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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 30.07.2008
Aktenzeichen: 7 Sa 789/07
Rechtsgebiete: ArbGG, KSchG, TVG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 69 Abs. 2
KSchG § 1
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1
KSchG § 1 Abs. 2 S. 2
KSchG § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 b
KSchG § 1 Abs. 3 S. 1
KSchG § 2 S. 1
TVG § 3 Abs. 2
TVG § 4 Abs. 1 S. 2
ZPO §§ 512 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 06.12.2007 Az.: 3 Ca 1646/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung und um den Anspruch des Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung während des Rechtsstreits. Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 06.12.2007 (dort Seite 3 - 11 = Bl. 197 - 205 d. A.) Bezug genommen. Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch Kündigung der Beklagten vom 27. Juni 2007 nicht beendet wird, 2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen gemäß der Einstellungsvereinbarung vom 06. Juli 1984 weiterzubeschäftigen. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 16.12.2007 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27.06.2007 nicht beendet worden ist; des Weiteren hat es die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen gemäß der Einstellungsvereinbarung vom 06.07.1984 weiterzubeschäftigen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die auf betriebsbedingte Gründe gestützte Änderung der Arbeitsbedingungen sei nach §§ 2 S. 1, 1 Abs. 2 des vollumfänglich anwendbaren Kündigungsschutzgesetzes nicht sozial gerechtfertigt, da sich die Beklagte nicht darauf beschränkt habe, nur solche Vertragsänderungen anzubieten, welche der Kläger billigerweise habe hinnehmen müssen. Die Änderung von Vertragsbedingungen müsse geeignet und notwendig sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrages den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Bei einer Änderung des Arbeitsvertrages mit dem Ziel, eine Absenkung der bisherigen Vergütung zu erreichen, könne die Unrentabilität des Betriebes einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Arbeitsbedingungen entgegenstehen, falls durch die Senkung der Personalkosten die Stilllegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden könne und die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken seien. Wenn durch ein Änderungsangebot neben der Arbeitsleistungspflicht auch die Vergütungspflicht geändert werden solle, müssten beide Elemente des Änderungsangebotes dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Soweit die Beklagte dem Kläger im Rahmen der Änderungskündigung eine Tätigkeit in dem von X. nach W. verlagerten Betriebsbereich Logistik angeboten habe, sei der hiermit verbundene Ortswechsel vom Werk X. zum Werk V. bei W., trotz der sich auf 160 km belaufenden Entfernung, rechtlich nicht zu beanstanden, da eine Beschäftigungsmöglichkeit in X. entfallen sei. Unverhältnismäßig sei aber, dass das Änderungsangebot ein unverändertes Arbeitsentgelt enthalte bei gleichzeitiger Steigerung der Arbeitszeit von bisher 35 auf 39 Wochenstunden ohne Lohnausgleich. Dass die hiermit verbundene Senkung der Personalkosten wegen einer Stilllegung des Betriebes in X. oder einer drohenden Reduzierung der Belegschaft erforderlich geworden sei, werde von der Beklagten nicht vorgetragen. Durch den im Arbeitsrecht allgemein geltenden Gleichheitsgrundsatz sei nicht zu rechtfertigen, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers in W. mit der bisherigen Arbeitzeit und Arbeitsentgeltregelung ausgeschlossen sei. Aufgrund eines Standortssicherungstarifvertrages müssten zwar die bisher in W. beschäftigen Arbeitnehmer während einer 39-Stundenwoche ohne Lohnausgleich arbeiten. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei eine Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz zur Begründung der Änderung von Arbeitsbedingungen aber nicht zulässig. Dass die änderungsgekündigten Arbeitnehmer als Mitglieder der einschlägigen Gewerkschaft tarifgebunden seien und deshalb der Standortsicherungstarifvertrag in W. als Firmentarifvertrag auf sie Anwendung finde sowie deshalb das Änderungsangebot nicht unzumutbar sei, habe die Beklagte nicht dargelegt. Dem Standortsicherungstarifvertrag sei auch keine Betriebsnorm zu entnehmen, die allein aufgrund der Tarifbindung der Beklagten gemäß § 3 Abs. 2 TVG nach einem Wechsel von Arbeitnehmern nach W. Anwendung finden würde. Die Dauer der Arbeitszeit wie auch die Höhe des Arbeitsentgeltes gehörten zum Kernbestand des arbeitsvertraglichen Leistungsversprechens; sie bildeten mithin eine Individualnorm (Inhaltsnorm) und nicht eine Betriebsnorm. Darüber hinaus habe aber die Beklagte auch nicht substantiiert dargelegt, dass anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten für die änderungsgekündigten Arbeitnehmer in der Retourenbearbeitung und im Nachschublager - die beiden Einheiten verblieben in X., wo insgesamt 25 Arbeitsplätze zu besetzen gewesen seien - nicht bestanden hätten. Insofern sei eine Auswahl zwischen den von einer Änderungskündigung bedrohten Arbeitnehmern durchzuführen gewesen, wobei die Grundsätze der Sozialauswahl zu beachten gewesen seien. Dass sich die Beklagte hieran gehalten habe, sei ihrem Vortrag aber nicht zu entnehmen. Da der Kläger mit seiner Kündigungsfeststellungsklage obsiegt habe, bestehe auch ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 12 ff. des Urteils vom 06.12.2007 (= Bl. 206 ff. d. A.) verwiesen. Die Beklagte, der die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 12.02.2008 zugestellt worden ist, hat am 19.12.2007 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 13.05.2008 ihr Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 13.05.2008 verlängert worden war. Die Beklagte macht geltend,

das dem Kläger unterbreitete Änderungsangebot sei nicht unverhältnismäßig. Der Kläger sei Mitglied der Gewerkschaft, welche den Standortsicherungstarifvertrag für das Werk W. abgeschlossen habe und unterfalle somit diesem Tarifvertrag. Falls der Kläger nicht Mitglied der Gewerkschaft U. sei, finde der genannte Standortsicherungstarifvertrag Anwendung, da es sich hierbei um eine Betriebsnorm im Sinne der §§ 4 Abs. 1 S.2, 3 Abs. 2 TVG handle. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes könnten auch Firmentarifverträge zur Beschäftigungssicherung durch Arbeitszeitverringerung gegen (teilweise) Lohnverringerung und Kündigungsschutz (auch) Betriebsnormen darstellen. Aufgrund der Verlagerung des Logistikstandortes der Beklagten von X. nach W. habe der Beklagten als mildestes Mittel lediglich die Änderungskündigung zur Verfügung gestanden. Dass hierbei, aufgrund des in W. geltenden Standortsicherungstarifvertrages, vom Kläger statt einer 35- eine 39-Stundenwoche ohne Lohnausgleich abzuleisten sei, stelle sich lediglich als "Reflex" der Zuweisung des neuen Arbeitsplatzes dar. Soweit das Arbeitsgericht die Darlegungen der Beklagten zur Sozialauswahl für unzureichend erachtet habe, sei die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht beachtet worden. Falls ein Arbeitnehmer eine fehlerhafte Sozialauswahl rügen wolle, müsse er unter Angabe der individuellen Sozialdaten diejenigen Arbeitnehmer namentlich benennen, die nach seiner Meinung von einer Kündigung weniger hart betroffen wären. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 13.05.2008 (Bl. 328 ff. d. A.) und 08.07.2008 (Bl. 380 f. d. A.) Bezug genommen. Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 06.12.2007, Az. 3 Ca 1646/07 abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger führt aus,

das Arbeitsgericht Koblenz habe der Klage mit zutreffender Begründung stattgegeben. Eine soziale Rechtfertigung einer angebotenen Vergütungsänderung sei nur dann entbehrlich, wenn sich die geänderte Vergütung für die neue Tätigkeit aus einem im Betrieb angewandten Vergütungssystem ergebe. Bei dem Standortsicherungstarifvertrag für den Standort W. handle es sich nicht um ein Vergütungssystem, dass in jenem Betrieb angewendet worden sei, in dem der Kläger bislang beschäftigt worden sei. Die Vergütungsänderung sei auch nicht durch die Auflösung des Bereichs Logistik am bisherigen Standort und Fortführung an einem anderen Standort gerechtfertigt. Soweit die Beklagte die Auffassung vertrete, das Arbeitsgericht habe die Darlegungs- und Beweislastverteilung im Zusammenhang mit der Sozialauswahl fehlerhaft angewandt, berücksichtige sie nicht hinreichend, dass sich die Ausführungen des Arbeitsgerichtes nicht in erster Linie auf die Sozialauswahl bezogen hätten. Vielmehr habe das Arbeitsgericht gerügt, die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass keine anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb X. mehr für den Kläger existierten. Für das Fehlen solcher Beschäftigungsmöglichkeiten sei grundsätzlich aber der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dementsprechend hätte die Beklagte darlegen müssen, wie sie die 25 in X. verbleibenden Arbeitsplätze im einzelnen besetzt habe und warum hierfür der Kläger nicht in Betracht gekommen sei. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 30.06.2008 (Bl. 376 ff. d. A.) verwiesen. Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Koblenz nämlich festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Änderungskündigung vom 27.06.2007 nicht beendet wurde und darüber hinaus die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen. A. Die ordentliche Änderungskündigung vom 27.06.2007, welche gegenüber dem Kläger die Wirkung einer Beendigungskündigung hat, ist gemäß § 1 des vollumfänglich anwendbaren Kündigungsschutzgesetzes rechtsunwirksam, da sie nicht sozial gerechtfertigt ist. Nach § 1 Abs. 2 KSchG ist eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Eine Kündigung, die aufgrund einer zum Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes führenden organisatorischen Maßnahme ausgesprochen worden ist, ist nur dann durch ein dringendes betriebliches Erfordernis "bedingt", wenn der Arbeitgeber keine Möglichkeit hat, den Arbeitnehmer anderweitig zu beschäftigen. Dies folgt aus dem ultima-ratio-Grundsatz. Der nach der Generalklausel des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG zu prüfende ultima-ratio-Grundsatz wird in § 1 Abs. 2 KSchG normativ konkretisiert. Gemäß § 1 Abs. 2 S. 2, Nr. 1 b ist eine Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Diese Weiterbeschäftigungspflicht gilt unabhängig davon, ob ein Widerspruch des zuständigen Betriebsrates vorliegt (vgl. BAG, Urteil vom 17.05.1984 - 2 AZR 109/83 = BAGE 46, 191). Die Weiterbeschäftigung muss aber sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich und zumutbar sein. Dies setzt voraus, dass ein freier vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist und der Arbeitnehmer über die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt (vgl. BAG, Urteil vom 21.09.2000 - 2 AZR 385/99 = AP KSchG 1969, § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111). Fallen in einem Betrieb Beschäftigungsmöglichkeiten weg, bestehen aber in anderen Betriebsbereichen für einen Teil der Arbeitnehmer Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, so hat der Arbeitgeber - soweit die Arbeitnehmer fachlich und persönlich geeignet sind - durch eine Sozialauswahl nach den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG zu entscheiden, welche von der Organisationsmaßnahme betroffene Arbeitnehmer er weiterbeschäftigt (vgl. BAG, Urteil vom 10.11.1994 - 2 AZR 242/94 = AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65). Die Darlegungs- und Beweislast für die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung ist abgestuft auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber verteilt, je nachdem wie konkret der Vortrag der Gegenseite ist. Behauptet der Arbeitnehmer pauschal eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, kann sich der Arbeitgeber darauf beschränken, ebenso pauschal das Fehlen dieser Möglichkeit darzulegen. Trägt aber der Arbeitnehmer vor, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, so muss der Arbeitgeber im Einzelnen darlegen und im Streitfall beweisen, weshalb eine Umsetzung auf einen konkreten freien Arbeitsplatz nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Letzteres folgt aus dem Grundsatz, dass der kündigende Arbeitgeber grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kündigungsgründe trägt (vgl. § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG) und im Falle einer betriebsbedingten Kündigung dementsprechend diese Last auch hinsichtlich der Dringlichkeit des Erfordernisses, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, zu tragen hat. Im vorliegenden Fall beabsichtigte die Beklagte, zum Zeitpunkt des Ausspruches der Änderungskündigung nach der Verlegung des Logistikbereiches von X. nach W. zumindest bis zum 31.12.2009 ein Nachschublager und den Bereich Retouren mit insgesamt 25 Arbeitnehmern am Standort X. aufrecht zu erhalten (vgl. § 3 des Interessenausgleichs vom 29.05.2007 = Bl. 105 d. A.). Einen Teil dieser 25 Arbeitsplätze - die genaue Zahl wird von der Beklagten nicht vorgetragen - hat diese mit Arbeitnehmern besetzt, deren Arbeitsplätze von der Verlagerung betroffen waren und die einen Sonderkündigungsschutz als Betriebsratsmitglied oder behinderte bzw. gleichgestellte Menschen hatten. Der Kläger hat durch seinen Vortrag im Berufungsverfahren - insbesondere durch das Bestreiten des Fehlens einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Nachschublager sowie im Retourenbereich - deutlich gemacht wie er sich eine Weiterbeschäftigung vorstellt: Nämlich in eben diesen beiden in X. verblieben Bereichen. Aufgrund der oben dargestellten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast oblag es nunmehr der Beklagten, ins Einzelne gehend darzutun, weshalb eine Weiterbeschäftigung des Klägers auf einem der 25 neu zu besetzenden Arbeitsplätze nicht möglich oder unzumutbar war. Die Beklagte ist aber in diesem Zusammenhang ihrer Darlegungslast nicht gerecht geworden. Denn sie hat zunächst lediglich pauschal ausgeführt, jener Teil der 25 Arbeitsplätze, welche nicht durch Arbeitnehmer mit Sonderkündigungsschutz besetzt worden seien, sei mit anderen Arbeitnehmern besetzt worden, die unter Beachtung ihrer Ausbildung und Erfahrung eine entsprechende Qualifizierung aufgewiesen hätten. Im Zusammenhang mit den zehn freien Arbeitsplätzen im Retourenbereich erfolgte kein weiterer Vortrag. Infolgedessen ist nicht nachvollziehbar, aus welchem konkreten Grund der Kläger als Arbeiter in diesem Bereich, in dem unstreitig neben dem Leiter und einem stellvertretenden Vorarbeiter sieben Mitarbeiter Retoure und zwei Materialversorger tätig sind, nicht beschäftigt werden konnte. Welche Tätigkeiten und Kenntnisse ihm fehlten und inwiefern eine der Beklagten zumutbare Einarbeitung in den Retourenbereichen nicht möglich war, bleibt unklar. Dieses Darlegungsdefizit geht zu Lasten der Beklagten, so dass es bereits in diesem Zusammenhang an der Dringlichkeit des betrieblichen Änderungskündigungserfordernisses fehlt. Eine Sozialauswahl wäre hingegen von der Beklagten nur dann unter den von einer Änderungskündigung bedrohten Arbeitnehmern durchzuführen gewesen, wenn die freien Arbeitsplätze nicht ausgereicht hätten, um alle kündigungsbetroffenen Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen. Hierauf beruft sich die Beklagte nicht, sondern behauptet im Zusammenhang mit dem verbliebenen Retourenbereich die Ungeeignetheit des Klägers für die dortige Tätigkeit - dies allerdings in unzureichender Weise. Infolgedessen fehlt es bereits am Sachvortrag in einem Bereich, der einer Sozialauswahl vorgelagert ist. Auf die Frage, wer die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich einer notwendigen Sozialauswahl im Rahmen der Prüfung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zu tragen hat, kommt es mithin nicht entscheidend an. Des Weiteren stellt die Beklagte nicht konkret dar, aus welchen Gründen der Kläger nicht in dem verbliebenen Nachschublager weiterbeschäftigt werden konnte. Dort standen unstreitig drei Arbeitsplätze für Nachschublagerarbeiter auch noch nach Verlagerung des Logistikstandortes zur Verfügung. Diese wurden nach dem Sachvortrag der Beklagten mit leistungsstarken Nachschublagerarbeitern besetzt, die neben mehrjähriger Staplererfahrung über Spezialkenntnisse verfügen müssten wie sie durch eine fachentsprechende Berufslehre mit abgeschlossener Facharbeiterausbildung vermittelt würden. Hierzu ist zum einem festzustellen, dass die bloße Leistungsstärke eines Mitarbeiters kein geeignetes Kriterium ist, um einen freien Arbeitsplatz im Zusammenhang mit einer betriebsbedingten Kündigung zu besetzen. Gibt es, bei Wegfall von Arbeitsplätzen an anderer Stelle im Betrieb, freie Arbeitsplätze ist vor deren Besetzung nicht eine Bestenauslese durchzuführen, sondern zu klären, wer von den kündigungsbedrohten Arbeitnehmern die Arbeitstätigkeit ausführen kann. Hieran schließt sich erforderlichenfalls eine Auswahl an, die den Kriterien der Sozialauswahl gerecht werden muss. Über welche konkreten Spezialkenntnisse, die in einer Facharbeiterausbildung vermittelt werden, die drei Nachschubarbeiter verfügen, trägt die Beklagte wiederum nicht vor. Mithin ist auch nicht feststellbar, ob der Kläger über diese Kenntnisse nicht verfügt und diese auch nicht nach einer der Beklagten zumutbaren Einarbeitungszeit erwerben kann. Mithin hat die Beklagte in diesem Zusammenhang nicht konkret dargelegt, weshalb der Kläger nicht als Nachschubarbeiter weiterbeschäftigt werden konnte. Somit war die streitgegenständliche Änderungskündigung bereits wegen Fehlens eines dringenden betrieblichen Kündigungserfordernisses unwirksam. Ob darüber hinaus - wie vom Arbeitsgericht ausgeführt - das im Rahmen der Änderungskündigung von der Beklagten unterbreitete Beschäftigungsangebot unverhältnismäßig und dem Kläger nicht zumutbar war, konnte folglich dahinstehen. Gleiches gilt für alle weiteren vom Kläger geltendgemachten Unwirksamkeitsgründe. B. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen für die Dauer des Kündigungsrechtsstreit bis zu dessen rechtskräftigem Ende zu. Die Berufungskammer macht sich zur Begründung des entsprechenden Rechtsanspruches insoweit die rechtlich zutreffende Begründung durch das Arbeitsgericht auf Seite 23 ff. des erstinstanzlichen Urteiles (= Bl. 217 ff. d. A.) zu Eigen und verzichtet gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf eine wiederholende Darstellung. Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Beachtung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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