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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 16.02.2004
Aktenzeichen: 7 Sa 1011/03
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
ZPO § 524
BGB § 150 Abs. 2
BGB § 158 Abs. 1
BGB § 288
BGB § 286
BGB § 284
BGB § 611 Abs. 1
BGB § 847
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 7 Sa 1011/03

Verkündet am: 16.02.2004

Tenor:

1. Berufung und Anschlussberufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 22.05.2003 - 6 Ca 1350/02 werden zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat 4/5, die Klägerin 1/5 der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten über das Bestehen von Lohnansprüchen und eines Schadensersatzanspruches.

Die Klägerin ist seit dem 01.11.2001 bei der Beklagten angestellt. Gemäß Arbeitsvertrag beträgt ihr monatliches Gehalt 1.738,40 € brutto sowie vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 39,88 €.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Zahlung des Januar-, Februar- und März-Gehaltes für 2003 in Höhe von jeweils 1.788,28 € brutto, das bislang nicht gezahlt worden ist. Nach dem Arbeitsvertrag ist das Gehalt bis spätestens zum 01. des Folgemonats fällig.

Ende Januar 2003 fanden zwischen den Parteien außergerichtliche Vergleichsverhandlungen statt.

Die Klägerin hat vorgetragen,

es sei bei der Verhandlung im Januar 2003 nicht zum Abschluss eines Vergleichs gekommen. Sie habe einen Vergleich nur unter der Bedingung der vorherigen Herausgabe ihrer Arbeitspapiere, insbesondere des Arbeitszeugnisses abschließen wollen. Da es zu einer Herausgabe nicht gekommen sei, sei es auch nicht zum Abschluss eines Vergleiches gekommen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 1.778,28 € brutto nebst den gesetzlichen Zinsen seit dem 03.02.2003 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 1.778,28 € brutto nebst den gesetzlichen Zinsen seit dem 03.02.2003 zu zahlen,

3. die Lohnsteuerkarte für das Jahr 2002 herauszugeben,

4. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 1.778,28 € brutto nebst den gesetzlichen Zinsen seit dem 03.03.2003 zu zahlen.

5. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld von 2.000,00 € nebst den gesetzlichen Zinsen seit 23.04.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

die Parteien hätten Ende Januar 2003 einen Vergleich geschlossen, in dem vereinbart worden sei, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.01.2003 ende. Die Parteien seien sich einig gewesen. Lediglich die Protokollierung des Vergleichs habe nicht stattgefunden.

Die Klägerin hat die Klage zum 25.02.2003, 10.03.2003, 07.04.2003 jeweils um ein Monatsgehalt und vom 14.04.2003 um einen Schmerzensgeldanspruch erweitert. Das erstinstanzlich eingeklagte November-Gehalt hat die Beklagte am 22.01.2003 gezahlt, bezüglich des Dezember-Gehalts erging am 27.02.2003 Teil-Urteil.

Darin hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - 6 Ca 1350/02 durch Urteil vom 22.05.2003 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5.334,84 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1.778,28 € seit dem 03.02.2003, aus weiteren 1.778,28 € seit dem 03.03.2003 und aus weiteren 1.778,28 € seit dem 03.04.2003 zu zahlen; es hat die Beklagte desweiteren verurteilt, an die Klägerin die Lohnsteuerkarte 2002 herauszugeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Blatt 52 bis 54 der Akte Bezug genommen.

Gegen das ihr am 03.07.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 04.08.2003 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 02.09.2003 eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Klägerin hat gegen das ihr am 09.07.2003 zugestellte Urteil durch am 07.08.2003 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Anschlussberufung eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 28.08.2003 begründet hat.

Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, dass es bei ihr durch das Verhalten der Beklagten zu massiven gesundheitlichen Störungen gekommen sei. Durch das Zurückhalten der Gehälter sei sie in finanzielle Schwierigkeiten geraten, die sie psychisch stark belastet hätten. Desweiteren sei sie am Arbeitsplatz durch von der Beklagten aufgestachelte Kollegen, ein feindseeliges Arbeitsklima und durch spät abendliche Anrufe der Beklagten "gemobbt" worden. Dadurch sei es bei ihr zu einer psychosomatisch bedingten Magen-Darm-Erkrankung gekommen. Letztlich habe sie sich bei einem Psychologen in Behandlung begeben müssen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern zu verurteilen, an die Klägerin weitere 2.000,00 € nebst den gesetzlichen Zinsen seit dem 23.04.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt damit die angefochtene Entscheidung, soweit sie zu ihren Gunsten ausgefallen ist, und hebt insbesondere hervor, es sei zu einem Vergleichsabschluss zwischen den Parteien gekommen. Desweiteren sei es zu keiner Zeit zu einer bewussten Drangsalierung der Klägerin durch sie gekommen. Die Beklagte habe sich nach ihrer Erkrankung auch viel zu kurz im Betrieb aufgehalten, als dass es in dieser Zeit zu einer gravierenden Einwirkung auf die Klägerin habe kommen können.

Die Beklagte beantragt deshalb ihrerseits,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - 6 Ca 1350/02 vom 22.05.2003, zugestellt am 03.07.2003, die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.02.2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Berufung und Anschlussberufung sind auch gemäß § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519, 524 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Rechtsmittel der Berufung und der Anschlussberufung haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Lohnzahlung für die Monate Januar, Februar und März 2003 hat.

Unstreitig besteht zwischen den Parteien seit dem 01.01.2001 ein Arbeitsverhältnis. Dieses ist auch nicht bis zum 31.03.2003 beendet worden. Insbesondere hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch einen außergerichtlichen Vergleich sein Ende gefunden. Zwar hat es zwischen den Parteien im Januar 2003 - unstreitig - Vergleichsverhandlungen gegeben, zum Abschluss eines Vergleichs ist es jedoch nicht gekommen. Denn ein Vergleich ist ein schuldrechtlicher Vertrag, zu dessen Abschluss zwei übereinstimmende Willenserklärungen, die das Gesetz Angebot und Annahme nennt, bedarf. Im Schreiben vom 03.02.2003 (Bl. 78 d. A.) hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf das Vergleichsangebot der Beklagten damit geantwortet, dass er grundsätzlich zum Abschluss des vorgeschlagenen Vergleichs bereit ist, sobald seine Mandantin, die Klägerin, ihre Arbeitspapiere und ihr Arbeitszeugnis erhalten hat. Sie hat somit das Angebot der Beklagten modifiziert. Eine Annahme eines Angebots unter Einschränkung desselben ist gemäß § 150 Abs. 2 BGB als neuer Antrag zu werten. In diesem neuen Antrag wurde eine aufschiebende Bedingung gemäß § 158 Abs. 1 BGB dahingehend aufgenommen, dass der Vergleich nur dann wirksam sein sollte, wenn die Klägerin ihre Arbeitspapiere und ihr Arbeitszeugnis zuvor erhalte. Weder die Annahme dieses Vergleichsangebotes durch die Beklagte, noch der Eintritt der aufschiebenden Bedingungen ist durch die Beklagte vorgetragen worden. Deshalb ist es nicht zum Abschluss eines Vertrages, hier in Form eines Vergleiches, gekommen. Folglich wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 31.01.2003 beendet. Es bestand also bis zum 31.03.2003 fort, so dass die Klägerin einen Anspruch auf Lohnzahlung gemäß § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag für die Monate Januar, Februar und März 2003 hat. Dieser Gehaltsanspruch wurde unstreitig nicht erfüllt. Weitere Einwendungen hat die Beklagte nicht vorgetragen, so dass dem Zahlungsanspruch nichts entgegen steht und die Berufung zurückzuweisen war.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 288, 286, 284 BGB; auch insofern war die Berufung zurückzuweisen.

Andererseits hat aber auch die Anschlussberufung der Klägerin in der Sache keinen Erfolg.

Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld gegen die Beklagte gemäß § 847 BGB. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, sie habe verschiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten, insbesondere sei es bei ihr zu einer Magen-Darm-Erkrankung und zur Notwendigkeit einer psychologischen Behandlung gekommen. Die Klägerin hat aber nicht im Einzelnen nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiiert vorgetragen, dass die Beklagte rechtswidrig und schuldhaft gehandelt habe. Die Klägerin hat vorgetragen, ihre Arbeitskollegen seien von der Beklagten aufgehetzt worden. Die Beklagte habe am späten Abend bei ihr angerufen. Auch habe die Beklagte Lohnzahlungen verspätet oder gar nicht vorgenommen um sie zu schädigen. Ein solches Verhalten ist zwar im besonderen Maße unerfreulich, es handelt sich aber eher um gewöhnliche Schwierigkeiten im allgemeinen Geschäftsverkehr, als um eine gezielte Rechtsgutsverletzung. Im Übrigen konnte die Klägerin insoweit nicht darlegen, dass eine tatsächliche Ursächlichkeit zwischen diesem Verhalten der Beklagten und ihren gesundheitlichen Beschwerden besteht. Letztlich fehlt es auch an einem Sachvortrag der Klägerin zu einem Verschulden der Beklagten. Von daher ist die Kammer auch für das Berufungsverfahren davon ausgegangen, dass kein hinreichender Tatsachenvortrag gegeben ist, der die Annahme eines Schmerzensgeldanspruchs hätte rechtfertigen können. Folglich war auch die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Herausgabe der Arbeitspapiere ist auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts (Seite 5 = Bl. 54 d. A.) zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug zu nehmen. Weitere Ausführungen sind nicht veranlasst.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des §§ 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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