, wenn im Wege der elektronischen Datenverarbeitung in mehreren Betrieben Daten erhoben und verarbeitet werden, die auch zur Weiterverwendung in anderen Betrieben oder auch Verwaltungen bestimmt sind. In solchen Fällen darf sich der Gesamtbetriebsrat und Arbeitsgeber nicht einmal auf einer Rahmenkompetenz beschränken (vgl. BAG, Beschluss vom 14. November 2006, a. a. O.).

Besteht die Kompetenz des Gesamtbetriebsrats zur Regelung der strittigen Materie, fällt ihm ebenso, wie dem Betriebsrat bei einer Betriebsvereinbarung auch die Kompetenz zu, bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern aus dem Geltungsbereich der vereinbarten Regelung herauszunehmen (vgl. Matthes, Münchener Handbuch 2. Auflage, Münchener Handbuch Arbeitsrecht 2. Auflage, § 328 Betriebsvereinbarung Rz. 21; für Tarifverträge: Franzen, Erfurter Kommentar 7. Auflage, § 4 TVG, Wirkung der Rechtnormen Rz. 17).

Aus § 1 der GBV ergibt sich, dass Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat die Marktleiter-Assistenten auf der Grundlage ihrer einzelvertraglichen Regelungen denen der leitenden Angestellten (Marktleiter) gleichgestellt haben und damit insgesamt eine abschließende Regelung für diesen Personenkreise gewollt war.

Von der Beschwerdekammer geprüfte Aspekte der Gleichbehandlung - hierzu enthält die Beschwerde keine Angriffe - schließt die Rechtswirksamkeit der betroffenen Regelung nicht aus, denn die Nähe der Marktleiter-Assistenten zum Markleiter stellt einen vertretbaren Sachgrund für die Herausnahme aus dem Geltungsbereich der GBV dar. Für die Gruppe dieser Assistenten ist nämlich typisch, dass die ihnen übertragene Tätigkeit regelmäßig zeitlich begrenzt ist und mit der Option verbunden ist, Marktleiter zu werden; außerdem nehmen Marktleiter-Assistenten als Vertreter des Marktleiters häufig auch zunehmend Kompetenzen wahr, die denen eines Marktleiters entsprechen. Sie sind der Arbeitgeberseite damit angenähert. Von daher erweist sich die Herausnahme der Marktleiter-Assistenten als rechtswirksam.

Eine Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die sich bei der Entscheidung zu stellenden Rechtfragen höchstrichterlich geklärt sind.

Ende der Entscheidung

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