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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 20.10.2003
Aktenzeichen: 7 Sa 784/03
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB, GewO, StGB


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
BGB § 626 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 2
GewO § 123
GewO § 124
StGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 7 Sa 784/03

Verkündet am: 20.10.2003

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 02.05.2003 - 7 Ca 109/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im vorliegenden Rechtsstreit streiten die Parteien darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer außerordentlichen Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat.

Der Kläger ist seit November 1978 bei der Beklagten als Arbeiter, zuletzt mit einem Bruttoentgelt von 1.550,00 € monatlich, beschäftigt. Der Kläger ist 1954 geboren, verheiratet und einer Person zum Unterhalt verpflichtet.

Mit Schreiben vom 20.12.2002, dem Kläger am 28.12.2002 zugegangen, hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentliche gekündigt. Hinsichtlich des Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf Blatt 6 der Akte Bezug genommen.

Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer.

Hintergrund der außerordentlichen Kündigung ist, dass der Kläger am 14.12.2003 drei Weihnachtssterne aus der Stadtgärtnerei entnommen und mit nach Hause genommen hat. Zu diesem Zeitpunkt befand sich lediglich die Auszubildende und Zeugin Frau X. in der Gärtnerei. Der Kläger bezahlte die Weihnachtssterne bei Wegnahme derselben nicht. Beim Gehen sagte er noch zu Frau X. sinngemäß, sie solle Herrn W., der der Leiter der Gärtnerei ist, nichts von der Mitnahme der Weihnachtssterne sagen.

Der Kläger hat vorgetragen,

er habe gedacht, die Weihnachtssterne unentgeltlich mitnehmen zu können, da dies betriebsüblich sei. In der Vergangenheit sei es durchaus üblich gewesen, dass Pflanzenmaterial wie z. B. Stiefmütterchen, Priemeln etc. an Dritte umsonst ohne Bezahlung aus der Stadtgärtnerei abgegeben worden seien. Er selbst habe einmal Schnittblumen für seine Gattin zum Geburtstag bei dem Leiter, Herrn W. gekauft, ein anderes mal im Juni/Juli 2002 habe Herr W. ihm gestattet, Sonnenblumen für sein privates Beet ohne Bezahlung mit nach Hause nehmen zu können. Auch zuvor bereits habe Herr W. ihm auf Nachfrage des Öfteren Tische gezeigt und gesagt, von dort und dort könne er sich Pflanzen mitnehmen. Am 14.12.2002 habe er deswegen die anwesende Frau X. gefragt, ob sie Weihnachtssterne habe. Nachdem diese dies verneint habe, sei das Thema für ihn zunächst erledigt gewesen. Erst nachdem Frau X. von sich aus ihn darauf hingewiesen habe, dass sie noch andere Weihnachtssterne habe, die nicht so gut seien, habe er sich diese angeschaut und von diesen welche mitgenommen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die ordentlich noch durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 20.12.2002 beendet wird.

2. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

der Leiter der Stadtgärtnerei Herr W. dürfe Blumen an Mitarbeiter abgeben, allerdings nur entgeltlich und aufgrund seiner Entscheidung. Ein einfaches Mitnahmerecht für Arbeitnehmer bestehe nicht. Am 14.12.2002 habe der Kläger, nachdem die anwesende Auszubildende Frau X. ihm gesagt habe, sie habe keine Weihnachtssterne, von sich aus das Gewächshaus betreten und sich umgesehen. Nachdem er Weihnachtssterne gesehen habe, habe er diese von sich aus an sich genommen und ohne Bezahlung mitgenommen.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat in der mündlichen Verhandlung vom 02.05.2003 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin X. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Kammerverhandlung vom 02.05.2003 (Bl. 33 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat daraufhin die Klage durch Urteil vom 02.05.2003 - 7 Ca 109/03 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Blatt 40 bis 48 der Akte Bezug genommen.

Gegen das ihm am 08.05.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 06.06.2003 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 04.08.2003 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 08.07.2003 auf seinen begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 08.08.2003 einschließlich verlängert worden war.

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, der Kläger habe keinen Diebstahl begangen. Das Arbeitsgericht habe die Zeugenaussage von Frau X. nicht zutreffend gewürdigt. Es seien regelmäßig überzählige Pflanzen an Beschäftigte abgegeben worden, ohne dass eine Bezahlung stattgefunden habe, vor allem auch ohne, dass dazu in jedem Einzelfall die Erlaubnis von Herrn W. nötig gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 02.05.2003 - 7 Ca 109/03 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 20.12.2002 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, vorliegend sei eine Straftat gegenüber der Beklagten vom Kläger begangen worden. Auszugehen sei von dem unstreitigen Tatbestand, dass der Kläger am 14.12.2002 drei Weihnachtssterne aus den Gewächshäusern der Beklagten mitgenommen habe, ohne dazu befugt zu sein, oder von einer berechtigten Person dazu ermächtigt gewesen zu sein. Er habe die Weihnachtssterne zum Zeitpunkt der Mitnahme nicht bezahlt und auch nicht beabsichtigt, dies später zu tun. Das Arbeitsgericht habe die Aussage der Zeugin Frau X. völlig zutreffend gewürdigt. Die Zeugin habe aufgrund ihres Lebensalters (20 Jahre alt), sowie ihres Status bei der Beklagten (sie ist Auszubildende) sich nicht berechtigt und in der Lage gesehen, dem Kläger als Mitarbeiter der Beklagten, der erheblich älteren Person bei seinem Vorgehen entgegenzutreten und zu widersprechen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen. Schließlich wird Bezug genommen auf die Feststellungen im Sitzungsprotokoll vom 20.10.2003.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 20.12.2002 sein Ende gefunden hat.

Die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung seitens des Arbeitgebers setzt voraus, dass ein wichtiger Grund vorliegt, dass dem Arbeitgeber nicht zumutbar erscheinen lässt, eine ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten, dass der Arbeitgeber die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt hat, im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung die Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Interessen des Arbeitnehmers und dessen Fortsetzung überwiegen und keine sonstigen Unwirksamkeitsgründe, wie z. B. eine fehlerhafte Betriebs- oder Personalratsanhörung vorliegen.

Ein wichtiger Grund im Sinne der Generalklausel der § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung liegt dann vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und in der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung nicht zugemutet werden kann. Damit wird der wichtige Grund zunächst durch die objektiv vorliegenden Tatsachen bestimmt, die an sich geeignet sind, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar zu machen. Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB ist deshalb jeder Sachverhalt, der objektiv das Arbeitsverhältnis mit dem Gewicht eines wichtigen Grundes belastet (vgl. BAG AP-Nr. 4, 42, 63 zu § 626 BGB). Entscheidend ist nicht der subjektive Kenntnisstand des Kündigenden, sondern der objektiv vorliegende Sachverhalt, der objektive Anlass. Berücksichtigt werden können nur die bis zum Ausspruch der Kündigung eingetretenen Umstände bei der Überprüfung der Frage, ob sie als Kündigungsgrund an sich geeignet sind Ascheid/Preis/Schmidt Großkommentar Kündigungsrecht 1. Auflage 2000 (APS-Dörner), § 626 BGB Rz. 42 ff.; Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch Arbeitsrecht (DLW-Dörner), 3. Auflage 2002, D Rz. 656 ff.).

Die danach zu berücksichtigenden Umstände müssen nach verständigem Ermessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar erscheinen lassen (BAG AP-Nr. 4 zu § 626 BGB). Bei der Bewertung des Kündigungsgrundes und bei der nachfolgenden Interessenabwägung ist ein objektiver Maßstab anzulegen, so dass subjektive Umstände, die sich aus den Verhältnissen der Beteiligten ergeben, nur aufgrund einer objektiven Betrachtung zu berücksichtigen sind. Die danach maßgeblichen Umstände müssen sich konkret nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken; da der Kündigungsgrund zukunftsbezogen ist und die Kündigung keine Sanktion für das Verhalten in der Vergangenheit darstellt, kommt es auf seine Auswirkungen auf die Zukunft an. Da es um den zukünftigen Bestand des Arbeitsverhältnisses geht, muss dessen Fortsetzung durch objektive Umstände oder die Einstellung oder das Verhalten des Gekündigten im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im persönlichen Vertrauensbereich (der Vertragspartner) oder im Unternehmensbereich konkret beeinträchtigt sein (BAG EzA § 626 BGB Nr. 11, EzA § 626 BGB n.F. Nr. 7).

Die erforderliche Überprüfung gem. § 626 Abs. 1 BGB vollzieht sich folglich zweistufig:

Zum einen muss ein Grund vorliegen, der unter Berücksichtigung der oben skizzierten Kriterien überhaupt an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Insoweit handelt es sich um einen Negativfilter, d. h., dass bestimmte Kündigungsgründe eine außerordentliche Kündigung von vornherein nicht rechtfertigen können.

Zum anderen muss dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der - in der Regel - vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen (vgl. ausführlich APS-Dörner, § 626 BGB a.a.O.; DLW-Dörner a.a.O.).

Entscheidender Zeitpunkt ist der des Ausspruchs der Kündigung.

Die in den aufgehobenen gesetzlichen Vorschriften der §§ 123, 124 Gewerbeordnung, 71, 72 HGB nach altem Recht genannten Beispiele für wechselseitige wichtige Gründe (z. B. Arbeitsvertragsbruch, beharrliche Arbeitsverweigerung) sind als wichtige Hinweise für typische Sachverhalte anzuerkennen, die an sich geeignet sind, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung zu bilden und die Kündigung in der Regel auch zu rechtfertigen, wenn keine besonderen Umstände zugunsten des Gekündigten sprechen (vgl. BAG AP-Nr. 99 zu § 626 BGB). "Absolute Kündigungsgründe", die ohne eine besondere Interessenabwägung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, bestehen andererseits jedoch nicht (BAG SAE 1986, S. 5).

Systematisch kann nach Störungen im Leistungsbereich, im betrieblichen Bereich der Verbundenheit aller Mitarbeiter, im persönlichen Vertrauensbereich der Vertragspartner und im Unternehmensbereich unterschieden werden (APS-Dörner, a.a.O.; DLW-Dörner a.a.O.)

Auch von einem Arbeitnehmer kann insoweit grundsätzlich keine Änderung der Vertragserfüllung erwartet werden, solange der Arbeitgeber ihn nicht auf sein Fehlverhalten aufmerksam gemacht hat. In der Regel wird erst nach einer vergeblichen Abmahnung die erforderliche Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass sich der Arbeitnehmer auch in Zukunft nicht vertragsgemäß verhalten wird. Eine Abmahnung kann allerdings dann als entbehrlich angesehen werden, wenn es sich um eine Vertragsverletzung handelt, die zu einer Störung im Vertrauensbereich führt und die derart gravierend ist, dass ein verständiger Arbeitnehmer erkennen muss, dass ein Arbeitgeber die Vertragsverletzung nicht billigen wird. Insofern kommen als wichtige Gründe für eine fristlose Kündigung auch ohne einschlägige Abmahnung insbesondere Straftaten, wie Diebstahl, Betrug, Untreue u.s.w. in Betracht (vgl. DLW-Dörner D Rz. 687 ff.). Dabei kommt es auf den Wert einer z. B. entwendeten Sache, die im Eigentum des Arbeitgebers steht, nicht an (BAG 17.05.1984 EzA § 626 BGB Neue Fassung Nr. 90, 12.08.1999 EzA § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlungen Nr. 8).

Vorliegend hat der Kläger, insoweit folgt die Kammer ausdrücklich dem Arbeitsgericht, die strafbare Handlung des Diebstahls gemäß § 242 StGB gegenüber der Beklagten begangen. Der Kläger hat am 14.12.2002 unstreitig drei Weihnachtssterne aus den Gewächshäusern der Beklagten entwendet, ohne dazu befugt zu sein oder von einer verfügungsbefugten Person dazu ermächtigt gewesen zu sein. Er hat die Weihnachtssterne im Zeitpunkt der Entwendung auch nicht bezahlt und auch nicht beabsichtigt, dies später zu tun. Soweit der Kläger vorgetragen hat, er habe gedacht, es sei ihm gestattet, Pflanzen aus der Stadtgärtnerei ohne Bezahlung und ohne Information eines Verfügungsberechtigten seitens der Beklagten zu entwenden, ist dies nicht nachvollziehbar. Das Arbeitsgericht hat darauf völlig zu Recht hingewiesen. Denn wenn dem so gewesen wäre, ist seine Äußerung gegenüber der in der Gärtnerei am 14.12.2002 anwesenden Auszubildenden, der Zeugin Frau X., sie solle dem Herrn W. nichts über die Entwendung der Weihnachtssterne sagen, völlig unverständlich. Bei Herrn W. handelt es sich um den Leiter der Stadtgärtnerei, der berechtigt ist, auch an Mitarbeiter Eigentumsübertragungen von Stadteigentum in Form von Pflanzen vorzunehmen, regelmäßig allerdings nur gegen Bezahlung. Dem Kläger, der vorher selbst in der Gärtnerei gearbeitet hat, musste klar sein, dass nur Herr W. darüber befinden konnte, ob Eigentum der Stadt an ihn übereignet und übertragen werden durfte oder nicht. Nach seinen eigenen Aussagen in seinem Schriftsatz vom 21.02.2003 hat er selbst bereits bei Herrn W. Schnittblumen für seine Ehefrau gekauft bzw. ihm wurde seitens des Leiters der Gärtnerei, Herrn W., gestattet, Blumen mit nach Hause zu nehmen. Der Kläger konnte daher keinesfalls davon ausgehen, dass die Auszubildende Frau X., die er von seiner früheren Tätigkeit der Gärtnerei her kannte, berechtigt und befugt war, ihm selbst die entwendeten Blumen zu Eigentum zu übertragen. Nur so macht auch seine von ihm selbst eingeräumte bzw. nicht ausdrücklich bestrittene Äußerung, die Zeugin X. solle dem Herrn W. nichts über die Entwendung der Weihnachtssterne sagen, einen Sinn. Aus dieser Äußerung ergibt sich eindeutig, das dem Kläger völlig bewusst war, dass er sich nicht einfach Eigentum der Beklagten aneignen durfte, ohne dass dies seitens eines Verfügungsberechtigten bei der Beklagten, nämlich des Herrn W., gebilligt worden war. Hätte er sein Verhalten tatsächlich als rechtmäßig angesehen, wie er dies im erstinstanzlichen Rechtszug vorgetragen hat, dann hätte er keinerlei Befürchtungen haben müssen, dass die Zeugin X. Herrn W. von der Entwendung der Weihnachtssterne Mitteilung machen würde. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Auch seine Einlassung im Schriftsatz vom 16.04.2003, er sei deswegen von der Rechtmäßigkeit der Mitnahme der Weihnachtssterne ausgegangen, da es auch in der Vergangenheit durchaus üblich gewesen sei, dass Pflanzenmaterial der Beklagten an Mitarbeiter abgegeben worden sei, ändert an dieser Einschätzung nichts. Abgesehen davon, dass sein Sachvortrag insoweit nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen unsubstantiiert und deshalb eines Beweises bzw. bereits zuvor eines substantiierten Bestreitens durch die Beklagte nicht zugänglich ist, da er nicht im Einzelnen vorgetragen hat, wann welche Pflanzen an welche Arbeitnehmer von wem abgegeben wurden, wurden in seinem Fall am 14.12.2002 ihm die Weihnachtssterne ja gerade nicht "abgegeben". Wie die Zeugin X. bei ihrer Vernehmung ausgesagt hat, hat sich der Kläger im Gewächshaus selbst bedient, obwohl sie ihm vorher ausdrücklich gesagt hatte, es seien keine Weihnachtssterne da. Der Kläger hat sich dann auf eigenes Betreiben in die Gewächshäuser begeben und sich Pflanzen angeeignet, ohne dass die anwesende Zeugin X. - ganz unabhängig davon, dass diese Auszubildende erkennbar dazu gar nicht berechtigt gewesen sein konnte - ihm dies gestattet hatte. Von einem "abgeben" der Weihnachtssterne an ihn kann daher keine Rede sein. Seine insofern vorgetragenen Darstellungen des Tatsachengeschehens am 14.12.2002, nach der die Zeugin X. ihn selbst auf die "nicht ganz so guten" Weihnachtssterne im Gewächshaus hingewiesen haben soll, wurde, auch insoweit folgt die Kammer ausdrücklich dem Arbeitsgericht, durch die nachvollziehbare und glaubhafte Aussage der Zeugin X. im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht widerlegt. Die Kammer teilt auch die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass dann, wenn sein Sachvortrag im Schriftsatz vom 16.04.2003 so zu verstehen sein soll, dass auch andere Arbeitnehmer sich unberechtigt selbst in der Vergangenheit Pflanzenmaterial angeeignet hatten, dieses sein Verhalten nicht besser macht. Denn selbst wenn andere Arbeitnehmer in der Vergangenheit ebenfalls Diebstähle gegenüber der Beklagten begangen hätten, rechtfertigt dies es keineswegs, dass der Kläger gleichermaßen Straftaten verübt.

Das Verhalten des Klägers hat das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und der Beklagten unrettbar zerstört. Von daher ist die begangene Straftat ein an sich zur außerordentlichen Kündigung geeigneter Umstand, der eine Kündigung auch ohne vorhergehende Abmahnung rechtfertigt.

Die Beklagte hat auch die 2-Wochen-Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB eingehalten. Dem Kläger wurde die Kündigung unstreitig am 28.12.2002 übergeben, mithin noch innerhalb der 2-Wochen-Frist nach Begehung der Tat und 11 Tage nach Kenntniserlangung des Leiters der Stadtgärtnerei von dem Vorfall.

Im Rahmen der durchzuführenden Interessenabwägung (vgl. BAG 17.05.1984 EzA § 626 BGB Neue Fassung Nr. 90) waren zugunsten des Klägers seine lange Betriebszugehörigkeit, die relativ geringe Schadenshöhe, die Folgen der Auflösung des Arbeitsverhältnisses für den Kläger und seine derzeit schlechten Aussichten, eine andere Anstellung zu finden, zu berücksichtigen (vgl. DLW-Dörner a.a.O. D Rz. 776 ff.). Mit dem Arbeitsgericht ist auch die Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber einem Kind zu seinen Gunsten zu berücksichtigen (vgl. BAG 11.03.1999 EzA § 626 BGB Neue Fassung Nr. 176; DLW-Dörner D Rz. 780).

Demgegenüber war zugunsten der Beklagten und zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass das Vertrauensverhältnis der Beklagten zum Kläger aufgrund der Straftat erschüttert ist und der Kläger, auch insoweit folgt die Kammer dem Arbeitsgericht, in vollem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seiner Tat und damit ohne unentschuldbaren Grund einen Diebstahl begangen hat. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger auch noch versucht hat, seine Tat zu verschleiern und eine Auszubildende bei der Beklagten dabei bei seinem Vorhaben einzuspannen versucht hat. Die Zeugin X. hat bei ihrer Aussage bestätigt, dass der Kläger ihr gegenüber Äußerungen abgegeben hat, sie solle dem Leiter der Gärtnerei, Herrn W. nichts über den Vorfall erzählen. Erschwerend kommt weiterhin hinzu, dass der Kläger nicht nur bei dieser Gelegenheit von seinem Arbeitsplatz Eigentum der Beklagten entwendet hat, sondern sich gezielt in eine andere Abteilung und einen anderen Betriebsteil der Beklagten begab, um dort das Eigentumsdelikt zu verwirklichen.

Bei Abwägung der gegenseitigen Interessen war es daher aus der Sicht auch des Landesarbeitsgerichts der Beklagten nicht zuzumuten, den Kläger auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.

Auch das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhaltes. Soweit der Kläger dabei insbesondere Zweifel an der Aussage der Zeugin X. äußert, ist dies nicht nachvollziehbar. Zum einen war es dem Kläger unbenommen, während der Zeugenvernehmung durch das Arbeitsgericht, an der er persönlich teilgenommen hat, selbst oder durch seinen Prozessbevollmächtigten Fragen zum tatsächlichen Hergang zu stellen. Zum anderen bleibt bei seiner tatsächlichen Darstellung in der Berufungsbegründung völlig unklar, welche Veranlassung die Auszubildende, Frau X., gehabt haben sollte, sich in der vom Kläger beschriebenen Art zu verhalten. Für sie lag das gesamte Ansinnen des Klägers außerhalb ihres Kompetenzbereiches, was dem Kläger, wie die von der Zeugin wiedergegebene Äußerung, sie solle davon dem Leiter der Gärtnerei, Herrn W., nichts zu sagen bestätigt, auch völlig bewusst war. Soweit der Kläger behauptet hat, auch vor dem 14.12.2002 seien regelmäßig überzählige Pflanzen an Beschäftigte abgegeben worden, ohne dass eine Zahlung stattgefunden habe, bleibt er auch im Berufungsverfahren jeglichen konkreten Tatsachenvortrag schuldig. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Kläger nicht von sich aus Namen von Mitarbeitern benennen kann, an die auf diese Art und Weise Pflanzen abgegeben worden sind. Denn er räumt ein, dass er allenfalls teilweise selbst anwesend war; zumindest für diese Vorfälle kann er also auch Tatsachen vortragen. Die Kammer teilt nicht die Auffassung des Klägers, dass die Kündigung ohne Ausspruch der vorherigen einschlägigen Abmahnung unwirksam ist; insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Abschließend teilt die Kammer auch nicht die Auffassung des Klägers, dass das Arbeitsgericht die Interessenabwägung unzutreffend durchgeführt hat.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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